93 I 17
Urteilskopf
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3. Urteil vom 8. März 1967 i.S. Storck gegen St. Moritz, Gemeindevorstand und Kur- und Verkehrsverein.
Regeste
Staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV; wann ist die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges (Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG ) ausnahmsweise nicht erforderlich? (Erw. 2).
Kurtaxe. Niederlassungsfreiheit. Doppelbesteuerung.
Eine Ordnung, welche die Eigentümer von Ferienhäusern (und deren Gäste) nicht gleich den am Orte Niedergelassenen von der Kurtaxe befreit, verstösst nicht gegen Art. 45 Abs. 6 BV (Erw. 4).
Voraussetzungen der Anwendbarkeit von Art. 46 Abs. 2 BV auf die von den Ferienhauseigentümern erhobene Kurtaxe. Bedeutung der Höhe der Kurtaxe und der Verwendung ihres Ertrages (Erw. 5).
A.- Die Gemeinde St. Moritz hat am 27. Mai 1962 ein Kurtaxengesetz (KTG) erlassen, das u.a. folgende Bestimmungen enthält:
Art. 1. Jeder in St. Moritz übernachtende Gast hat an die Kosten der Aufwendungen der Gemeinde für Kur- und Sporteinrichtungen, sowie für die Organisation des Kur- und Verkehrsvereins, einen Beitrag in der Form einer Kurtaxe pro Übernachtung zu leisten.
Art. 2. Gäste im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die nicht in St. Moritz Wohnsitz gemäss Art. 23 ff. ZGB haben, und bei denen die Voraussetzungen für die Erhebung der ordentlichen Steuern fehlen. Grundeigentum in St. Moritz begründet zwar Steuerpflicht, nicht aber Befreiung von der Kurtaxe.
Art. 9. Die Kurtaxengelder sind ausschliesslich zur Hebung und Förderung des Kur- und Sportortes St. Moritz bestimmt. Sie müssen im Interesse der Gäste verwendet werden. Die Entlastung des ordentlichen Gemeindehaushaltes durch Kurtaxengelder ist nicht zulässig. Die Propaganda für den Kur- und Sportort St. Moritz darf nicht mit Kurtaxengeldern finanziert werden.
Art. 10. Die Handhabung dieses Gesetzes, der Einzug der Kurtaxen und die Verwendung der Taxeinnahmen werden an den Kur- und Verkehrsverein St. Moritz delegiert.
Die Gemeinde hat zwei Vertreter im Vorstand des Kur- und Verkehrsvereins.
Art. 12. Die Logisgeber besorgen den Einzug der Kurtaxen beim Gast... Die Logisgeber haften für die von den Gästen zu bezahlenden Kurtaxen mit diesen solidarisch.
Die Kurtaxe beträgt bei den Beherbergungsbetrieben je nach deren Klasse Fr. 1.10 bis 2.20, in den Ferienhäusern, Ferienwohnungen und Privatzimmern einheitlich Fr. 1.10 je Logiernacht; niedrigere Kurtaxen sind nur für Zeltplätze (50 Rappen) sowie für Schulen, Institute, Kinderheime usw. (40 Rappen) vorgesehen (Art. 3). Bestimmte Personen sind von der Kurtaxe befreit, u.a. das Dienstpersonal der Gäste sowie "Besuche, die unentgeltlich im Haushalt von Personen übernachten, die der Kurtaxenpflicht nicht unterstellt sind" (Art. 5). Ferienhausbesitzer und Dauermieter von Ferienwohnungen können auf ihr Begehren die Kurtaxe für ihre Familien und ihre unentgeltlich beherbergten Gäste in der Form einer Jahrespauschale entrichten, die je nach Lage und Komfort des Hauses Fr. 40.- bis 80.- je Bett beträgt und vom Gemeindevorstand festgesetzt wird.
