52. Urteil vom 17. Februar 1971 i.S. Bundesrepublik Deutschland gegen Kanton Schaffhausen.
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Regeste
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Staatsvertrag vom 30. Dezember 1858 über die Weiterführung der Grossherzoglich Badischen Eisenbahn über das Gebiet des Kantons Schaffhausen; Steuerbefreiung der Deutschen Bundesbahnen; Art. 84 Abs. 1 lit. c OG.
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2. Tragweite von Art. 4 des Staatsvertrags; Umfang der Befreiung von kantonalen und kommunalen Abgaben (Erw. 4-9).
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Sachverhalt
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BGE 97 I 359 (359):
A.- Art. 3 des am 27. Juli 1852 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Grossherzogtum Baden abgeschlossenen Vertrags über die Weiterführung der badischen Eisenbahnen über schweizerisches Gebiet (BS 13, 257 ff.) lautet wie folgt:
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"Über die Zugsrichtung, die Lage der Bahnhöfe, über die gesamte Anlage und Beschaffenheit der Bahn, soweit dabei schweizerisches Gebiet berührt wird, sowie über die etwaigen Leistungen der Kantone Basel-Stadt und Schaffhausen wird sich die Grossherzoglich Badische Regierung mit den dabei beteiligten Kantonsregierungen von Basel-Stadt und Schaffhausen, vorbehältlich der Genehmigung des Bundesrats, verständigen.
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BGE 97 I 359 (360):
Bei dieser Verständigung sollen übrigens Baugrundsätze, welche die Grossherzogliche Regierung in Baden durchführt, in der Schweiz nicht ausgeschlossen werden."
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In Art. 11 dieses Vertrages ist zudem folgendes vereinbart worden:
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"Die grossherzoglich badische Bahnverwaltung hat weder von der Erwerbung der Liegenschaften für die Bahn und ihre Zugehörden noch von deren Eigentum, noch von dem Bahnbetriebe, und ebensowenig haben die Bahnangestellten irgendeine Abgabe an die Schweizerische Bundesregierung zu entrichten."
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Die am 19. Februar 1853 zwischen dem Grossherzogtum Baden und dem Kanton Basel-Stadt abgeschlossene "Übereinkunft betreffend die Weiterführung der Grossh. Bad. Rheintal-Eisenbahn durch das Gebiet des Kantons Basel-Stadt" (Gesamtausgabe der Basler Gesetzessammlung bis 1959, Bd. 3, S. 2596 ff.), welche vom Schweizerischen Bundesrat am 2. April 1853 genehmigt worden ist, sieht unter anderem folgendes vor:
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"Art. IV. Die grossherzogliche Bahnverwaltung hat weder von dem Erwerb der Liegenschaften für die Bahn und ihre Zugehörden, noch von deren Eigentum, noch von dem Bahnbetriebe, noch überhaupt irgend eine Steuer, Abgabe oder Leistung an den Kanton oder die Stadt zu entrichten. Insbesondere sollen die Bahngebäude mit keiner Einquartierung, falls dieselbe einstens auf Häuser repartiert werden wollte, belastet werden.
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Etwaige Versicherung der Bahngebäude in der kantonalen Brandversicherungsanstalt ist sowohl für die Bahnverwaltung als auch für die Kantonalbehörde fakultativ und bleibt besonderer Verständigung vorbehalten. Ebenso bleiben etwaige Beleuchtungsbeiträge einer Verständigung zwischen der Bahnverwaltung und der Gasbeleuchtungsadministration vorbehalten."
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Über die Weiterführung der Grossherzoglich Badischen Eisenbahn durch den Kanton Schaffhausen wurde am 30. Dezember 1858 nach längeren Verhandlungen und "in teilweiser Abänderung" des erwähnten Vertrags vom 27. Juli 1852 eine Vereinbarung abgeschlossen zwischen dem Grossherzogtum Baden einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Kanton Schaffhausen anderseits (BS 13, S. 270 ff.). Dieser Vertrag, welcher von der Bundesversammlung am 28. Januar 1859 genehmigt wurde (vgl. die entsprechende bundesrätliche Botschaft vom 15. Januar 1859; BBl 1859 I S. 88 ff.), enthält unter anderem folgende Bestimmung:
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BGE 97 I 359 (361):
"Art. 4. Die Grossherzoglich Badische Regierung hat weder von dem Erwerb der Liegenschaften für die Bahn und ihrer Zugehörden noch von dem Bahnbetrieb, noch überhaupt irgendeine Steuer, Abgabe oder Leistung an den Kanton oder an Gemeinden zu entrichten.
