80 II 216
Urteilskopf
80 II 216
36. Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Oktober 1954 i. S. Campell gegen Gemeinde Scanfs.
Regeste
Recht zum Aufsuchen und Wegschaffen von Sachen, die durch Naturgewalt (Lawinen) auf ein fremdes Grundstück gebracht wurden.
Ist der Berechtigte verpflichtet, dem Grundeigentümer den Schaden zu ersetzen, den die Naturgewalt ihm zugefügt hat? Hat er im Falle, dass er einzelne Sachen (Bäume) wegschaffen will, die Räumung des Grundstücks von allem durch die Naturgewalt zugeführten Material zu übernehmen? Darf er von einer Sache die brauchbaren Teile wegschaffen und den Rest zurücklassen? (Art. 700 ZGB).
A.- Lawinen, die am 19. und 20. Januar 1951 in der Val Susauna (Gemeinde Scanfs) niedergingen, zogen u.a. die Grundstücke in Mitleidenschaft, die Campell dort besitzt. Haus und Stall wurden beschädigt und die Wiesen teilweise mit Schneemassen, Steinen, Schutt und Holz überdeckt. Dieses stammte aus den von den Lawinen durchquerten Gemeindewäldern.
Am 1. Februar 1951 teilte Campell der Gemeinde Scanfs mit, er wisse, dass sie als Eigentümerin des zerstörten Waldes das Recht auf das von ihrem Lande herrührende Lawinenholz habe. Sie könne aber darüber nur verfügen, wenn sie sich verpflichte, alle Lawinenschäden an seinen Wiesen und seinem Hause zu beheben. Unter diesen Umständen nehme er an, sie werde auf das Recht zur Räumung seiner Liegenschaften verzichten. Die Gemeinde antwortete, sie habe nach Art. 700 ZGB nur für den Schaden aufzukommen, der durch die Wegschaffung des Holzes entstehe, das sie abhole; sie werde mit dessen Zurüstung so bald als möglich beginnen. In der Folge führte sie die Stämme der von den Lawinen mitgerissenen Bäume vom Lande Campells weg. Die Wurzelstöcke, die Äste und das Faschinenholz überliess sie ihm.
B.- Nach Zustellung eines Zahlungsbefehls leitete Campell gegen die Gemeinde Scanfs am 22. Dezember 1952 beim Kantonsgericht Graubünden, das unter Übergehung der ersten Instanz anzurufen die Parteien sich geeinigt hatten, Klage auf Zahlung von Fr. 5000.-- nebst 5% Zins seit 15. Juni 1951 ein. Zur Begründung machte er geltend, nach der Schätzung, die im Auftrag des interkantonalen Koordinationskomitees für die Hilfsaktion zugunsten der Lawinengeschädigten des Winters 1951 durchgeführt worden sei, obwohl er die Hilfe des Fonds für Lawinengeschädigte
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nicht beansprucht habe, sei an seinem Kulturland ein Gesamtschaden von Fr. 6932.-- entstanden, der sich wie folgt berechne:a) Entwertete Fläche, 2365 Aren, Arbeitsaufwand
für Wiederherstellung 331,5 Arbeitstage à Fr. 15.-: Fr. 4972.--
b) Zerstörte Fläche 44 Aren" 880.--
c) Ernteausfall 10 ha" 1000.--
d) Wiederherstellung von Zäunen" 860.--
Fr. 7712.--
e) Abzüglich Arbeitsleistung durch Studenten
52 Tage à Fr. 15.-:" 780.--
Totalbetrag des Schadens zu Lasten des Klägers: Fr. 6932.--
