BGE 96 I 45 |
8. Auszug aus dem Urteil vom 28. Januar 1970 i.S. Y. gegen Zürich, Kanton und Verwaltungsgericht. |
Regeste |
Gewaltentrennung, Gesetzesdelegation. Umfang der dem Regierungsrat des Kantons Zürich zustehenden Rechtsetzungsbefugnis auf dem Gebiete der Quellensteuer (Erw. 2). |
Sachverhalt |
A.- Da sich in den Jahren vor 1965 im Kanton Zürich ständig mehr als 100 000 ausländische Arbeitnehmer aufhielten und die Steuererhebung bei zeitlich begrenztem Aufenthalt Schwierigkeiten bereitete, entschlossen sich die zürcherischen Behörden, für ausländische Arbeitnehmer eine Quellensteuer einzuführen, wie sie auch andere Kantone kennen. In der Volksabstimmung vom 24. April 1966 wurden dem § 3 des Gesetzes über die direkten Steuern vom 8. Juli 1951 (StG) folgende zwei Absätze beigefügt:
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5 Der Regierungsrat kann für Personen, die sich mit befristeter AAufenthaltsbewilligung im Kanton aufhalten und in unselbständiger Stellung erwerbstätig sind, durch Verordnung die Besteuerung der Einkünfte beim Schuldner der steuerbaren Leistungen in Form des Steuerabzuges zu einem vom Steuerfuss unabhängigen festen Steuersatz anordnen. |
6 Der dem Steuerabzug zu Grunde liegende Steuersatz ist progressiv zu gestalten. Die Finanzdirektion setzt diesen unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Steuerbelastung im Kanton fest.
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Der Regierungsrat erliess gestützt auf diese Bestimmungen die Verordnung über die Besteuerung von Einkünften aus unselbständiger Erwerbstätigkeit im Kanton Zürich vom 12. September 1966, die vom Kantonsrat genehmigt wurde. Ferner erliess der Regierungsrat am 13. Oktober 1966 einen Beschluss über die Tarife der Quellensteuer für ausländische Arbeitnehmer. Er sieht folgende Tarife vor:
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- Tarif A für Alleinverdiener, anwendbar für hauptberuflich erwerbstätige ledige, verwitwete, geschiedene oder getrenntlebende Arbeitnehmer, sowie für verheiratete Arbeitnehmer in ungetrennter Ehe, wenn nur ein Ehegatte hauptberuflich tätig ist;
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- Tarif D für Doppelverdiener, anwendbar für verheiratete Arbeitnehmer in ungetrennter Ehe bei hauptberuflicher Erwerbstätigkeit beider Ehegatten;
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- Tarif N für Nebenerwerb.
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In den Tarifklassen A und D sind der Haushalt- und der Kinderabzug, sowie der Abzug für nicht voll erwerbsfähige Personen berücksichtigt.
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B.- Im Jahre 1967 und in den ersten drei Monaten des Jahres 1968 wohnte Y. mit seiner Ehefrau in Hochfelden ZH. Er arbeitete in einem Unternehmen in Zürich, die Ehefrau als Hausangestellte in Hochfelden. Da die Eheleute ausländische Staatsangehörige ohne fremdenpolizeiliche Niederlassungsbewilligung waren, wurden ihre Erwerbseinkünfte mit der Quellensteuer erfasst. Die Arbeitgeber nahmen den Steuerabzug nach dem Tarif D für Doppelverdiener wie folgt vor:
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Ehemann / Ehefrau
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Jahr : Einkommen Steuer / Einkommen Steuer
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1967: 17535.-- 2080.10 / 4929.50: 84.-
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1968: 3 Monate: 4665.-- 598.50 / 1154.-- 12.-
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Summe: 22200.-- 2678.60 / 6083.50: 96.-
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beide Ehegatten: 28283.50 / 2774.60
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Y. erhob gegen die Anwendung des Quellensteuertarifes D Einsprache mit dem Begehren, es sei das Erwerbseinkommen der Ehegatten zusammenzuzählen und nach dem Tarif A für Alleinverdiener zu erfassen; er würde dann monatlich etwa Fr. 16.- einsparen. Der Steuerkommissär, die Steuerkommission von Hochfelden und die Rekurskommission wiesen das Begehren ab. Eine Beschwerde hiegegen wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 25. April 1969 ab. |
C.- Gegen diesen Entscheid hat Y. wegen Verletzung des Art. 4 BV und des Grundsatzes der Gewaltentrennung staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Die Begründung dieser Rügen ist den nachfolgenden Erwägungen zu entnehmen.
