94 I 365
Urteilskopf
94 I 365
51. Urteil vom 2. Oktober 1968 i.S. Dietziker gegen Heinrich Denzler AG und Justizkommission des Kantons Zug.
Regeste
Staatsrechtliche Beschwerde. Zwischenentscheid. Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges.
Der Entscheid, durch den die letzte kantonale Instanz in Rechtsöffnungssachen die provisorische Rechtsöffnung bewilligt oder verweigert, kann mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV angefochten werden, da
- der Entscheid kein Zwischenentscheid, sondern ein Endentscheid im Sinne des Art. 87 OG ist (Erw. 3; Änderung der Rechtsprechung);
- weder die dem Schuldner bei Bewilligung der Rechtsöffnung offen stehende Aberkennungsklage (Art. 83 Abs. 2 SchKG) noch die vom Gläubiger im Falle der Verweigerung zu erhebende Forderungsklage (Art. 79 SchKG) ein "kantonales Rechtsmittel" im Sinne des Art. 86 Abs. 2 OG darstellt (Erw. 4).
Provisorische Rechtsöffnung. Willkür.
Unter welchen Voraussetzungen darf in der Betreibung gegen die nicht existierende Firma "X & Co." provisorische Rechtsöffnung gegen X. erteilt werden? (Erw. 6).
A.- Die Firma Heinrich Denzler AG leitete anfangs Januar 1968 für den Betrag von Fr. 20, 108.-- nebst Zins Betreibung ein gegen die Firma "A.J. Dietziker & Co." in Baar und verlangte, als Rechtsvorschlag erhoben wurde, am 22. Januar 1968 beim Kantonsgerichtspräsidium Zug gestützt auf eine Vereinbarung vom 8. Februar 1967 provisorische Rechtsöffnung. In der am 29. Januar 1968 eingereichten Antwort auf das Begehren führte A.J. Dietziker aus, die Firma A.J. Dietziker & Co. existiere nicht und sei im Handelsregister nicht eingetragen, weshalb sich die Rechtsöffnung gegen ihn, Albert J. Dietziker in Baar, richte; im übrigen machte er geltend, die Vereinbarung, aus welcher die Gläubigerin ihre Forderung ableite, bilde keinen Rechtsöffnungstitel.
Am 29. Februar 1968 erteilte das Kantonsgerichtspräsidium "im Rechtsöffnungsverfahren Nr. 25 des Klägers Heinrich Denzler AG ... gegen den Beklagten A.J. Dietziker" für den Betrag von Fr. 20'108.-- nebst Zins die provisorische Rechtsöffnung.
Gegen diesen Entscheid erhob A.J. Dietziker Beschwerde bei der Justizkommission des Kantons Zug. Zur Begründung machte er u.a. geltend, die Erteilung der Rechtsöffnung gegen A.J. Dietziker stütze sich weder auf einen Zahlungsbefehl noch auf ein Rechtsöffungsgesuch, da sich beide gegen die Firma A.J. Dietziker & Co. richteten; sie sei daher ungesetzlich.
Die Justizkommission wies die Beschwerde am 1. April 1968 ab, inbezug auf den erwähnten Einwand mit folgender Begründung:
BGE 94 I 365 S. 367
Der Beschwerdeführer habe selber erklärt, dass die Firma "A.J. Dietziker & Co." nicht existiere und sich das Rechtsöffnungsgesuch daher gegen ihn, Albert J. Dietziker richte. Er habe alle in Frage stehenden Vereinbarungen mit der Gläubigerin mit seinem Namen, wenn auch unter der Firma der nicht existierenden "A.J. Dietziker & Co." unterschrieben und sich daher als Einzelperson verpflichtet. Der Zahlungsbefehl gebe zwar die Firma "A.J. Dietziker & Co." als Schuldnerin an, während der Rechtsöffnungsentscheid auf A.J. Dietziker als Schuldner laute. Diese Diskrepanz habe der Beschwerdeführer aber selber zu vertreten, und sie helfe ihm nicht, weil der Rechtsöffnungsentscheid für die Fortsetzung der Betreibung den Zahlungsbefehl ersetze (BGE 67 III 141) und somit für die Vollziehbarkeit keine Unsicherheit bestehen könne.
