93 I 415
Urteilskopf
93 I 415
53. Urteil vom 18. Oktober 1967 i.S. X. GmbH gegen Zürich, Kanton und Steuer-Rekurskommission I.
Regeste
Aufteilung des Gewinns bei interkantonalen Unternehmungen.
Wenn die einzelnen Betriebsstätten selbständige Gewinn- und Verlustrechnungen führen, verdient die Verteilung des Gesamtgewinns nach den buchmässigen Gewinnsaldi der Betriebsstätten (sog. direkte Methode) grundsätzlich den Vorzug vor den indirekten Methoden.
Anwendbarkeit der direkten Methoden auf eine Unternehmung, die in zwei Kantonen je eine Schule betreibt. Voraussetzungen undTragweite von Korrekturen der Steuerbehörden an den Gewinn- und Verlustrechnungen der beiden Schulbetriebe (Erw.3).
Ist dem Kanton des Hauptsitzes ein Vorausanteil zuzuweisen? (Erw. 4).
A.- Die 1943 gegründete X. GmbH hat ihren Sitz in Zürich und betreibt dort in einer ihr gehörenden Liegenschaft eine Schule für Erwachsene. Im Jahre 1952 eröffnete sie eine Zweigschule in Aarau, die im dortigen Handelsregister eingetragen ist und ebenfalls in einer eigenen Liegenschaft betrieben wird. Geschäftsführer der GmbH und Inhaber sämtlicher Stammanteile ist Dr. Y., der im Haus der Zürcher Schule eine Anwaltspraxis betreibt. Dem eigentlichen Schulbetrieb steht in Zürich und in Aarau je eine Prokuristin vor, von denen diejenige in Aarau am Gewinn der dortigen Schule beteiligt ist. Jede Schule hat ihren eigenen Lehrkörper, ist organisatorisch und betriebsmässig von der andern unabhängig und führt besondere Geschäftsbücher. Die Gewinne wurden in den letzten Jahren nicht ausgeschüttet, sondern dem Reservefonds zugewiesen und zum Ankauf von Wertschriften sowie eines Miethauses in E. (Kt. Aargau) verwendet.
B.- Im Kanton Aargau hatte die X. GmbH bisher keinen Gewinn zu versteuern, da nach dem aarg. Aktiensteuergesetz
BGE 93 I 415 S. 417
vom 18. Januar 1945 nur ausgeschüttete Gewinne besteuert werden.Der im Kanton Zürich steuerbare Teil ihres Gesamtgewinns wurde seit der Eröffnung der Zweigschule Aarau nach der sog. direkten Methode, d.h. auf Grund der Gewinn- und Verlustrechnungen der beiden Schulen bestimmt.
Im Jahre 1964 schloss die Gewinn- und Verlustrechnung der Schule Zürich mit einem Verlust von Fr. 2'717.05 und diejenige der Schule Aarau mit einem Gewinn von Fr. 44'843.36 ab, was einen buchmässigen Gesamtgewinn von Fr. 42'126.31 ergab. Auf Grund dieses Abschlusses gab die X. GmbH in ihrer in Zürich eingereichten Steuererklärung für 1965 einen in diesem Kanton steuerbaren Reinertrag von Fr. 4'909.55 an auf Grund folgender Berechnung:
Fr.
Saldi der Gewinn- und Verlustrechnungen 42'126.31
Nach Zürcher StG nicht abziehbare Steuern 7'626.60
Steuerbarer Gesamtreinertrag 49'752.91
./. Im Kt. Aargau steuerbarer Reinertrag 44'843.36
Im Kt. Zürich steuerbarer Reinertrag 4'909.55
Die Steuerverwaltung nahm eine Bücherprüfung vor und stellte auf Grund derselben fest, dass Unkosten im Betrag von Fr. 8'600.-- auf das Anwaltsbüro von Dr. Y. entfallen und daher - nebst einer Differenz von Fr. 185.-- beim Ertrag aus Schulmaterialverkauf - zum deklarierten Gesamtgewinn hinzuzurechnen seien. Ferner stellte sie sich auf den Standpunkt, der Anteil des Kantons Zürich am Gesamtgewinn sei nicht mehr wie bisher nach der direkten Methode, sondern - unter Zuweisung eines Vorausanteils von 10% an den Hauptsitz - nach Massgabe der Schulgeldeinnahmen zu bestimmen, die 1964 in Zürich Fr. 169'916.-- und in Aarau Fr. 107'877.--, zusammen Fr. 277'793.-- betragen hatten. Demnach berechnete sie den im Kanton Zürich steuerbaren Reinertrag der X. GmbH wie folgt:
Fr.
