BGE 97 I 762
 
110. Urteil vom 1. Oktober 1971 i.S. Novomat AG gegen Eidg. Justiz- und Polizeidepartement.
 
Regeste
Bundesgesetz über die Spielbanken; Bewilligungspflicht für das Aufstellen von Geldspielautomaten.
 
Sachverhalt


BGE 97 I 762 (762):

A.- Die Novomat AG hat dem Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) den Spielapparat "Big Apple" zur Prüfung angemeldet. Es handelt sich um ein elektrisch angetriebenes Walzengerät. Der Spieler hat eine Spielmarke einzuwerfen und darauf den Mechanismus durch Herunterziehen eines Hebels in Gang zu setzen. Nach dieser Betätigung läuft das Spiel automatisch ab. Die drei mit verschiedenen Symbolen bemalten Walzen drehen sich einige Sekunden lang und bleiben dann nacheinander stehen. Nach dem Stillstand der Walzen werden jeweils drei der auf ihnen angebrachten Symbole sichtbar. Der Spielerfolg richtet sich nach der so in Erscheinung tretenden Kombination von Symbolen. Wird das Spiel gewonnen, so gibt der Apparat Spielmarken aus. Die kleineren Treffer bringen 2 bis 18, die Haupttreffer 100 bis 200 Spielmarken ein.
B.- Das EJPD hat am 8. September 1970 entschieden, dass das Aufstellen und Inbetriebsetzen des Apparates "Big Apple" nach Art. 3 des Spielbankengesetzes (SBG) verboten sei. Zur Begründung wird ausgeführt, der Erfolg des Spiels mit dem

BGE 97 I 762 (763):

Gerät hänge ausschliesslich vom Zufall ab. Wohl schütte der Apparat keinen Geldgewinn aus. Da er aber an sich den Benützern auf die Dauer keine genügende Unterhaltung zu bieten vermöge, entstehe die Versuchung, gewonnene Spielmarken als Zahlungsmittel gegenüber dem Wirt und Platzgeber zu benützen oder bei anderen Spielinteressenten gegen Geld umzutauschen; auch könnten sich verschiedene Spieler zusammentun, um unter sich mit dem Apparat um Geld zu spielen. Weil damit gerechnet werden müsse, dass das Gerät in dieser Weise zum Spiel um Geldgewinn verwendet werde, könne es nach der Rechtsprechung nicht zugelassen werden.
C. - Gegen die Verfügung des Departements hat die Novomat AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie macht geltend, der Apparat "Big Apple" werde nicht durch einen Geldeinsatz, sondern durch Einwurf einer Spielmarke betriebsbereit gemacht, und er zahle auch kein Geld aus. Die Behauptung, das Spiel mit diesem Gerät werde nur dann interessant, wenn ein Geldgewinn in Aussicht stehe, sei unrichtig. Die Spielmarken könnten nicht in erheblichem Masse als Zahlungsmittel verwendet oder in Geld umgewechselt werden. Die Möglichkeit, dass mehrere Personen gegeneinander um Geld spielen, bestehe auch bei anderen, sicher zulässigen Spielen (Kartenspiel, Kegeln, Tischfussball usw.) und vermöge ein Verbot des Apparates nicht zu begründen.
D.- Das EJPD schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Es ist unbestritten, dass der Ausgang des Spiels mit dem Apparat "Big Apple" vom Spieler nicht beeinflusst werden

BGE 97 I 762 (764):

kann, also ausschliesslich vom Zufall, nicht auch von der Geschicklichkeit, abhängig ist. Das Aufstellen des Geräts ist daher nach Art. 2 und 3 SBG eine verbotene Glückspielunternehmung, wenn gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn in Aussicht steht.
Der Einwand, dass der Apparat durch Einwurf einer Spielmarke, nicht eines Geldstücks, betriebsbereit gemacht wird, ist für die spielbankenrechtliche Beurteilung ohne Belang. Die Spielmarken müssen selbstverständlich einmal irgendwo gegen Geld erworben werden. Es muss also ein Einsatz mit Geldwert geleistet werden. Zu prüfen bleibt, ob gegen Leistung des Einsatzes ein Geldgewinn in Aussicht stehe.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Ordnung dem Verbot auch solche Glückspielautomaten unterstellt werden müssen, die zwar als Gewinn nicht Geld, sondern Spielmarken abgeben, aber wegen des kurzen, rein automatischen und eintönigen Spielverlaufs keine genügende Unterhaltung bieten, sofern nicht effektiv doch um Geld gespielt wird (BGE 60 I 302f.,BGE 64 I 120). Diese Verwendung eines Spielmarken abgebenden Apparates zum Geldspiel ist auf verschiedene Weise möglich, vor allem durch Annahme der Spielmarken als Zahlungsmittel seitens des Platzhalters (Wirtes) oder durch Vereinbarung unter mehreren Spielern über Einsatz und Gewinn.
Die Beschwerdeführerin wendet ein, solche Verabredungen könnten auch bei eindeutig zulässigen Unterhaltungsspielen getroffen werden. Der Einwand ist von vornherein unbehelflich, soweit er sich auf nicht automatisierte Spiele mit erheblichem Geschicklichkeitsanteil bezieht, zu denen sich ein beschränkter Kreis von Personen zusammenschliesst (Jassen, Kegeln und dgl.); denn auf solche Spiele ist das Spielbankengesetz nicht anwendbar. Zuzugeben ist, dass auch Glückspielautomaten, die nach ihrer Funktionsweise Unterhaltung bieten, aber nicht Gewinne in Geld auszahlen, von einer Spielergruppe zum Spiel um Geld verwendet werden können. Das Aufstellen

BGE 97 I 762 (765):

eines solchen Apparates ist dann nicht einer Glückspielunternehmung gleichzustellen, wenn erwartet werden darf, dass er in der Regel zum reinen Unterhaltungsspiel benützt wird. Daher wurde seinerzeit der Warenautomat "Pollard" bewilligt (Urteil des Bundesgerichts vom 11. Februar 1932); allerdings stellte sich später heraus, dass die Gefahr seiner missbräuchlichen Verwendung zum Spiel um Geld unterschätzt worden war (BGE 64 I 121). Der Apparat "Kugelfang" wurde ebenfalls gestattet, weil angenommen wurde, dass das mit ihm ohne Aussicht auf Geldgewinn betriebene Spiel genügend Anreiz biete und deshalb die Gefahr des Spielens um Geld nicht als naheliegend erscheine (Urteil vom 2. Februar 1939). In der Tat ist die entfernte Möglichkeit eines solchen Missbrauches noch kein Grund, einen Apparat unzulässig zu erklären. Anders verhält es sich dagegen, "wenn die Betätigung des Spielers zur Herbeiführung des Spielerfolges geringfügig ist oder wenn das Spiel sehr rasch verläuft, so dass das Spiel an sich wenig Unterhaltung bietet und zu erwarten ist, dass es die Spieler nicht um seiner selbst willen betreiben, sondern um damit um (Geld-) Gewinn spielen zu können" (BGE 60 I 303und dort zitierte Entscheide; Urteil vom 19. März 1936 betreffend den Spielapparat "Klein Billard").
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.