BGE 96 I 655 |
99. Urteil vom 23. Oktober 1970 i.S. K. gegen Rekurskommissions des Kantons Bern. |
Regeste |
Wehrsteuer vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit (Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB). |
2. Ist der durch den Verkauf realisierte Wertzuwachs auch insoweit zu besteuern, als er vor der Aufnahme der Erwerbstätigkeit entstanden ist? (Erw. 4). |
Sachverhalt |
A.- Die Geschwister K. - die Beschwerdeführerin, ihre Schwester und ihre zwei Brüder - erbten im Jahre 1948 gemäss Testament ihres Grossonkels ein umfangreiches landwirtschaftliches Heimwesen. Sie waren damals noch unmündig. Bis zur Mündigkeit aller blieben sie in einer blossen Erbengemeinschaft verbunden, wobei die Landwirtschaft auf dem Heimwesen unter der Leitung ihrer Mutter weiterbetrieben wurde. Im Jahre 1960 verkauften die Geschwister ein Stück Land an die dortige Gemeinde, und in den Jahren 1961 und 1963 vertauschten sie weitere Landabschnitte durch Verträge mit zwei anderen Grundeigentümern. Inzwischen hatte in der Gegend eine rege Bautätigkeit eingesetzt. Als alle vier Geschwister mündig geworden waren, entschlossen sie sich, den gemeinsamen Grundbesitz nach und nach zu liquidieren. Zu diesem Zweck schlossen sie sich im Jahre 1963 zu einer einfachen Gesellschaft unter der Bezeichnung "Baugesellschaft K." zusammen. Mit der Geschäftsführung wurde einer der Brüder betraut. Er betreibt gemäss Handelsregistereintrag ein Generalunternehmen, das sich mit dem Kauf, dem Verkauf, der Vermietung und der Verwaltung von Liegenschaften befasst. Die Beschwerdeführerin ist Bankangestellte, der andere Bruder Mechaniker. |
Die Gesellschafter teilten ihr Land in Parzellen auf, erschlossen es und erstellten fünf Mehrfamilienhäuser. Sie verkauften im Jahre 1963 die Wohnblöcke und in den Jahren 1964-1966 zwölf nicht überbaute Parzellen, wobei sie Gewinne erzielten.
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B.- Bei den Veranlagungen der Beschwerdeführerin für die 13. und 14. Wehrsteuerperiode wurden ihre Anteile an diesen Gewinnen als Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB erfasst. Dafür wurden Beträge von Fr. 50'662.-- (Durchschnitt der Berechnungsjahre 1963 und 1964) und Fr. 46'026.-- (Durchschnitt der Berechnungsjahre 1965 und 1966) in Rechnung gestellt. Das steuerbare Einkommen wurde für die 13. Periode auf Fr. 61'500.-- und für die 14. Periode auf Fr. 52'100.-- festgesetzt. Die Steuerpflichtige focht die Besteuerung der Liegenschaftsgewinne an, doch wurden die Veranlagungen bestätigt, zuletzt durch Entscheide der kantonalen Rekurskommission vom 24. April 1970. |
C.- Gegen diese Entscheide erhebt die Steuerpflichtige Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie bestreitet, dass ihre Anteile an den Grundstückgewinnen in die Berechnung der Wehrsteuer fallen. Sie macht geltend, ihr Gewinn sei nicht auf eine Erwerbstätigkeit zurückzuführen. Es komme darauf an, ob die Eingänge auf der Stufe der einfachen Gesellschaft Einkommen im Sinne des Wehrsteuerbeschlusses gebildet haben (ASA 36 283 = BGE 92 I 485). Dies sei nicht der Fall. Die Baugesellschaft K. habe nicht Handel mit Liegenschaften getrieben, sondern sich bloss bemüht, den im Erbgang erworbenen gemeinsamen Grundbesitz der Gesellschafter zu günstigen Bedingungen zu veräussern. Sie habe der Verwaltung des Vermögens der Gesellschafter gedient. Wohl habe der geschäftsführende Gesellschafter seine Beteiligung an der Gesellschaft dem von ihm persönlich betriebenen Liegenschaftenhandel dienstbar gemacht. Daraus könne jedoch nicht auf eine Erwerbstätigkeit seitens der Gesellschaft - und damit auch der Beschwerdeführerin - geschlossen werden.