B.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde stellt Albert J. Dietziker den Antrag, es sei der Entscheid der Justizkommission des Kantons Zug vom 1. April 1968 aufzuheben und das Rechtsöffnungsbegehren der Firma Heinrich Denzler AG abzuweisen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die kantonale Instanz zurückzuweisen. Er macht Verletzung des Art. 4 BV geltend und rügt als willkürlich, dass gegenüber der Einzelperson Rechtsöffnung erteilt worden sei, obwohl sich Betreibung und Rechtsöffnungsbegehren gegen die Firma A.J. Dietziker & Co. gerichtet hätten.
C.- Die Justizkommission des Kantons Zug und die Heinrich Denzler AG beantragen unter Hinweis auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheides Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2. Der Beschwerdeführerbemerkteinleitend, die Beschwerde sei "nach Art. 87 OG zulässig", setzt sich aber nicht auseinander mit der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesgerichts. Dieses ist zwar während Jahrzehnten eingetreten auf staatsrechtliche Beschwerden wegen Verletzung des Art. 4 BV, die sich gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über Bewilligung oder Verweigerung der provisorischen Rechtsöffnung richteten (BGE 26 I 4,BGE 30 I 300,BGE 59 I 255,BGE 75 I 3,BGE 78 I 56und zahlreiche nicht veröffentlichte Urteile). Im Jahre 1953 hat es seine
BGE 94 I 365 S. 368
Rechtsprechung indes geändert und entschieden, dass es sich beim Entscheid über die provisorische Rechtsöffnung um einen blossen Zwischenentscheid im Sinne des Art. 87 OG handle; ferner hat es angenommen, dass die Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung für den Schuldner und ihre Verweigerung jedenfalls in der Regel für den Gläubiger keinen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge habe (BGE 79 I 44und 153). Angesichts der Kritik, welche die Rechtslehre an dieser Rechtsprechung vor und nach ihrer Bestätigung in BGE 87 I 366 geübt hat (H. HUBER, SJZ 1954 S. 301 ff. und ZBJV 1955 S. 176/7; H. MARTI, ZSR 1962 II 51/2; BONNARD, ZSR 1962 II 412ff.; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs 2. Aufl. I S. 136; BRAND, SJK Nr. 1169 S. 1), erscheint eine nochmalige Überprüfung als geboten.
3. Zunächst fragt sich, ob ein Rechtsöffnungsentscheid (wobei immer nur die provisorische Rechtsöffnung gemeint ist) als End- oder Zwischenentscheid im Sinne des Art. 87 OG zu gelten hat.
Kantonale Entscheide im Sinne des Art. 84 OG kommen regelmässig in einem bestimmten Verfahren (Prozessverfahren, Steuerveranlagungsverfahren usw.) zustande. Der Entscheid, der das Verfahren abschliesst, ist ein Endentscheid, mag er sich als Sachentscheid erweisen oder das Verfahren aus prozessualen Gründen beendigen (vgl. BGE 93 I 452, BGE 87 I 172; BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege S. 353). Vor dem Endentscheid der letzten kantonalen Instanz sind im Laufe des Verfahrens häufig gewisse Entscheide zu treffen, welche Verfahrensfragen, mitunter auch vorausnehmend eine materielle Frage zum Gegenstand haben (BGE 69 I 16 mit Hinweisen). Solche im Laufe des Verfahrens zu treffende Entscheide sind (von hier nicht zu erörternden Ausnahmen abgesehen; vgl. BGE 87 I 177 /8 und dort angeführte frühere Urteile, BGE 94 I 201 Erw. 1) Zwischenentscheide. Sie können nach Art. 87 OG nur dann mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des Art. 4 BV angefochten werden, wenn sie für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge haben. Diese Ordnung geht auf die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichts zurück, das vor der Revision des OG von 1943 auch ohne dahingehende Vorschrift die staatsrechtliche Beschwerde aus Art. 4 BV gegen einen Zwischenentscheid nur zuliess, wenn dieser für den Betroffenen Nachteile mit sich brachte, die auch
