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Urteilskopf

97 I 389


54. Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. Juni 1971 i.S. Dal-Bosco und Walther gegen Bern, Regierungsrat.

Regeste

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Zivilstandssachen. Zulässigkeit dieses Rechtsmittels (Art. 97, 98 lit. g OG; Erw. 1).
Beschwerdelegitimation. Prüfungsbefugnis der Aufsichtsbehörde und des Bundesgerichts (Erw. 2).
Zivilstandsregister. Eintragung ins Familienregister der im Ausland (Dänemark) erfolgten Eheschliessung zwischen einer Schweizerin und einem in der Schweiz geschiedenen Italiener (Art. 137 Abs. 1 ZStV; Art. 7c Abs. 1 NAG; Änderung der Rechtsprechung; Erw. 3-12). Stellung der Kinder aus einer solchen Ehe (Art. 8 NAG; Erw. 12 a.E.). Bewilligung der Eheschliessung eines geschiedenen Italieners in der Schweiz? (Art. 168 ZStV; Art. 1 ff. des Haager Abkommens zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschliessung vom 12. Juni 1902; Erw. 13).

Sachverhalt ab Seite 390

BGE 97 I 389 S. 390

A.- Am 15. März 1963 schied das Amtsgericht von Bern auf Klage der Ehefrau die Ehe zwischen dem italienischen Staatsangehörigen Bruno Lorenzo Dal Bosco und der gebürtigen Schweizerin Sylvia geb. Gerber, die bei der Heirat das Schweizerbürgerrecht beibehalten hatte. In der Folge lebte Dal Bosco in Bern mit der seit dem 28. April 1961 von Paul Miserez geschiedenen, in Lajoux (Kt. Bern) heimatberechtigten Rosmarie Ruth Walther zusammen. In den gemeinsamen Haushalt wurden auch die drei aus den geschiedenen Ehen hervorgegangenen Kinder aufgenommen. Am 17. April 1969 liess sich das Paar in Tondern (Dänemark) trauen. Rosmarie Ruth Walther hatte weder einem Zivilstandsbeamten in der Schweiz (wo ein Verkündverfahren im Sinne von Art. 148 ff. und 171 ZStV nicht durchgeführt worden war) noch einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter der Schweiz im Ausland die Erklärung abgegeben, sie wolle das Schweizerbürgerrecht beibehalten. Sie nahm nach ihrer Darstellung an, die Ehe werde in Italien nicht anerkannt, so dass sie durch die Heirat die italienische Staatsangehörigkeit nicht erwerbe, sondern auch ohne Beibehaltungserklärung Schweizerin bleibe.

B.- Am 22. April 1969 übermittelte Rosmarie Ruth Walther die dänische Heiratsurkunde dem Amt für den Zivilstandsdienst bei der Polizeidirektion des Kantons Bern und ersuchte um die Bewilligung zur Eintragung der neuen Ehe ins Familienregister der Gemeinde Lajoux. Das Amt wies dieses Gesuch am 20. Mai 1970 unter Hinweis auf den Entscheid des Bundesgerichts vom 11. November 1954 i.S. Caliaro (BGE 80 I 427 ff.) ab. Der Regierungsrat des Kantons Bern, bei dem Frau Walther Beschwerde führte, entschied am 11. August 1970 im gleichen Sinne,
BGE 97 I 389 S. 391
nachdem das Italienische Konsulat in Bern bestätigt hatte, dass die neue Ehe Dal Boscos von den italienischen Behörden nicht anerkannt werden könne.

C.- Gegen den Entscheid des Regierungsrates haben Dal Bosco und Frau Walther beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, ihre in Tondern geschlossene Ehe sei anzuerkennen und es sei deren Eintragung in das Familienregister von Lajoux anzuordnen.
Der Regierungsrat hat auf Bemerkungen zu dieser Beschwerde verzichtet. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement enthält sich in seiner Vernehmlassung vom 20. November 1970 eines förmlichen Antrags, drückt aber die Hoffnung aus, dass eine neue Rechtsprechung des Bundesgerichts die Kantone zu einer Vereinheitlichung ihrer (gegenwärtig zersplitterten) Praxis bewegen möge.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörde in Zivilstandssachen können nach Art. 97 und 98 lit. g OG in der Fassung gemäss Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 (AS 1969 767) an das Bundesgericht weitergezogen werden. Das eben erwähnte Bundesgesetz hat diese Beschwerdemöglichkeit, welche Art. 99 I lit. c OG in der Fassung vom 16. Dezember 1943 (BS 3 531) in Übereinstimmung mit Art. 43 Abs. 2 ZGB und Art. 20 ZStV ausdrücklich vorgesehen hatte, nicht beseitigen wollen (nicht veröffentlichte Entscheide vom 12. November 1970 i.S. Colla gegen Colla und Conseil d'Etat du canton de Vaud und vom 19. April 1971 i.S. Biro gegen Département de justice du canton de Genève; vgl. auch den Entscheid BGE 97 I 268 ff., der eine Grundbuchsache betrifft).

2. Die Beschwerdeführer verlangen die Anerkennung ihrer in Dänemark geschlossenen Ehe und deren Eintragung in das Familienregister der Gemeinde Lajoux. Im vorliegenden Verfahren ist jedoch nur über das Eintragungsbegehren zu entscheiden. Die Frage der Anerkennung der Ehe ist eine Vorfrage, die nicht im Urteilsspruch zu beantworten ist.
Durch den angefochtenen Entscheid, der das Eintragungsgesuch von Frau Walther ablehnt, wird nur diese selbst, nicht auch Dal Bosco, im Sinne von Art. 103 lit. a OG "berührt" bzw. beschwert. Dal Bosco hat an der Eintragung der Ehe ins Familienregister der Heimatgemeinde von Frau Walther auf jeden
BGE 97 I 389 S. 392
Fall kein eigenes und unmittelbares Interesse, wie es für die Berechtigung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde erforderlich ist (BGE 92 I 147 E. 2c; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, 1969, S. 107). Auf die Beschwerde ist daher nur insoweit einzutreten, als sie von Frau Walther erhoben wurde.
Die Frage, ob die in Dänemark geschlossene Ehe ins Familienregister von Lajoux einzutragen oder ob dieser Ehe die Anerkennung in der Schweiz zu versagen und die von Frau Walther verlangte Eintragung aus diesem Grunde abzulehnen sei, ist im vorliegenden Verfahren umfassend zu prüfen. Die Beteiligten können in einem solchen Falle nicht darauf verwiesen werden, die sich stellenden Fragen des internationalen Privatrechts vorerst durch den Zivilrichter entscheiden zu lassen (vgl. BGE 80 I 430 E. 2 am Ende; vgl. auch BGE 94 I 235 ff., wo die Frage der Anerkennung und Eintragung eines in Schweden ergangenen Scheidungsurteils auf eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin umfassend geprüft wurde).

3. Nach Art. 137 Abs. 1 ZStV dürfen ausländische Urkunden (bzw. die durch sie bezeugten Zivilstandstatsachen) nur mit Bewilligung der kantonalen Aufsichtsbehörde eingetragen werden. Das gilt namentlich auch für die Eintragungen ins Familienregister (Art. 118 Abs. 1 Satz 2 ZStV). Die Eintragung einer durch eine ausländische Urkunde bezeugten Eheschliessung darf grundsätzlich nur bewilligt werden, wenn die Voraussetzungen der Anerkennung dieser Eheschliessung in der Schweiz gegeben sind.
Es ist unbestritten, dass die Eheschliessung, auf welche sich die vorliegende dänische Heiratsurkunde bezieht, vor einer nach dänischem Recht zuständigen Behörde und in der vom dänischen Recht vorgeschriebenen Form stattgefunden hat und dass sie nach dänischem Recht, wie in der Urkunde bescheinigt wird ("mit voller bürgerlicher Gültigkeit die Ehe miteinander geschlossen"), auch materiell gültig ist.
Für die Anerkennung dieser Eheschliessung in der Schweiz ist entgegen der Auffassung, die Frau Walther in ihrer Beschwerde an den Regierungsrat vertreten hat, nicht von Bedeutung, dass der Bürgermeister von Tondern das Ehevorhaben der Beschwerdeführer zwei Monate vor der Trauung durch eine Bekanntmachung in einer bernischen Tageszeitung ("Der Bund" vom 16. Februar 1969) "zur allgemeinen Kenntnis" brachte mit dem
BGE 97 I 389 S. 393
Beifügen, eventuelle Einwendungen gegen die geplante Heirat seien ihm binnen vierzehn Tagen anzuzeigen, und dass die bernischen Zivilstandsbehörden, welche die Bekanntmachung lasen, eine solche Einsprache unterliessen. Die bernischen Behörden konnten sich von einer Einsprache mit dem Hinweis darauf, dass der Heimatstaat Dal Boscos dessen Scheidung nicht anerkenne, nichts versprechen, weil die dänischen Behörden (denen das Scheidungsurteil vorlag) dies ohne Zweifel bereits wussten, aber nach dänischem Recht darauf nicht Rücksicht zu nehmen hatten. Hievon abgesehen kann die Tatsache, dass die schweizerischen Behörden auf eine in einer Tageszeitung erschienene Bekanntmachung eines Ehevorhabens durch eine ausländische Zivilstandsbehörde nicht reagieren, den Entscheid über die Anerkennung der Eheschliessung in der Schweiz nicht beeinflussen. Wenn die schweizerischen Behörden in einem solchen Falle untätig bleiben, so bedeutet das keineswegs, dass sie die angekündigte Eheschliessung zum voraus anerkennen.