Steuerbarer Gesamtreinertrag gemäss Steuererklärung 49'752.--
Auf das Anwaltsbüro entfallende Unkosten 8'600.--
Differenz beim Schulmaterialverkauf 185.--
Steuerbarer Gesamtreingewinn 58'537.--
10% Vorausanteil für den Hauptsitz 5'853.--
- Vorausanteil 5'853.--
- Anteil am Rest
(169'916 x 52'684 ) / 277'793 = 32'224.--
total 38'077.--
C.- Die X. GmbH erhob gegen diese Veranlagung Einsprache und nach deren Abweisung Rekurs mit dem Antrag, den im Kanton Zürich steuerbaren Reinertrag nach der direkten Methode zu bestimmen und auf Fr. 13'694.-- festzusetzen. Zu diesem Betrag gelangte sie, indem sie zu dem in der Steuererklärung angegebenen Reinertrag von Fr. 4'909.--
die von der Steuerverwaltung nicht zum Abzug zugelassenen Unkosten von Fr. 8'600.--
sowie die Differenz beim Schulmaterialverkauf von Fr. 185.--
hinzuzählte, was zusammen Fr. 13'694.--
ergibt.
Die Steuer-Rekurskommission I des Kantons Zürich wies den Rekurs mit Entscheid vom 22. Dezember 1966 ab, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Der Reinertrag eines interkantonalen Erwerbsunternehmens sei als Einheit zu behandeln und zur Besteuerung quotenmässig unter die beteiligten Kantone aufzuteilen. Wenn jede Niederlassung eine eigene Gewinn- und Verlustrechnung führe, könnten die Quoten unter Umständen "direkt" auf Grund der Gewinn- und Verlustrechnung berechnet werden, wobei nur diejenigen Betriebsstätten am Gesamtgewinn partizipieren, die selber einen Gewinn erzielt haben. Werde dagegen der Gesamtgewinn "indirekt" nach andern Kriterien (Produktionsfaktoren, Umsätze, Lohnsummen usw.) verteilt, so entfalle auch auf diejenigen Betriebsstätten eine Ertragsquote, die nicht direkt an der Gewinnerzielung mitgewirkt haben. Die von der Beschwerdeführerin vorgeschlagene Ertragsberechnung sei systemwidrig, da bei der direkten Methode eine Betriebsstätte, die mit Verlust gearbeitet habe, grundsätzlich mit Null einzuschätzen sei. Die von der Steuerverwaltung angewandte indirekte Methode werde auch sonst den Verhältnissen weit besser gerecht als die direkte Methode, wie folgende Aufstellung zeige:
BGE 93 I 415 S. 419
Zürich Aarau Total
Fr. Fr. Fr.
Schulgeldeinnahmen (absolut und prozentual) 169'916 (61,2%) 107'877 (38,8%) 277'793
Löhne (absolut und in Prozenten der Schulgelder) 102'872 (60,5%) 59'978 (55,6%) 162'850
Nettoeinnahmen aus Schulgeld (absolut und in Prozenten zwischen Zürich und Aarau aufgeteilt) 67'044 (58,1%) 47'899 (41,9%) 114'943
Der Unterschied der Belastung der Schulgeldeinnahmen durch Löhne (Zürich 60,5% und Aarau 55,6%) falle nicht ins Gewicht. Dagegen sei der Unterschied zwischen den Nettoeinnahmen (Zürich 58,1% und Aarau 41,9%) erheblich. Wenn in Zürich gesamthaft ein Verlust von Fr. 2'717.--, in Aarau dagegen ein Gewinn von Fr. 44'843.-- erzielt worden sei, so rühre das daher, dass die Zürcher Gewinn- und Verlustrechnung mit Unkosten belastet worden sei, die entweder das Gesamtgeschäft betreffen oder steuerlich nicht zu anerkennen seien. Das treffe zunächst für die aufgerechneten Steuern von Fr. 7'626.-- und die Unkosten von Fr. 8'600.-- zu. Würde das Gehalt des Betriebsinhabers von Fr. 56'000.-- nach Massgabe der Schulgeldeinnahmen auf die Betriebsstätten verlegt, so ergäbe sich eine weitere Korrektur von Fr. 4'000.-- zugunsten von Zürich. Das alles zeige, dass die direkte Methode, selbst mit den von der Beschwerdeführerin beantragten Korrekturen, kein geeigneter Repartitionsmodus sei, auch wenn das Argument einer bewussten Gewinnverschiebung nicht einmal ins Feld geführt werde. Das Angebot nachträglicher Korrekturen sei von der Steuerverwaltung zu Recht abgelehnt worden, weil sie nur auf Vermutungen und Schätzungen beruhen würden. Dagegen werden bei einer Verteilung des Gewinns nach den Schulgeldeinnahmen auch die Geschäftsunkosten proportional verteilt. Dabei werde allerdings darüber hinweggegangen, dass die Unkosten in Zürich höher seien als in Aarau, doch müssten gewisse Unebenheiten bei jeder Repartition in Kauf genommen werden. Die indirekte Methode gebe, gesamthaft gesehen, ein besseres Bild der Ertragskraft beider Schulen. In