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Insbesondere sollen die Bahngebäude niemals mit einer Einquartierung belastet werden."
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B.- Bereits im Jahre 1907 war die Badische Bahn (d.h. das Grossherzogtum Baden) Eigentümerin eines Grundstücks in Schaffhausen, auf welchem sie in der Folge ein 12-Familienhaus erbauen liess, um darin Eisenbahnerfamilien unterzubringen. Nachdem die Grossherzoglich Badischen Staatseisenbahnen im Jahre 1920 an das Reich übergegangen waren, wurde als Eigentümerin das "Deutsche Reich, Reichseisenbahnvermögen" im Grundbuch eingetragen. Im Jahre 1932 wurde die Parzelle aufgeteilt in die Grundstücke Nr. 3439 (mit dem erwähnten Wohnbau) und Nr. 3151, auf welchem lediglich ein Schuppen stand. Beide Parzellen wurden im Jahre 1936 zur eidg. Krisenabgabe herangezogen (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 30. September 1937 i.S. Deutsche Reichsbahn c. Obergericht des Kantons Schaffhausen).
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Die Deutsche Bundesbahn teilte die nunmehr zum "Bundeseisenbahnvermögen" gehörende Parzelle Nr. 3151 im Jahre 1964 aufin die beiden Grundstücke Nr. 3151 (neu) im Halte von 1'931 m2 und Nr. 5317 im Halte von 5'985 m2. Die erstgenannte Parzelle verkaufte sie hierauf am 10. Juli 1964 an Karl Steiner, Zürich (Kaufpreis: Fr. 212'410.-- oder Fr. 110.--/m2), während sie das Grundstück Nr. 5317 am 31. August 1964 an die Eidgenossenschaft (Schweizerische Bundesbahnen) veräusserte (Kaufpreis: Fr. 658'350.-- oder ebenfalls Fr. 110.--/m2). Die zuständige Veranlagungsbehörde des Kantons Schaffhausen unterwarf diese beiden Handänderungen der Kapitalgewinnbesteuerung, bestimmte den steuerbaren Kapitalgewinn auf Fr. 821'760.-- und veranlagte die Bundesrepublik Deutschland ("Bundesbahnvermögen") mit Verfügung vom 8. Juni 1967 für eine Steuer von insgesamt Fr. 180'787.20. Eine von der Deutschen Bundesbahn unter Berufung auf Art. 4 des erwähnten Vertrags aus dem Jahre 1858 erhobene Einsprache wies die kantonale Steuerkommission am 10. Januar 1968 ab.
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C.- Gegen diesen Einspracheentscheid beschwerte sich die Deutsche Bundesbahn beim Obergericht des Kantons Schaffhausen. Dieses wies indessen den Rekurs am 14. Februar 1969 BGE 97 I 359 (362):
ab, und zwar im wesentlichen mit folgender Begründung: Wohl könnte aus dem Wortlaut von Art. 4 des Vertrags vom 30. Dezember 1858 geschlossen werden, der Deutschen Bundesrepublik stehe als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reichs bzw. des Grossherzogtums Baden eine umfassende Steuerbefreiung zu. Eine solche Auslegung werde jedoch dem wahren Sinn dieser Bestimmung nicht gerecht. Im Hinblick auf den mit der Eidgenossenschaft im Jahre 1852 abgeschlossenen Vertrag (Art.11) habe es den damaligen Vertragsparteien bestimmt fern gelegen, der Badischen Bahn auch für nicht betrieblichen Zwecken dienende Anlagen Steuerfreiheit einzuräumen und sie dabei über das bei ähnlichen Übereinkünften übliche Mass hinaus steuerlich zu privilegieren; dies umso mehr, als zur Zeit des Vertragsschlusses niemand daran gedacht habe, dass dem Bahnvermögen auch Grundstücke angehören könnten, denen bloss der Charakter einer Kapitalanlage zukomme, wie dies bei den fraglichen Grundstücken der Fall sei. Die äusseren Umstände des Vertragsschlusses liessen jedenfalls nicht darauf schliessen, dass der Badischen Bahn ein derart weitreichendes Privileg eingeräumt werden sollte, wie es von der Deutschen Bundesbahn heute geltend gemacht werde. Dem wahren Sinn der massgeblichen Vertragsbestimmung entsprechend, bestehe eine Steuerbefreiung somit bloss für solche Grundstücke, die betrieblichen Zwecken dienten. Dies treffe für die beiden fraglichen Parzellen nicht zu, weshalb die Voraussetzungen für die angefochtene Kapitalgewinnbesteuerung gegeben seien.