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Wäre der Gewinnanteil der Beschwerdeführerin doch zu versteuern, so müsste die Steuerberechnung berichtigt werden. Zu Unrecht sei bei der Veranlagung der ganze Wertzuwachs, den die verkauften Grundstücke seit 1948 erfahren haben, berücksichtigt worden. Der Besitz könne erst im Jahre 1963 Geschäftsvermögen geworden sein, so dass die frühere Wertvermehrung ausser Betracht falle.
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D.- Die kantonalen Behörden und die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
1. Gemäss Art. 21 Abs. 1 WStB unterliegt der Wehrsteuer das gesamte Einkommen der natürlichen Personen aus Erwerbstätigkeit, Vermögensertrag oder anderen Einnahmequellen, insbesondere nach lit. a jedes Einkommen aus einer Tätigkeit (namentlich aus Handel, Gewerbe usw.) mit Einschluss der Nebenbezüge (Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen und dgl.). Danach werden alle Einkünfte erfasst, die sich aus irgendeiner auf Erwerb (Verdienst) gerichteten Tätigkeit ergeben, gleichgültig, ob diese im Haupt- oder im Nebenberuf und ob sie regelmässig oder wiederkehrend oder nur einmalig ausgeübt wird. Auch Gewinne aus der Veräusserung von Vermögensstücken, insbesondere von Liegenschaften, bilden Erwerbseinkommen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB, wenn sie auf einer solchen Tätigkeit beruhen. Nicht unter diese Bestimmung fallen sie dann, wenn sie im Rahmen der Verwaltung eigenen Vermögens oder in Ausnützung einer zufällig sich bietenden Gelegenheit, ohne eine eigentliche auf Verdienst gerichtete Tätigkeit, erlangt werden. Entstehen sie ohne Erwerbstätigkeit, so unterliegen sie nach Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB der Wehrsteuer für Einkommen nur, wenn sie im Betriebe eines zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmens erzielt werden (BGE 88 I 299). |
2. Die Annahme, dass ein beim Verkauf einer Liegenschaft erlangter Gewinn einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen entspringt, kann sich aus der Häufung von Grundstückkäufen und- verkäufen oder aus anderen Umständen ergeben, insbesondere aus dem Zusammenhang mit einer selbständigen Berufstätigkeit des Pflichtigen als Architekt, Baumeister und dgl. (BGE 82 I 174, BGE 92 I 122, BGE 93 I 288). Sie ist auch bei vereinzelten Verkäufen, die nicht mit einer derartigen Betätigung des Steuersubjektes zusammenhängen, nicht ausgeschlossen. In solchen Fällen ist sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gerechtfertigt, wenn der Gewinn auf einer Tätigkeit des Steuerpflichtigen beruht, die nach Art und Umfang dem Vorgehen eines Liegenschaftenhändlers gleichgestellt werden kann (BGE 92 I 122, BGE 93 I 288; ASA 27 177, 33 35, 35 459, 36 27, 39 268; Urteil Schmid vom 11. Februar 1970, nicht veröffentlicht). Wie das Bundesgericht entschieden hat, kann auf eine Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen auch allein schon daraus geschlossen werden, dass er sich für ein bestimmtes Grundstückgeschäft in einer einfachen Gesellschaft mit einer Person verbindet, die sich in Ausübung ihres Berufes beteiligt und die Geschäftsführung für gemeinsame Rechnung im Einvernehmen mit ihm besorgt (Urteil Löwensberg vom 28. November 1958, nicht veröffentlicht; Urteil Frei vom 4. November 1966, publiziert in ASA 36 282, E. 2 auch in BGE 92 I 484; zit. Urteil Schmid). |