BGE 94 I 365 S. 369
durch einen für ihn günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden konnten (BGE 63 I 76 und 313, BGE 64 I 98, BGE 68 I 168). Es sollte dadurch vermieden werden, dass das kantonale Verfahren durch die Anfechtung von Zwischenentscheiden auch in Fällen verlängert wird, in denen die kantonale Instanz selber den gerügten Mangel bis zum Endurteil oder durch dieses noch beseitigen kann.Da Zwischen- und Endentscheide in Art. 87 OG Gegensätze bilden, lässt sich der Begriff des Zwischenentscheides nicht losgelöst von dem des Endentscheides fassen. Es ist vielmehr im Einzelfall zu prüfen, was Gegenstand des das Verfahren abschliessenden Endentscheids ist, und von daher ergibt sich, ob ein vorausgegangener Entscheid im Verhältnis zu ihm als Zwischenentscheid erscheint. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn er im Laufe des gleichen Verfahrens getroffen wird, das durch den Endentscheid abgeschlossen wird, so dass er einen blossen Schritt auf dem Wege zum Endentscheid bildet. Der Begriff des gleichen Verfahrens darf freilich nicht rein formalistisch aufgefasst werden. Ein bestimmtes Verfahren kann derart auf ein anderes bezogen und ihm untergeordnet sein, dass beide Verfahren wenn nicht formell, so doch ihrem Gegenstand nach als Einheit erscheinen (vgl. BONNARD, a.a.O. S. 411 und 413, wo von einem "rapport nécessaire" gesprochen wird). So hat das Bundesgericht in der Bewilligung der Nachlassstundung einen blossen Zwischenentscheid erblickt (vgl. die in BGE 87 I 369 angeführten nicht veröffentlichten Urteile). Betrachtet man das Verfahren über die Bewilligung der Nachlasstundung und über die Bestätigung des Nachlassvertrages nicht schon formell bloss als zwei Abschnitte eines und desselben Verfahrens, so ist das Bewilligungsverfahren jedenfalls derart auf das Bestätigungsverfahren bezogen und ihm zugeordnet, dass man beide ihrem Gegenstand nach als Einheit und damit die Bewilligung der Stundung als blossen Zwischenentscheid im Verhältnis zum Endurteil über die Bestätigung des Nachlassvertrages betrachten kann (vgl. auch BGE 93 I 62 Erw. 2). Ähnliche Überlegungen mögen das Bundesgericht dazu geführt haben, den Rechtsöffnungsentscheid als blossen Zwischenentscheid zu betrachten im Verhältnis zum Urteil, durch das auf Forderungsklage (Art. 79 SchKG) oder Aberkennungsklage (Art. 83 Abs. 2 SchKG) hin über den materiellen Bestand der in Betreibung gesetzten Forderung
BGE 94 I 365 S. 370
entschieden wird (vgl. BGE 79 I 45, BGE 87 I 368). Hieran kann jedoch nicht festgehalten werden, weil Rechtsöffnungs- und Zivilprozessverfahren ihrem Gegenstand nach derart verschieden sind, dass es nicht angeht, sie als eine Einheit zu betrachten, innerhalb welcher der Rechtsöffnungsentscheid einen blossen Zwischenentscheid bilden würde. Richtig ist vielmehr, wie noch in BGE 78 I 56/7 ausgeführt wurde, dass es sich um getrennte Verfahren mit ganz verschiedenen Zielen handelt. Das Rechtsöffnungsverfahren ist, als Zwischenverfahren der Schuldbetreibung (BGE 76 I 48), rein vollstreckungsrechtlicher Natur (FRITZSCHE a.a.O. S. 137), während die Aberkennungsklage (und erst recht die Forderungsklage nach Art. 79 SchKG) sich in keiner wesentlichen Beziehung von einem mit dem Betreibungsverfahren überhaupt nicht zusammenhängenden Forderungsstreit unterscheidet (BGE 83 III 