4. Dänemark gehört nicht zu den Vertragsstaaten des Haager Abkommens zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschliessung vom 12. Juni 1902 (BS 11 795), dem die Schweiz und Italien beigetreten sind. Dieses Abkommen ist also nach seinem Artikel 8 im vorliegenden Falle nicht anwendbar. Es besteht auch kein anderer Staatsvertrag, der die Frage beantworten würde, ob und allenfalls unter welchen Voraussetzungen eine im Ausland erfolgte Eheschliessung wie die vorliegende in der Schweiz anzuerkennen sei. Daher sind die einschlägigen Vorschriften des schweizerischen Landesrechts anzuwenden (vgl. BGE 80 I 430 E. 3).

5. a) Im Falle Caliaro (BGE 80 I 427 ff.), wo es sich um die Eintragung der in England geschlossenen Ehe zwischen einem in der Schweiz von einer Schweizerin geschiedenen Italiener und einer ledigen Schweizerin handelte, nahm das Bundesgericht an, die Vorschrift von Art. 7 c Abs. 1 NAG, wonach sich die Gültigkeit einer Eheschliessung bei ausländischer Staatsangehörigkeit des Bräutigams, der Braut oder beider "in bezug auf jedes von ihnen nach dem heimatlichen Rechte beurteilt", gelte entsprechend ihrem allgemeinen Wortlaut und dem von ihr verfolgten Zweck, Konflikte mit dem Heimatrecht nach Möglichkeit zu vermeiden, nicht bloss für die Eheschliessung in der Schweiz, sondern auch für die Beurteilung der Gültigkeit von im Ausland geschlossenen Ehen.
BGE 97 I 389 S. 394
Art. 7 f Abs. 1 NAG gelte nur für Schweizer. Das italienische Recht, das demnach als Heimatrecht Caliaros zu berücksichtigen sei, lasse die italienischen Vorschriften über die Voraussetzungen der Eheschliessung auch dann zur Geltung kommen, wenn ein Italiener im Ausland heirate. Nach diesen Vorschriften habe Caliaro die streitige Ehe nicht eingehen können, weil Italien die Scheidung seiner ersten Ehe nicht anerkenne, sondern diese als noch bestehend betrachte, so dass die Voraussetzung des ledigen Standes (Art. 86 des Codice civile) nicht gegeben sei. Die gleichwohl geschlossene Ehe sei nach italienischem Recht ungültig, d.h. sie könne gemäss Art. 117 des Codice civile mit der Nichtigkeitsklage angefochten werden. Sie werde in Italien nicht anerkannt. Eine im Heimatland nicht anerkannte Ehe könne nach Art. 7 c Abs. 1 NAG auch in der Schweiz nicht anerkannt werden. Die Ehe der Beschwerdeführer sei deshalb in der Schweiz nicht einzutragen. Die Anwendung des ausländischen Rechts, die zu diesem Ergebnis führe, könne nicht unter Berufung auf den schweizerischen ordre public abgelehnt werden.
b) Diese Entscheidung hat VAUCHER (ZSR 1967 II 548 ff.) gebilligt. Andere Autoren haben sie dagegen aus mannigfachen Gründen und zum Teil mit scharfen Worten abgelehnt (LALIVE: Schweiz. Jahrbuch für internationales Recht = SJb 1956 S. 243 f.; "Le mariage des étrangers en droit international privé suisse", Zeitschrift für Zivilstandswesen = ZZw 1961 S. 391 ff., 392; LACHENAL: "Le droit applicable aux mariages mixtes célébrés à l'étranger", SJb 1957 S. 33 ff.; "De quelques jurisprudences récentes en droit international privé", Mémoires publiés par la faculté de droit de Genève, no. 15, 1962, Première Journée juridique - 27 mai 1961, S. 93 ff., 103 ff.; LOUIS-LUCAS: "Qualification et répartition", Revue critique de droit international privé = Revue critique 1957 S. 153 ff., 172 f.; VISCHER: "Mariage mixte und Ehescheidung im internationalen Privatrecht der Schweiz", Jus et Lex, Festgabe Max Gutzwiller 1959, S. 413 ff.; SJb 1968 S. 126; "Der ordre public im Familienrecht", ZZw 1969 S. 324 ff., 328 f. und - in französicher Übersetzung - ZZw 1970 S. 33 ff., 37 f.; "Internationales Privatrecht", Schweiz. Privatrecht I, 1969, S. 598 f.; VON OVERBECK: ZSR 1967 II 724; "Die Wiederverheiratung des nach schweizerischem Rechte geschiedenen Angehörigen eines Staates, der keine Ehescheidung anerkennt", ZZw 1967 S.
BGE 97 I 389 S. 395
346 ff., 350 ff.; "Le remariage du conjoint divorcé selon le projet de convention de La Haye sur la reconnaissance des divorces et selon les droits allemand et suisse", Revue critique 1970 S. 45 ff., 53 ff.; P. M. GUTZWILLER, "Grundsätzliche Überlegungen zur Wiederverheiratung des in der Schweiz geschiedenen Angehörigen eines Staates, der keine Ehescheidung kennt", ZZw 1969 S. 181 ff.; KNOEPFLER: Revue critique 1969 S. 313 ff.; STAUFFER: "Die Ehefähigkeit des geschiedenen Italieners in der Schweiz", SJZ 1971 S. 117 ff.).
LALIVE bezeichnet die Lösung des Bundesgerichts als unbefriedigend und findet, sie schaffe ebensoviele Konflikte, wie sie solche verhindern wolle. LACHENAL neigt zu der von STAUFFER (N. 1 und 5 zu Art. 7 c, N. 10 zu Art. 7 f NAG) und BECK (N. 1, 2 zu Art. 7 c, N. 8 ff. und 59 zu Art. 7 f NAG) vertretenen, in BGE 80 I 431 E. 5 abgelehnten Auffassung, Art. 7 c NAG gelte nur für die Eheschliessung in der Schweiz, während Art. 7 f Abs. 1 NAG, wonach eine im Ausland nach dem dort geltenden Recht geschlossene Ehe in der Schweiz grundsätzlich anerkannt wird, nicht nur auf Ehen zwischen Schweizern, sondern auch auf solche zwischen Ausländern oder doch auf solche zwischen einem schweizerischen und einem ausländischen Partner anzuwenden sei. Er betrachtet zudem als widersprüchlich, dass die schweizerischen Behörden bei der Scheidung national gemischter Ehen im Interesse der schweizerischen Ehefrau über das Heimatrecht des ausländischen Ehemannes hinwegschreiten, bei der Eheschliessung dagegen auf dieses Recht Rücksicht nehmen, selbst wenn die zweite Frau wiederum eine Schweizerin ist. LOUIS-LUCAS hält dafür, der Scheidungsstaat müsse auf Grund des rechtskräftigen Scheidungsurteils, das die Ehe hinsichtlich dieses Staates für beide Teile vollständig aufhebe, notwendigerweise beiden Teilen die Wiederverheiratung erlauben. VISCHER behauptet vor allem, das Bundesgericht habe verkannt, "dass die Ehe eine soziale Tatsache von objektiver Existenz ist, welche, wenigstens vom Gesichtspunkt eines einzigen Rechtes aus, mit Bezug auf die beiden Gatten nur bestehen kann oder nicht"; die von einem inländischen Gericht ausgesprochene Scheidung müsse für beide Gatten die gleichen Wirkungen haben. Er wirft dem Bundesgericht in ZZw 1969 S. 328 und ZZw 1970 S. 38 geradezu "Zynismus" vor, weil es in BGE 80 I 436 erklärte, es verstosse nicht gegen den schweizerischen ordre public, dass Italien die in der Schweiz geschiedene
BGE 97 I 389 S. 396
Ehe des Italieners Caliaro als noch bestehend betrachtet und sich daher seiner Wiederverheiratung widersetzt. VON OVERBECK ist der Auffassung, die Nichtanerkennung ausländischer Scheidungen durch Italien beruhe nicht auf einem Ehehindernis des internen italienischen Rechts, sondern auf einer gewohnheitsrechtlichen Regel des internationalen Zivilprozessrechts, deren Berücksichtigung Art. 7 c NAG nicht verlange; aus der Rechtskraft des schweizerischen Scheidungsurteils ergebe sich, dass es seine wesentlichen Wirkungen für beide Teile entfalten müsse; die Beachtung der italienischen Betrachtungsweise habe im übrigen Wirkungen, die gegen den schweizerischen ordre public verstiessen (Verurteilung einer in der Schweiz wohnhaften Person zu dauerndem Zölibat, während der andere Gatte eine neue Familie gründen kann; Veranlassung wilder Ehen; Verletzung der Rechtsgleichheit und des Rechts zur Ehe). GUTZWILLER erblickt darin, dass der schweizerischen Ehefrau die Scheidung von einem italienischen Ehemann ermöglicht, diesem dann aber die Wiederverheiratung verwehrt wird, eine "wahre Schizophrenie". Er lehnt diese Lösung ab, weil sie "die materielle Harmonie, die interne Konsequenz unserer Rechtsordnung verhindert", und vertritt die Meinung, auf Grund des Scheidungsurteils sei die Wiederverheiratung zu bewilligen, doch sei als Voraussetzung hiefür immerhin eine gewisse Binnenbeziehung zu fordern. KNOEPFLER glaubt, der Geist des Urteils i.S. Cardo (BGE 94 II 65) sollte zu einer Änderung der im Entscheide Caliaro vertretenen Auffassung führen; die dort angestrebte Verwirklichung der internationalen Harmonie gehe oft auf Kosten der innern Harmonie; diese verdiene den Vorzug, auch gegenüber der Regel des Art. 7 c NAG. STAUFFER findet, Art. 7 c NAG müsse vor dem schweizerischen Scheidungsurteil, das auch den ausländischen Teil frei sein lasse, zurücktreten; Art. 7 c sei in diesem Sinne einschränkend auszulegen. Er ist aber im Gegensatz zu andern Autoren (namentlich VON OVERBECK) der Meinung, das Eheschliessungsabkommen von 1902 verbiete es, die Wiederverheiratung geschiedener Italiener in der Schweiz zuzulassen.
Unter den das Bundesgericht kritisierenden Lehrmeinungen zitiert VON OVERBECK wiederholt (ZZw 1967 S. 349 FN 2, Revue critique 1970 S. 54 FN 2) die Bemerkung von FRANCESCAKIS: "C'est là une particularité du droit suisse qui heurte passablement les idées reçues dans les autres pays du continent
BGE 97 I 389 S. 397
européen en la matière" (La théorie du renvoi, 1958, S. 217, FN 5 zu Ziff. 230). Diese Bemerkung bezieht sich jedoch nicht auf die schweizerische Rechtsprechung zur Frage der Wiederverheiratung eines geschiedenen Italieners, sondern auf die schweizerische Gesetzgebung, die den kantonalen Behörden in gewissen Fällen (Art. 256 Abs. 2, 262 Abs. 1, 306, 312 Abs. 2 ZGB) erlaubt, die Abstammung eines Kindes von einem Kantonsbürger zu bestreiten. FRANCESCAKIS vermutet, im Falle Caliaro habe die kantonale Aufsichtsbehörde die Emtragung der Eheschliessung verweigert, um zu verhindern, dass das vor der Heirat geborene Kind durch Legitimation das Kantonsbürgerrecht und damit einen Unterstützungsanspruch gegen den Kanton erwerbe (!). Er übersieht dabei, dass das Kind bereits mit seiner Geburt das Kantonsbürgerrecht seiner Mutter erworben hatte (Art. 324 Abs. 1 ZGB). Die Legitimation, die im Heimatstaat des Vaters nicht anerkannt worden wäre, hätte nur den Familienstand des Kindes in der Schweiz, nicht auch sein Bürgerrecht geändert.
