BGE 134 I 166 |
18. Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Pensionskasse Basel-Stadt gegen V. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
9C_422/2007 vom 4. April 2008 |
Regeste |
Art. 29 Abs. 3 BV; § 61 baselstädtisches Gesetz vom 20. März 1980 betreffend die Pensionskasse Basel-Stadt; unentgeltliche Verbeiständung im internen Verfahren der Vorsorgeeinrichtung? |
Sachverhalt |
A. Der 1946 geborene V. bezieht seit März 1989 von der Pensionskasse Basel-Stadt Erwerbsersatzleistungen bei Invalidität. Die Invalidenversicherung und die obligatorische Unfallversicherung richten ebenfalls Invalidenrenten aus. Mit Schreiben vom 23. Mai 2005 setzte die Pensionskasse V. davon in Kenntnis, dass bis Ende April 2005 infolge einer mit Wirkung ab April 1998 fälschlicherweise unterlassenen Anpassung der Überversicherungsberechnung ein Betrag von insgesamt Fr. 26'401.15 zu viel ausbezahlt worden sei. Die Vorsorgeeinrichtung verband diese Mitteilung mit einer Rückforderung in entsprechender Höhe und wies darauf hin, gegen Entscheide der Kassenverwaltung sei die Einsprache an die Verwaltungskommission oder die Klage beim kantonalen Versicherungsgericht möglich. V. erhob Einsprache, wobei er beantragte, die Rückerstattung sei ihm "infolge Vorliegens eines grossen Härtefalls" zu erlassen; ausserdem liess er um Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung im Einspracheverfahren ersuchen. Der Verwaltungsrat der Pensionskasse Basel-Stadt stellte am 24. August 2006 fest, eine Neuberechnung der Überentschädigung führe zu einer reduzierten Rückforderung von nunmehr Fr. 17'424.30. Dieser Betrag werde dem an sich ungerechtfertigt Bereicherten vollständig erlassen, weil die Überentschädigung ausschliesslich wegen Nachlässigkeit der Pensionskasse entstanden sei; zudem erweise sich die Einkommenssituation des - beim Bezug der zu hohen Rentenbetreffnisse gutgläubigen - Einsprechers als "nicht komfortabel". Hingegen lehnte das Verwaltungsorgan der Vorsorgeeinrichtung das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ab. Da es sich beim kasseninternen Einspracheverfahren weder um ein Verwaltungs- noch um ein gerichtliches Verfahren handle, bestehe keine Rechtsgrundlage, um eine Parteientschädigung bzw. die unentgeltliche Verbeiständung zuzuerkennen. Selbst bei sinngemässer Anwendung der entsprechenden Regelungen sei das Gesuch mangels Notwendigkeit einer Rechtsverbeiständung abzulehnen. |
B. V. liess beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt gegen die Pensionskasse Basel-Stadt Klage erheben mit dem Rechtsbegehren, diese sei zu verpflichten, ihm für das Einspracheverfahren die unentgeltliche Verbeiständung zu gewähren und seiner Rechtsvertreterin eine Entschädigung im Betrag von Fr. 1'531.80 zu bezahlen. Das kantonale Gericht hiess die Klage im Grundsatz gut und wies die Beklagte an zu prüfen, ob die Voraussetzung der Mittellosigkeit im Einspracheverfahren erfüllt war, und gegebenenfalls die Höhe der Parteientschädigung für dasselbe festzusetzen (Entscheid vom 9. Mai 2007).
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C. Die Pensionskasse Basel-Stadt führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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V. und das kantonale Gericht schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Der Versicherte beantragt überdies die unentgeltliche Rechtspflege. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Klage des Beschwerdegegners ab.
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Erwägungen: |
Erwägung 1 |
Streitig ist, ob für die vorangegangene pensionskasseninterne Auseinandersetzung über den Rückerstattungsanspruch des Vorsorgeträgers und über den Erlass der Rückforderung (Art. 35a Abs. 1 BVG; § 27 Abs. 2 PKG/BS; vgl. SZS 2007 S. 155, B 4/04) ein Anspruch auf Parteientschädigung besteht. |
Erwägung 2 |
Die Rechtsprechung, wonach Art. 29 Abs. 3 BV (früher: Art. 4 aBV) auch für das nichtstreitige Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen (Bedürftigkeit, fehlende Aussichtslosigkeit, gebotene Rechtsverbeiständung) einen Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung begründet (BGE 125 V 32), der gegebenenfalls auf die Ausrichtung einer Parteientschädigung ausgedehnt wird (BGE 130 V 570), bezieht sich auf Verfahren, mit denen hoheitliche, rechtsgestaltende Verwaltungsakte vorbereitet werden. Nicht zum Tragen kommt diese Praxis dagegen mit Bezug auf das hier zur Diskussion stehende Verfahren nach § 61 PKG/BS, das kein Einspracheverfahren im Rechtssinne ist und dessen Ergebnis, wie erwähnt, allein die interne Willensbildung und -festlegung der Vorsorgeeinrichtung bestimmt. Da jenes also keine verbindliche Aussenwirkung zeitigt, wird es vom Geltungsbereich des Art. 29 Abs. 3 BV nicht erfasst. Eine andere - etwa kantonalrechtliche - Rechtsgrundlage für eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung steht nicht zur Verfügung und wird auch nicht geltend gemacht. Der strittige Anspruch des Beschwerdegegners scheitert somit bereits im Grundsatz, so dass es auf die einzelnen Voraussetzungen der unentgeltlichen Verbeiständung respektive Parteientschädigung nicht ankommt. |
3. Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdegegner auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne der vorläufigen Befreiung von den Gerichtskosten und der unentgeltlichen Verbeiständung) kann entsprochen werden, da die Bedürftigkeit ausgewiesen, die Aussichtslosigkeit in dieser Verfahrenslage nicht zu prüfen ist und die anwaltliche Vertretung geboten war (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und 371 E. 5b S. 372). Es wird indessen auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist.
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