95 I 546
Urteilskopf
95 I 546
79. Auszug aus dem Urteil vom 12. November 1969 i.S. Schild Tuch AG gegen Einwohnergemeinde Zug und Regierungsrat des Kantons Zug.
Regeste
Art. 4 BV (Rechtsgleichheit) und Eigentumsgarantie.
Das Ziehen einer Arkadenbaulinie stellt eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung dar und kommt der Planung eines neuen Verkehrsweges gleich. Bestehen für den betreffenden Strassenzug noch keine derartigen Bauvorschriften, so verstösst ein Bebauungsplan, der sich lediglich auf zwei Grundstücke bezieht und den Eigentümern die Pflicht zum Einbau einer Fussgängerarkade auferlegt, gegen Art. 4 BV (Erw. 2) und gegen die Eigentumsgarantie (Erw. 3 b), wenn auch für die Planung einer solchen Arkade grundsätzlich ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht.
Aus dem Tatbestand:
A.- Die Bahnhofstrasse in Zug, eine Hauptverkehrsader und Geschäftsstrasse dieser Stadt, verbindet den Postplatz im Süden mit der Baarstrasse im Norden. Sie ist heute Einbahnstrasse für den Verkehr in Richtung Baarstrasse. Westlich von ihr - d.h. seeseits - verläuft die Vorstadtstrasse. Die beiden Strassenzüge werden ungefähr 100 Meter nördlich des Postplatzes durch die Schmidgasse - ebenfalls eine Einbahnstrasse - miteinander verbunden. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. 793, welches die nördliche Ecke Schmidgasse/Bahnhofstrasse bildet. Für die Grundstücke beidseits der Schmidgasse besteht ein Bebauungsplan "Schmidgasse-Vorstadtstrasse" vom 1. Februar 1952 (Plan Nr. 1299). Die Zone D dieses Bebauungsplanes umfasst vier an der Westseite der Bahnhofstrasse gelegene Grundstücke. Zwei dieser Parzellen - Nr. 788 (Zehnder) und Nr. 783 (Spillmann) - liegen südlich der Schmidgasse; die beiden andern - diejenigen der Beschwerdeführerin (Nr. 793) und diejenige der Kreditanstalt (Nr. 803) - liegen nördlich derselben. Die südliche Ecke Schmidgasse/Bahnhofstrasse wird durch das Grundstück Nr. 788 (Zehnder) gebildet. Laut Bebauungsplan sind in dieser Zone bei geschlossener Bauweise vier Vollgeschosse sowie Dachausbauten zulässig.
Das Geschäftshaus der Beschwerdeführerin ist im Jahre 1952 errichtet worden. Es ist dreigeschossig; seine Tragkonstruktion erlaubt es, später noch eine Fussgängerarkade einzubauen. Eine solche besteht gegenwärtig auf der Westseite der Bahnhofstrasse lediglich beim Neubau der Kantonalbank an der Ecke Postplatz/Bahnhofstrasse.
Im Jahre 1964 war den Stimmberechtigten ein Bebauungsplan "Bahnhofstrasse-Poststrasse" vorgelegt worden, der für die Grundstücke beidseits der Einmündung der Schmidgasse in die
BGE 95 I 546 S. 548
Bahnhofstrasse, d.h. für die Parzelle Zehnders und diejenige der Beschwerdeführerin, sechs Vollgeschosse unter gleichzeitiger Erstellung von Arkaden mit unentgeltlicher Einräumung eines Fusswegrechts in den Arkaden vorsah. Dieser Bebauungsplan wurde in der Volksabstimmung vom 15. März 1964 verworfen. Vorgängig war Zehnder, dem Eigentümer des anderen Eckgrundstücks, jedoch bereits eine den neuen Richtlinien entsprechende Baubewilligung erteilt worden, die am 31. März 1964 mit Rücksicht auf das Ergebnis der Volksabstimmung abgeändert werden musste. Der Neubau Zehnders stand im Zeitpunkt der Abstimmung bereits im Rohbau.