c) Die Praxis der kantonalen Aufsichtsbehörden ist, wie schon angedeutet, nicht einheitlich. Die Vernehmlassung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements erwähnt, dass nach den bisherigen Feststellungen des Eidg. Amtes für das Zivilstandswesen die Aufsichtsbehörden von sieben Kantonen die Eintragung von im Ausland erfolgten Eheschliessungen in der Schweiz geschiedener Italiener bereits bewilligt haben und dass nach dem Ergebnis einer vom genannten Amt im November 1970 durchgeführten telephonischen Umfrage die Aufsichtsbehörden fast aller Kantone bereit oder doch geneigt sind, eine solche Eheschliessung einzutragen. Bei der gleichen Umfrage ergab sich überdies, dass die Aufsichtsbehörden von neun Kantonen der Regierung ihres Kantons wahrscheinlich empfehlen werden, auf Grund von Art. 168 ZStV die Wiederverheiratung solcher Italiener in der Schweiz zu erlauben (vgl. hiezu auch den Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1969, S. 90 Ziff. 4, wonach immer mehr Kantonsregierungen solche Bewilligungen erteilen, und den Bericht von GÖTZ in ZZw 1969 S. 180 f., wonach die Aufsichtsbehörde des Kantons Basel-Stadt am 14. März 1968 im Falle Grigolo eine solche Bewilligung erteilt hat).
d) In der deutschen Rechtsprechung und Lehre bestehen
BGE 97 I 389 S. 398
über die Frage, ob eine im Inland geschiedene Person wieder heiraten kann, wenn ihr Heimatrecht (oder das Heimatrecht ihres Verlobten) die Scheidung nicht anerkennt, ebenfalls Meinungsverschiedenheiten (vgl. die Hinweise im Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 12. Februar 1964, Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen = BGHZ 41 S. 137 ff., bes. 143 ff., sowie bei MAKAROv, "Le remariage du conjoint divorcé en droit international privé", Revue critique 1967 S. 643 ff., 648 f., 652 ff., 656 ff., bei DORENBERG, "Hinkende Rechtsverhältnisse im internationalen Familienrecht", 1968, S. 150 f., und bei VON OVERBECK, Revue critique 1970 S. 50 ff.). Ausgangspunkt für die Beurteilung dieser Frage ist in Deutschland, soweit das Eheschliessungsabkommen von 1902 nicht eingreift, Art. 13 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum BGB = EG, wonach die Eingehung einer Ehe, sofern auch nur einer der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehung eines jeden der Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurteilt wird, dem er angehört. Aus dieser Vorschrift wird in Deutschland der allgemeine Grundsatz abgeleitet, dass sich die materiellen Voraussetzungen der beabsichtigten oder vollzogenen Eheschliessung, erfolge sie im In- oder Ausland, für jeden Teil nach seinem Heimatrecht beurteilen (RAAPE, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. 1961, S. 236 ff.; KEGEL in SOERGEL/SIEBERT, BGB, 10. Aufl., Band 7, 1970, N. 1 zu Art. 13 EG; PALANDT, BGB, 30. Aufl. 1971, N. 1 und 2 zu Art. 13 EG). Der Bundesgerichtshof hat in Anwendung dieses Grundsatzes in Fällen, wo ein katholischer Spanier eine in Deutschland geschiedene Deutsche oder eine katholische Spanierin einen dort geschiedenen Deutschen heiraten wollte, die Befreiung des spanischen Partners von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses gemäss § 10 Abs. 2 des deutschen Ehegesetzes bei Lebzeiten des frühern Ehegatten des deutschen Partners als unzulässig erklärt, weil die beabsichtigte Eheschliessung nach dem gemäss Art. 13 EG massgeblichen spanischen Recht wegen Doppelehe nichtig wäre und die Anwendung des spanischen Rechts nicht nach Art. 30 EG (Vorbehalt des ordre public) ausgeschlossen sei (BGHZ 41 S. 136 ff., 46 S. 88 ff.). Entsprechend hat am 9. Dezember 1968 das Kammergericht Berlin auf Grund von Art. 1 des Eheschliessungsabkommens von 1902 (das zwischen Deutschland und Italien gilt) im Falle eines in Deutschland geschiedenen Italieners entschieden (Zeitschrift für das gesamte Familienrecht = FamRZ 1969 S. 87 ff.).
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Die Gegner dieser Auffassung machen namentlich geltend, das deutsche Verfahrensrecht, nach welchem eine rechtskräftig geschiedene Ehe für beide Teile als aufgelöst zu gelten habe, gehe dem materiellen Recht einschliesslich der Regeln des internationalen Privatrechts vor (KEGEL/A. LÜDERITZ, "Hindernis des Bandes für Ausländer trotz Scheidung in Deutschland?", FamRZ 1964 S. 57 ff.; R. LÜDERITZ, "Ehen mit Gastarbeitern aus Mittelmeerstaaten", FamRZ 1966 S. 285 ff., 287; KEGEL, N. 19 zu Art. 13 EG); bei materiellrechtlicher Betrachtung sei die Vorfrage der Auflösung der ersten Ehe durch die erfolgte Scheidung im Interesse des "innern Entscheidungseinklanges" selbständig anzuknüpfen, d.h. nicht nach dem für die neue Eheschliessung, sondern nach dem für die Scheidung massgebenden Rechte zu beurteilen (KEGEL/A. LÜDERITZ a.a.O. S. 59; R. LÜDERITZ a.a.O. und FamRZ 1967 S. 198/99; KEGEL N. 18 zu Art. 13 EG); Art. 13 Abs. 1 EG verweise nur auf die abstrakten Regeln des Heimatrechts über Ehefähigkeit und Eheverbote; wie zu verfahren sei, wenn schon der Ausgangssachverhalt (z.B. also die Frage des Bestandes der als Ehehindernis in Frage kommenden frühern Ehe) im Forum und im Heimatstaat unterschiedlich beurteilt werde, sage das EG nicht; das Gesetz enthalte in diesem Punkte eine Lücke, die "unter Beachtung der eigenartigen Zwischenstellung der Beteiligten zwischen den gegenläufigen Entscheidungen mehrerer Staaten so auszufüllen" sei, "wie es die Bedürfnisse der Rechtssicherheit auf der einen und der Fallgerechtigkeit auf der anderen Seite verlangen" (DORENBERG S. 146). Der Entscheid BGHZ 41 S. 136 (vom 12. Februar 1964) veranlasste den Petitionsausschuss des IV. Bundestags zum Initiativantrag, Art. 13 Abs. 1 EG entsprechend einem vom Deutschen Rat für Internationales Privatrecht schon 1962 gemachten Vorschlage (vgl. KEGEL/A. LÜDERITZ, FamRZ 1964 S. 58) durch eine Bestimmung des Inhalts zu ergänzen, dass eine durch ein deutsches Gericht rechtskräftig geschiedene frühere Ehe eines der Verlobten der neuen Eheschliessung auch dann nicht entgegensteht, wenn das Scheidungsurteil in einem ausländischen Staate nicht anerkannt wird (vgl. R. LÜDERITZ, FamRZ 1966 S. 288; DORENBERG a.a.O. S. 154/55).
Mit Bezug auf in Dänemark geschlossene Ehen, denen nach dem Heimatrecht des einen Partners das Hindernis der Doppelehe entgegensteht, haben in den letzten Jahren einzelne deutsche Gerichte entschieden, solche Ehen seien in Deutschland als
BGE 97 I 389 S. 400
gültig zu behandeln, solange sie nicht im Heimatstaat als ungültig erklärt worden seien (Beschlüsse des Oberlandesgerichtes Frankfurt/Main vom 26. Mai 1967, FamRZ 1967 S. 476, 477/78, des Amtsgerichtes Hamburg vom 30. Januar 1968, Fundheft für Zivilrecht XIV/1968 Nr. 3561, vgl. auch VON OVRBECK, Revue critique 1970 S. 54, und des Landgerichtes Bochum vom 8. Januar 1969, FamRZ 1969 S. 333/34).
e) Für das österreichische Recht vertritt HOYER ("Zur Frage der Wiederverehelichung im Inland geschiedener Ausländer", Österreichische Juristenzeitung 1965 S. 617 ff.) die Auffassung, die Versuche seien misslungen, den Gesetzesbefehl des § 6 Abs. 1 der Vierten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz (der inhaltlich mit Art. 13 Abs. 1 des deutschen EG übereinstimmt) für den Fall der inländischen Scheidung eines Ausländers im Sinne der Wirkung des Scheidungsurteils einzuschränken, d.h. das inländische Scheidungsurteil als stärker anzusehen als die Verweisungsnorm des § 6 Abs. 1 der erwähnten Verordnung.
f) In Frankreich (wo das Eheschliessungsabkommen von 1902 seit dem 1. Juni 1914 nicht mehr gilt; vgl. BS 11 799) wird seit dem Urteil des Tribunal de la Seine vom 17. März 1948 i.S. Sciachi (Revue critique 1948 S. 112 ff., mit Besprechung von NIBOYET) angenommen, dass ein in Frankreich geschiedener Ausländer wieder heiraten kann, selbst wenn sein Heimatstaat die Scheidung nicht anerkennt (J. ET J. FOYER in Répertoire Dalloz de droit international, Band I 1968, Artikel Divorce, N. 172; BATIFFOL/LAGARDE, Droit international privé, 5. Aufl., Band II 1971, N. 453 S. 80 f. mit Fussnote 86). Im erwähnten Urteil wird diese Lösung vor allem damit begründet, dass das rechtskräftige französische Scheidungsurteil das Eheband für das französische Recht "de façon nécessairement indivisible" hinsichtlich beider Ehegatten beseitige. BATIFFOL/LAGARDE nehmen (S. 80) an, diese Lösung werde durch den ordre public geboten.
g) In England, wo seinerzeit die Ehe Caliaro-Wydler geschlossen worden war, wird heute die Wiederverheiratung eines in der Schweiz geschiedenen Italieners, der wie seine Verlobte in der Schweiz Wohnsitz hat und sich nur zum Zwecke der Eheschliessung vorübergehend nach England begeben hat, nicht mehr zugelassen, weil die Eheschliessung in der Schweiz als Wohnsitzstaat nicht zulässig sei und weil dort die in England
BGE 97 I 389 S. 401
erfolgte Eheschliessung voraussichtlich auch nicht anerkannt würde (Entscheid der Queen's Bench Division der englischen High Court vom 23. August 1968 i.S. Regina v. Brentwood Superintendent Registrar of Marriages, Revue critique 1969 S. 491 ff.; vgl. VON OVERBECK, Revue critique 1970 S. 51).
h) Der Entwurf eines Haager Abkommens über die Anerkennung von Scheidungen und Trennungen vom Oktober 1968, das die (von der Schweiz schon 1928 gekündigte) Haager Scheidungskonvention von 1902 ersetzen soll, sieht in Art. 11 vor:
"Un Etat, tenu de reconnaître un divorce par application de la présente Convention, ne peut pas interdire le remariage à l'un ou l'autre époux au motif que la loi d'un autre Etat ne reconnaît pas ce divorce".
(Vgl. hiezu VISCHER, SJb 1968 S. 126, und VON OVERBECK, Revue critique 1970 S. 48 ff., der darauf hinweist, dass diese Bestimmung die Wiederverheiratung im Scheidungsstaate nicht erfasst, dass aber die Ratifikation des Abkommens von einer entsprechenden Änderung des inländischen Rechts begleitet sein sollte.)