Der in der Korrespondenz ausserdem erwähnte Gebäudeschaden sei durch die Elementarschadensversicherung gedeckt worden. Vom Betrag von Fr. 6932.-- sei die Gegenforderung der Beklagten von Fr. 1377.-- für Überlassung von Holz abzuziehen, die er, um die Zustimmung der Beklagten zur Übergehung der ersten Instanz zu erhalten und eine bedeutende Weiterung des Prozesses zu vermeiden, in dem Sinne anerkannt habe, dass sie mit dem von ihm nachzuweisenden Gesamtschaden verrechnet werden könne. Vom Restbetrag von Fr. 5555.-- klage er Fr. 5000.-- ein. Die Ablehnung seiner Forderung durch die Beklagte widerspreche Treu und Glauben und der von andern Gemeinden in ähnlicher Lage befolgten Praxis. Während die Beklagte einerseits aus dem Verkauf des verwertbaren Lawinenholzes grosse Beträge gelöst habe, überlasse sie anderseits die Sorge für die Reinigung des Kulturlandes von Schutt, Steinen und Abfallholz dem privaten Eigentümer. Das Aufrüsten und Wegschaffen des Abfallholzes, mit welchem die Beklagte die geschädigten Grundbesitzer für die Ansprüche aus Art. 700 ZGB abgefunden haben wolle, verursache mehr Kosten, als es wert sei. Darüber hinaus müsse der Geschädigte sehen, wie er mit dem übrigen Material, mit dem Ernteausfall usw. fertig werde. Die Überlassung des Abfallholzes bilde daher keine angemessene Vergütung für die Reinigung der Wiesen. In Art. 700 ZGB sei allerdings nur von dem durch das Aufsuchen und
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Wegschaffen der auf das fremde Grundstück gebrachten Sachen verursachten Schaden die Rede. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich aber, dass in den Beratungen des Nationalrates vor allem auch an den durch die Sache selbst beim Eindringen in das fremde Grundstück angerichteten Schaden gedacht worden sei. Das Gesetz weise in dieser Hinsicht eine Lücke auf, die der Richter in Anwendung von Art. 1 ZGB auszufüllen habe. Nach den Geboten von Treu und Glauben und eines gerechten und billigen Ausgleichs der Parteiinteressen sei die Gemeinde, nachdem sie sich einmal entschlossen habe, das Lawinenholz wegzuschaffen'zu verpflichten, die Grundstücke des Klägers gänzlich zu räumen bzw. für die entsprechenden Ausfälle des Privaten aufzukommen.Am 14./15. Juni 1954 hat das Kantonsgericht die Klage gemäss Antrag der Beklagten abgewiesen.
C.- Mit seiner Berufung an das Bundesgericht erneuert der Kläger sein Klagebegehren. Eventuell beantragt er Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Da es sich um eine Klage gegen eine Gemeinde handelt, erhebt sich angesichts von Art. 59 Abs. 1 ZGB zunächst die von den Parteien und der Vorinstanz nicht erörterte, aber von Amtes wegen zu prüfende Frage, ob die streitige Entschädigungspflicht sich überhaupt nach Bundeszivilrecht, insbesondere Art. 700 ZGB, oder aber nach kantonalem öffentlichem Recht beurteile. Diese Frage ist im ersten Sinne zu beantworten, weil die Rechte und Pflichten der Gemeinde als Eigentümerin von Grundstücken und der darauf gewachsenen Bäume im Streite liegen und die Gemeindeorgane in dieser Sache nicht als Träger öffentlicher Gewalt, sondern so gehandelt haben, wie es auch ein privater Waldbesitzer hätte tun können. Es verhält sich hier ähnlich wie bei der Haftung des Gemeinwesens für mangelhaften Unterhalt der öffentlichen Strassen,
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für die nach ständiger Rechtsprechung die Vorschriften des OR über die Werkhaftung gelten (BGE 78 II 152).
2. Die Schadensberechnung des Klägers umfasst mit Ausnahme des durch die Versicherung gedeckten Gebäudeschadens alle Vermögenseinbussen, die ihm aus dem Niedergang der Lawinen erwachsen sind. Dem Kläger den ganzen Lawinenschaden zu ersetzen, ist die Beklagte jedoch nicht verpflichtet.