77, BGE 91 II 111 b). An der Verschiedenartigkeit des Prozessgegenstandes und des Verfahrenszieles ändert auch der Umstand nichts, dass, wie das Bundesgericht in BGE 87 I 369 hervorhob, in jenen materiellrechtlichen Verfahren "auch über die Vollstreckbarkeit im Sinne der definitiven Rechtsöffnung entschieden wird". Mit dieser Erwägung liesse sich regelmässig das Verhältnis von Zwischen- und Endentscheid konstruieren, wenn bloss der im einen Verfahren zu treffende Entscheid Auswirkungen auf die Rechtslage hat, wie sie durch irgendeinen im andern Verfahren getroffenen Entscheid geschaffen wurde. Das würde zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs des Art. 87 OG führen, die dem Sinn der Bestimmung widerspräche.Dass es nicht angeht, den Entscheid über die provisorische Rechtsöffnung als blossen Zwischenentscheid zu behandeln, zeigt auch ein bisher unbeachtet gebliebener Gesichtspunkt. Die Aberkennungsklage kann auch durch ein Schiedsgericht beurteilt werden (BGE 56 III 234), und ebenso verhält es sich mit der Forderungsklage nach Art. 79 SchKG (vgl. BGE 91 II 111 b). Würde auf eine gegen den Rechtsöffnungsentscheid gerichtete staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten aus der Erwägung, dass es sich um einen Zwischenentscheid handle und der Schuldner den Mangel noch durch Anfechtung des im Aberkennungsprozess ergehenden Endentscheides rügen könne, so versagt diese Konstruktion gänzlich, wenn die Aberkennungsklage durch ein Schiedsgericht beurteilt wird, da nach ständiger Rechtsprechung gegen Schiedsgerichtsurteile die
BGE 94 I 365 S. 371
staatsrechtliche Beschwerde ausgeschlossen (BGE 67 I 34/5, BGE 71 I 35) und auch die Berufung unzulässig ist (BGE 64 II 230, BGE 65 II 36), der Schuldner also auf die ihm gar nicht zustehende Anfechtung des Endentscheides verwiesen würde.Es ist somit die in BGE 79 I 44 und 153 eingeleitete Rechtsprechung aufzugeben und der Entscheid über die provisorische Rechtsöffnung als Endentscheid im Sinne des Art. 87 OG zu betrachten. Bei dieser Sachlage stellt sich die in jenen Urteilen verneinte Frage nicht mehr, ob er (als Zwischenentscheid) für den Gläubiger bzw. Schuldner einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat. Dagegen ist noch zu prüfen, ob er als letztinstanzlich im Sinne des Art. 87 OG zu gelten hat, wenn er von derjenigen Instanz ausgeht, die als letzte des Kantons über Rechtsöffnungssachen zu befinden hat.
4. Das Erfordernis der Letztinstanzlichkeit deckt sich mit dem der Erschöpfung der kantonalen Rechtsmittel, das Art. 86 Abs. 2 OG aufstellt (BGE 84 I 234, BGE 93 I 63 Erw. 3 a). Der Begriff des Rechtsmittels umfasst neben den ordentlichen Rechtsmitteln auch die ausserordentlichen, mit denen die gerügte Verfassungsverletzung geltend gemacht werden kann (BGE 89 I 126 Erw. 1 und dort angeführte frühere Urteile). Darüber hinaus hat das Bundesgericht als Rechtsmittel auch andere Rechtsbehelfe betrachtet, mit denen die Beseitigung des Rechtsnachteils erreicht werden kann, der mit der staatsrechtlichen Beschwerde angefochten wird. So hat es insbesondere staatsrechtliche Beschwerden gegen Entscheide der letzten kantonalen Verwaltungsbehörden wegen Nichterschöpfung der kantonalen Rechtsmittel als unzulässig erklärt, wenn zur Erreichung des Ziels, auf das sie gerichtet waren, die Zivilklage zur Verfügung stand (BGE 78 I 250, BGE 81 I 61, BGE 83 I 166 /7; vgl. auch BGE 82 I 81). Inwieweit an dieser von BONNARD (a.a.O. S. 422/4) mit beachtlichen Gründen kritisierten Rechtsprechung festzuhalten ist, braucht hier nicht entschieden zu werden.