B.- Im Herbst 1965 stellte die Beschwerdeführerin ein Gesuch um Aufstockung ihres Geschäftshauses um zwei Stockwerke auf insgesamt fünf Geschosse. Mit Beschluss vom 27. Januar 1966 wies der Stadtrat von Zug das Baugesuch ab. Gleichzeitig leitete er jedoch ein Verfahren auf Abänderung des Bebauungsplanes "Schmidgasse-Vorstadtstrasse" ein. Mit Beschwerde vom 10. Februar 1966 zog die Beschwerdeführerin die Angelegenheit an den Regierungsrat weiter.
In ihrer Sitzung vom 26. April 1966 nahm die Baukommission des Grossen Gemeinderats zum Bericht und Antrag des Stadtrats vom 10. März 1966 betreffend die Revision des Bebauungsplans "Schmidgasse-Vorstadtstrasse" Stellung und beantragte dem Grossen Gemeinderat, auf die darin enthaltenen Abänderungsvorschläge einzutreten.
Mit Entscheid vom 10. Januar 1967 wies der Regierungsrat die hängige Beschwerde ab mit der Begründung, das Baugesuch entspreche den geltenden Vorschriften nicht, und auf das noch nicht abgeschlossene Revisionsverfahren könne in diesem Zusammenhang nicht abgestellt werden.
Am 3. Oktober 1967 genehmigte der Grosse Gemeinderat die Revision des Bebauungsplans aus dem Jahre 1952, indem er den neuen Bebauungsplan Nr. 3167 vom 28. März 1967 nach längeren Verhandlungen guthiess. Dieser bestimmt hinsichtlich der beiden Eckgrundstücke Schmidgasse/Bahnhofstrasse folgendes:
"GBP Nr. 788 und 793 geschlossene Bauweise 5 Vollgeschosse und 1 Attikageschoss mit zwei Drittel der Normalgeschossgrundfläche, flach abgedeckt ohne irgendwelche Aufbauten. Arkadenbaulinie 4,5 m von der Hauptbaulinie zurückliegend, unentgeltliches öffentliches Fusswegrecht in der Arkade."
BGE 95 I 546 S. 549
Gleichzeitig beschloss der Grosse Gemeinderat, die dem neuen Plan Nr. 3167 zuwiderlaufenden Baulinien und Bauvorschriften des Bebauungsplans "Schmidgasse-Vorstadtstrasse" vom 1. Februar 1952 aufzuheben.
C.- Mit Beschwerde vom 16. Oktober 1967 gelangte die Schild Tuch AG an den Regierungsrat. Sie ersuchte um Aufhebung des Beschlusses vom 3. Oktober 1967 betreffend die Revision des Bebauungsplans "Schmidgasse-Vorstadtstrasse", wurde jedoch mit Entscheid vom 2. Juni 1969 abgewiesen.
D.- Die Schild Tuch AG führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Rechtsgleichheit und der Eigentumsgarantie.
Zur Begründung wird im wesentlichen folgendes ausgeführt: Die im Bebauungsplan Nr. 3167 vom 28. März 1967 enthaltenen Bauvorschriften verletzten die Eigentumsgarantie. Eine klare Rechtsgrundlage sei für die vorgesehenen Eigentumsbeschränkungen nicht vorhanden. Die Eingriffe lägen zudem nicht im öffentlichen Interesse. Arkaden seien lediglich für die beiden Parzellen Nr. 788 und Nr. 793 vorgesehen worden. Auf der Parzelle Nr. 788 stehe aber der Neubau Zehnders, der über keine Arkaden verfüge und an dem in den nächsten Jahren keine Umbauten vorgenommen würden. Die Arkadenpflicht treffe mithin praktisch die Beschwerdeführerin allein. Selbst wenn man mit dem Regierungsrat die Notwendigkeit einer Sanierung der Bahnhofstrasse bejahen wollte, so stelle die der Beschwerdeführerin auferlegte Eigentumsbeschränkung einen Eingriff dar, für den kein aktuelles öffentliches Interesse bestehe. Eine Arkadenpflicht könnte nur durch einen den ganzen Strassenzug erfassenden Bebauungsplan vorgesehen werden.