a) Der Kläger behauptet selber nicht, dass die Beklagte diesen Schaden selbst dann ersetzen müsste, wenn sie auf das Holz, das die Lawinen aus ihren Wäldern auf die Liegenschaften des Klägers rissen, keinen Anspruch erhoben hätte. Eine solche Pflicht lässt sich in der Tat nicht begründen. Sie ergibt sich weder aus Art. 41 OR, da die Beklagte den Niedergang der Lawinen nicht verschuldet hat, noch aus Art. 679 ZGB, da nicht die Rede davon sein kann, dass der Lawinenschaden daraus entstanden sei, dass die Beklagte als Waldeigentümerin ihr Eigentumsrecht überschritten habe. Ursache dieses Schadens ist vielmehr höhere Gewalt, für welche die Beklagte nicht einzustehen hat. Insbesondere lässt sich eine Haftung für den durch Naturgewalt verursachten Schaden nicht aus Art.700 ZGB ableiten, der in Abs. 1 bestimmt, dass dann, wenn Sachen durch Wasser, Wind, Lawinen oder andere Naturgewalt oder zufällige Ereignisse aufein fremdes Grundstück gebracht werden, der Grundeigentümer dem Berechtigten deren Aufsuchung und Wegschaffung zu gestatten habe, und in Abs. 2 vorsieht, dass der Grundeigentümer für den "hieraus" (franz.: "en") entstehenden Schadenersatz verlangen könne. Damit kann nur der aus dem Aufsuchen und Wegschaffen der Sachen entstehende Schaden gemeint sein. Der Kläger möchte zwar auf den italienischen Text von Abs. 2 abstellen, wo dem Grundeigentümer kurzweg ein Anspruch auf Ersatz des Schadens (risarcimento del danno) gewährt wird. Hierunter möchte er den Ersatz des ganzen Schadens verstanden wissen, der durch das Ereignis entstanden ist, das Sachen auf ein fremdes Grundstück
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geführt hat, hier also den Ersatz des ganzen durch die Lawinen verursachten Schadens. Er anerkennt aber mit Recht, dass eine Schadenersatzpflicht nach Abs. 2 nur in Frage kommt, wenn der Berechtigte von der ihm durch -Abs. 1 eingeräumten Befugnis Gebrauch macht. Dass Art. 700 Abs. 2 eine von der Ausübung dieser Befugnis unabhängige Schadenersatzpflicht habe statuieren wollen, was die Einführung einer unerhört weitgehenden Kausalhaftpflicht bedeuten würde, kann schon mit Rücksicht auf den Zusammenhang, in dem diese Vorschrift steht, nicht angenommen werden. Nach dem Marginale zu Art. 699-701 handeln diese Vorschriften nämlich nur vom Recht auf Zutritt und Abwehr.b) Für den ganzen Lawinenschaden kann die Beklagte aber auch dann nicht haftbar gemacht werden, wenn man in Betracht zieht, dass sie das von den Lawinen auf das Land des Klägers geführte Holz wenigstens zum Teil weggeschafft hat. Der Berechtigte, der die durch Naturgewalt oder Zufall auf ein fremdes Grundstück gebrachten Sachen aufsucht und wegschafft, haftet nach dem klaren Wortlaut der deutschen und französischen Fassung von Art. 700 Abs. 2 nur für den aus der Aufsuchung und Wegschaffung entstehenden Schaden. Der italienische Text sagt dies freilich nicht klar. Er bestimmt aber auch nicht etwa ausdrücklich, dass der Berechtigte dem Grundeigentümer den ganzen durch die Naturgewalt oder den Zufall angerichteten Schaden zu vergüten habe, wenn er seine Sachen abhole. Nach dem Zusammenhang wäre der italienische Text wohl auch dann, wenn die klaren Fassungen in den beiden andern Amtssprachen nicht da wären, in dem Sinne zu verstehen, dass nur der Schaden aus dem Aufsuchen und Wegschaffen der zugeführten Sachen, von dem in Abs. 1 die Rede ist, zu ersetzen sei. Auf jeden Fall aber kann der undeutliche italienische Text nicht zu einer Auslegung führen, die dem klaren Sinn der beiden andern Fassungen widerspricht. Die rätoromanische Fassung, die von "indemnisaziun pil donn caschunau" (Entschädigung für