Art. 18 Abs. 2 WStB bestimmt, dass natürlichen Personen, welche Gesellschafter von Kollektiv- und Kommanditgesellschaften oder Mitglieder anderer Personengesamtheiten ohne juristische Persönlichkeit sind, ihr Anteil am Einkommen der Personengesamtheit als eigenes Einkommen angerechnet wird. Unter diese Ordnung fallen auch die einfachen Gesellschaften. Die Frage, ob steuerbares Einkommen der Personengesamtheit vorliege, beurteilt sich nach Art. 21 und 22 WStB (Urteil Frei, E. 2). Es ist möglich und kommt vor, dass mehrere Personen eine einfache Gesellschaft nicht für die Erzielung gemeinsamen Einkommens aus Erwerbstätigkeit (Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB), sondern bloss für die gemeinsame Verwaltung ihrer privaten Vermögen oder bestimmter Teile dieser Vermögen (z.B. von Liegenschaften) bilden. Beschränkt sich die Gesellschaft darauf, diesen Zweck zu verfolgen, so sind die Gewinne, die sie durch Veräusserung-von Vermögensstücken erzielt, nicht steuerbares Einkommen. Dagegen sind solche Gewinne der Gesellschaft nach Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB steuerbar, wenn sie auf einer Erwerbstätigkeit seitens der Personengesamtheit beruhen. In diesem Fall ist auf der Stufe der Personengesamtheit gemäss Art. 21 und 22 WStB der Reingewinn zu ermitteln, und das Ergebnis ist den einzelnen Gesellschaftern gemäss Art. 18 Abs. 2 WStB nach Massgabe ihrer Anteilsrechte als eigenes Einkommen anzurechnen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob jeder Gesellschafter persönlich eine eigentliche auf Verdienst gerichtete Tätigkeit für gemeinsame Rechnung ausgeübt hat oder nicht. Es genügt, dass eine solche Betätigung auf der Stufe der Gesamtheit vorliegt. Das ist z.B. auch dann der Fall, wenn nur ein einziger Gesellschafter in Ausübung seines Berufes eine auf Gewinn abzielende Tätigkeit für die Gesamtheit entfaltet hat. Der Gesellschafter, der zur Erreichung des gemeinsamen Erwerbszweckes nur mit einer Kapitaleinlage beigetragen hat, muss sich die vom geschäftsführenden Fachmann für Rechnung aller Teilhaber unternommenen Bemühungen wie eine eigene Erwerbstätigkeit entgegenhalten lassen (Urteil Löwensberg; Urteil Frei, E. 2 und 3). Der gesamte von der Gesellschaft durch Erwerbstätigkeit erzielte Reingewinn ist steuerbares Einkommen. Das ergibt sich aus Art. 21 und 22 WStB. Das Urteil Frei ist insofern zu berichtigen, als es für die Bestimmung dessen, was steuerbar ist, auch Art. 18 Abs. 2 WStB heranzieht (E. 2); denn diese Vorschrift sagt nur, wer steuerpflichtig ist, indem sie anordnet, dass das Einkommen der Personengesamtheit den Gesellschaftern oder Mitgliedern nach Massgabe ihrer Anteilsrechte als eigenes Einkommen zuzurechnen ist. |
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Gesellschaft habe lediglich das Ziel verfolgt, den gemeinsamen, durch Erbgang erworbenen Grundbesitz der Gesellschafter nach und nach zu vorteilhaften Bedingungen zu veräussern; was man zu diesem Zweck getan habe, sei nicht eine Erwerbstätigkeit, sondern blosse Vermögensverwaltung.
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Mit dieser Darstellung ist jedoch die Tatsache, dass die Gesellschaft als "Baugesellschaft" bezeichnet worden ist, schwerlich vereinbar. Hätten die Geschwister K. wirklich immer nur beabsichtigt, ihr geerbtes Vermögen gemeinsam zu verwalten, so hätten sie wohl kaum diese Bezeichnung verwendet, ja eine einfache Gesellschaft überhaupt nicht zu bilden brauchen, sondern sich damit begnügen können, als Erbengemeinschaft miteinander verbunden zu bleiben.