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D.- Die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesbahndirektion, führt staatsrechtliche Beschwerde (Art.84 Abs. 1 lit. c OG). Sie beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids vom 14. Februar 1969 mit der Begründung, eine Besteuerung des erzielten Kapitalgewinns sei nach dem klaren Wortlaut von Art. 4 des erwähnten Staatsvertrags vom 30. Dezember 1858 ausgeschlossen.
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E.- Der Regierungsrat und das Obergericht des Kantons Schaffhausen beantragen die Abweisung der Beschwerde. Die Begründung dieses Antrags ergibt sich, soweit erforderlich, aus den nachfolgenden Erwägungen.
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BGE 97 I 359 (363): Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
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Die Auslegung eines Staatsvertrags hat in erster Linie vom Vertragstext auszugehen (BGE 96 I 648, 748 Erw. 6 b, BGE 94 I 673 Erw. 4, BGE 90 I 47). Dieser Grundsatz beruht auf der Annahme, der von den beteiligten Staaten anerkannte Wortlaut bilde den nächstliegenden und zugleich wichtigsten Anhaltspunkt zur Ermittlung des gemeinsamen wahren Verpflichtungswillens (vgl. MAX HUBER, Ansichtsäusserung zur Auslegung von Staatsverträgen, Annuaire de l'Institut de droit international, 44/1952, Tome I, p. 199; CH. DE VISSCHER, Problèmes d'interprétation judiciaire en droit international public, 1963, p. 52 ss.; R. BERNHARDT, Die Auslegung völkerrechtlicher Verträge, 1963, S. 58 ff., 186; V. D. DEGAN, L'interprétation des accords en droit international, 1963, p. 154; L. WILDHABER, ZSR 88/1969 S. 537 ff., insbesondere 547 ff.). Die gleiche Betrachtungsweise liegt auch der Resolution über die Auslegung von Staatsverträgen zugrunde, wie sie am 19. April 1956 vom BGE 97 I 359 (364):
Institut de Droit international in Granada verabschiedet worden ist (Annuaire, 46/1956, S. 317 ff. und insbesondere S. 349); sie entspricht im übrigen auch den Auslegungsregeln (Art. 31 und 32) der Wiener Vertragsrechtskonvention vom 23. Mai 1969 (abgedruckt in der Revue générale de Droit international public, 73/1969, S. 929), welche allerdings noch nicht in Kraft getreten ist.