Der Bebauungsplan Nr. 3167 verletze zudem den in Art. 4 BV niedergelegten Grundsatz der Rechtsgleichheit. Die beiden ebenfalls zur Zone D gehörenden Grundstücke Nr. 783 (Spillmann) und Nr. 803 (Kreditanstalt) seien ohne ersichtlichen Grund aus dem Bebauungsplan Nr. 1299 vom 1. Februar 1952 entlassen worden, und es sei für sie keine Arkadenbaulinie gezogen worden. Die Verhältnisse seien für alle vier Grundstücke im wesentlichen die gleichen, so dass der Bebauungsplan Nr. 3167 auch unter diesem Gesichtspunkt als verfassungswidrig erscheine.
E.- In seiner Vernehmlassung vom 29. September 1969 beantragt der Regierungsrat des Kantons Zug, die Beschwerde
BGE 95 I 546 S. 550
sei abzuweisen. Er macht geltend, eine Verletzung der Eigentumsgarantie liege nicht vor. § 8 des Baugesetzes für die Stadtgemeinde Zug vom 27. November 1923 schaffe in den Absätzen 3 und 4 die Möglichkeit, bestehende Bebauungspläne zu revidieren. Der Plan Nr. 3167 sei öffentlich aufgelegt worden; das Referendum sei nicht ergriffen worden. Eine gesetzliche Grundlage für die angefochtene Planungsmassnahme sei mithin vorhanden. Dass für die fragliche Eigentumsbeschränkung ein öffentliches Interesse bestehe, könne nicht bestritten werden. Der Bebauungsplan Nr. 3167 sei im Zuge einer Sanierung der Bahnhofstrasse aufgestellt worden; es könne somit keine Rede davon sein, dass die Arkadenbaupflicht einzig der Beschwerdeführerin auferlegt werde. Im angefochtenen Entscheid sei der Stadtrat von Zug ausdrücklich dabei behaftet worden, die beiden Grundstücke Nr. 783 und Nr. 803 zu gegebener Zeit gleich zu behandeln und für die Westflucht der Bahnhofstrasse einen entsprechenden Bebauungsplan aufzustellen.Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Aus den Erwägungen:
2. Die als Grundprinzip der Rechtsverwirklichung in Art. 4 BV verankerte Rechtsgleichheit und das sich daraus ergebende Willkürverbot richten sich sowohl an den Gesetzgeber als auch an den Rechtsanwender (BGE 91 I 84; BGE 95 I 134 E. 5). Es braucht deshalb in diesem Zusammenhang nicht geprüft zu werden, ob der angefochtene Bebauungsplan Nr. 3167 einen allgemein verbindlichen Erlass, eine Einzelverfügung oder eine Summe von Einzelverfügungen darstellt (vgl. dazu BGE 94 I 342).
Dem Gleichheitsprinzip kommt bei Planungsmassnahmen insoweit abgeschwächte Wirkung zu, als Liegenschaften, die sich im Zeitpunkt ihrer planerischen Behandlung in ihrer Funktion für den Eigentümer in nichts voneinander unterscheiden, mit Rücksicht auf ihre weitgehend zufällige Lage ohne Verletzung von Art. 4 BV mit ungleich einschneidenden Eigentumsbeschränkungen belastet werden dürfen (vgl. IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl., Nr. 347 II b). Der Grundeigentümer hat keinen Anspruch darauf, im Zusammenhang mit der Aufstellung eines Bebauungsplans oder einer Zonenordnung
BGE 95 I 546 S. 551
gleich behandelt zu werden wie alle übrigen Grundeigentümer, die von einer Raumplanungsmassnahme berührt werden. Es liegt im Wesen der Ortsplanung, dass Zonen gebildet werden, für welche notwendigerweise unterschiedliche Bauvorschriften aufgestellt werden. Von einer wirklichen Ortsplanung kann indessen in der Regel nur dann gesprochen werden, wenn den einzelnen Zonen eine zweckentsprechende Ausdehnung gegeben wird. Bezieht sich ein Bebauungsplan bloss auf einige wenige Grundstücke, weil die Gesamtplanung noch nicht abgeschlossen ist, so liegt eine aussergewöhnliche Planungsmassnahme vor. Eine solche ist im Rahmen der gesetzlichen Grundlage an sich zulässig; sie verstösst aber - unbekümmert um ihre Rechtsnatur - gegen Art. 4 BV, wenn darin rechtliche Unterscheidungen getroffen werden, für welche kein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen ersichtlich ist.Dass der Stadtrat nach der Ablehnung des generellen Bebauungsplans "Bahnhofstrasse-Poststrasse" daran geht, die geplante Sanierung schrittweise zu verwirklichen, ist nach dem Gesagten unter dem Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit nicht zu beanstanden, sofern die entsprechenden Bebauungspläne jeweils grössere Stücke des Strassenzugs (beispielsweise das Gebiet zwischen zwei Querstrassen) erfassen. Fraglich bleibt bloss, ob sich die darin enthaltenen Eigentumsbeschränkungen mit der Eigentumsgarantie vereinbaren lassen, d.h. ob jeweils ein hinreichendes öffentliches Interesse nachgewiesen werden kann (vgl. unten Erw. 3 b).