B.- Der Beschwerdeführer Dr. Walter Storck wohnt in Zürich. Er und seine Ehefrau sind Miteigentümer je zur Hälfte eines Ferienhauses mit 9 Betten in der Gegend der Meierei in St. Moritz. Er wurde vom Kur- und Verkehrsverein im Oktober 1965 "zwecks Reglierung" der Kurtaxen um Auskunft über einige Punkte ersucht und erhielt am 25. Februar 1966 folgende Veranlagung:
319 Logiernächte à Fr. 1.10 im Winter 1963/64
und im Sommer 1964 Fr. 350.90
256 Logiernächte à Fr. 1.10 im Winter 1964/65
und im Sommer 1965 Fr. 281.60
zusammen Fr. 632.50
Der Beschwerdeführer focht diese Veranlagung beim Gemeindevorstand St. Moritz wegen Verletzung von Art. 4 und 46 Abs. 2 BV an. Die Beschwerde wurde am 16. Juni 1966 abgewiesen.
C.- Gegen den Entscheid des Gemeindevorstands hat Dr. Walter Storck staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er beantragt gänzliche Aufhebung des angefochtenen Entscheids eventuell Aufhebung desselben, "soweit er sich auf die am Domizil des Beschwerdeführers nicht mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden und in seinem Ferienhaus unentgeltlich beherbergten Gäste (,Gratisgäste') bezieht". Als Beschwerdegrund macht er Verletzung von Art. 45 Abs. 6, Art. 46 Abs. 2 und Art. 4 BV geltend. Die teilweise weitschweifige Begründung
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dieser Rügen ist, soweit notwendig, aus den nachstehenden Erwägungen ersichtlich.
D.- Die Gemeinde St. Moritz und der Kur- und Verkehrsverein St. Moritz beantragen die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde.
E.- Neben der staatsrechtlichen Beschwerde hat Storck gegen den Entscheid des Gemeindevorstands vom 16. Juli 1966 vorsorglich beim Gemeinderat St. Moritz eine Beschwerde eingereicht, die sich auf den Beschwerdegrund von Art. 4 BV beschränkt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beschwerdeführer und seine mit ihm in Güterverbindung lebende Ehefrau sind Miteigentümer je zur Hälfte des Ferienhauses in St. Moritz. Im Hinblick hierauf behauptet der Beschwerdeführer, er sei zur staatsrechtlichen Beschwerde sowohl für sich selbst wie auch als gesetzlicher Vertreter seiner Ehefrau (Art. 168 Abs. 2 und 200 Abs. 1 ZGB) legitimiert. Durch das als verfassungswidrig bezeichnete KTG, namentlich durch dessen Art. 1, 2 und 12, werden zwar beide Ehegatten betroffen. Das KTG ist aber schon am 1. Dezember 1962 in Kraft getreten, und die Frist zu seiner Anfechtung längst abgelaufen. Die Beschwerde richtet sich gegen die vom Gemeindevorstand bestätigte Kurtaxenveranlagung. Diese ist nur an den Beschwerdeführer adressiert. Nur von ihm ist die Kurtaxe eingefordert worden, weshalb nur er durch den angefochtenen Entscheid beschwert ist. Ob seine Ehefrau gleichwohl zur Beschwerde legitimiert sei, kann offen bleiben, da auf die vom Beschwerdeführer in eigenem Namen sowie als Steuersubstitut seiner Gäste erhobene Beschwerde jedenfalls einzutreten ist (vgl. BGE 90 I 80, 162).