BGE 93 I 415 S. 420
BGE 55 I 153 ff. sei bei der Repartition des Ertrags einer Schule der indirekten Methode der Vorzug gegeben worden.
D.- Gegen diesen Entscheid der Steuer-Rekurskommission I des Kantons Zürich führt die X. GmbH staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV mit dem Antrag, ihn aufzuheben und den im Kanton Zürich steuerbaren Gewinn auf Fr. 13'694.-- festzusetzen.
Zur Begründung wird im wesentlichen vorgebracht: Es beständen keine hinreichenden Gründe, die ein Abgehen von der bisher angewandten direkten Methode rechtfertigen würden. Die Schule Zürich habe, wenn man die im Einvernehmen mit dem kantonalen Steueramt vorgenommenen "Berichtigungen" an der Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtige, nicht mit Verlust, sondern mit Gewinn abgeschlossen. Die Berichtigungen betreffen in keinem Falle das Verhältnis der beiden Schulen zueinander. Einzig die gerügte Verteilung des Gehalts des Betriebsinhabers von Fr. 56'000.-- auf Zürich (Fr. 38.000.--) und Aarau (Fr. 18'000.--) wäre eine solche Verschiebung, wenn sie dem Arbeitsaufwand für die beiden Schulen nicht entspräche; sie entspreche ihm aber. Der kantonale Revisor habe noch verlangt, dass vom Aufwand von Fr. 6'422.-- für Inserate, die beiden Schulen dienten, Fr. 2'746.-- der Aarauer Rechnung belastet werden; die von der Beschwerdeführerin vorgenommene Verteilung sei indes richtig und die Differenz - bei einem Gesamtaufwand von Fr. 25'000.-- für Inserate - für die Veranlagung kaum erheblich. Das schlechte Ergebnis der Schule Zürich sei darauf zurückzuführen, dass sie wegen vermehrter Konkurrenz und höheren Ansprüchen der Schüler und Lehrer wesentlich mehr Unkosten habe.
E.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde und schliesst sich in allen Punkten den Erwägungen der Steuer-Rekurskommission an. Diese hat sich nicht vernehmen lassen.
F.- Der Regierungsrat des Kantons Aargau, der zur Vernehmlassung eingeladen wurde, hat auf einen Antrag verzichtet, vertritt aber mit der Beschwerdeführerin die Auffassung, dass die direkte Methode "besser Gewähr für eine gerechte, zuverlässige und den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Ausscheidung" biete. Der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin im Kanton Aargau auch eine schulfremde Liegenschaft sowie ein ansehnliches Wertschriftenportefeuille besitze, sowie
BGE 93 I 415 S. 421
dem Umstand, dass die selbständig geführte Schule Aarau verhältnismässig weniger unkostenintensiv sei, würde mit der indirekten Methode nicht Rechnung getragen.Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Bei Beschwerden wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV braucht der kantonale Instanzenzug nicht erschöpft zu werden (Art. 86 Abs. 2 OG). Die Beschwerdeführerin konnte daher im Anschluss an den Entscheid der Steuer-Rekurskommission I des Kantons Zürich (StRK) Doppelbesteuerungsbeschwerde erheben, ohne von der gegenüber diesem Entscheid zulässigen Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht Gebrauch zu machen. Die Beschwerdefrist ist eingehalten, da der Entscheid der StRK der Beschwerdeführerin am 8. März 1967 eröffnet und die staatsrechtliche Beschwerde am 20. März 1967 eingereicht worden ist (Art. 89 Abs. 1 OG).