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D.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde, das Verwaltungsgericht beantragt, sie sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. - Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen.
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Aus den Erwägungen: |
Der Regierungsrat wird durch das Gesetz nicht nur ermächtigt, von den genannten Personen die ordentliche Steuer in besonderer Form erheben zu lassen, sondern die "Besteuerung" nach einem festen Steuersatz "anzuordnen". Zudem ist der Steuersatz "unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Steuerbelastung im Kanton" festzusetzen. Damit sollte, wie mit Fug angenommen werden kann, gesagt sein, dass die Quellensteuer ausgerichtet sein muss auf die Durchschnittsbelastung, wie sie sich auf Grund der allgemeinen Regeln des StG ergibt. Auch das ist ein Hinweis darauf, dass die ausländischen Arbeitnehmer nach besondern Vorschriften zur Steuer heranzuziehen sind, die freilich auf die durchschnittliche Belastung der übrigen zürcherischen Steuerpflichtigen abgestimmt sein sollen. Aus dem Wortlaut des Gesetzes ist deshalb eher zu schliessen, die Ermächtigung gehe dahin, die genannten Personen nach besondern Vorschriften zur Steuer heranzuziehen. Die Annahme, das entspreche auch dem Sinn der gesetzlichen Delegationsnorm, legt der Beleuchtende Bericht des Regierungsrats nahe, der dem Stimmbürger mit der Abstimmungsvorlage unterbreitet und in welchem ausgeführt wurde: |
Alle diese Gründe sprechen für die Einführung der Quellensteuer. Andere Vorschläge sind im Ergebnis weniger wirksam oder bedingen einen grösseren Arbeitsaufwand. Vereinfachte Einschätzung unter Mitwirkung des Arbeitgebers und Haftung des Arbeitgebers sind wohl taugliche Mittel zur Verhinderung von Steuerausfällen; sie können indessen die bei der Veranlagung und beim Steuerbezug geschilderten Schwierigkeiten nicht beseitigen. Die Einführung einer Sicherungssteuer mit einheitlichen Ansätzen würde, auch wenn sie mit einer vereinfachten Steuereinschätzung gekoppelt wäre, keine Vereinfachung gegenüber der Quellensteuer bedeuten. Im Gegenteil, über die laufend dem Steueramt abgelieferten Beträge müsste - wie bei der Quellensteuer - Kontrolle geführt werden; zudem wäre eine Einschätzung vorzunehmen und auf Grund der Einschätzung abzurechnen. Auch die Arbeitgeber würden stärker belastet werden. Neben der periodischen Steuerablieferung hätten sie mit der Wohnsitzgemeinde jedes einzelnen Arbeitnehmers auf Grund der Einschätzung abzurechnen. Sowohl Einschätzung wie auch Schlussabrechnung fallen bei der Quellensteuer weg. Die endgültige Regelung ist der grosse Vorteil der Quellensteuer, auch wenn hiefür differenzierte Ansätze nötig sind.
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Es erhellt im übrigen aus dem gleichen Bericht, dass für die genannten Personen vom System der veranlagten Steuer abgewichen werden soll (S. 10/11). Der Beschwerdeführer scheint die Auffassung zu vertreten, die Steuerabzüge des Arbeitgebers auf Grund des für die Quellensteuer geltenden Satzes hätten nach dem Willen des Gesetzgebers bloss als eine Art à-conto-Zahlungen auf denjenigen Steuerbetrag ausgestaltet werden dürfen, der sich auf Grund der Einschätzung nach den allgemeinen Regeln des StG ergäbe. Solchermassen wäre die "Quellensteuer" in der Tat eine blosse Form des Einzugs der ordentlichen Steuer, wobei nach der Einschätzung der zuviel erhobene Betrag zurückzuerstatten, der zuwenig entrichtete nachzuzahlen wäre. Mit dieser Auslegung des Gesetzes steht die eigene These des Beschwerdeführers offenbar nicht ganz im Einklang, nach welcher in Fällen des Doppelverdienstes fakultativ eine Steuerveranlagung vorgenommen werden sollte. Auf jeden Fall ist nach dem Gesagten die Auslegung besser begründet, wonach der Regierungsrat besondere Vorschriften für die Besteuerung von ausländischen Arbeitnehmern erlassen darf, welche die Steuerfestsetzung ohne Veranlagung nach einem besondern Tarif (fester Steuersatz) vorsehen, was