2. Der Beschwerdeführer macht in erster Linie Verletzung von Art. 45 Abs. 6 und Art. 46 Abs. 2 BV geltend. Dafür ist die Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht erforderlich (Art. 86 Abs. 2 OG). Dagegen ist sie vorgeschrieben für die vom Beschwerdeführer weiterhin erhobene Rüge der Verletzung des Art. 4 BV (Art. 86 Abs. 2 und Art. 87 OG ). Gegen den mit der Beschwerde angefochtenen Entscheid des Gemeindevorstands standen dem Beschwerdeführer noch kantonale Rechtsmittel zur Verfügung, und zwar zunächst die Beschwerde an den Gemeinderat, die er denn auch, unter Beschränkung auf den Beschwerdegrund
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des Art. 4 BV, vorsorglich ergriffen hat. Er ist jedoch der Auffassung, dass er auch für diesen Beschwerdegrund den kantonalen Instanzenzug nicht zu erschöpfen brauche, dass also auf die vorliegende Beschwerde in vollem Umfange einzutreten sei.a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird vom Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges abgesehen, wenn die Beschwerde aus Art. 4 BV keine selbständige Bedeutung hat, sondern lediglich zur Begründung der Beschwerde wegen Verletzung anderer Vorschriften der BV dient, für deren Anrufung jenes Erfordernis nicht gilt (BGE 30 I 291,BGE 46 I 247, BGE 83 I 105). Das trifft hier nicht zu. Die Rüge der Verletzung des Art. 4 BV hat im wesentlichen selbständige Bedeutung, denn es wird damit geltend gemacht, durch die Anwendung des KTG werde der Beschwerdeführer in mehrfacher Hinsicht rechtsungleich behandelt.
b) Eine Ausnahme vom Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges hat das Bundesgericht auch dann gemacht, wenn die Ergreifung des kantonalen Rechtsmittels sich als zwecklos und als leere Formalität erwiese (BGE 86 I 39 /40 mit Verweisungen, BGE 89 I 362 /3). Auch diese Voraussetzung ist hier, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, nicht erfüllt. Sie wurde bisher bejaht in Fällen, wo der angefochtene Entscheid auf einer von der Rechtsmittelinstanz erlassenen oder genehmigten Vorschrift beruhte (BGE 38 I 438,BGE 66 I 7) oder wo die erste Instanz von der Rechtsmittelinstanz angewiesen worden war, im Sinne ihrer Erwägungen neu zu entscheiden (BGE 86 I 39 /40, BGE 89 I 362 /3). Etwas derartiges liegt hier nicht vor. BONNARD hat in ZSR 1962 II 428/9 freilich empfohlen, die erwähnte Rechtsprechung weiter zu entwickeln und vom Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges auch dann abzusehen, wenn die Meinung der kantonalen Rekursinstanz auf Grund einer alten und festen Rechtsprechung bekannt sei. Ob dieser Auffassung zu folgen und ob angesichts der drei vom Beschwerdeführer erwähnten Rekursentscheide, die der Bündner Grosse Rat in den Jahren 1951, 1961 und 1963 über die Kurtaxen von Arosa und Flims gefällt hat, von einer alten und feststehenden Praxis zu sprechen ist, kann dahingestellt bleiben. Dies vor allem deshalb, weil der Entscheid des Gemeindevorstands St. Moritz gemäss Art. 15 KTG zunächst beim Gemeinderat angefochten werden kann Art. 46 Abs. 2 BV bis zum letztinstanzlichen Entscheid über jene kantonalen Rechtsmittel zu verschieben (vgl. BGE 83 I 105 Erw. 1b mit Verweisungen).