2. Die aus Art. 46 Abs. 2 BV abgeleiteten bundesgerichtlichen Kollisionsnormen richten sich nicht nur gegen die aktuelle, sondern auch gegen die virtuelle Doppelbesteuerung. Eine solche liegt vor, wenn ein Kanton durch die Erhebung einer Steuer in die Steuerhoheit eines andern Kantons übergreift, der selber von seinem Besteuerungsrecht keinen oder nicht vollen Gebrauch macht (BGE 83 I 332 Erw. 1 mit Verweisungen auf frühere Urteile, BGE 91 I 474 /5). Der Umstand, dass der von der Beschwerdeführerin im Jahre 1964 erzielte Gewinn im Kanton Zürich nur teilweise und im Kanton Aargau überhaupt nicht besteuert worden ist, schliesst daher nicht aus, dass die Besteuerung im Kanton Zürich gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstösst. Doch konnte sich die staatsrechtliche Beschwerde in diesem Falle nur gegen den Kanton Zürich richten und ist denn auch nur gegenüber diesem Kanton erhoben worden.
3. Die Beschwerdeführerin betreibt in Zürich und Aarau je eine Schule. Bei einem solchen interkantonalen Unternehmen dürfen die einzelnen Niederlassungskantone nach feststehender Rechtsprechung nicht den auf ihrem Gebiet erzielten Ertrag, sondern nur eine Quote des Gesamtertrages des ganzen Unternehmens besteuern (BGE 71 I 334 Erw. 1 und dort angeführte frühere Urteile). Das ist unbestritten. Streitig ist einzig, wie die auf die Schulen Zürich und Aarau entfallenden Quoten zu berechnen sind.
Bei der Bestimmung des Verteilungsschlüssels für die Ertragsbesteuerung handelt es sich darum, unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles einen Masstab zu finden, welcher die Bedeutung der einzelnen Niederlassung im Rahmen des Gesamtunternehmens, ihren Anteil an der Erzielung des Gesamtgewinns am zuverlässigsten zum Ausdruck bringt (BGE 61 I 342 Erw. 3, BGE 71 I 336 Erw. 3). Wo die einzelnen Betriebsstätten eigene Gewinn- und Verlustrechnungen führen, kann der Gewinn häufig auf Grund dieser Rechnungen, im Verhältnis der durch sie ausgewiesenen Gewinnsaldi, verteilt werden (sog. direkte Methode). Fehlt es an eigenen Gewinn- und Verlustrechnungen oder eignen sich diese nicht zur Bestimmung der Quoten, so ist der Ertrag nach einer indirekten Methode, d.h. nach Massgabe äusserer betrieblicher Merkmale wie Erwerbsfaktoren (Kapital und Arbeit), Umsatz usw. zu verteilen.
Die direkte Methode verdient, wie das Bundesgericht stets erklärt hat, grundsätzlich den Vorzug vor den indirekten Methoden und ist stets anzuwenden, wenn sie besser und sicherer als jene das Mass anzeigt, in welchem jede Betriebsstätte zur Erzielung des Gesamtgewinns beigetragen hat (BGE 49 I 37, BGE 73 I 204; LOCHER, Interkant. Doppelbesteuerungsrecht § 8 II C 4 Nr. 1, 2, 7). Dies trifft nicht nur bei interkantonalen Bankunternehmungen zu, sondern auch bei Niederlassungen anderer Unternehmungen, so insbesondere dann, wenn die einzelnen Betriebe "im wesentlichen wie unabhängige Geschäfte dieser Art arbeiten und der finanzielle Erfolg oder Misserfolg jedes Betriebs in der Hauptsache weniger von der Tätigkeit der Zentralleitung als von der örtlichen Leitung und namentlich den lokalen Verhältnissen (Unkosten, Konkurrenzverhältnisse usw.) abhängt und jedenfalls nicht von der Tätigkeit der andern Filialen beeinflusst ist" (nicht veröffentlichtes Urteil vom 14. Juli 1933 i.S. AG Gfeller-Rindlisbacher, Erw. 3, für ein Unternehmen mit Kaffee- und Kuchenwirtschaften in verschiedenen Kantonen; im gleichen Sinne für Unternehmen anderer Art BGE 50 I 93 sowie nicht veröffentlichte Urteile vom 30. September 1938 i.S. Noba SA Erw. 3 b und vom 13. Juni 1967 i.S. Stuag Erw. 5).