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Inwieweit von einem unbedingten Vorrang des sog. "klaren" Wortlauts gesprochen werden darf, der den Beizug weiterer Auslegungshilfen ausschliesst, ist jedoch umstritten (vgl. dazu R. BERNHARDT, a.a.O., S. 58 ff. und die demnächst als Bd. 56 der Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht des Max-Planck-Instituts erscheinende Berner Habilitationsschrift von JÖRG P. MÜLLER, Vertrauensschutz im Völkerrecht, S. 136 ff.). Der von E. DE VATTEL (Le droit des gens ou principes de la loi naturelle, 1758 (1916), § 263) aufgestellte und seither im Völkerrecht immer wieder angerufene Grundsatz, "qu'il n'est pas permis d'interpréter ce qui n'a pas besoin d'interprétation" hat auch die Rechtsprechung des Bundesgerichts beeinflusst (vgl.BGE 44 I 78,BGE 77 I 48, BGE 90 I 47, BGE 94 I 673 Erw. 4). So wird beispielsweise im zuletzt genannten Fall BGE 94 I 673 Erw. 4 ausgeführt, ein Staatsvertrag sei nur dann auslegungsbedürftig, wenn der Wortlaut nicht eindeutig sei oder die durch den klaren Wortlaut vermittelte Bedeutung als sinnwidrig erscheine. In der Literatur wird indessen mit Recht darauf hingewiesen, dass das Erkennen eines "eindeutigen" Vertragstextes notwendigerweise bereits eine Auslegung der fraglichen Klausel voraussetzt (R. BERNHARDT, a.a.O., S. 17; L. WILDHABER, a.a.O., S. 548 mit Hinweis auf weitere Veröffentlichungen; vgl. auch J. P. MÜLLER, a.a.O., S. 138 ff. mit Anmerkungen zur Kritik der Vattel'schen Maxime durch die angloamerikanische Völkerrechtslehre) und dass dabei in erster Linie Gegenstand und Zweck des Vertrags zu berücksichtigen sind (D. ANZILOTTI, Stellungnahme (opinion dissidente) zur Auslegung der Konvention aus dem Jahre 1919 über die Nachtarbeit von Frauen, Cour permanente de justice internationale (CPJI), Série A/B Nr. 50 S. 382).
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Die Vattel'sche Maxime ist mithin nicht absolut zu verstehen. Zu Beginn der Auslegung ist die normale (gewöhnliche, natürliche) Wortbedeutung der verwendeten Ausdrücke zu ermitteln, sofern nicht Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Parteien BGE 97 I 359 (365):
von einem besonderen Sprachgebrauch ausgegangen sind; dabei sind Gegenstand und Zweck der Vereinbarung zu berücksichtigen. Erscheint der Vertragstext klar und ist seine Bedeutung, wie sie sich aus dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sowie aus Gegenstand und Zweck des Übereinkommens ergibt, nicht offensichtlich sinnwidrig, so kommt eine über den Wortlaut hinausgehende, ausdehnende bzw. einschränkende Auslegung nur in Frage, wenn aus dem Zusammenhang oder der Entstehungsgeschichte mit Sicherheit auf eine vom Wortlaut abweichende Willenseinigung der Vertragsstaaten zu schliessen ist (vgl. BGE 96 I 648 mit Hinweisen auf Literatur und Praxis). Insoweit findet der Grundsatz vom Vorrang des Vertragstextes auch heute seine Rechtfertigung; ja er wird von der neuesten Lehre ausdrücklich anerkannt (vgl. J. P. MÜLLER, a.a.O., S. 149/50), denn er dient dazu, Vertrauen in eine zu verantwortende Äusserung zu bewirken und fördert die Rechtssicherheit, ohne dabei die schutzwürdigen, konkreten Vertrauensinteressen der vertragsschliessenden Staaten unberücksichtigt zu lassen.
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Aus Gegenstand und Zweck des Staatsvertrags ergibt sich nichts anderes. In Art. 3 des am 27. Juli 1852 zwischen der BGE 97 I 359 (366):
Eidgenossenschaft und dem Grossherzogtum Baden abgeschlossenen Vertrag über die Weiterführung der badischen Eisenbahnen über schweizerisches Gebiet wird nicht nur hinsichtlich der Linienführung, sondern auch in bezug auf die "etwaigen Leistungen der Kantone Basel-Stadt und Schaffhausen" eine Verständigung des Grossherzogtums mit den genannten Kantonen vorbehalten. Der Vertrag mit dem Kanton Schaffhausen, der rund fünfeinhalb Jahre nach dem Inkrafttreten der erwähnten Vereinbarung aus dem Jahre 1852 abgeschlossen worden ist, ergänzt mithin das Vertragswerk mit der Eidgenossenschaft und ändert es teilweise ab; dies wird in der Präambel des Vertrags vom 30. Dezember 1858 denn auch ausdrücklich festgehalten. Unter diesen Umständen bestehen keinerlei Gründe zur Annahme, die umstrittene Abgabebefreiung müsse sich mit derjenigen gemäss Art. 11 des Vertrags vom 27. Juli 1852 notwendigerweise decken, umso weniger als sich diese ihrem Wortlaut nach wesentlich von jener unterscheidet.