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und der Beschwerdeführer nicht behauptet, dass seine eigene oder eine analoge Streitsache je vom Gemeinderat beurteilt worden sei. Nachdem der Beschwerdeführer den Beschluss des Gemeindevorstands vorsorglich an den Gemeinderat weiter gezogen hat, besteht kein Anlass, dem Entscheid dieser Instanz und der kantonalen Behörden vorzugreifen, zumal da er die Überzeugung vertritt, er bringe neue Argumente vor. Anderseits liegt auch kein Grund vor, den Entscheid über die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 45 Abs. 6 und
3. Der Beschwerdeführer ficht nicht nur Bestimmungen des KTG als verfassungswidrig an, sondern beanstandet auch die Verwendung der Kurtaxengelder, insbesondere die im streitigen Zeitraum erfolgten Rückstellungen für die Errichtung eines Hallenschwimmbades und einer Kunsteisbahn, die sich zur Zeit im Bau befinden, sowie die Finanzierung des Kinderparadieses, weil darin im Durchschnitt der Jahre 1961/63 mehr Kinder von Ortseinwohnern als von Kurgästen betreut worden seien. Diese Vorbringen sind, soweit sie der Begründung der Rüge der Verletzung der Niederlassungsfreiheit und des Doppelbesteuerungsverbotes dienen, entgegen der Auffassung der Gemeinde zulässig, obwohl sie dem Gemeindevorstand nicht unterbreitet worden sind; denn bei Beschwerden, bei denen der kantonale Instanzenzug nicht erschöpft zu werden braucht, sind neue Vorbringen und Beweismittel vor Bundesgericht nicht ausgeschlossen (BGE 87 I 51, BGE 85 I 44). Dagegen fällt die Rüge aus einem andern Grund ausser Betracht. Sollten nämlich die Kurtaxengelder entgegen der klaren Vorschrift von Art. 9 KTG nicht ausschliesslich im Interesse der Gäste verwendet werden, so würde dies den Beschwerdeführer nicht von der Abgabepflicht befreien, sondern ihn lediglich berechtigen, mit einer Beschwerde gemäss 15 KTG die vorschriftsgemässeVerwendung der Kurtaxengelder zu verlangen (BGE 90 I 96 /7), was er bisher nicht getan hat.
4. Der Beschwerdeführer erblickt darin, dass er als Eigentümer eines Ferienhauses in St. Moritz dort für sich, seine Angehörigen und seine Gäste die Kurtaxe zu entrichten hat, während Personen mit zivilrechtlichem Wohnsitz in St. Moritz von der Abgabepflicht befreit sind, eine Verletzung von Art. 45
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Abs. 6 BV. Diese Bestimmung ist eine Folge der in Abs. 1 von Art. 45 BV enthaltenen Gewährleistung der Niederlassungsfreiheit und schützt den (kantonsfremden oder kantonsangehörigen) Niedergelassenen vor der Belastung mit "besondern" Steuern, d.h. vor solchen Abgaben, die unter den gleichen Bedingungen von Bürgern des Kantons oder der Gemeinde nicht gefordert werden (BURCKHARDT, Komm. der BV, S. 405/6).Damit sich der Beschwerdeführer auf Art. 45 Abs. 6 BV berufen könnte, müsste er in St. Moritz niedergelassen oder einem Niedergelassenen gleichgestellt sein. In der Beschwerde wird zugegeben, dass der Wortlaut der Bestimmung auf den Fall "zugeschnitten" ist, wo der Ort der Niederlassung gleichzeitig den Wohnsitz des Niedergelassenen bildet. In der Tat versteht die BV, wie sich auch aus Art. 43, 46 Abs. 1 und vor allem aus Art. 47 ergibt, unter Niederlassung ein auf eine gewisse Dauer berechnetes Verweilen an einem Ort im Gegensatz zum bloss vorübergehenden Aufenthalt (vgl.BGE 42 I 303; BURCKHARDT a.a.O. S. 433 unten; FLEINER-GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht S. 243). Im Recht des Schweizerbürgers, sich an jedem Ort niederzulassen, ist freilich auch der Anspruch enthalten, sich daselbst vorübergehend aufzuhalten, und demjenigen, der die Niederlassungsfreiheit nach Abs. 2 oder 3 von Art. 45 BV verwirkt hat, braucht auch der Aufenthalt nicht bewilligt zu werden (BGE 42 I 300 und ständige Rechtsprechung). Ferner kann die Erteilung der Niederlassungsbewilligung (durch welche die Niederlassung noch nicht begründet, sondern nur festgestellt wird, dass ihr keine polizeilichen Gründe entgegenstehen) auch von demjenigen