6. Die dargestellte Kritik der Lehre am Entscheide Caliaro und an ähnlichen deutschen Entscheiden sowie die aufgezeigten Entwicklungstendenzen der Praxis der kantonalen Aufsichtsbehörden und der ausländischen Praxis wie auch des Staatsvertragsrechts rechtfertigen eine neue Prüfung der im Falle Caliaro beurteilten Frage, ob die im Ausland erfolgte Eheschliessung eines in der Schweiz geschiedenen Italieners in der Schweiz anzuerkennen und ins Zivilstandsregister einzutragen sei. Diese Frage ist nicht etwa dadurch gegenstandslos geworden, dass Italien durch Gesetz vom 1. Dezember 1970 (Gazzetta Ufficiale della Repubblica Italiana 1970 S. 8046 ff.) die Ehescheidung eingeführt hat. Abgesehen davon, dass dieses Gesetz noch der Gefahr der Aufhebung durch ein Referendum ausgesetzt ist (vgl. PADIRAC, "Les aspects constitutionnels du problème de l'introduction du divorce en Italie", Revue du droit public et de la science politique en France et à l'étranger 1971 S. 387 ff., 443 ff.), weiss man nicht, ob und allenfalls unter welchen Voraussetzungen Italien nunmehr eine in der Schweiz ausgesprochene Scheidung eines italienischen Staatsangehörigen anerkennt. Es ist daher nicht sicher, dass der im italienischen Recht liegende Grund, der im Falle Caliaro zur Nichtanerkennung
BGE 97 I 389 S. 402
der neuen Ehe führte, weggefallen ist. Es lässt sich aber auch nicht sagen, an einer neuen Prüfung der erwähnten Frage bestehe deshalb kein Interesse mehr, weil Art. 3 Ziff. 2 lit. e des Gesetzes vom 1. Dezember 1970 vorsieht, ein Ehegatte könne die Scheidung verlangen, wenn der andere Ehegatte Ausländer ist und im Ausland die Nichtigerklärung oder die Scheidung der Ehe erwirkt oder im Ausland eine neue Ehe geschlossen hat. Man weiss nämlich nicht, ob ein ausserhalb Italiens geschiedener Italiener auch dann, wenn weder er noch sein früherer Ehegatte in Italien wohnt, in Italien auf Scheidung klagen kann (vgl. die Gerichtsstandsvorschrift von Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes vom 1. Dezember 1970, die den Fall, dass beide Parteien ausserhalb Italiens wohnen, anscheinend nicht berücksichtigt), und im übrigen wäre ein solches Verfahren vor den italienischen Gerichten mit einem erheblichen Zeitverlust und mit Kosten verbunden. 7. - VON OVERBECK vertritt in Revue critique 1970 S. 54/55 im Sinne eines Eventualstandpunktes die Auffassung, selbst wenn es gerechtfertigt wäre, einem geschiedenen Italiener die Wiederverheiratung in der Schweiz zu verbieten, hätte das Bundesgericht doch - wie in der neuern deutschen Rechtsprechung geschehen (vgl. den Schluss von Er. 5d hievor) - beachten sollen, dass die im Ausland geschlossene Ehe eines geschiedenen Italieners nach italienischem wie nach schweizerischem Recht bestehe und ihre Wirkungen entfalte, bis sie gerichtlich für nichtig erklärt wird (Art. 117 des Codice civile; vgl. BGE 80 I 435). Dieses Argument wirkt zunächst bestechend. Eine im Ausland geschlossene Ehe eines geschiedenen Italieners und einer Schweizerin mit dieser Begründung einstweilen anzuerkennen und einzutragen, vermag aber deshalb nicht voll zu befriedigen, weil sich dann sofort die Frage erheben würde, ob die zuständige Behörde des Kantons (Art. 121 Abs. 1 ZGB) am Wohnsitz des Ehemannes (GÖTZ N. 2 und 4 zu Art. 136 ZGB) von Amtes wegen auf Nichtigerklärung der Ehe nach Art. 120 Ziff. 1 ZGB zu klagen habe (was allerdings nach VON OVERBECK, Revue critique 1970 S. 55, in einem solchen Falle noch nie geschehen sein soll). Es darf daher nicht bei dieser Lösung bleiben, wenn sich die Annahme rechtfertigen lässt, dass Ehen wie die in Frage stehende in der Schweiz vorbehaltlos anzuerkennen sind.