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Staatsverträge sind ihrer Natur nach "bonae fidei negotia" (BGE 94 I 673 mit Hinweisen). Das umstrittene Steuerprivileg fiele deshalb dahin, wenn im Vorgehen der Beschwerdeführerin ein offenbarer Rechtsmissbrauch erblickt werden müsste. In diesem Sinne wären zweifellos jene Handänderungen zu würdigen, welche von der Beschwerdeführerin ausschliesslich zur konjunkturbedingten Gewinnerzielung getätigt und deren Objekte in keiner sachlichen Beziehung zum Bahnbetrieb stehen würden. Im vorliegenden Fall bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte für eine unredliche Rechtsausübung seitens der BGE 97 I 359 (367):
Beschwerdeführerin. Auch die kantonalen Behörden behaupten nicht, die fraglichen Grundstücke seien zu Spekulationszwecken erworben worden. Es ist vielmehr unbestritten, dass ein Teil derselben zum Bau eines Mehrfamilienhauses verwendet wurde, in welchem Eisenbahnerfamilien untergebracht wurden. Mindestens teilweise dienten sie somit - freilich nur mittelbar - dem Eisenbahnbetrieb. Unter diesen Umständen kann nicht ernstlich behauptet werden, die sich aus dem klaren Wortlaut von Art. 4 des Staatsvertrags ergebende Steuerbefreiung verstosse offensichtlich gegen Sinn und Zweck des Vertragswerks aus dem Jahre 1858.
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a) Das gemeinsame Ziel der beteiligten Staatswesen bestand darin, im Vertrag vom 30. Dezember 1858 die rechtlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Badischen Staatseisenbahnen über das Gebiet des Kantons Schaffhausen zu schaffen. Zu diesem Zweck war eine Einigung über die von den Vertragspartnern zu erbringenden gegenseitigen Leistungen notwendig. Es entspricht dem Wesen einer derartigen zwischenstaatlichen Vereinbarung, dass sich die Parteien bemühen, eine ihren Interessen bestmöglich entsprechende Ordnung auszuhandeln und hinsichtlich der zu erbringenden Gegenleistungen nur insoweit Zugeständnisse zu machen, als es zum erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen erforderlich ist.
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Die umstrittene Steuerbefreiungsvorschrift in Art. 4 des Vertrags aus dem Jahre 1858 stimmt, was die Generalklausel anbelangt, wörtlich mit Art. 1V des Vertrags vom 19. Februar 1953 zwischen dem Grossherzogtum Baden und dem Kanton Basel-Stadt überein. Sie unterscheidet sich jedoch wesentlich von Art. 11 des Vertrags vom 27. Juli 1852 mit der Eidgenossenschaft, wonach eine Steuerbefreiung nur für den Bahnbetrieb und die ihm dienenden Liegenschaften und Anlagen besteht. In ähnlicher Weise unterscheidet sie sich auch von Art. 5 des am 10. Dezember 1870 zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden abgeschlossenen Vertrags "betreffend die BGE 97 I 359 (368):
Verbindung der thurgauischen Seetalbahn mit der grossherzoglich-badischen Staatsbahn" (BS 13 S. 295) und von Art. 4 Ziff. 2 und 3 des Staatsvertrags vom 24. Mai 1873 zwischen der Schweiz und dem Grossherzogtum Baden "betreffend die Verbindung der beidseitigen Eisenbahnen bei Singen und bei Konstanz" (BS 13, S. 290). Das Ergebnis dieses Vergleichs mit andern Eisenbahnabkommen spricht jedenfalls eher für die dem Wortlaut entsprechende Auslegung von Art. 4 des Vertrags vom 30. Dezember 1858, denn es ist nicht einzusehen, weshalb die Parteien vom Text des Vertrags vom 27. Juli 1852 hätten abweichen sollen, wenn sie tatsächlich eine inhaltlich gleiche Ordnung vereinbaren wollten.