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den verursachten Schaden) spricht und somit die gleiche Unklarheit aufweist wie die italienische, hat keine Gesetzeskraft, sondern ist eine Privatarbeit Prof. Tuors.Vergeblich sucht der Kläger seine Auslegung auf die Gesetzesmaterialien zu stützen. Im Nationalrat hatte Buri allerdings beantragt, die Worte "für den hieraus entstehenden Schaden" durch die Worte "für den entstandenen Schaden" zu ersetzen, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass derjenige, der die auf das fremde Grundstück gebrachten Sachen (z.B. eine Tanne, die durch eine Lawine oder Wind mitten durch eine Scheune geworfen wurde) wieder herausbringen wolle, den ganzen Schaden, auch den durch die "Übertragung" der Sache verursachten, ersetzen müsse (Sten.Bull. 1906 S. 553). Der Antrag Buris, gegen dessen Ausführungen über den durch Naturereignisse angerichteten Schaden Eugen Huber einen Vorbehalt anbrachte, wurde dann aber bloss in der Form zum Beschluss erhoben, dass das Wort "entstehenden" durch "entstandenen" ersetzt wurde (a.a.O. S. 554), so dass die neue Fassung lautete: "Für den hieraus entstandenen Schaden kann er Ersatz verlangen..." (vgl. die für die Beratungen im Ständerat bestimmte Zusammenstellung des bundesrätlichen Entwurfs vom 28. Mai 1904 und der Beschlüsse des Nationalrats vom Juni 1906 sowie der ständerätlichen Kommission vom 24. September bis 4. Oktober 1906, bei Art. 689 des deutschen Textes). Diese Fassung unterschied sich von derjenigen des Entwurfs nur noch stilistisch. So mag es sich erklären, dass die bestehende Differenz im Ständerat nicht zur Sprache kam und schliesslich der Text des bundesrätlichen Entwurfs Gesetz wurde. Auf jeden Fall aber bildet die ohne Folgen gebliebene Episode aus der Entstehungsgeschichte, auf die der Kläger sich beruft, kein Argument zugunsten seiner Auslegung. Eher liesse sich das Gegenteil sagen, da der Antrag Buris so, wie er gefasst war, schon im Nationalrat nicht durchgedrungen ist.
Auf die Regelung im frühern kantonalen Recht (insbesondere § 196 des bündnerischen Civilgesetzbuchs) kommt
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nichts an, da heute eben das Schweiz. Zivilgesetzbuch gilt.Schliesslich kann auch von einer Gesetzeslücke nicht die Rede sein. Das Gesetz hat die Frage, ob der Berechtigte, der die durch Lawinen auf fremden Boden gebrachten Sachen aufsucht und wegschafft, dem Grundeigentümer für den durch den Lawinengang entstandenen Schaden hafte, nicht offengelassen, wie der Kläger behauptet. Aus dem Gesetz ergibt sich vielmehr klar, dass diese Frage verneint werden muss. Art. 700 Abs. 2 verpflichtet den Berechtigten, der den ihm weggeführten Sachen nachgeht, wie schon gesagt nur zum Ersatz des aus der Aufsuchung und Wegschaffung dieser Sachen entstandenen Schadens. Eine Sonderbestimmung, aus der sich die Haftung des so handelnden Berechtigten für den Lawinenschaden ableiten liesse, besteht nicht. Aber auch die allgemeinen Vorschriften über die ausservertragliche Haftpflicht erlauben es nicht, den Berechtigten, der die ihm nach Art. 700 Abs. 1 zustehende Befugnis ausübt, zum Ersatze des durch die Lawinen verursachten Schadens zu verurteilen; denn der Berechtigte überschreitet damit keineswegs sein Eigentumsrecht (Art. 679 ZGB) und handelt auch sonst nicht widerrechtlich (Art. 41 OR), und hievon abgesehen besteht auch kein Kausalzusammenhang zwischen seinem Verhalten und dem Lawinenschaden, wie er nötig wäre, um eine Haftung nach den eben erwähnten Bestimmungen zu begründen. Das Gesetz schliesst also seine Haftung für diesen Schaden aus.
Zu Unrecht behauptet der Kläger, dieses Ergebnis sei so stossend, dass es vom Gesetzgeber unmöglich gewollt sein könne. Derjenige, dem durch eine Lawine Sachen fortgetragen werden, kann mit der Rücknahme dieser Sachen in der Regel nur einen geringen Teil des ihm entstandenen Schadens wieder einbringen. Dies gilt insbesondere bei der Zerstörung von Waldungen. Es wäre daher keineswegs billig, wenn die Rücknahme der weggeführten Sachen die Pflicht nach sich zöge, dem vom gleichen Naturereignis betroffenen Grundeigentümer, dem die Sachen zugeführt
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wurden, den ganzen durch dieses Ereignis verursachten Schaden zu ersetzen.Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Ersatz des von ihm eingeklagten Schadens.
