60. Urteil vom 29. September 1967 i.S. Verwaltungsgesellschaft für mittelständischen Anlagefonds gegen Eidg. Bankenkommission.
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Regeste
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Bundesgesetz über die Anlagefonds; Verbot irreführender Bezeichnungen für Sondervermögen, die nicht Anlagefonds sind.
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2. Für ein Sondervermögen, das alle Merkmale eines Anlagefonds mit Ausnahme der öffentlichen Werbung erfüllt, darf die Bezeichnung "Fonds" nicht, auch nicht in irgendeiner Wortverbindung (z.B. "Solidaritätsfonds"), verwendet werden (Erw. 3, 4).
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Sachverhalt
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BGE 93 I 476 (476):
A.- Das seit dem 1. Februar 1967 in Kraft stehende Bundesgesetz über die Anlagefonds vom 1. Juli 1966 (AFG, AS 1967 S. 115) ist nach Art. 1 Abs. 1 anwendbar auf alle Anlagefonds, deren Leitung ihren Sitz in der Schweiz hat. Art. 2 lautet:
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BGE 93 I 476 (477):
"Der Anlagefonds ist ein Vermögen, das auf Grund öffentlicher Werbung von den Anlegern zum Zwecke gemeinschaftlicher Kapitalanlage aufgebracht und von der Fondsleitung nach dem Grundsatz der Risikoverteilung für Rechnung der Anleger verwaltet wird.
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Für Vermögen, die nicht unter diesen Begriff fallen, darf die Bezeichnung ,Anlagefonds' oder eine ähnliche Bezeichnung, die zu Verwechslungen Anlass gibt, nicht verwendet werden."
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B.- Die Verwaltungsgesellschaft für mittelständischen Anlagefonds in Zürich wurde am 8. September 1965 auf Betreiben der "Schuhgemeinschaft, Genossenschaft schweizerischer Schuhfabrikanten und Schuhhändler" gegründet als Fondsleitung für einen zu errichtenden Immobilien-Anlagefonds mit dem Zweck, eine neue Möglichkeit zum Erwerb von Liegenschaften mit Ladenlokalitäten und damit auch zum Abschluss langfristiger Mietverträge zugunsten der Mitglieder der Schuhgemeinschaft zu schaffen. Die Zertifikate des Fonds sollten vor allem diesen Mitgliedern zugänglich sein. Am 28. September 1965 wurde der "Mittelständische Anlagefonds (MAF)" errichtet. Er gab auf den Inhaber lautende Zertifikate über einen oder zehn oder hundert Anteilscheine im Nominalwert von je Fr. 100.-- aus, auf deren Rückseite das Verwaltungsreglement gedruckt ist. Dieses bestimmt in Ziff. III lit. b:
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"Die Verwaltungsgesellschaft hat die Rechte der Zertifikatsinhaber zu wahren. Zugleich hat sie in ihrer Anlagepolitik jedoch zu berücksichtigen, dass der Zweck des MAF in erster Linie in der Förderung unabhängiger mittelständischer Unternehmungen des Detailhandels liegt und nicht in der Erzielung einer möglichst hohen Rendite. Sofern die Ausschüttungen an die Anteilschein-Inhaber im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre mindestens 4 % des Nominalwertes betragen haben, ist die Verwaltungsgesellschaft berechtigt, unabhängigen mittelständischen Unternehmungen des Detailhandels Vorzugsbedingungen einzuräumen."
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Am 31. Dezember 1966 wies der MAF einen Grundbesitz im Werte von 6,7 Millionen Franken aus, bestehend aus 13 Liegenschaften mit 20 Läden, 6 Büros und 48 Wohnungen. Die Mietzinseinnahmen beliefen sich auf Fr. 370'000.--; davon stammten Fr. 227'000.-- von der Schuhgemeinschaft und ihr nahestehenden Mietern. Im gleichen Zeitpunkt waren Anteilscheine für Fr. 1'850,000.-- ausgegeben; Zertifikate für Fr. 800'000.-- waren von der Schuhgemeinschaft und vereinzelten Mitgliedern derselben gezeichnet, die übrigen besass die Verwaltungsgesellschaft.
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BGE 93 I 476 (478):
Im Frühling 1966 hatte die Generalversammlung der Schuhgemeinschaft für die Mitglieder verbindlich beschlossen, die Umsatzrückvergütungen in Form von MAF-Anteilscheinen auszurichten.
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Als das Bundesgesetz über die Anlagefonds in Kraft trat, stellte sich die Frage, ob der MAF darunter falle. Die Verwaltungsgesellschaft führte mit der Eidg. Bankenkommission, der Aufsichtsbehörde über die Anlagefonds, Verhandlungen mit dem Ziel, die Unterstellung unter das Gesetz zu vermeiden. Im Laufe der Verhandlungen beschloss ihr Verwaltungsrat am 2. März 1967 unter dem Vorbehalt des Einverständnisses der Bankenkommission, 1) den Namen des Fonds in "MAF Mittelständischer Solidaritätsfonds" abzuändern und 2) in das Verwaltungsreglement des Fonds eine neue Bestimmung aufzunehmen, welche lautet:
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"Für die Anteilscheine darf keine öffentliche Werbung betrieben werden. Der Fonds untersteht daher dem Bundesgesetz über die Anlagefonds vom 1. Juli 1966 nicht."