8. Der Anregung von LACHENAL, bei der Beurteilung der materiellen Gültigkeit einer im Ausland erfolgten Eheschliessung
BGE 97 I 389 S. 403
zwischen einem Ausländer und einer Schweizerin das anwendbare Recht nicht nach Art. 7 c Abs. 1, sondern nach Art. 7 f Abs. 1 NAG zu bestimmen (Erw. 5 b hievor), ist aus den in BGE 80 I 431 ff. E. 5 dargelegten Gründen nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, dass der dort angerufene Zweck des Gesetzes, Konflikte mit dem Heimatrecht der Ehegatten nach Möglichkeit zu vermeiden, von der schweizerischen Gesetzgebung und Rechtsprechung nicht konsequent verfolgt wird, sondern dass z.B. bei der Scheidung einer Ehe zwischen einer Schweizerin und einem Ausländer Konflikte mit dem Heimatrecht des ausländischen Ehegatten in Kauf gekommen werden (BGE 58 II 93: Beurteilung einer Scheidungsklage einer schweizerisch-italienischen Doppelbürgerin gegen einen Italiener ausschliesslich nach schweizerischem Recht). Das rechtfertigt jedoch für sich allein noch nicht, den Zweck der Vermeidung von Konflikten mit dem Heimatrecht, auf den die Regeln über das auf die Eheschliessung anzuwendende Recht unverkennbar ausgerichtet sind, bei der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Art. 7 c und 7 f NAG ausser acht zu lassen und den Fall der Eheschliessung im Ausland allgemein von der Grundregel des Art. 7 c auszunehmen und dem Art. 7 f zu unterstellen. Ausser LACHENAL ziehen denn auch die Kritiker des Entscheides im Falle Caliaro nicht in Zweifel, dass sich das auf die materiellen Voraussetzungen der Eheschliessung anwendbare Recht in der Schweiz auch in solchen Fällen grundsätzlich nach Art. 7 c NAG bestimmt. Diese Auffassung steht im Einklang mit der Bedeutung, die in Deutschland der Vorschrift von Art. 13 Abs. 1 EG beigemessen wird, mit dem sich Art. 7 c Abs. 1 NAG im wesentlichen deckt (vgl. Erw. 5 d hievor). - Die von LACHENAL angeregte Anwendung von Art. 7 f NAG auf Fälle wie den vorliegenden würde im übrigen zur Lösung der Frage der Wiederverheiratung eines geschiedenen Angehörigen eines scheidungsfeindlichen Staates in der Schweiz, welche die Kritiker des Bundesgerichts vor allem beschäftigt, nichts beitragen.