Diese Voraussetzungen sind bei der Beschwerdeführerin offensichtlich erfüllt. Ihre beiden Schulen in Zürich und Aarau sind gleichartige Betriebe. Deren Unabhängigkeit von einander
BGE 93 I 415 S. 423
zeigt sich darin, dass jede ein eigenes Schulhaus, ihre eigenen Lehrer und ihre eigenen Schüler hat, mit einem eigenen Betriebskapital ausgerüstet ist und eine selbständige Buchhaltung führt. Gemeinsam ist den beiden Betrieben nur der Geschäftsleiter, der als Inhaber aller Stammanteile ihr wirtschaftlicher Eigentümer ist und - neben seiner Tätigkeit als Anwalt - lediglich die Oberleitung ausübt, während den eigentlichen Schulbetrieben je eine Prokuristin vorsteht. Es ist unbestritten, dass die Bücher der beiden Schulen nach den gleichen Grundsätzen geführt werden und daher vergleichbare Ergebnisse liefern. Der Sachverhalt ist demnach so beschaffen, dass die Quoten sehr wohl nach der direkten Methode bestimmt werden können. Die Zürcher Steuerbehörden haben denn auch seit Eröffnung der Zweigschule Aarau den auf den Kanton Zürich entfallenden Anteil des Gesamtgewinns bis zum Jahre 1964 nach dieser Methode berechnet. Die Anwendung der von ihnen für 1965 vorgeschlagenen indirekten Methode, nämlich die Verteilung im Verhältnis der Schulgeldeinnahmen, wäre nur gerechtfertigt, wenn die im angefochtenen Entscheid gegen die direkte Methode vorgebrachten Gründe zuträfen oder wenn die angewandte indirekte Methode die wirklichen Anteile der beiden Schulen an der Erzielung des Gesamtertrags besser zum Ausdruck brächte als die direkte Methode.a) Die Berufung der StRK auf BGE 55 I 156 geht fehl. Dort handelte es sich um eine einzige Schule, deren Inhaber sie im Sommer während einiger Zeit in die Berge verlegte, während es hier um zwei selbständig nebeneinander bestehende Schulen geht. Daraus, dass das Bundesgericht dort die Anwendung der direkten Methode abgelehnt und den Gewinn nach Massgabe der Schulgeldeinnahmen verteilt hat, lässt sich daher für den vorliegenden Fall nichts ableiten.
b) Die StRK wendet gegen die Anwendung der direkten Methode ein, dass Korrekturen an den Gewinn- und Verlustrechnungen vorgenommen und dabei einzelne Posten geschätzt werden müssten, was zu Komplikationen führen würde.
aa) Die Beschwerdeführerin hat schon in der Steuererklärung die 1964 in Zürich bezahlten und dort unter Unkosten verbuchten Steuern im Betrag von Fr. 7'626.-- zum buchmässigen Gesamtgewinn hinzugerechnet. Diese Aufrechnung, die auch von der Zürcher Steuerverwaltung vorgenommen und von der StRK nicht beanstandet wurde, war richtig, da der steuerbare
BGE 93 I 415 S. 424
Gesamtertrag eines interkantonalen Unternehmens von jedem Kanton nach seinem eigenen Steuerrecht zu berechnen ist (BGE 71 I 339 Erw. 4 mit Verweisungen) und daher die Steuern in einem Kanton wie Zürich, wo sie - im Gegensatz etwa zu Basel-Stadt - nicht als abziehbare Unkosten gelten, zum buchmässigen Gewinn hinzuzurechnen sind. Ausser Betracht zu bleiben haben die Steuern dagegen, wie in BGE 71 I 337/8 entschieden wurde, bei der Berechnung der auf die einzelnen Kantone entfallenden Quoten; für diese sind grundsätzlich die buchmässigen Saldi der Gewinn- und Verlustrechnung massgebend