verlangt werden, der am betreffenden Ort nicht Wohnsitz nehmen, sondern sich zu einem andern Zweck, z.B. zur Berufsausübung, aufhalten möchte (vgl. BGE 32 I 447, BGE 59 I 206). Daraus folgt aber nicht, dass Niedergelassene und Aufenthalter in jeder Beziehung gleich zu behandeln wären. Der Beschwerdeführer behauptet das auch nicht. Er glaubt indes, der durch zivilrechtlichen Wohnsitz geschaffenen Beziehung zu einem Orte sei die Beziehung gleichzustellen, die infolge Grundeigentums, insbesondere an einem Ferienhaus, bestehe. Dem kann nicht beigepflichtet werden. Art. 45 BV gewährleistet nur das persönliche Verweilen an einem Ort für kürzere oder längere Dauer. Wenn ein Kanton, wie es früher vorkam, von einem auswärts Wohnenden für den Erwerb von Grund und Boden
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die Einholung einer Niederlassungsbewilligung am betreffenden Orte verlangte (SALIS, Bundesrecht Nr. 563, 577), so handelte es sich nicht um eine Niederlassung, auf welche die Grundsätze des Art. 45 BV anwendbar wären (BURCKHARDT a.a.O. S. 388). Ebensowenig vermag Grundeigentum für sich allein seinem Inhaber die Stellung eines Niedergelassenen im Sinne von Art. 45 Abs. 6 BV zu verschaffen. Auf diese Bestimmung könnte sich der Beschwerdeführer nur berufen, wenn seine persönliche Anwesenheit in St. Moritz als eigentliche Niederlassung im Gegensatz zu blossem Aufenthalt zu betrachten wäre. Davon kann aber offensichtlich nicht die Rede sein. Nach seinen Angaben hat der Beschwerdeführer im einen der beiden in Frage stehenden Jahre 15, im andern 24 mal und seine Ehefrau 65 bzw. 57 mal in St. Moritz übernachtet, was den Rahmen von gewöhnlichen Ferien- und Erholungsaufenthalten nicht überschreitet, gleichgültig ob es sich dabei um mehrere kürzere Aufenthalte oder um eine zusammenhängende Folge von Tagen handelte.Die Berufung auf Art. 45 Abs. 6 BV würde dem Beschwerdeführer übrigens selbst dann nichts nützen, wenn er als Niedergelassener zu betrachten wäre. Diese Bestimmung ist nur verletzt, wenn der Niedergelassene unter den gleichen Bedingungen anders als ein Ortsbürger besteuert wird, und das träfe hier nur zu, wenn einem Bürger von St. Moritz, der - wie der Beschwerdeführer - in einer andern Gemeinde niedergelassen ist und wohnt, aber ein Ferienhaus in St. Moritz hat und dort seine Ferien oder einzelne Urlaubstage verbringt, von der Kurtaxe befreit wäre. Das wird in der Beschwerde jedoch nicht behauptet und ist nach dem KTG auch nicht der Fall. Damit erweist sich die Rüge, Art. 2 KTG verstosse gegen Art. 45 Abs. 6 BV, als unbegründet. Diese Bestimmung verlangt nicht, dass Personen mit und ohne Wohnsitz in der Gemeinde gleich behandelt werden, sondern nur, dass der in der Heimatgemeinde ansässige Ortsbürger gegenüber den Niedergelassenen nicht bevorzugt werde. Gerade das aber bewirkt Art. 2 KTG nicht.
5. Das Bundesgericht hat in BGE 64 I 305, BGE 67 I 204/5 und BGE 90 I 94 /5 für die Kurtaxen der Kantone Tessin und der Gemeinden Arosa und Flims angenommen, es handle sich um eine für einen bestimmten, von den allgemeinen Gemeindeaufgaben verschiedenen Zweck erhobene "geringe Sondersteuer". In allen drei Urteilen, auf deren zum Teil ausführliche Begründung verwiesen
BGE 93 I 17 S. 25
wird, hat es die Anwendung des Art. 46 Abs. 2 BV auf die streitigen Kurtaxen abgelehnt, jedoch einen Vorbehalt gemacht für den Fall, dass eine als Kurtaxe bezeichnete Abgabe den Charakter einer Aufenthaltssteuer habe. Als blosses Surrogat der ordentlichen Steuer auf dem Erwerbseinkommen und beweglichen Vermögen müsste sie dann auch dem Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung unterstellt werden. Der Beschwerdeführer behauptet, dass das bei der Kurtaxe von St. Moritz zutreffe.a) Die Beschwerde legt zunächst die Entwicklung des Kurtaxenrechts in Preussen einlässlich dar. Diese Ausführungen tragen aber zur Entscheidung der Frage, ob die vom Beschwerdeführer geforderte Kurtaxe mit Art. 46 Abs. 2 BV vereinbar sei, nichts bei.
b) Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, dass die Gemeinde St. Moritz sozusagen ausschliesslich vom Fremdenverkehr lebe und dass daher alles, was zu dessen Förderung diene, zu den allgemeinen und zugleich wichtigsten Gemeindeaufgaben gehöre, weshalb die Kurtaxe, trotzdem sie nach Art. 9 KTG "im Interesse der Gäste verwendet werden" müsse und nicht zur "Entlastung des ordentlichen Gemeindehaushaltes" dienen dürfe, als ordentliche Steuer dem Art. 46 Abs. 2 BV zu unterstellen sei.
Richtig ist, dass die "Hebung und Förderung des Kur- und Sportortes St. Moritz", für welche die Kurtaxengelder nach Art. 9 KTG bestimmt sind, auch als eine allgemeine Gemeindeaufgabe zu betrachten ist. Und richtig ist, dass vom Ergebnis dieser Förderung auch zahlreiche Ortsbewohner Nutzen ziehen, unmittelbar dadurch, dass sie die Kur- und Sporteinrichtungen ebenfalls benützen können, mittelbar dadurch, dass diese Einrichtungen Gäste anziehen, die der einheimischen Bevölkerung Verdienst bringen (BGE 90 I 100). Allein dadurch unterscheidet sich die Kurtaxe von St. Moritz nicht wesentlich von derjenigen der Bündner Kurorte Arosa und Flims, die das Bundesgericht früher zu beurteilen hatte. Besteht überhaupt ein Unterschied, so ist er höchstens ein solcher des Masses und ändert nichts daran, dass die Erhebung der Kurtaxen und alles, was damit finanziert wird, grundsätzlich getrennt ist von der ordentlichen Gemeindeverwaltung. Zu dieser gehört, was auch geschaffen, betrieben, unterhalten und bezahlt werden müsste, wenn St. Moritz kein Kurort wäre, nämlich die allgemeine Gemeindeverwaltung,
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die Strassen und die Schulen, die Wasserversorgung, die Sicherheits- und die Gesundheitspolizei, die Feuerwehr usw. Demgegenüber gehören zur Förderung des Kur- und Sportorts jene Aufwendungen, die für die 3751 Ortseinwohner allein niemals gemacht würden, so etwa der Personal- und Sachaufwand für ein mit allen modernen Hilfsmitteln ausgerüstetes, reich dokumentiertes und dem Besucher mit Gratisauskünften dienendes Verkehrsbüro, Beiträge an Sportorganisationen, Sporteinrichtungen und Sportanlässe für ein internationales Publikum, der Aufwand für das Kurorchester, der Unterhalt von Spazierwegen, Ruhebänken und Skipisten, der Bau und Unterhalt einer Reithalle, eines Hallenschwimmbades, einer Kunsteisbahn usw. Daraus sowie aus der getrennten Erhebung und Verwaltung der zur Finanzierung der ordentlichen Gemeindeausgaben dienenden Steuern einerseits und der Kurtaxen andererseits ergibt sich, dass die Kurtaxe auch in St. Moritz eine Sondersteuer für einen von der ordentlichen Gemeindeverwaltung klar unterschiedenen Zweck darstellt. Wohl leistet auch die Gemeinde aus ihrer allgemeinen Kasse Beiträge für Kurortsveranstaltungen und besondere Kurortsaufgaben. Diese Zuschüsse sind aber bescheiden, machen im Haushalt der Gemeinde weniger als 1% der Gesamtausgaben aus und ändern am Charakter der Kurtaxe als einer im Interesse der Gäste zu verwendenden Sondersteuer nichts (BGE 90 I 96). Der Kurgast wird dadurch