9. Zu Unrecht glaubt VON OVERBECK, Art. 7 c NAG lasse sich mit der Begründung ausschalten, die Nichtanerkennung ausländischer Scheidungsurteile betreffend Italiener durch Italien beruhe nicht auf einem Ehehindernis des internen italienischen Rechts, sondern aufeiner Regel des internationalen Zivilprozessrechts, die nach Art. 7 c NAG nicht zu berücksichtigen sei (Erw. 5b hievor). Das italienische Eherecht fordert
BGE 97 I 389 S. 404
als Voraussetzung der Eheschliessung den ledigen Stand (Art. 86 Cc) und enthielt bis zum Gesetz vom 1. Dezember 1970 den Grundsatz, die Ehe werde nur durch den Tod eines Ehegatten aufgelöst (Art. 149 Abs. 1 Cc). Darnach verbot das italienische Recht bis zum Gesetz vom 1. Dezember 1970 implicite die Wiederverheiratung eines geschiedenen Ehegatten bei Lebzeiten des andern. Selbst wenn man aber annehmen will, die Nichtanerkennung ausländischer Scheidungen durch Italien beruhe nicht auf einem Ehehindernis des internen italienischen Rechts, sondern bloss auf einer Regel des in Italien geltenden internationalen Verfahrensrechts, so folgt daraus nicht, dass in der Schweiz darauf nicht Rücksicht zu nehmen sei. Wie GUTZWILLER (ZZw 1969 S. 182) mit Zustimmung von STAUFFER (SJZ 1971 S. 118) zutreffend ausführt, will Art. 7 c NAG grundsätzlich "eine Kollision mit der heimatlichen Jurisdiktion, mit dem heimatlichen Recht im weitesten Sinn" vermeiden. Das bedeutet, dass Art. 7 c NAG die Beachtung einer im Heimatstaat geltenden Norm, welche die Anerkennung der Scheidung von Staatsangehörigen und damit deren Wiederverheiratung zu Lebzeiten beider Parteien verbietet, seinem Zwecke nach auch dann verlangt, wenn man diese Norm nicht zum Zivilrecht, sondern zum Verfahrensrecht zählt.
Der eben genannte Zweck von Art. 7 c NAG steht nicht nur der eben besprochenen Auffassung VON OVERBECKS, sondern auch der Auffassung entgegen, diese Bestimmung verweise nur auf die abstrakten Regeln des Heimatrechts über Ehefähigkeit und Eheverbote und sage nicht, nach welchem Recht der "Ausgangssachverhalt", z.B. also das Bestehen einer die Heirat hindernden Ehe zu beurteilen sei, wie das DORENBERG mit Bezug auf Art. 13 Abs. 1 des deutschen EG annimmt (Erw. 5 d hievor).
Dem Zwecke von Art. 7 c NAG widerspricht es auch, die Frage, ob die frühere Ehe noch bestehe, nicht nach dem gemäss Art. 7 c NAG für die Schliessung der neuen Ehe massgebenden Rechte zu beurteilen, sondern diese Frage "selbständig anzuknüpfen", d.h. nach dem gemäss den schweizerischen Konfliktsregeln für die Scheidung der frühern Ehe massgebenden Rechte zu entscheiden, wie es VON OVERBECK in ZZw 1967 S. 350 für den Fall der von ihm abgelehnten "kollisionsrechtlichen Betrachtungsweise" (d.h. für den Fall der grundsätzlichen Anwendung von Art. 7 c NAG) ins Auge fasst
BGE 97 I 389 S. 405
(ähnlich für das deutsche Recht die in Erw. 5 d hievor wiedergegebenen Auffassungen von KEGEL, A. LÜDERITZ und R. LÜDERITZ). Im übrigen ist die Lehre von der selbständigen Anknüpfung der Vorfragen, wie VON OVERBECK in Revue critique 1970 S. 57 dem Sinne nach einräumt, zu wenig gesichert, als dass im vorliegenden Falle entscheidend darauf abgestellt werden könnte (vgl. zur Theorie der Vorfrage oder question préalable z.B. RAAPE, Internat. Privatrecht. 5. Aufl., S. 116 ff. mit Hinweisen; SCHNITZER, Handbuch des internat. Privatrechts, 4. Aufl., Band I S. 112 ff.; FRANCESCAKIS, Répertoire Dalloz de droit international, Band I 1968, Artikel "Conflits de lois (principes généraux)", N. 353 ff.; DORENBERG a.a.O. S. 182 ff.; zum Widerstreit der Meinungen über die Anwendung dieser Theorie auf die Wiederverheiratung einer geschiedenen Person im Falle, dass das Heimatrecht eines der Verlobten die Scheidung nicht anerkennt, vgl. die Hinweise VON OVERBECKS in ZZw 1967 S. 350 Fussnote 20 und Revue critique 1970 S. 57 Fussnote 1, sowie KEGEL/A. LÜDERITZ, FamRZ 1964 S. 59 mit Hinweisen).
Der Zweck, den Art. 7 c Abs. 1 NAG klarerweise verfolgt, muss für die Auslegung dieser Bestimmung massgebend bleiben, solange nicht ein in der Sache liegender Grund eine andere Auslegung verlangt (vgl. Erw. 12 hienach).
lo. - Das Argument, das VON OVERBECK aus der materiellen Rechtskraft des schweizerischen Scheidungsurteils zu gewinnen sucht (ZZw 1967 S. 352 und Revue critique 1970 S. 59/60: Massgeblichkeit des für beide Parteien wirkenden schweizerischen Scheidungsurteils für jede schweizerische Behörde; vgl. auch KEGEL/A. LÜDERITZ und R. LÜDERITZ, FamRZ 1964 S. 59 und 1966 S. 287), schlägt nicht durch; denn die materielle Rechtskraft von Zivilurteilen, die gemäss BGE 95 II 643 eine Einrichtung des Zivilrechts ist, reicht nicht weiter als das materielle Recht, das in der Sache zur Anwendung kommt (in diesem Sinne zutreffend WENGLER, Juristenzeitung 1964 S. 622; NEUMAYER, "Ehescheidung und Wiedererlangung der Ehefähigkeit", Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht = RabelsZ 1955 S. 66 ff., 73; DORENBERG a.a.O. S. 147 f.; GUTZWILLER a.a.O. S. 183).

11. Das Bundesgericht hat im Falle Caliaro entgegen der Auffassung von VISCHER (vgl. Erw. 5 b hievor) nicht verkannt, dass die Ehe als objektive soziale Tatsache vom Gesichtspunkt
BGE 97 I 389 S. 406
eines einzigen Rechts aus mit Bezug auf beide Ehegatten nur entweder bestehen oder nicht bestehen kann. Es bezeichnete die frühere Ehe Caliaros nicht vom Gesichtspunkt eines und desselben Rechts aus für den einen Gatten als geschieden, für den andern als weiterhin bestehend, sondern nahm an, das schweizerische Scheidungsurteil habe jene Ehe hinsichtlich beider Ehegatten zwar nach dem internen schweizerischen Recht, nicht dagegen nach dem gemäss Art. 7 c NAG bei der Wiederverheiratung Caliaros zu beachtenden italienischen Recht aufgelöst. Dass das Kollisionsrecht zu solchen Ergebnissen führt, ist an sich nichts Ungewöhnliches (vgl. NEUMAYER a.a.O. S. 66) und berechtigt nicht, von juristischer "Schizophrenie" zu sprechen, wie das neben GUTZWILLER (ZZw 1969 S. 181) nach dem Vorbilde von W. GOLDSCHMIDT auch KEGEL tut (Internat. Privatrecht, 2. Aufl. 1964, S. 117; vgl. auch FamRZ 1964 S. 60 oben). Auch lässt sich in solchen Fällen nicht ohne weiteres von einer Verletzung der Rechtsgleichheit sprechen. Es fragt sichjedoch, ob die im Falle Caliaro gefundene Lösung heute angesichts ihrer Folgen sachlich noch tragbar sei und wie sie sich, wenn man das verneint, auf dem Boden des geltenden Rechts vermeiden lasse.