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Anhaltspunkte für die Richtigkeit der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auslegung ergeben sich ferner auch aus andern Bestimmungen des Vertrags vom 30. Dezember 1858. Es fällt namentlich auf, dass der Kanton Schaffhausen dem Grossherzogtum Baden in verschiedener Hinsicht ausserordentlich weit entgegengekommen ist. Vor allem die in Art. 5 verankerte Verpflichtung, die von der grossherzoglich badischen Regierung beim Bahnbau "verwendeten nichtschweizerischen Gewerbsinhaber, Unternehmer und Arbeiter" von der Besteuerung auszunehmen, findet sich in keinem andern Eisenbahnabkommen mit dem Grossherzogtum Baden. Weiter ist in diesem Zusammenhang auf die Bestimmungen in Art. 3 hinzuweisen, wonach sich die Regierung des Kantons Schaffhausen unter anderem verpflichtet hat, ihrem Vertragspartner "das für die Bahn nebst Zugehörden benötigte Terrain, welches Kantons- oder Gemeindeeigentum ist, unentgeltlich abzutreten" (Ziff. 2), die Bahnverwaltung kostenlos mit Brauch- und Trinkwasser zu versorgen (Ziff. 4) und "die Herstellung, Unterhaltung und Beleuchtung bequemer Zufahrtsstrassen zu dem Bahnhof in Schaffhausen und den übrigen auf Schaffhauser Gebiet befindlichen Haltpunkten auf ihre Kosten zu besorgen" (Ziff. 5).
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b) Auch die Materialien enthalten keine Anhaltspunkte für eine vom gewöhnlichen Wortsinn abweichende Willenseinigung der Vertragsstaaten. Wie sich aus der Botschaft des Bundesrats an die Bundesversammlung vom 15. Januar 1859 betreffend die Ratifikation des Staatsvertrags vom 30. Dezember 1858 ergibt (BBl 1859 I S. 88 ff.), war die Weiterführung der badischen Bahn durch den Kanton Schaffhausen für diesen von grosser verkehrs- und wirtschaftspolitischer Bedeutung. Sie erschloss den BGE 97 I 359 (369):
süddeutschen Wirtschaftsraum und brachte der Bevölkerung des Klettgaus und des Gebiets von Thayngen eine Bahnverbindung mit der Kantonshauptstadt. Was die Linienführung anbelangt, so trat die badische Regierung zunächst nachdrücklich für die billigere Variante durch das Wangental ein, während sich der Kanton Schaffhausen und die Eidgenossenschaft für "die Zugsrichtung durch den Klettgau" einsetzten. Erst "nach langem Widerstreben" ging die badische Regierung auf die schweizerischen Begehren ein und stimmte der Linienführung durch den Klettgau zu (BBl 1859 I S. 89 unten). Aus den beigezogenen Akten des Bundesarchivs, welche zur Hauptsache aus Aufzeichnungen über die Verhandlungen zwischen dem Bundesrat und dem Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, aus technischen Berichten über die Linienführung sowie aus der Korrespondenz mit dem badischen Vertragspartner bestehen, geht hervor, dass zwei Konferenzen stattfanden. Über die erste, welche am 5. März 1857 in Schaffhausen durchgeführt wurde, besteht ein Protokoll, das jedoch keine Ausführungen zum umstrittenen Steuerprivileg enthält. Grundlage für die zweite Tagung vom 26. bis 30. Dezember 1858, welche mit der Unterzeichnung des Abkommens endete, bildete ein von der badischen Seite ausgearbeiteter Vertragsentwurf, der von Bundesrat Stämpfli mit handschriftlichen Bemerkungen versehen worden ist. Art. 5 dieses Entwurfs stimmt - von einem Absatz über die Regelung der Brandversicherung abgesehen - wörtlich mit der endgültigen Fassung von Art. 4 überein und enthält im Gegensatz zum publizierten Text keinerlei grammatikalische Fehler ("ihre" Zugehörden statt "ihrer" Zugehörden; vgl. oben Erw. 4). Als Randbemerkung Bundesrat Stämpflis findet sich lediglich das Wort "Steuerbefreiung". Nichts lässt darauf schliessen, dass die Bestimmung Anlass zu irgendwelchen Diskussionen gegeben hätte; der Kanton Schaffhausen erhob jedenfalls gegen die Umschreibung des Steuerprivilegs keine Einwendungen (vgl. die erwähnte bundesrätliche Botschaft, BBl 1859 I S. 91 oben).