und Korrekturen nur insoweit zulässig, als sie Rechnungsfehler, unrichtige Buchungen usw. berichtigen oder künstliche Gewinnverschiebungen rückgängig machen (BGE 71 I 337, BGE 73 I 206). Dieser Unterschied in der Berücksichtigung der Steuern gilt für alle Unternehmen, bei denen die Anteile der Kantone am Gewinn nach der direkten Methode bestimmt werden, also insbesondere für Banken, und führt daher auch bei der Beschwerdeführerin zu keiner Komplikation.bb) Der Revisor des Zürcher Steueramts hat angenommen, dass Unkosten der Zürcher Schule im Betrag von Fr. 8'600.-- auf das Anwaltsbüro des Geschäftsführers entfallen und daher zum buchmässigen Gewinn hinzuzurechnen seien, womit sich die Beschwerdeführerin einverstanden erklärte. Das hat zur Folge, dass die Gewinn- und Verlustrechnung der Schule Zürich nicht mehr mit einem Verlust, sondern mit einem Gewinn abschliesst. Eine Komplikation ergibt sich aus dieser eine unrichtige Buchung berichtigenden Aufrechnung bei Anwendung der direkten Methode ebensowenig wie bei der indirekten. Das gleiche gilt für die Differenz von Fr. 185.--, die der Revisor beim Ertrag des Schulmaterialverkaufs entdeckte und mit deren Aufrechnung sich die Beschwerdeführerin ebenfalls einverstanden erklärte.
cc) Die Beschwerdeführerin gibt jährlich grosse Beträge für Reklame aus und hat hiefür in der Gewinn- und Verlustrechnung von 1964 für Zürich Fr. 21'046.55 und für Aarau Fr. 4'890.85 ausgewiesen. Der Revisor des Zürcher Steueramts hat festgestellt, dass von der in Zürich verbuchten Summe ein Betrag von Fr. 7'072.-- beiden Schulen zugut gekommen sei, und hat angenommen, dieser Betrag sollte nach Massgabe der Schulgeldeinnahmen auf die beiden Schulen verteilt werden, was Fr. 4'326.-- für Zürich und Fr. 2'746.-- für Aarau ergäbe.
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Die Beschwerdeführerin widersetzt sich dieser Korrektur. Das ist indessen kein Grund, sie - sofern sie begründet sein sollte - nicht durchzuführen, und vor allem keine Komplikation, welche die Anwendung der direkten Methode ausschliessen würde.
Gleich verhält es sich mit dem Salär von Fr. 56'000.--, das dem Geschäftsführer ausgerichtet und mit Fr. 38'000.-- der Zürcher und mit Fr. 18'000.-- der Aarauer Schulrechnung belastet wurde. Die Beschwerdeführerin bezeichnet diese Verteilung als dem Arbeitsaufwand für die beiden Schulen entsprechend, während der Revisor des Steueramts der Auffassung ist, das Salär sollte nach Massgabe der Schulgeldeinnahmen verteilt werden, was Fr. 34'000.-- für Zürich und Fr. 22'000.-- für Aarau ergäbe.
Ausser diesen beiden Posten hat der Revisor in den Rechnungen der beiden Schulen nichts entdeckt, was auf eine Gewinnverschiebung zugunsten von Aarau deuten und zu einer Korrektur Anlass geben würde. Er ist denn auch in seinem Bericht zum Schluss gekommen, dass "die Ausscheidung nach der direkten Methode, d.h. aufgrund der Ertragsrechnung Zürich nach Vornahme der beantragten Korrekturen möglich wäre". Dass dem so ist, bestreitet die StRK nicht. Sie erklärt aber, dass die indirekte Ausscheidung nach den Schulgeldeinnahmen "den Verhältnissen des vorliegenden Falles besser gerecht" werde. Das ist noch zu prüfen.