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Allerdings haben die Geschwister den Grundbesitz nicht gekauft, sondern geerbt. In der Folge hat aber die Gesellschaft das Land nicht nur in Parzellen aufgeteilt und erschlossen, sondern zum Teil auch überbaut; es sind fünf Mehrfamilienhäuser erstellt worden. Angesichts des Namens, den die Gesellschaft erhalten hat, liegt es sogar nahe anzunehmen, man habe beabsichtigt, noch mehr zu bauen. Wie es sich damit verhalte, mag indessen dahingestellt bleiben. Denn schon das, was seitens der Gesellschaft tatsächlich vorgekehrt worden ist, geht über den Rahmen der blossenVermögensverwaltung hinaus. Das gesamte Wirken der Gesellschaft muss als eine auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit betrachtet werden, auch wenn davon abgesehen wird, dass der geschäftsführende Gesellschafter sich berufsmässig mit dem Kauf und dem Verkauf von Liegenschaften befasst hat. Daraus folgt, dass auf der Stufe der Gesellschaft bei den in den Jahren 1963-1966 vorgenommenen gewinnbringenden Verkäufen von fünf Mehrfamilienhäusern und zwölf unüberbauten Parzellen Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB erzielt worden ist. Der Anteil der Beschwerdeführerin an diesem Einkommen ist gemäss Art. 18 Abs. 2 WStB ihrem übrigen Einkommen zuzurechnen. In welchem Masse sich die Beschwerdeführerin persönlich für das gemeinsame Unternehmen der Geschwister eingesetzt hat, ist gleichgültig und daher nicht zu prüfen (E. 2 hiervor). |
Da Art. 21 Abs 1 lit. a WStB Gewinne aus dem Verkauf von Grundstücken nur erfasst, wenn sie auf einer Erwerbstätigkeit beruhen, erscheint es indessen grundsätzlich als richtig, den Wertzuwachs, der durch den im Rahmen einer solchen Wirksamkeit vorgenommenen Verkauf realisiert worden ist, von der Besteuerung nach dieser Bestimmung insoweit auszunehmen, als er schon vor der Aufnahme der Erwerbstätigkeit entstanden ist. Allerdings ist es nicht immer leicht, den Zeitpunkt festzustellen, in dem eine Erwerbstätigkeit eingesetzt hat. Das ist jedoch kein Grund, eine solche Änderung der Verhältnisse stets ausser Betracht zu lassen. Sie ist jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn der Zeitpunkt ihres Eintritts mit genügender Sicherheit festgelegt werden kann und es sich sachlich rechtfertigt, ihr Rechnung zu tragen. |
So verhält es sich hier. Es steht fest, dass die Erwerbstätigkeit, die zu den in Frage stehenden Verkäufen geführt hat, erst mit der Bildung der einfachen Gesellschaft im Jahre 1963 begonnen hat. Vorher hatten die Geschwister K. sich damit begnügt, das geerbte Heimwesen unter der Leitung der Mutter landwirtschaftlich zu nutzen, ohne irgendwelche über die Verwaltung ihres Vermögens hinausgehende Vorkehren zu treffen; auch der Verkauf eines Landstücks an die Gemeinde und der Tausch weiterer Landabschnitte waren blosse Verwaltungshandlungen gewesen. Hätten die Geschwister vor dem Zusammenschluss zur einfachen Gesellschaft ihren Grundbesitz als Ganzes oder nach und nach verkauft, so hätte der dabei von ihnen realisierte Gewinn der Wehrsteuer nicht unterworfen werden können, weil er sich nicht aus einer Erwerbstätigkeit ergeben hätte. Der Wertzuwachs, den das Land bis dahin ohne ihr Zutun erfahren hatte, wäre also dieser Steuer entgangen. Es wäre unbillig, ihn heute deshalb zu besteuern, weil die Geschwister seither sich entschlossen haben, ihren Grundbesitz anders zu verwenden. Unter den gegebenen Umständen entspricht es dem Sinn von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB, dass die Berechnung des steuerbaren Gewinns gemäss dem Eventualantrag der Beschwerdeführerin berichtigt wird. Anders wäre allenfalls zu entscheiden, wenn die Geschwister das Land nicht geerbt, sondern gekauft hätten und von Anfang an darauf ausgegangen wären, es einer Erwerbstätigkeit, wie sie dann seitens der "Baugesellschaft" ausgeübt worden ist, dienstbar zu machen.
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Massgebend ist somit die Differenz zwischen dem Verkaufserlös und dem Wert, den das Land im Zeitpunkt der Bildung der einfachen Gesellschaft hatte. Dieser Wert ist durch Schätzung zu ermitteln, und auf dieser Grundlage ist der steuerbare Gewinn neu zu berechnen. Die Sache ist an die Veranlagungsbehörde zur entsprechenden Berichtigung der angefochtenen Veranlagungen zurückzuweisen. |