jedenfalls nicht belastet. Ebensowenig wird er dadurch belastet, dass einzelne der für ihn geschaffenen Einrichtungen auch durch Ortseinwohner benützt werden, denn dadurch werden die Betriebskosten im Durchschnitt gesenkt, sogar dann, wenn den Ortseinwohnern, wie der Beschwerdeführer behauptet, Vorzugspreise eingeräumt werden sollten. Entscheidend ist einzig, dass mit den Kurtaxen Einrichtungen finanziert werden, die für die Ortseinwohner allein nicht geschaffen und betrieben würden. Das Begehren des Beschwerdeführers, den Gemeindevorstand von St. Moritz zu genauen Angaben über die Benützung aller mit Kurtaxen finanzierten Kur- und Sporteinrichtungen durch Ortsansässige und Gäste anzuhalten, ist daher ohne Belang für die zu beurteilende Rechtsfrage.c) Das Bundesgericht hat die Unterstellung der Kurtaxen von Arosa und Flims unter Art. 46 Abs. 2 BV namentlich auch deshalb abgelehnt, weil es sich um eine "geringe" Sondersteuer
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handle. Diese Qualifikation wäre fraglich, wollte man den Gesamtertrag der Kurtaxen demjenigen der übrigen Gemeindesteuern gegenüberstellen, macht er doch in den Jahren 1961-1963 18,2%, 19,2% und 24% der Summe der übrigen Gemeindesteuern aus. Es geht aber hier nicht um dieses Verhältnis, sondern um die Belastung des Gastes, d.h. darum, ob die Kurtaxe für diesen, hier also für den Beschwerdeführer, eine "geringe" Sondersteuer darstellte.Der Beschwerdeführer behauptet - angesichts der Ausführungen in BGE 67 I 204ff. und BGE 90 I 97 mit Recht - nicht, ein Betrag von Fr. 1.10 je Logiernacht sei beim heutigen Geldwert schon an sich nicht mehr eine "geringe" Steuer. Er setzt auch die dadurch bewirkte Belastung nicht in Vergleich zu den Steuern, die er an seinem Wohnsitz entrichtet. Die Kurtaxe soll deshalb keine "geringe" Sondersteuer mehr sein, weil der Beschwerdeführer sie auch für Gäste, die er unentgeltlich beherberge, bezahlen müsse und sie faktisch nicht auf sie abwälzen könne. Die sich daraus ergebende Belastung des Beschwerdeführers aber sei, verglichen mit der Vermögenssteuer, die er in St. Moritz für sein Ferienhaus zu entrichten habe, nicht mehr gering.
Gemäss Art. 12 KTG besorgen die Logisgeber den Einzug der Kurtaxen beim Gast, und sie haften für die von ihren Gästen zu bezahlenden Kurtaxen solidarisch. Der Beschwerdeführer ist somit zugleich Steuerschuldner (für sich selbst) und Steuersubstitut (für seine Gäste). Dass er für seine Ehefrau, obwohl sie Miteigentümerin des Ferienhauses ist, die Kurtaxe bezahlen muss, mag richtig sein. Die Abgabe für seine Kinder, die alle erwachsen sind, sowie für weitere Gratisgäste muss der Beschwerdeführer dagegen nicht übernehmen. Tut er es auf Grund einer gesellschaftlichen Gepflogenheit, so wird er dafür in der Regel durch Gastgeschenke, Gegeneinladungen und dgl. schadlos gehalten. Auf jeden Fall kann ein freiwilliges Opfer des Gastgebers gegenüber dem Gast beim Entscheid darüber, ob die Kurtaxe von St. Moritz eine geringe oder nicht mehr eine geringe Sondersteuer sei, nicht in Betracht fallen.