c) Wie die StRK im angefochtenen Entscheid anerkennt, sind die Unkosten der Zürcher Schule höher als jene der Aarauer Schule, was die Beschwerdeführerin in glaubhafter Weise darauf zurückführt, dass die Zürcher Schule wegen vermehrter Konkurrenz und höherer Ansprüche der Schüler und Lehrer wesentlich mehr Unkosten habe. Im Hinblick hierauf und auf das höhere Liegenschaften- und Wertschriftenvermögen der Aarauer Betriebsstätte erscheint es schwer verständlich, dass der wenig ertragreiche Betrieb im Zürich zwei Drittel, der sehr rentable Betrieb in Aarau dagegen nur einen Drittel zum Gesamtergebnis beigetragen haben soll, wie die Zürcher Steuerbehörden nach der indirekten Methode errechnet haben. Für die Richtigkeit dieses indirekt ermittelten Anteilsverhältnisses, das nicht auf den Reinertrag der einzelnen Betriebe abstellt und deren unterschiedliche Belastung mit Unkosten übergeht, bestehen keine Anhaltspunkte. Keinen
BGE 93 I 415 S. 426
solchen bildet insbesondere die im angefochtenen Entscheid kritisierte Verbuchung der Steuern, dass nämlich dem Zürcher Betrieb Fr. 7'626.-- belastet wurden, dem Aarauer Betrieb dagegen nichts. In Aarau hat die Beschwerdeführerin, da die nicht ausgeschütteten Gewinne einer AG oder GmbH im Kanton Aargau nicht besteuert werden, nur Kapital- und Vermögenssteuern zu bezahlen, die nach den Akten rund Fr. 1'100.-- im Jahr ausmachen und für 1963/64 erst im Frühjahr 1965 veranlagt und eingefordert wurden, weshalb im Jahre 1964 in Aarau keine Steuern zu bezahlen und verbuchen waren. In Zürich dagegen hatte die Beschwerdeführerin im Jahre 1964 auf Grund des Ergebnisses des Jahres 1963 beträchtliche Steuern zu entrichten. Dieser Umstand spricht nicht für, sondern gegen die von den Zürcher Behörden angewandte indirekte Methode, da er - neben der Ungleichheit der sonstigen Unkosten - ein weiteres Element der ungleichen Belastung der beiden Betriebe darstellt, das durch die indirekte Methode verwischt würde.Die Berechnung des Anteils des Kantons Zürich am Gesamtgewinn der Beschwerdeführerin nach der direkten Methode führt demnach zu einem den tatsächlichen Verhältnissen besser entsprechenden Ergebnis. Die Zürcher Steuerbehörden haben denn auch während mehr als 10 Jahren diese Methode angewandt und sind erst zur indirekten übergegangen, als der Anteil des Kantons Zürich immer kleiner wurde. Dies ist aber offenbar auf die verschiedene Entwicklung der Ertragsverhältnisse der beiden Schulen zurückzuführen und bildet keinen Grund, von der direkten Methode abzugehen, welche diese Verschiedenheit berücksichtigt.
Die Beschwerde ist daher im Sinne des Hauptantrags der Beschwerdeführerin dahin gutzuheissen, dass der angefochtene Entscheid aufzuheben ist. Die Zürcher Steuerbehörden haben den Anteil des Kantons Zürich am Gesamtreinertrag der Beschwerdeführerin nach der direkten Methode zu bestimmen. Wie gross er sein wird, hängt davon ab, ob die vom Revisor beantragten Korrekturen an der Verbuchung der Reklamekosten und des Salärs des Geschäftsführers vorzunehmen sind. Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, diese Frage, zu der die kantonalen Behörden noch nicht abschliessend Stellung genommen haben, abzuklären. Diese haben sie nochmals zu prüfen und die Beschwerdeführerin hierauf neu zu veranlagen.
4. Die Zürcher Steuerverwaltung hat bei der Bestimmung des Anteils des Kantons Zürich am Gesamtgewinn nach der indirekten Methode einen Vorausanteil von 10% für den Hauptsitz beansprucht. Dass ein solches Präzipuum, dessen Berechtigung die Beschwerdeführerin bestreitet, auch bei Anwendung der direkten Methode begründet wäre, hat die StRK nicht behauptet. Die Frage wäre zu verneinen. Ein Präzipuum ist gerechtfertigt, wenn der Ertrag einer Betriebsstätte vorwiegend auf die Geschäftsleitung am Hauptsitz zurückzuführen ist (BGE 81 I 265 /66, BGE 88 I 244 /45). Das ist hier offenbar nicht der Fall. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Tätigkeit des Geschäftsführers, der sich nicht mit dem eigentlichen Schulbetrieb befasst, auf den Geschäftsgang der Schule in Aarau einen wesentlichen Einfluss gehabt hätte.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und der Entscheid der Steuer-Rekurskommission I des Kantons Zürich vom 22. Dezember 1966 aufgehoben.
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