3. Von der Frage der Ersatzpflicht für den Schaden, den ein Grundeigentümer durch ein zufälliges Ereignis erlitten hat, das fremde Sachen auf seinen Boden führte, ist die Frage zu unterscheiden, ob Art. 700 Abs. 1 ZGB dem Berechtigten, dem durch ein solches Ereignis eine Mehrzahl von Sachen weggeführt wurde, die Befugnis gebe, nach seiner Wahl alle diese Sachen oder nur einzelne davon oder auch nur Teile einzelner Sachen vom Grundstück'auf das sie gebracht wurden, zurückzuholen, und ob er im Falle, dass er nur alles zusammen oder einzelne Sachen nur in ihrer Gänze zurückholen darf, aber gleichwohl nur einzelne Sachen oder nur Teile von solchen wegnimmt, zur Beseitigung auch der auf dem fremden Grundstück belassenen Sachen oder Sachteile oder, wenn der Grundeigentümer diese an seiner Stelle wegräumen musste, zum Ersatz der hieraus entstandenen Auslagen angehalten werden könne. Der Kläger macht in dieser Hinsicht geltend, die in Art. 700 Abs. 1 vorgesehene Befugnis könne nach Treu und Glauben nicht in der Weise ausgeübt werden, dass der Berechtigte nur die nutzbaren Sachen oder Teile weghole und die Last der Beseitigung des nicht brauchbaren Restes dem Grundeigentümer überlasse; wenn der Berechtigte die nutzbaren Sachen oder Teile verwerten wolle, müsse er die ganze Räumung übernehmen. Der Kläger beruft sich dabei auf ein Gutachten von Prof. Liver. Diese rechtlichen Ausführungen können jedoch nicht zur Begründung des eingeklagten Anspruchs dienen. Der Kläger verlangt weder die Wegräumung der von der Beklagten zurückgelassenen Sachen (Abfallholz, Steine, Schutt) noch den Ersatz der.Aufwendungen, die er zu machen hatte, um diese Sachen wegzuräumen, sondern klagt, wie schon festgestellt, auf Ersatz des ganzen durch die Lawinen verursachten Schadens. Im Posten von Fr. 4972.-- für "Entwertete Fläche,
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Arbeitsaufwand für Wiederherstellung" dürften die Kosten der Räumung des verschütteten Landes von den Sachen, die die Beklagte zurückliess, allerdings inbegriffen sein. Die Räumungskosten können aber den Kosten der Wiederherstellung nicht einfach gleichgesetzt werden, weil zur Wiederherstellung von Wiesen, die von Lawinen getroffen wurden, neben der Wegschaffung des aufgeschütteten Materials unter Umständen noch weitere Arbeiten gehören (Wiederauftrag von weggescheuertem Humus, Ausebnen des Bodens, der durch die von den Lawinen mitgerissenen Bäume und Steine zerwühlt wurde, Ansäen usw.). Welcher Teil des Aufwands für die Wiederherstellung auf die Räumung entfalle, sagt der Kläger nicht. Unter dem Titel des Ersatzes der Kosten der Wegschaffung des von der Beklagten zurückgelassenen Materials kann ihm daher schon mangels genügender Substantiierung der Klage nichts zugesprochen werden.Zur Bezahlung der Kosten der Wegschaffung dieses ganzen Materials könnte die Beklagte im übrigen auch dann nicht verurteilt werden, wenn man über den erwähnten Mangel der Klage hinwegsehen und annehmen wollte, die Wiederherstellung habe im vorliegenden Falle nur in der Räumung des von der Beklagten nicht weggeschafften Materials bestanden oder der Anteil der Räumungskosten an den Kosten der Wiederherstellung lasse sich bestimmen, obwohl der Kläger darüber keine Angaben gemacht hat. Art. 700 ZGB gewährt demjenigen, dem Sachen durch Naturgewalt oder Zufall weggeführt wurden, das Recht zu deren Aufsuchung und Wegschaffung ohne Vorbehalt. Die einzige Pflicht, die diese Bestimmung ihm auferlegt, ist diejenige zum Ersatz des hieraus entstehenden Schadens. Das Recht zur Aufsuchung und Wegschaffung ist letztlich ein Ausfluss des Eigentums an den betreffenden Sachen, das nach der Ordnung des ZGB dadurch, dass sie durch Naturgewalt oder Zufall auf ein fremdes Grundstück gebracht werden, dem bisherigen Eigentümer nicht verloren geht. Gegenstand des Eigentums sind die einzelnen