Damit fällt auch der Schluss, den der Beschwerdeführer aus dem Vergleich der Kurtaxenbelastung mit der Gemeinde-Vermögenssteuer für sein Ferienhaus zieht, denn dieser Vergleich beruht auf der Annahme, dass der Beschwerdeführer durch die Kurtaxen für seine Gratisgäste rechtlich belastet sei.
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Rechnet man nur mit der Kurtaxe für ihn und seine Ehefrau, so sinkt das Verhältnis von rund 50% auf kaum 13%. Das ist keineswegs so viel, dass dadurch der Charakter der Kurtaxe verändert und sie zu einem Surrogat der ordentlichen Steuer auf dem Erwerbseinkommen und beweglichen Vermögen gestempelt würde. Damit das zuträfe, müsste die Kurtaxe für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau sich dem Betrag nähern, den er zu entrichten hätte, wenn er für die Zeit seines Aufenthaltes in St. Moritz die ordentlichen Steuern auf seinem Erwerbseinkommen und beweglichen Vermögen zu bezahlen hätte, worüber der Beschwerdeführer aber keine Berechnungen angestellt hat.
Am rechtlichen Charakter der Kurtaxe ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer sie während Jahren, nämlich solange er sein Ferienhaus in der bisherigen Weise benützt, wird bezahlen müssen. Der angebliche "Zwang" zu solcher Benützung macht die von den Ferienhausbesitzern erhobene Kurtaxe nicht zu einer Abgabe anderer Art, weil diese Kurgäste im Gegensatz zu den Hotelgästen nicht mehr "umworben" und "angelockt" werden müssen. Ferner ist es bedeutungslos, ob der Beschwerdeführer die mit der Kurtaxe finanzierten Einrichtungen benützt oder nicht benützt; es genügt, dass er sie benützen kann (BGE 90 I 94 und 97) und dass sie, wie schon gesagt, für die Ortseinwohner allein nicht geschaffen und betrieben würden. Damit fällt auch der Vorwurf der "sachwidrigen Ordnung", mit dem die Verletzung des Doppelbesteuerungsverbots zu begründen versucht wird.
d) Die Kurtaxen der Hotelgäste sind nach der Klasse der Beherbungsbetriebe und damit indirekt nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gäste abgestuft, was für sich allein eher für die Anwendung von Art. 46 Abs. 2 BV sprechen würde (BGE 90 I 97). An einer solchen Abstufung fehlt es indessen gerade für die in Ferienhäusern übernachtenden Gäste; für sie beträgt die Kurtaxe einheitlich gleich viel wie für die in den Hotels letzter Klasse übernachtenden Gäste (Art. 3 lit. a und b KTG). Der Beschwerdeführer gibt dies im Prinzip zu; die Vorbehalte, die er dabei anbringt, heben diese Zugabe nicht auf.
e) Aus dem unter lit. b-d Dargelegten ergibt sich, dass alle Merkmale, die dazu Anlass gaben, die Kurtaxen von Arosa und Flims (BGE 67 I 204ff. und BGE 90 I 92 ff.) dem Art. 46 Abs. 2 BV nicht zu unterstellen, auch bei der Kurtaxe von St. Moritz -
BGE 93 I 17 S. 29
jedenfalls soweit es die in Ferienhäusern übernachtenden Gäste betrifft - zutreffen. Die weiteren Rügen des Beschwerdeführers (Preisvorteile für Ortseinwohner und Kurkarteninhaber, unterschiedliche Behandlung der unentgeltlich beherbergten Gäste der Ortseinwohner und der Ferienhauseigentümer, interne Doppelbelastung des Beschwerdeführers, Benachteiligung des Beschwerdeführers gegenüber dem auswärts wohnenden Inhaber einer Geschäftsniederlassung in St. Moritz usw.) betreffen die Rüge der Verletzung des Art. 4 BV und fallen gemäss dem in Erw. 2 hievor Dargelegten hier ausser Betracht. Das führt zur Abweisung des Hauptbegehrens und des Eventualbegehrens des Beschwerdeführers, soweit darauf einzutreten ist.Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit daraufeinzutreten ist.
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