Wie aus dem im Jahre 1964 von den Stimmberechtigten abgelehnten Bebauungsplan "Bahnhofstrasse-Poststrasse" und aus den nachfolgenden Planungsarbeiten ersichtlich ist, beabsichtigt der Stadtrat, die Verkehrsverhältnisse der Bahnhofstrasse in der Weise zu sanieren, dass die Eigentümer der an der Westseite gelegenen Grundstücke früher oder später zum Einbau von Fussgängerarkaden verpflichtet werden sollen. Nachdem der erwähnte Bebauungsplan nicht zuletzt wegen des Verhaltens der Baubewilligungsbehörde im Falle Zehnder abgelehnt worden war, wurde das erste Baugesuch der Beschwerdeführerin vom Herbst 1965 zum Anlass genommen, das Sanierungsprojekt nochmals voranzutreiben. Der vom Grossen Gemeinderat nach längeren Verhandlungen und Beratungen gutgeheissene Bebauungsplan Nr. 3167 vom 28. März 1967 bezieht sich indessen bloss auf die Grundstücke Nr. 788 (Zehnder)
BGE 95 I 546 S. 552
und Nr. 793 (Schild Tuch AG). Er ist deshalb im Sinne der oben entwickelten Grundsätze auf seine Verfassungsmässigkeit hin zu überprüfen.Der angefochtene Bebauungsplan verpflichtet die Eigentümer der Grundstücke Nr. 788 und Nr. 793, spätestens im Zusammenhang mit der Errichtung eines Neubaus eine Fussgängerarkade zu erstellen. Für die beiden ebenfalls zur Zone D des Bebauungsplans Nr. 1299 vom 1. Februar 1952 gehörenden Grundstücke Nr. 783 (Spillmann) und Nr. 803 (Kreditanstalt) besteht keine entsprechende Vorschrift; sie stehen bloss noch unter den Bestimmungen des Baugesetzes, weil der erwähnte Plan aus dem Jahre 1952 - soweit Zone D betreffend - durch den neuen Bebauungsplan Nr. 3167 aufgehoben worden ist. Für diese unterschiedliche Behandlung können keine sachlichen Gründe geltend gemacht werden. Alle vier Grundstücke liegen an der Bahnhofstrasse; sie bilden zusammen die Zone D des Bebauungsplans Nr. 1299 aus dem Jahre 1952. Dass es sich bei den mit dem neuen Plan Nr. 3167 erfassten Parzellen um die Eckgrundstücke zur Schmidgasse handelt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, denn die Bahnhofstrasse - und nicht die Schmidgasse - soll mittels Arkaden saniert werden. Mindestens die vier Grundstücke der Zone D hätten im Lichte von Art. 4 BV gleich behandelt werden müssen. Eine Verfassungsverletzung erscheint - entgegen der Ansicht von Stadtrat und Regierungsrat - nicht schon deshalb als ausgeschlossen, weil der Stadtrat die übrigen an der Westseite der Bahnhofstrasse gelegenen Grundstücke in absehbarer Zeit gleich behandeln will. Es ist nicht sicher, ob die mit dem angefochtenen Bebauungsplan geschaffene, aber offenbar als bloss vorübergehend gedachte Rechtsungleichheit tatsächlich behoben werden kann. Entsprechende Pläne bedürfen der Genehmigung durch den Grossen Gemeinderat und können gegen den Willen der Stimmbürger nicht durchgesetzt werden. Wie der Fall Zehnder lehrt, besteht keine Gewähr dafür, dass eine Arkadenbaulinie mindestens auch für die beiden Grundstücke Nr. 783 und Nr. 803 gezogen werden kann. Daran ändert nichts, dass der Regierungsrat den Stadtrat im angefochtenen Entscheid bei seiner Absicht behaftet. Der Plan Nr. 3167 kann im Endergebnis zu einer endgültigen rechtlichen Sonderbehandlung der Schild Tuch AG führen, wofür sich haltbare Gründe nicht finden lassen. Er verstösst deshalb gegen Art. 4 BV. In Gutheissung der Beschwerde
BGE 95 I 546 S. 553
ist daher der angefochtene Entscheid des Regierungsrats vom 2. Juni 1969 aufzuheben.