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Sachen. Dem Berechtigten kann daher nicht verwehrt werden, einzelne Sachen zurückzuholen, andere dagegen liegen zu lassen und damit preiszugeben. Wird durch die Wegnahme einzelner Sachen die Beseitigung der übrigen erschwert, so liegt darin ein aus der Wegschaffung entstandener Schaden, für den der Grundeigentümer nach Abs. 2 Ersatz verlangen kann. Von diesem Falle abgesehen kann jedoch die Wegnahme einzelner Sachen unter Zurücklassung anderer grundsätzlich keine Schadenersatzpflicht begründen, weil eben der Berechtigte damit nur von seinen Rechten Gebrauch macht. Wäre die Wegschaffung fortgeführter Sachen nur in der Form der Räumung des fremden Grundstücks von allem Material zulässig, das die Naturgewalt oder der Zufall vom Grundstück des Berechtigten aus dorthin brachte, so wäre die Befugnis zur Wegschaffung praktisch sehr oft wertlos. Ein Verstoss gegen Treu und Glauben ist darin, dass die nutzbaren Sachen weggeschafft und die andern zurückgelassen werden, entgegen der Ansicht des Klägers nicht zu erblicken. Das Naturereignis, das Sachen auf ein fremdes Grundstück brachte, hat auch dann, wenn der Berechtigte die nutzbaren Gegenstände zurückholt und der Grundeigentümer die andern wegräumen muss, nicht zur Folge, dass der Berechtigte einen Profit macht, während dem Grundeigentümer nur Schaden erwächst. Der Berechtigte erzielt mit der Wegschaffung des von seinem Lande fortgeführten Materials keinen Gewinn, auch wenn er nur die noch verwertbaren Sachen wegschafft, sondern kann damit regelmässig nur den Schaden etwas vermindern, den das Naturereignis auf seinem Lande angerichtet hat. Dass nicht der Eigentümer des fremden Grundstücks, sondern der Sacheigentümer durch Verwertung fortgetragener Gegenstände sich teilweise von seinem Schaden erholen kann, ist keineswegs ungerecht.Ob der Grundeigentümer auch dulden muss, dass der Berechtigte von einzelnen Sachen nur die brauchbaren Teile wegnimmt, die wertlosen Abfälle dagegen zurücklässt
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und zu diesem Zwecke die Sachen auf seinem Grundstück bearbeitet, oder ob nach Art. 700 Abs. 1 eine bestimmte Sache (z.B. ein Baum) nur ganz weggenommen oder ganz preisgegeben werden darf, und ob die Wegnahme der brauchbaren Teile unter Zurücklassung der unbrauchbaren den Berechtigten in dem Sinne schadenersatzpflichtig machen kann, dass er für die Kosten der Wegräumung der unbrauchbaren Teile aufzukommen hat, braucht im vorliegenden Falle nicht entschieden zu werden. Das Abfallholz, das die Beklagte dem Kläger zurückliess, war nicht wertlos. Der Kläger behauptete zwar in der Klageschrift, das Aufrüsten und Wegschaffen dieses Holzes koste mehr, als es wert sei. Er hat aber anerkannt, dass die Beklagte für die Überlassung dieses Holzes Fr. 1377.-- mit dem von ihm geltend gemachten Schaden verrechnen dürfe. Er ist daher mit der Behauptung ausgeschlossen, dass dieses Holz für ihn wertlos gewesen sei, auch wenn er jene Anerkennung nur aus Gründen der Prozessökonomie ausgesprochen hat. Im übrigen hat er es unterlassen, nähere Angaben darüber zu machen und Beweis dafür anzubieten, dass die Kosten der Zubereitung und des Abtransports des Abfallholzes dessen Wert überstiegen haben.
4. Dass das Aufsuchen und die Bearbeitung des Lawinenholzes auf seinem Grundstück und der Abtransport der Baumstämme einen Schaden an seinem Grundstück verursacht habe oder dass durch die Wegnahme nur eines Teils des von den Lawinen zugeführten Materials die Wegräumung des Restes erschwert worden sei, behauptet der Kläger selber nicht.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichtes von Graubünden vom 14./15. Juni 1954 bestätigt.
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