einem System entspricht, wie es auch andere Kantone eingeführt haben (vgl. REIMANN, ZBl 67/1966, S. 89 ff; KOLLER, ZBl 64/1963, S. 425 ff). Mit ein Hauptgrund für die Revision des StG lag, wie nach allem zu schliessen ist, gerade darin, das System der veranlagten Steuer aufzugeben, dem, wie im Beleuchtenden Bericht des Regierungsrats (S. 10) ausgeführt wurde, der ausländische Arbeitnehmer verständnislos gegenübersteht. Von einer Überschreitung der gesetzlichen Kompetenzen durch den Regierungsrat und damit von einem Verstoss gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung kann deshalb nicht gesprochen werden. |
Hinsichtlich der sog. Familienbesteuerung besteht im zürcherischen Recht bei Erhebung der ordentlichen Steuer folgende Regelung: Leben Ehegatten in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe, so wird die Ehefrau gemäss § 8 Abs. 1 StG nicht selbständig besteuert; ihr Einkommen (und Vermögen) wird ohne Rücksicht auf den Güterstand dem Ehemann zugerechnet. Das bewirkt, dass das Lohneinkommen des Ehemannes und der Ehefrau nach dem höheren Progressionssatz des Gesamteinkommens besteuert wird. Eine Erleichterung bringt § 8 Abs. 2 StG, wonach vom Erwerbseinkommen, das die Ehefrau unabhängig vom Beruf, Geschäft oder Gewerbe des Ehemannes erzielt, Fr. 800.-- nicht besteuert werden. Im allgemeinen wird jedoch das gemeinschaftliche Einkommen der Ehegatten höher besteuert als das gleiche Einkommen, das zwei Alleinstehende zusammengerechnet verdient haben. Der Regel nach wird also der gemeinschaftliche Lohn der Eheleute höher belastet, als das gleiche Einkommen zweier Alleinverdiener, aber weniger hoch als der Alleinverdienst in der Höhe des gemeinschaftlichen Ehegatteneinkommens. Diesem Prinzip folgt auch der für die Quellensteuer geltende Tarif. Es können sich freilich in Grenzfällen Abweichungen von dem genannten, für die ordentliche Steuer geltenden Grundsatz ergeben, doch ist damit keineswegs dargetan, dass der Quellensteuertarif als ganzes genommen dem Prinzip der sog. Familienbesteuerung, wie es dem StG zu Grunde liegt, zuwiderliefe. Der Beschwerdeführer macht geltend, der von ihm gerügte Nachteil trete entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht bloss in Grenz- oder Ausnahmefällen ein; der Fr. 1501.-- und mehr verdienende Ehemann bezahle nämlich bereits mehr Steuern als der Fr. 2000.-- verdienende Alleinverdiener, wenn der Verdienst der Ehefrau steuerlich noch gar nicht erfasst sei. Der gerügte Übelstand trete überall auf, wo der erwerbstätige Ehemann einer ebenfalls erwerbstätigen Ehefrau mehr als Fr. 1450.-- verdiene, gleichgültig, wie hoch der Verdienst seiner Ehefrau sei. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Beschwerdeantwort unter Angabe der entsprechenden Steuerbeträge dargelegt, dass diese Behauptung des Beschwerdeführers nicht zutrifft. Dieser hat sich in seiner Stellungnahme hiezu darauf beschränkt, die Berechnung des Verwaltungsgerichts zu bestreiten und auf seine Beschwerdeschrift zu verweisen, in welcher die entsprechenden Steuerbeträge überhaupt nicht genannt sind. Es ergibt sich zudem aus dem angefochtenen Entscheid, dass bei einem Einkommen des Ehemannes von Fr. 1500.-- und der Ehefrau von Fr. 500.-- gemäss Tarif D ein Steuerabzug von Fr. 204.-- vorgenommen wird, bei einem Einkommen des alleinverdienenden Ehemannes von Fr. 2000.-- gemäss Tarif A ein solcher von Fr. 211.--. Dass diese von der eigenen Darstellung abweichenden Berechnungen unrichtig wären, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet, zum mindesten nicht dargetan. Einzig wenn der Verdienst des einen Ehegatten im Verhältnis zum Verdienst des andern gering ist, ändert sich das Verhältnis. Der Tarif D der Quellensteuer ist aber, wie ausgeführt, als ganzes auf das gleiche Prinzip hin ausgerichtet, wie es für die ordentliche Steuer gilt. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich bei einem Pauschaltarif, wie er für die Quellensteuer zu schaffen war, gewisse Abweichungen von der bei der ordentlichen Steuer geltenden Regel ergeben können. Nach den Erwägungen der Rekurskommission basiert der Tarif D auf der Annahme, die erwerbstätige Frau verdiene im Mittel 60% des Einkommens ihres Ehemannes. Das Einkommen der Ehefrau des Beschwerdeführers erreichte nicht diesen auf Grund von Durchschnittszahlen errechneten Anteil des Verdienstes des Ehemannes, woraus sich die genannte Abweichung erklärt. Die Mehrbelastung macht für den Beschwerdeführer knapp 7% aus. Aus einer solchen Differenz kann nicht der Schluss gezogen werden, die vom Regierungsrat getroffene Ordnung sei in dem Sinne unhaltbar, dass sie in klarer Weise gegen einen allgemein gültigen Grundsatz des zürcherischen Steuerrechts verstiesse und mit Art. 4 BV unvereinbar wäre, wenn auch zuzugeben ist, dass die Ordnung in Fällen wie dem vorliegenden nicht befriedigt und es wünschbar wäre, wenn der Regierungsrat dem durch eine Änderung des Tarifs Rechnung tragen würde. |
4. Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, dass er als der Quellensteuer unterliegender Steuerpflichtiger im Vergleich mit den Steuerpflichtigen, die der "Veranlagungssteuer" (d.h. ordentlichen Steuer) unterliegen, rechtsungleich behandelt werde. Die Quellensteuer lässt sich praktisch nur durch einen einheitlichen pauschalen Tarif verwirklichen, der vom gewöhnlichen Tarif notwendigerweise abweicht (BGE 91 I 89). Es wurde mit einigem Recht erklärt, die veranlagte Steuer sei Massarbeit, die Quellensteuer Konfektion (REIMANN ZBl 67/1966, S. 102). Da der Beschwerdeführer mit Recht nach den besondern Regeln besteuert wurde, wie sie für ausländische Arbeitnehmer gelten, kann er sich nicht über eine rechtsungleiche Behandlung beklagen, wenn er eine höhere Steuer bezahlen muss als die der ordentlichen Steuer unterworfenen Steuerpflichtigen, es wäre denn, dass Unterschiede in der Besteuerung geschaffen worden wären, die sich nicht mehr durch sachliche Gründe und die besondere, vereinfachende Technik der Quellensteuer rechtfertigen liessen. Dass das zutreffe, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan. Er ist der Meinung, in Fällen eines Doppelverdienstes müsste es bei der Quellensteuer zugelassen werden, dass die Steuer auf Grund einer Veranlagung berechnet werde. Es kann in der Tat, wie es das Bundesgericht in einem frühern Entscheid ausgeführt hat, allenfalls zu stossenden Ungleichheiten führen, wenn Ausländer mit einem hohen Einkommen nach dem für die Quellensteuer geltenden Pauschaltarif besteuert werden (BGE 91 I 89). Deshalb sehen einzelne Kantone vor, dass bei solchen Einkommen das ordentliche Einschätzungsverfahren Platz greift. Nach § 9 der Quellensteuerverordnung des Kantons Zürich erfolgt die Einschätzung nach den allgemeinen Bestimmungen des Steuergesetzes, wenn der Steuerpflichtige voraussichtlich dauernd Bruttoeinkünfte von mehr als Fr. 24 000.-- im Jahre bezieht. Da der Beschwerdeführer kein so hohes Berufseinkommen erzielte, fand die Regel auf ihn keine Anwendung. Dass sich schon bei geringeren Einkünften aus der Anwendung des Pauschaltarifs stossende Ungleichheiten ergäben, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun. Es fehlen in seiner Beschwerdeschrift Angaben darüber, um wieviel die vom ihm entrichtete Steuer jene übersteigt, die er bei Einschätzung nach den allgemeinen Vorschriften des StG hätte entrichten müssen. Wenn der Beschwerdeführer geltend macht, in Fällen des Doppelverdienstes müsste bei der Quellensteuer stets eine Einschätzung nach den allgemeinen Vorschriften des StG verlangt werden können, so ist auch damit nicht dargetan, dass die vom Regierungsrat getroffene Ordnung verfassungswidrig wäre. Könnte in allen Fällen des Doppelverdienstes eine Veranlagung verlangt werden, würde das dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, die Besteuerung zu vereinfachen, zuwiderlaufen. Dass vor allem ausländische Gesetze, wie es der Beschwerdeführer ausführt, eine andere, allenfalls sogar bessere Lösung getroffen haben, lässt jene des Kantons Zürich nicht als unhaltbar und damit nicht als gegen Art. 4 BV verstossend erscheinen. |