3. Obwohl der angefochtene Bebauungsplan bereits unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV als verfassungswidrig erscheint und aufgehoben werden muss, hält es das Bundesgericht für angebracht, ihn auch im Lichte der Eigentumsgarantie zu prüfen, jedoch nur insoweit, als dies mit Rücksicht auf die Sanierungspläne des Stadtrats als gerechtfertigt erscheint.
Arkadenbaulinien stellen öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen dar, welche mit der Eigentumsgarantie nur vereinbar sind, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und, sofern sie in der Wirkung einer Enteignung gleichkommen, gegen volle Entschädigung erfolgen (BGE 94 I 132 E.4; BGE 93 I 340 mit Verweisungen).
a) Der angefochtene Plan Nr. 3167 stützt sich auf das Baugesetz für die Stadtgemeinde Zug vom 27. November 1923. Dieses Gesetz bestimmt in § 8 folgendes:
"§ 8. - Der Bebauungsplan umfasst die Stadt Zug und deren Umgebung, die in nächster Zeit als Bauland in Betracht fällt.
Über das Gebiet grösserer Nachbarschaften können Bebauungspläne erstellt werden, sobald sich hiefür ein Bedürfnis zeigt.
Neue oder abgeänderte Bebauungspläne unterliegen jeweilen der Genehmigung der Einwohnergemeinde und des Regierungsrates.
Die Bebauungspläne sowie deren Abänderungen sollen nach üblicher Bekanntmachung wenigstens einen Monat vor dem Abstimmungstage auf der Einwohnerkanzlei zur öffentlichen Einsichtnahme der Stimmberechtigten aufliegen."
Die Beschwerdeführerin rügt, der neue Bebauungsplan erstrecke sich nicht auf ein Gebiet "grösserer Nachbarschaften" im Sinne von § 8 des Baugesetzes, da er sich bloss auf zwei Grundstücke beziehe.
Die streitige Eigentumsbeschränkung stellt keinen besonders schweren Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführerin dar, so dass das Bundesgericht die Frage, ob die angerufene gesetzliche Grundlage genüge, nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür zu prüfen hat (vgl. BGE 91 I 332 E.1; BGE 93 I 341 E.5; BGE 94 I 133 E.6). Der Regierungsrat führt im angefochtenen Entscheid aus, Abänderungen bestehender Bebauungspläne würden durch § 8 des Baugesetzes keineswegs ausgeschlossen, auch wenn sie sich bloss auf einzelne Grundstücke bezögen. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Ansicht des Regierungsrats
BGE 95 I 546 S. 554
schlechthin nicht vertretbar sein soll. Der angefochtene Bebauungsplan Nr. 3167 stellt eine Abänderung des Plans Nr. 1299 dar, welcher sich auf ein Gebiet "grösserer Nachbarschaften" bezieht. Daran ändert nichts, dass er eine eigene Nummer trägt. Für Abänderungen bestehender Bebauungspläne ist das Verfahren in § 8 Abs. 3 und 4 des Baugesetzes näher geregelt. Aus diesen Bestimmungen kann nicht abgeleitet werden, auch die Abänderungen bestehender Bebauungspläne müssten sich auf ein Gebiet "grösserer Nachbarschaften" beziehen. Die Auslegung der Beschwerdeführerin wäre im übrigen auch nicht sachgemäss, denn eine erneute Überprüfung der privaten und öffentlichen Interessen kann es durchaus als angezeigt erscheinen lassen, bestehende Bebauungspläne zugunsten oder zulasten einzelner Grundstücke abzuändern. Die erste Rüge der Beschwerdeführerin ist daher unbegründet.b) Die Interessenabwägung wird vom Bundesgericht nach der neuesten Rechtsprechung grundsätzlich frei überprüft; es übt lediglich insoweit Zurückhaltung, als die Antwort von der Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht (BGE 94 I 134 E. 7, 340/41).