Die Justizkommission des Kantons Zug, die den mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Entscheid gefällt hat, ist nach dem Prozessrecht des Kantons Zug die letzte kantonale Instanz in Rechtsöffnungssachen. Als Rechtsbehelf, der dem Beschwerdeführer zur Verfügung stände und mit dem sich der behauptete Rechtsnachteil beseitigen liesse, käme nur die Aberkennungsklage in Frage. Sie als ein gegenüber der provisorischen Rechtsöffnung zur Verfügung stehendes "Rechtsmittel" im Art. 86 und 87 OG kaum mehr entsprechenden Masse aus und lässt sich, sofern daran überhaupt festzuhalten ist, jedenfalls nicht analogieweise auf das Rechtsöffnungsverfahren übertragen. Da Rechtsöffnungsverfahren einerseits, Forderungs- und Aberkennungsprozess anderseits ihrer Natur und ihrem Gegenstand nach durchaus verschieden sind, können Forderungs- und Aberkennungsklage nicht als "Rechtsmittel" bzw. Rechtsbehelfe eines Rechtsöffnungsverfahrens betrachtet werden. Dieses bildet ein in sich geschlossenes selbständiges Verfahren und wird letztinstanzlich abgeschlossen durch den Entscheid derjenigen kantonalen Behörde, die als letzte Instanz in Rechtsöffnungssachen zu befinden hat. Es ist demnach der Rechtsöffnungsentscheid der Justizkommission als letztinstanzlicher Endentscheid zu betrachten und auf die Beschwerde einzutreten, soweit damit die Aufhebung dieses Entscheids verlangt wird.
BGE 94 I 365 S. 372
Sinne des Art. 86 Abs. 2 OG zu betrachten, geht indes nicht an. Das Bundesgericht hat freilich in BGE 90 I 204 Erw. 1 angenommen, die in Art. 184 Abs. 2 SchKG vorgesehene Klage auf Zahlung sei ein kantonales Rechtsmittel, von dem Gebrauch zu machen sei vor der Erhebung einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen die aufgrund von Art. 182 Ziff. 4 SchKG erteilte Bewilligung des Rechtsvorschlags in einer Wechselbetreibung. Dieser Entscheid weitet jedoch den Begriff des Rechtsmittels in einem dem Sinn und Zweck der
5. Im Hinblick auf die Ausführungen in BGE 87 I 367 Erw. 3 a rechtfertigt es sich, noch kurz zu prüfen, ob es einem Bedürfnis entspricht, die staatsrechtliche Beschwerde aus Art. 4 BV gegen Entscheide über die provisorische Rechtsöffnung zuzulassen. Die Frage ist zu bejahen. Lässt sich auch mit diesem Rechtsmittel keine einheitliche Praxis in Rechtsöffnungssachen erzielen, so kann das Bundesgericht doch wenigstens einschreiten, wenn eine kantonale Behörde den Art. 82 SchKG in unhaltbarer Weise auslegt oder anwendet. Es dient in bedeutendem Masse dem Rechtsschutzbedürfnis des Einzelnen, wenn er einen so groben Verstoss auf einfachem Wege rügen kann und nicht erst einen Prozess um den Bestand der Forderung austragen muss. Dazu kommt, dass mit der staatsrechtlichen Beschwerde aus Art. 4 BV nicht nur willkürliche Rechtsanwendung, sondern auch die Verweigerung des rechtlichen Gehörs und die rechtsungleiche Behandlung im engern
BGE 94 I 365 S. 373
Sinne gerügt werden kann, was nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht möglich war, aber ebenfalls einem nicht zu unterschätzenden Bedürfnis entspricht angesichts der praktischen Bedeutung des Rechtsöffnungsverfahrens im Rechtsleben. Freilich wird, wie H.U. WALDER in den Verhandlungen des Schweizerischen Juristenvereins der Kritik an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entgegenhielt (ZSR 1962 II 569 ff.), der Schuldner bei Bewilligung der provisorischen Rechtsöffnung im Hinblick auf die Möglichkeit der Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde gut tun, neben dieser vorsorglich auch die Aberkennungsklage binnen der Frist des Art. 83 Abs. 2 SchKG zu erheben. Er hat aber trotzdem ein Interesse daran, dass der Rechtsöffnungsentscheid im Rahmen des Art. 4 BV überprüft werden kann, was bei Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde die Fortsetzung eines allenfalls langwierigen und kostspieligen Prozesses entbehrlich macht.
