Nach Art. 89 OG ist die Beschwerde binnen dreissig Tagen, von der nach dem kantonalen Recht massgebenden Eröffnung oder Mitteilung des Entscheides an gerechnet, dem Bundesgericht schriftlich einzureichen. Werden von Amtes wegen nachträglich Entscheidungsgründe zugestellt, so kann die Beschwerde noch innert dreissig Tagen seit dem Eingang der Ausfertigung
BGE 97 I 57 (58):
geführt werden (Abs. 2). Von Amtes wegen geschieht die nachträgliche Eröffnung, wenn das Gesetz sie in allgemeiner Weise, nicht bloss für den Fall vorschreibt, dass eine Partei es verlangt oder gegen ein Urteil ein Rechtsmittel eingelegt werden kann (BGE 72 I 296, BGE 74 I 170, BGE 77 I 69). In einzelnen Kantonen werden die motivierten Urteile den Parteien ohne derartige gesetzliche Vorschrift und ohne besonderes Verlangen zugestellt. Das führt zur Frage, ob unter Erweiterung der bisherigen Rechtsprechung dem Fall, wo das Gesetz die Zustellung des begründeten Urteils in allgemeiner Weise vorschreibt, derjenige gleichzustellen ist, wo die Zustellung ohne eine gesetzliche Vorschrift auf Grund ständiger Übung geschieht. Trifft dies zu, so hängt es nicht vom Zutun des Beschwerdeführers ab, ob er eine motivierte Urteilsausfertigung erhält. Er hat keine Möglichkeit, zu seinen Gunsten auf den Lauf der Beschwerdefrist Einfluss zu nehmen (BONNARD, Problèmes relatifs au recours de droit public, ZSR BGE 81 II 456 Ziff. 100). Gericht oder Gerichtskanzlei haben sich nicht im einzelnen Fall darüber zu entscheiden, ob sie eine Zustellung vorzunehmen haben. Diese geschieht unbedingt und in allgemeiner Weise (BGE 77 I 70) und insoweit von Amtes wegen, als sich das Gericht zwar nicht auf eine gesetzliche Vorschrift stützt, wohl aber einem ständigen Gerichtsgebrauch folgt. Auf eine derartige Übung soll sich die Partei in gleicher Weise verlassen dürfen, wie wenn eine gesetzliche Vorschrift die Zustellung dem Richter zur Pflicht macht. Aus diesen Gründen rechtfertigt es sich, die Vorschrift von Art. 89 Abs. 2 OG als gegeben zu betrachten, vorausgesetzt immer, dass die Zustellung in allgemeiner Weise, in jedem Fall erfolgt, und in diesem Sinn ein langjähriger, ständiger und unangefochtener Gerichtsgebrauch besteht. Die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 89 Abs. 2 OG sind dagegen nicht gegeben, wenn die Gerichtskanzlei eines Kantons von Fall zu Fall und nach eigenem Gutdünken darüber befindet, ob sie einer oder beiden Parteien ein begründetes Urteil zustellen oder nicht zustellen will. Die Frist würde sonst von Zufälligkeiten abhängen und es bestünde die Gefahr von Missbräuchen.