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C.- Am 10. Mai 1967 hat die Eidg. Bankenkommission gestützt auf Art. 2 AFG folgenden Beschluss gefasst:
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"1. Es wird festgestellt, dass für den MAF keine öffentliche Werbung betrieben wurde noch eine solche zu betreiben beabsichtigt wird.
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2. Es wird der MAF Verwaltungsgesellschaft für mittelständischen Anlagefonds untersagt, für das Sondervermögen des MAF die Bezeichnung ,MAF' und ,Fonds' - auch in einer Wortverbindung - oder eine ähnliche Bezeichnung, die zu Verwechslungen Anlass gibt, zu verwenden."
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D.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Verwaltungsgesellschaft, Ziff. 2 dieses Beschlusses aufzuheben und ihr zu gestatten, für das Sondervermögen des MAF die Bezeichnung "Solidaritätsfonds" zu verwenden.
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Sie erklärt, sie unterziehe sich ohne Anerkennung des Rechtsstandpunktes der Bankenkommission dem Verbot, die Bezeichnung "MAF" zu gebrauchen, und wolle diese durch "Misof" ersetzen. Dagegen verletze das allgemeine Verbot der Verwendung des Wortes "Fonds" in einer Wortverbindung Bundesrecht. "Anlagefonds" sei ein Unterbegriff von "Fonds", und es gehe nicht an, dass die Bankenkommission das Verbot der Verwendung des Unterbegriffs auf den Oberbegriff ausdehne. Mit dem allgemeinen Verbot der Bezeichnung "Fonds" für BGE 93 I 476 (479):
Vermögen, die gewisse Ähnlichkeiten mit den Anlagefonds aufwiesen, führe sie ein neues Kriterium ein, das im Gesetzestext keine Grundlage finde. "Anlagefonds" bringe zum Ausdruck, dass es sich um ein Vermögen handle ("Fonds") und dass von diesem ein Ertrag erwartet werde ("Anlage"). Unter "ähnlichen Bezeichnungen" im Sinne des Gesetzes seien auch nur solche zu verstehen, welche diese beiden Hinweise enthielten, wie dies z.B. für die Wortverbindungen "Investment-Fonds" und "Investment-Trust" zutreffe. In der Bezeichnung "Solidaritätsfonds" weise aber "Solidarität" nicht auf einen erwarteten Ertrag hin, sondern im Gegenteil darauf, dass das Vermögen im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel, unter Umständen sogar unter Verzicht auf einen angemessenen Ertrag, verwendet werde. Wer Zertifikate eines Anlagefonds kaufe, erwarte davon einen möglichst hohen Ertrag; wer dagegen Zertifikate eines Solidaritätsfonds erwerbe, sei bereit, für die Gemeinschaft Opfer zu bringen. Für Sondervermögen gebe es keine andere brauchbare deutsche Bezeichnung als "Fonds". "Mittelständisches Solidaritäts-Sondervermögen" wäre sprachlich unzumutbar und zudem irreführend.
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E.- Die Eidg. Bankenkommission beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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BGE 93 I 476 (480):
Die Beschwerdeführerin ist in dem Entscheid als Partei beteiligt und wird durch ihn - vorausgesetzt, er sei objektiv rechtswidrig - in ihren Rechten verletzt; sie ist somit nach Art. 103 Abs. 1 OG zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert.
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Wie erwähnt, ist nicht bestritten, dass der MAF nicht unter diesen Begriff fällt, weil für seine Anteilscheine keine öffentliche Werbung betrieben wird. Gerade um die Unterstellung unter das Gesetz zu vermeiden, hat die Beschwerdeführerin das Verbot der öffentlichen Werbung für die Anteilscheine in das Verwaltungsreglement aufgenommen. Sie anerkennt denn auch, dass die Bezeichnung "Anlagefonds" für den MAF nicht zulässig ist, und hat deshalb den ursprünglichen Namen "Mittelständischer Anlagefonds" (und in der Beschwerde auch die Kurzform "MAF") aufgegeben. Der Streit geht nur darum, ob sie statt dessen das Wort "Fonds" in einer anderen Wortverbindung und insbesondere den von ihr neu gewählten Namen "Mittelständischer Solidaritätsfonds" verwenden darf.