6. Das Betreibungsbegehren und dementsprechend der Zahlungsbefehl richteten sich gegen die Firma "A.J. Dietziker & Co." in Baar, während der Entscheid, mit dem der Gläubigerin die provisorische Rechtsöffnung gewährt wurde, gegen A.J. Dietziker persönlich erging. Nach Art. 82 Abs. 2 SchKG spricht der Richter die Rechtsöffnung aus, sofern der Betriebene nicht bestimmte Einwendungen glaubhaft macht. Daraus ist zu schliessen, dass im Rechtsöffnungsverfahren der Betriebene passiv legitimiert ist und der Entscheid sich gegen ihn richten muss. Das ergibt sich auch aus der Natur des Rechtsöffnungsverfahrens als eines reinen Vollstreckungsverfahrens, in dem darüber entschieden wird, ob eine bestimmte Betreibung, die ein bestimmter Gläubiger für eine bestimmte Forderung gegen einen bestimmten Schuldner eingeleitet hat, fortgesetzt werden darf oder nicht. Die Justizkommission stellte im angefochtenen Entscheid fest, die Firma "A.J. Dietziker & Co." existiere nicht, was der Beschwerdeführer nicht bestreitet, entspricht dies doch seiner eigenen Darstellung. Existiert die Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft aber nicht, so fehlt es an einer tauglichen Partei. Das Vorhandensein einer solchen ist eine wesentliche Voraussetzung einer Betreibung, bei deren Fehlen trotzdem vorgenommene Betreibungshandlungen nichtig sind und jederzeit aufgehoben werden können (BGE 67 III 140/1; FRITZSCHE a.a.O. S. 53). Es lässt sich daher die Ansicht vertreten, es hätte die gegen eine nicht existierende Gesellschaft eingeleitete
BGE 94 I 365 S. 374
Betreibung aufgehoben werden müssen und nicht durch Rechtsöffnung in eine solche gegen A.J. Dietziker umgewandelt werden dürfen, da dieser in dem der Rechtsöffnung vorangegangenen Verfahren nicht Betriebener war und sich der Rechtsöffnungsentscheid gegen den Betriebenen zu richten hat. Indessen lässt sich auch die gegenteilige Auffassung mit guten Gründen vertreten. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer hatte vor langem einen Fall zu entscheiden, dessen Sachverhalt mit dem vorliegenden weitgehend übereinstimmte (ZR 1905 Nr. 189 S. 304; vgl. dazu P. SCHWARTZ, BlSchK 1955 S. 10). Sie wies die Beschwerde, mit der Aufhebung der Betreibung verlangt worden war, im wesentlichen mit der Begründung ab, die Betreibung sei als gegen den Vertreter der nicht existierenden Gesellschaft gerichtet zu betrachten, es sei lediglich ein formeller Mangel, an welchem sie leide und auf den sich der Vertreter umsoweniger berufen könne, als er selbst den Anlass zu dieser ungenauen Schuldnerbezeichnung gegeben habe. Angesichts dieser von der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer mit freier rechtlicher Überprüfung gefällten Entscheids kann der damit im Ergebnis übereinstimmende Entscheid der Justizkommission jedenfalls nicht als schlechthin unhaltbar, geradezu willkürlich bezeichnet werden. Es wäre stossend und widerspräche dem nach der neuern Rechtsprechung (BGE 85 III 29 Erw. 3 a mit Hinweisen) auch im Betreibungsverfahren beachtlichen Grundsatz von Treu und Glauben, wenn der Gläubigerin ihre betreibungsrechtliche Stellung, die sie bereits erlangt hat, wieder entzogen würde wegen eines Mangels, den der Schuldner herbeiführte, indem er die in Frage stehende Vereinbarung namens der "A.J. Dietziker & Co." unterzeichnete und so die Existenz einer solchen Gesellschaft vorgab.Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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