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Nach dem Gesagten ist davon auszugehen, dass die in Art. 4 verankerte umfassende Steuerbefreiung der badischen Eisenbahnen (bzw. der Beschwerdeführerin) eine der vom Kanton Schaffhausen zu erbringenden Gegenleistungen für die seinen Wünschen entsprechende günstige Linienführung darstellt. Eine mit dem klaren Wortlaut im Widerspruch stehende einschränkende BGE 97 I 359 (370):
Auslegung der umstrittenen Bestimmung fällt unter diesen Umständen auch aufgrund der Materialien ausser Betracht.
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"Art. 4. Le gouvernement du Grand-Duché de Bade n'aura à acquitter au canton ou à des communes aucun impôt ou contribution quelconque, ni à fournir aucune prestation, soit pour l'acquisition d'immeubles pour la ligne et ses accessoires, soit pour l'exploitation.
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Les bâtiments appartenant au chemin de fer ne seront jamais mis à réquisition pour logements militaires."
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Wie der Regierungsrat selbst einräumt, kommt dieser Übersetzung jedoch bloss innerschweizerische Bedeutung zu. Sie entspricht zudem der allein massgeblichen deutschen Originalfassung offensichtlich nicht, weshalb daraus keine Schlüsse auf den Umfang der umstrittenen Steuerbefreiung gezogen werden dürfen. In diesem Zusammenhang ist ferner auf die italienische Übersetzung hinzuweisen, welche den genauen Wortsinn der deutschen Originalfassung wiedergibt und wie folgt lautet (CS 13 S. 269):
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"Art. 4. Il Governo del Granducato di Baden non avrà a pagare al Cantone o ai Comuni nè a causa dell'acquisto degli stabili per la ferrovia e sue dipendenze, nè per l'esercizio della ferrovia, nè in generale taglia o imposta o prestazione alcuna.
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In ispecie, non dovranno mai essere requisiti per alloggi militari gli edifizi della ferrovia."
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Schliesslich vermag auch die von der Beschwerdeführerin seit Jahren hingenommene Belastung des Bundeseisenbahnvermögens mit der Staats- und Gemeindesteuer für sich allein BGE 97 I 359 (371):
keine Auslegung gegen den klaren Wortlaut zu rechtfertigen. Die entsprechenden Steuerbeträge waren verhältnismässig gering (z.B. 1963: Fr. 1'023.80; 1964: Fr. 1'003.50; 1965: Fr. 981.20; 1966: Fr. 981.20; 1967: Fr. 2'953.20; 1968: Fr. 3'017.40) und nichts deutet darauf hin, dass die Beschwerdeführerin damit den Rechtsstandpunkt der kantonalen Steuerbehörden anerkannt hätte; die entsprechenden Zahlungen scheinen vielmehr in erster Linie um der guten freundnachbarlichen Beziehungen willen erbracht worden zu sein. Die Besteuerung der Beschwerdeführerin erfolgte im übrigen nicht allgemein und lückenlos. So ergibt sich beispielsweise aus einer Aktennotiz vom 13. Dezember 1968, welche sich in den Rekursakten des Obergerichts befindet und auf einer Auskunft des zuständigen Steuerkommissärs beruht, dass von einer Kapitalgewinnbesteuerung abgesehen wurde, als der Kanton Schaffhausen von der Beschwerdeführerin in den Jahren 1963 und 1965 zwei Grundstücke zum Preis von Fr. 150'000.-- bzw. Fr. 158'480.-- erworben hatte.
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Demnach erkennt das Bundesgericht:
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Die Beschwerde wird gutgeheissen, und der angefochtene Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 14. Februar 1969 wird aufgehoben.
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