Dass an der Planung einer Fussgängerarkade grundsätzlich ein hinreichendes aktuelles öffentliches Interesse besteht, kann angesichts der Bedeutung der Bahnhofstrasse und der herrschenden Verkehrsverhältnisse nicht ernstlich bestritten werden. Der Stadtrat will die Sanierung schrittweise durchführen; wie das Vorgehen im Falle der Beschwerdeführerin erkennen lässt, beabsichtigt er offenbar, in Zukunft einzelne Bauvorhaben an der Bahnhofstrasse zum Anlass zu nehmen, um in bezüglichen Bebauungsplänen entsprechende Bauvorschriften zu erlassen. Es ist zwar richtig, dass sich bei grossen Verkehrsadern Sanierungen häufig nur im Verlauf von Jahrzehnten verwirklichen lassen. Dennoch ist das Vorgehen des Stadtrates mit der Eigentumsgarantie nicht vereinbar.
Die Absicht des Stadtrats, an der Bahnhofstrasse Fussgängerarkaden erstellen zu lassen, kommt der Planung eines neuen Verkehrswegs gleich. Eine solche ist notwendigerweise vorausschauend und bestrebt, einheitliche Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das gesetzte Ziel erreicht werden kann. Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall eine Arkadenbaulinie nicht bloss für einzelne Grundstücke gezogen werden darf. Entsprechende,
BGE 95 I 546 S. 555
im Rahmen einer generellen Planung erlassene Bauvorschriften müssen vielmehr mindestens für ein grösseres Stück des Strassenzugs aufgestellt werden, und zwar in einem einzigen Bebauungsplan. Das heisst jedoch nicht, dass die geplante Fussgängerarkade zugleich auch geöffnet werden müsste. In bezug auf das aktuelle öffentliche Interesse muss vielmehr unterschieden werden zwischen demjenigen, das die Planung als solche, d.h. das Ziehen der Arkadenbaulinie als begründet erscheinen lässt und dem öffentlichen Interesse, das die Öffnung der Arkade im Einzelfall zu rechtfertigen vermag.Bezöge sich der angefochtene Bebauungsplan Nr. 3167 auf die ganze Länge der Bahnhofstrasse, so wäre er nach dem Gesagten - was das Vorhandensein eines genügenden öffentlichen Interesses anbelangt - nichtzubeanstanden, denn das Planungsinteresse erscheint als hinreichend begründet. Weil er jedoch bloss zwei Grundstücke erfasst und weil - wie bereits unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV festgestellt worden ist (Erw. 2) - hinsichtlich Arkadenbaupflicht für eine Sonderbehandlung der beiden Grundstücke ein Planungsinteresse im soeben dargelegten Sinn nicht ernstlich geltend gemacht werden kann, verletzt er die Eigentumsgarantie. Er müsste deshalb auch aus diesem Grunde aufgehoben werden. An sich können jedoch hoheitlich angeordnete Teilsanierungen im Rahmen von Art. 4 BV ohne weiteres durchgeführt werden.
Bestehen rechtsgültige Arkadenbaulinien, so ist jeweils zu prüfen, wann für die Öffnung eines Arkadenabschnittes ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht. Der blosse Umstand, dass der Eigentümer eines Hauses, das bereits eine Tragkonstruktion für einen Arkadeneinbau besitzt, im Rahmen der geltenden Bauvorschriften höher bauen will, genügt an sich noch nicht, um von ihm die Öffnung der Arkade zu verlangen. Es muss dafür vielmehr ein aktuelles öffentliches Interesse nachgewiesen sein, das gegenüber dem privaten Interesse am vorläufigen Fortbestand des derzeitigen Zustandes überwiegt. Dies ist im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens zu prüfen.
c) (Entschädigungsfrage).