12. Wenn im Entscheide Caliaro (BGE 80 I 437) ausgeführt wird, beim Eheabschluss sei die Nichtanerkennung durch den Heimatstaat folgenschwerer als bei der Scheidung, so sind damit die Nachteile gemeint, die für die Beteiligten entstehen können, wenn die Wiederverheiratung eines geschiedenen Angehörigen eines scheidungsfeindlichen Staates zugelassen wird. Diese Nachteile, mit denen sich die meisten Kritiker des Entscheides Caliaro nicht auseinandersetzen, dürfen nicht unterschätzt werden. Der betreffende Ausländer kann sich (worauf z.B. der deutsche Bundesgerichtshof in BGHZ 41 S. 145 hinweist) von seiner zweiten Ehe und den damit verbundenen Pflichten jederzeit lösen, indem er in seinen Heimatstaat zurückkehrt und sich dort auf die Ungültigkeit dieser Ehe beruft. Der andere Ehegatte findet dort keinen Schutz. Anderseits setzt sich der in Missachtung des Heimatrechts wiederverheiratete Ausländer, wenn er sich auch nur vorübergehend in seine Heimat begibt, der Gefahr der Bestrafung wegen Bigamie aus (Ein Beispiel aus Italien erwähnt DORENBERG a.a.O. S. 141 unter Hinweis auf FERID, FamRZ 1961 S. 401). Unsicher ist ferner die familienrechtliche Stellung der Kinder aus einer
BGE 97 I 389 S. 407
solchen Verbindung. Sie werden im Heimatstaat des ausländischen Ehegatten kaum als ehelich anerkannt und können dort ihre Unterhaltsansprüche kaum durchsetzen. Ausserdem kann nicht erwartet werden, dass das Recht dieses Staates dem andern Ehegatten und den Kindern ein gesetzliches Erbrecht zugesteht. Im Falle der Wiederverheiratung eines in der Schweiz geschiedenen Italieners mit Wohnsitz in der Schweiz fällt dieser Umstand um so mehr ins Gewicht, als nach Lehre und Rechtsprechung zu Art. 17 des Niederlassungs- und Konsularvertrags zwischen der Schweiz und Italien vom 22. Juli 1868 (BS 11 671) ein in der Schweiz gestorbener Italiener hinsichtlich seines ganzen Nachlasses nach italienischem Recht beerbt wird (vgl. BGE 91 II 460 E. 1 mit Hinweisen, sowie FERID/FIRSCHING, Internat. Erbrecht, Band I, Schweiz, Grundzüge C III 6a E S. 18 mit weitern Hinweisen).
Diese Nachteile können indes wenigstens zum Teil auch dann eintreten, wenn z.B. ein geschiedener schweizerisch-italienischer Doppelbürger wieder heiratet, und werden in diesem Falle ohne weiteres in Kauf genommen. Den erwähnten Nachteilen sind aber vor allem die Nachteile gegenüberzustellen, die für die Beteiligten entstehen, wenn die Wiederverheiratung einer geschiedenen Person nicht zugelassen oder nicht anerkannt wird, weil einer der Verlobten Ausländer ist und dessen Heimatrecht die Scheidung nicht anerkennt. Der Geschiedene und sein neuer Partner haben diesfalls nur die Wahl, sich zu trennen oder in wilder Ehe zusammenzuleben. Sich trennen zu müssen, nur weil ein ausländisches Recht die im Inland regulär erfolgte Scheidung nicht anerkennt, wird von den Verlobten meist als unerträgliche Härte empfunden. Die wilde Ehe, zu der sich die Verlobten daher meist entschliessen, setzt sie selbst und die Kinder schweren Unzukömmlichkeiten aus. Das Verhältnis zwischen den Partnern einer solchen Beziehung wird vom Gesetz nicht geregelt und geniesst keinen rechtlichen Schutz, so dass jeder Teil den andern kurzerhand (auch ohne Wegzug ins Ausland) im Stich lassen kann, wenn ihm die Fortsetzung der Beziehung nicht mehr passt. Dienstleistungen des einen Teils gegenüber dem andern begründen nach der geltenden Praxis (BGE 87 II 164 ff.) keinen Lohnanspruch, der das Fehlen anderer Ansprüche wenigstens zum Teil kompensieren könnte. In einzelnen Kantonen der Schweiz haben die Partner einer solchen Beziehung Bestrafung wegen Konkubinats (vgl. BGE
BGE 97 I 389 S. 408
BGE 71 IV 46) oder wegen Nichtbefolgung eines behördlichen Trennungsbefehls (vgl. § 123 des zürcherischen EG zum ZGB) zu erwarten. Auf jeden Fall ist ihre gesellschaftliche Stellung ungünstig (namentlich jene der Frau). Besonders unerfreulich ist aber die Lage der Kinder aus einer solchen Verbindung. Sie gelten nicht nur im ausländischen Staat, der die Scheidung des einen Elternteils und damit die Ehe der Eltern nicht anerkennt, sondern auch im Inland als unehelich (vgl. BGE 80 I 437 E. 8), und haben alle Nachteile zu tragen, die rechtlich und gesellschaftlich mit diesem Stande verbunden sind.
Die Nachteile, die sich aus der Nichtzulassung bzw. Nichtanerkennung einer Ehe wie der streitigen ergeben, überwiegen die Nachteile der entgegengesetzten Lösung erheblich (in diesem Sinne zutreffend DORENBERG a.a.O. S. 144 auf Grund eines sorgfältigen Vergleichs der Folgen der beiden Lösungen). Der Kritik am Entscheide Caliaro muss daher vom menschlichen und sozialen Gesichtspunkt aus recht gegeben werden. Den überwiegend nachteiligen Folgen der vom Bundesgericht in jenem Entscheide gewählten Lösung kommt heute praktisch um so mehr Bedeutung zu, als im Zusammenhang mit dem überaus starken Ansteigen der Zahl der Ausländer in der Schweiz die Zahl der Heiraten zwischen Schweizern und Ausländern, insbesondere die Zahl der Heiraten zwischen Schweizerinnen und Italienern und damit wahrscheinlich auch die Zahl der Scheidungen solcher Ehen seit der Zeit, da jener Entscheid erging, stark zugenommen hat (Heiraten von Schweizerinnen mit Italienern im Durchschnitt der Jahre 1951/55: 497; im Jahre 1968: 1343; im Jahre 1969: 1306; vgl. Statistisches Jahrbuch der Schweiz 1969 S. 41, 1970 S. 41). Schweizerinnen, die einen Ausländer heiraten, geben heute in aller Regel auf Grund von Art. 9 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts vom 29. September 1952 (AS 1952 1087) die Erklärung ab, das Schweizerbürgerrecht beibehalten zu wollen, und können daher nach der schweizerischen Gerichtspraxis (vgl. den schon in Erw. 8 hievor zitierten EntscheidBGE 58 II 93) in der Schweiz die Scheidung erreichen, auch wenn das Heimatrecht des Ehemannes sie nicht zulässt. Die neueste Rechtsprechung (BGE 94 II 65 ff., Urteil vom 11. Juli 1968 i.S. Cardo) erleichtert im übrigen auch die Scheidung in der Schweiz von Nichtschweizern verschiedener Nationalität, indem sie dem klagenden Ehegatten den von der frühern Praxis
BGE 97 I 389 S. 409
zu Art. 7 h NAG geforderten Nachweis erlässt, dass ausser dem eigenen Heimatrecht auch dasjenige des beklagten Ehegatten den geltend gemachten Scheidungsgrund zulässt und den schweizerischen Gerichtsstand anerkennt, und indem sie sich für den Fall, dass der klagende Ehegatte zwei ausländische Staatsangehörigkeiten besitzt, damit begnügt, dass dieser Ehegatte den Nachweis der Zulassung des angerufenen Scheidungsgrunds und der Anerkennung des schweizerischen Gerichtsstandes für eines seiner Heimatrechte leistet, und zwar für dasjenige, das den Anschauungen des schweizerischen Rechts am nächsten steht. Aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen ist also mit einer erheblichen Vermehrung der Zahl von in der Schweiz geschiedenen Italienern zu rechnen, für die sich die Frage der Wiederverheiratung stellen kann, wogegen bis zum Ende des Jahres 1928 Schweizerinnen, die Italiener geheiratet und damit das Schweizerbürgerrecht verloren hatten, in der Schweiz nach dem bis zum erwähnten Zeitpunkt für die Schweiz geltenden Haager Ehescheidungsabkommen vom 12. Juni 1902 auch dann nicht geschieden werden durften, wenn sie die Trennung der Ehe erwirkt hatten und hierauf nach dem Bürgerrechtsgesetz vom 25. Juni 1903 (BS 1 101) wiedereingebürgert worden waren (vgl. BECK, Schlusstitel, Vorbem. zur Scheidung, S. 321 N. 4).
Die Beseitigung des Ehehindernisses der bestehenden Ehe ist in Ländern, welche die Scheidung zulassen, eine Hauptwirkung der Scheidung, die sich unmittelbar aus dem Begriff der Scheidung als vollständiger Auflösung des Ehebandes ergibt. Es wird heute, wie die Hinweise in Erwägung 5 hievor zeigen, immer weniger verstanden, dass eine von einem inländischen Gericht ausgesprochene oder im Inland anzuerkennende Scheidung diese Wirkung im Inland nur für den einen der beiden geschiedenen Ehegatten erzeugt, wogegen dem andern mit Rücksicht auf sein die Scheidung nicht anerkennendes Heimatrecht nach wie vor das erwähnte Ehehindernis entgegengehalten wird. Eine verbreitete Meinung erblickt darin einen unerträglichen Widerspruch, einen Verstoss gegen die innere Folgerichtigkeit der inländischen Rechtsordnung, und betrachtet die erwähnte Konzession an das Heimatrecht eines der Ehegatten als eine unzumutbare Selbstaufgabe des inländischen Rechtsstandpunktes. Als stossend wird auch betrachtet, dass zwar im Interesse des inländischen Ehegatten eine Ehe mit einem Ausländer
BGE 97 I 389 S. 410
auch dann geschieden wird, wenn das Heimatrecht des ausländischen Gatten die Scheidung nicht zulässt, dass dann aber bei der Eheschliessung die Tatsache, dass das Heimatrecht des ausländischen Verlobten die Scheidung nicht anerkennt, als Ehehindernis berücksichtigt wird, selbst wenn der andere Verlobte Inländer ist. Vom Standpunkt eines die Scheidung zulassenden Staates aus ist es in der Tat höchst unbefriedigend, wenn eine im Inland ausgesprochene oder anzuerkennende Scheidung hier in einem Hauptpunkte nicht für beide Teile gleich wirkt, sondern wenn für den einen Teil (und für den Dritten, der sich mit ihm verlobt) infolge Anwendung seines die Scheidung nicht anerkennenden Heimatrechts das Ehehindernis der bestehenden Ehe weitergilt.
Berücksichtigt man im Sinne von BGE 94 II 71 E. 4 (Entscheid Cardo) die Veränderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse und den Wandel der Ansichten, die seit dem Entscheide Caliaro und erst recht seit dem Erlass der Art. 7 a ff. NAG durch Art. 59 des Schlusstitels des ZGB vom 10. Dezember 1907 eingetreten sind, so lässt sich mit gutem Grunde die Auffassung vertreten, es sei auf dem Boden des schweizerischen Landesrechts nicht mehr zu rechtfertigen, bei Beurteilung der Frage, ob ein für die Schweiz gültig geschiedener Ausländer hier wieder heiraten könne oder ob eine im Ausland erfolgte Eheschliessung eines solchen Ausländers anzuerkennen sei, auf die Nichtanerkennung der Scheidung durch das Heimatrecht des Ausländers Rücksicht zu nehmen; im Interesse der innern Harmonie der schweizerischen Rechtsordnung müsse der aus dem Begriff der Scheidung folgende elementare Grundsatz, dass die Scheidung die Ehe für beide Teile vollständig auflöst, vor der Verweisungsnorm des Art. 7 c Abs. 1 NAG den Vorrang haben, soweit diese zwecks Vermeidung von Konflikten mit dem Heimatrecht die Berücksichtigung der Tatsache verlangt, dass das Heimatrecht eines Verlobten die Scheidung nicht anerkennt; Art. 7 c Abs. 1 NAG sei heute zur Verhütung innerer Widersprüche des schweizerischen Rechts in diesem Sinne einschränkend auszulegen. Wollte man aber diese neue Auslegung des Art. 7 c NAG nicht gelten lassen, so müsste den Kritikern des Entscheides Caliaro auf jeden Fall darin recht gegeben werden, dass die auf Art. 7 c Abs. 1 NAG gestützte Anwendung eines die erfolgte Scheidung nicht anerkennenden und damit die neue Eheschliessung verbietenden ausländischen Rechts durch
BGE 97 I 389 S. 411
schweizerische Behörden Wirkungen erzeugt, die mit der schweizerischen Rechtsordnung nach heutiger Auffassung schlechthin unvereinbar sind, so dass die betreffenden Normen des ausländischen Rechts unter Vorbehalt staatsvertraglicher Bindungen wegen Verletzung des schweizerischen ordre public in der Schweiz nicht anzuwenden sind. Ein genügender Anlass, in diesem Punkte die eigenen Grundanschauungen durchzusetzen, ist für die Schweiz auf jeden Fall dann gegeben, wenn die Partner der beabsichtigten oder geschlossenen neuen Ehe in der Schweiz wohnen, wie es für die Beschwerdeführer zutrifft.
Aus diesen Gründen ist die in Dänemark geschlossene und daher (vgl. Erw. 4 hievor) von der Eheschliessungskonvention vom 12. Juni 1902 nicht erfasste Ehe der Beschwerdeführer in der Schweiz anzuerkennen und ins Familienregister der Heimatgemeinde der Ehefrau einzutragen, auch wenn man mit der Möglichkeit rechnet, dass sie in Italien trotz der Einführung der Scheidung durch das Gesetz vom 1. Dezember 1970 mangels Anerkennung der in der Schweiz erfolgten Scheidung der ersten Ehe Dal Boscos nicht gültig sein könnte (vgl. Erw. 6 hievor).
Aus entsprechenden Gründen sind die Kinder aus einer solchen Ehe in der Schweiz als ehelich zu betrachten, obwohl gemäss Art. 8 NAG die Frage der ehelichen oder unehelichen Geburt nach dem Heimatrecht des als ehelicher Vater in Anspruch genommenen Mannes zu beurteilen ist und man nicht sicher weiss, ob in Italien (wo die Familienbeziehungen gemäss Art. 17 der den Codice civile einleitenden "Disposizioni sulla legge in generale" ebenfalls dem Heimatrecht unterstehen) die Kinder aus einer solchen Ehe heute als ehelich anerkannt werden.