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Der Zweck des Art. 2 Abs. 2 AFG ist klar: Das Publikum soll vor Täuschungen bewahrt werden. Die Botschaft des Bundesrates vom 23. November 1965 beschränkt sich denn auch auf diese Feststellung (BBl 1965 III S. 315 unten), und in den eidgenössischen Räten gab die Bestimmung überhaupt zu keiner Diskussion Anlass. Unter dem Publikum sind die Personen zu verstehen, die in die Lage kommen können, Anteilscheine zu übernehmen. Sie sollen vor der irrigen Annahme bewahrt werden, dass das betreffende Vermögen dem AFG untersteht und die Anleger den von diesem gewährten Schutz geniessen; bezweckt doch das Gesetz vor allem den Schutz der Anleger, wie in der Botschaft immer wieder betont wurde (a.a.O., insbesondere S. 259, 281, 289/90, 295/96, 306). Deshalb darf von Instituten, die nicht unter das Gesetz fallen, weder die Bezeichnung "Anlagefonds" noch eine andere Bezeichnung verwendet werden, die zur Meinung Anlass geben kann, es handle sich um einen Anlagefonds im Sinne des AFG. Die Beschwerdeführerin BGE 93 I 476 (481):
meint, die Verwechslungsgefahr müsste durch die Bezeichnung allein begründet sein, diese also auf das Vorhandensein eines Vermögens (wie in "Fonds") und auf die Erwartung eines Vermögensertrages (wie in "Anlage") hinweisen. Die Bankenkommission dagegen ist der Auffassung, eine Verwechslungsgefahr könne sich auch aus dem Namen in Verbindung mit den übrigen Umständen ergeben, und verlangt deshalb dann, wenn die Verwaltung des Vermögens und die Verurkundung der Anteilsrechte der für die Anlagefonds geltenden Usanz und gesetzlichen Regelung entsprechen, dass wenigstens der Name eine Verwechslung mit solchen Fonds eindeutig ausschliesse. Unter diesen Umständen verbietet sie daher die Verwendung des Wortes "Fonds" schlechthin, auch in jeder Wortverbindung, obwohl es sonst, wie sie zugibt, wegen seiner umfassenderen Bedeutung nicht den Anlagefonds vorbehalten werden könnte. Dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspricht es in der Tat, die Verwechslungsgefahr auch dann zu berücksichtigen, wenn sie sich nicht schon aus der Bezeichnung allein, wohl aber aus dieser in Verbindung mit den sonstigen Umständen ergibt; dann kann die Aufsichtsbehörde zwar nicht auf diese Umstände einwirken, da das betreffende Vermögen gar nicht dem AFG untersteht, wohl aber gestützt auf Art. 2 Abs. 2 die Verwendung jener Bezeichnung verbieten. Damit wird entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht ein neues, dem Gesetze fremdes Kriterium eingeführt, sondern der gesetzliche Begriff der Verwechslungsgefahr sinngemäss ausgelegt.
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Es ist unbestritten, dass der MAF - der vor dem Erlass des AFG als Anlagefonds gegründet und bezeichnet wurde -alle in Art. 2 Abs. 1 dieses Gesetzes genannten Merkmale eines Anlagefonds mit der einzigen Ausnahme der öffentlichen Werbung erfüllt und dass seine Organisation und Verwaltung sowie die Ausgestaltung und Verurkundung der Anteilscheine gleich sind wie bei den Anlagefonds im Sinne des Gesetzes. Es besteht daher die Gefahr, dass Personen, denen die Verhältnisse nicht näher bekannt sind, ihn mit einem Anlagefonds verwechseln und glauben, sie genössen als Erwerber von Anteilscheinen den Schutz des Gesetzes. Zwar sind die Anteilscheine des MAF in erster Linie für die Mitglieder der Schuhgemeinschaft bestimmt, doch besteht keine Gewähr dafür, dass ihnen allen von vornherein bekannt ist, dass der MAF kein Anlagefonds im Sinne BGE 93 I 476 (482):
des Art. 2 Abs. 1 AFG ist. Die auf den Inhaber lautenden Anteilscheine können sodann von den Mitgliedern der Schuhgemeinschaft jederzeit an Personen abgetreten werden, die der Gemeinschaft fernstehen und ebenfalls nicht wissen, dass sie es nicht mit einem Anlagefonds im Sinne des Gesetzes zu tun haben. Erst- wie Zweiterwerber von Anteilscheinen können sehr wohl durch irgendeine Bezeichnung, die das Wort "Fonds" auch nur in Verbindung mit einem anderen Wort enthält, zusammen mit der Organisation, die aus dem in den Zertifikaten wiedergegebenen Verwaltungsreglement ersichtlich ist und in allen Teilen derjenigen eines Anlagefonds im Sinne des AFG entspricht, den Eindruck erhalten, es handle sich um einen solchen, und sich im Vertrauen auf den Schutz des Gesetzes zum Erwerb entschliessen. Das angefochtene Verbot, die Bezeichnung "Fonds" irgendwie - auch in einer Wortverbindung - zu verwenden, ist daher nicht zu beanstanden.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Beschwerde wird abgewiesen.
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