13. In Deutschland und in der Schweiz ist darzutun versucht worden, dass ein geschiedener Angehöriger eines Staates, der die erfolgte Scheidung nicht anerkennt, auch in einem Vertragsstaate der Eheschliessungskonvention vom 12. Juni 1902 wieder heiraten könne (R. LÜDERITZ, FamRZ 1966 S. 288 und 1967 S. 198 f. im Gegensatz zu JAYME, Neue Juristische Wochenschrift 1965 S. 18 f. und FamRZ 1967 S. 197 f.; VON OVERBECK, Revue critique 1970 S. 61 ff.; vgl. auch schon LALIVE, ZZw 1961 S. 396). Die Befürworter dieser Auffassung räumen jedoch mit Recht ein, dass die Konvention bei Vertragsabschluss dahin verstanden bzw. bisher allermeist dahin ausgelegt wurde, dass sie die Eheschliessung eines geschiedenen Italieners in einem
BGE 97 I 389 S. 412
Vertragsstaate verbiete (FamRZ 1967 S. 198, Revue critique 1970 S. 62). Nach den Regeln, die in der Schweiz für die Auslegung von Staatsverträgen gelten (BGE 94 I 673 E. 4 mit Hinweisen), kann der Umstand, dass sich in einem Vertragsstaate mit den äussern Verhältnissen auch die Anschauungen über die Angemessenheit der in Frage stehenden Lösung geändert haben, eine vom erkennbaren Vertragswillen abweichende Auslegung der Konvention nicht rechtfertigen. Die Berufung auf den ordre public wird durch Art. 2 und 3 der Konvention auf Fälle beschränkt, von denen hier keiner gegeben ist. Insbesondere fällt das aus der Nichtanerkennung einer Scheidung sich ergebende Ehehindernis nach der Vertragsmeinung nicht unter die ausschliesslich auf Gründen religiöser Natur beruhenden Verbote, die das Gesetz des Ortes der Eheschliessung nach Art. 3 Abs. 1 der Konvention nicht hindern, die Eheschliessung zu gestatten (vgl. VON OVERBECK, ZZw 1967 S. 354/55). Die Bewilligung der Eheschliessung geschiedener Italiener in der Schweiz verletzt daher die erwähnte Konvention, solange nicht feststeht, dass Italien eine im Ausland ausgesprochene Scheidung eines Staatsangehörigen anerkennt. Dabei bleibt es auch, wenn die Bewilligung der Eheschliessung von den nach GÖTZ (ZZw 1969 S. 181) von den baselstädtischen Behörden erarbeiteten Voraussetzungen oder gemäss dem Vorschlage GUTZWILLERS (ZZw 1969 S. 185) von einer weniger weitgehenden Binnenbeziehung abhängig gemacht wird.
Dass zwar die im Ausland erfolgte Eheschliessung eines geschiedenen Italieners in der Schweiz anerkannt, die Eheschliessung in der Schweiz selbst aber nicht zugelassen wird, ist freilich unbefriedigend. Dieser Zustand ist aber die unvermeidliche Folge davon, dass die Konvention zwar nicht für eine ausserhalb der Vertragsstaaten, wohl aber für eine in einem Vertragsstaat geschlossene oder zu schliessende Ehe gilt und dass die Schweiz in der Auslegung des eigenen Rechts, das im ersten Falle ausschliesslich gilt, freier ist als in der Auslegung der internationalen Konvention. Will man den erwähnten unbefriedigenden Zustand unabhängig von der Entwicklung des italienischen Rechts und der italienischen Praxis beenden, was sehr wünschbar ist, so bleibt nichts anderes übrig, als die Eheschliessungskonvention zu kündigen, wie das mehrere Autoren befürworten (VON OVERBECK, ZZw 1967 S. 356; GÖTZ, ZZw 1969 S. 180; VISCHER, ZZw 1969 S. 328; mit einlässlicher, überzeugender Begründung namentlich STAUFFER, SJZ 1971 S. 119 f.).
BGE 97 I 389 S. 413

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit auf sie einzutreten ist, der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Bern vom 11. August 1970 wird aufgehoben und das Zivilstandsamt für die Gemeinde Lajoux wird angewiesen, die Ehe der Beschwerdeführerin Rosmarie Ruth Walther mit Bruno Lorenzo Dal Bosco ins Familienregister einzutragen.

Inhalt

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Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4 5 6 8 9 11 12 13

Dispositiv

Referenzen

BGE: 80 I 427, 80 I 430, 80 I 431, 94 II 65 mehr...

Artikel: Art. 7 c NAG, Art. 7c Abs. 1 NAG, Art. 7 f NAG, Art. 7 f Abs. 1 NAG mehr...