81 II 82
Urteilskopf
81 II 82
13. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Februar 1955 i. S. Kanton Zürich und Streitgen. gegen Simon.
Regeste
Arrestaufhebungsprozesse (Art. 279 Abs. 2 SchKG) sind keine Zivilrechtsstreitigkeiten im Sinne von Art. 44 ff. OG und unterliegen daher nicht der Berufung an das Bundesgericht.
A.- Die Berufungskläger erwirkten am 6. Juli 1954 für Forderungen von Fr. 219'844.10 und Fr. 30'367.35, je nebst Zins, den Arrest Nr. 2 des Betreibungsamtes Erlenbach. Auf Klage des Schuldners gemäss Art. 279 SchKG hoben die kantonalen Gerichte diesen Arrest mangels Arrestgrundes auf.
B.- Gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 26. Oktober 1954 haben die Beklagten Berufung an das Bundesgericht eingelegt mit dem Antrag, der Arrest sei gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziff. 1, 2 und 4 SchKG zu schützen.
BGE 81 II 82 S. 83
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Dass Arrestaufhebungsprozesse gemäss Art. 279 SchKG keine Zivilrechtsstreitigkeiten "im engern Sinne" sind, geben die Berufungskläger zu. Sie halten jedoch eine weitere Auslegung dieses Begriffes für zulässig und angezeigt. Um jenes darzutun, weisen sie auf die Kollokationsprozesse ( Art. 148, 250 SchKG ) hin, die, wiewohl sie an eine. Verfügung des Betreibungs- oder Konkursamtes anknüpfen, seit jeher als Zivilrechtsstreitigkeiten gelten. Es erscheine als wünschbar, auch die Arrestaufhebungssachen diesem Begriffe und damit (bei genügendem Streitwerte) der Berufung an das Bundesgericht zu unterstellen, um eine verschiedene Anwendung des Art. 271 SchKG von Kanton zu Kanton zu vermeiden.
Indessen ist der Gegenstand der Arrestaufhebungsklage kein zivilrechtlicher, auch wenn man diesen Begriff nicht im engsten Sinne anwendet. Es geht in solchen Prozessen nur um die Zulässigkeit des Arrestes als einer an besondere Voraussetzungen ("Arrestgründe") gemäss Art. 271 SchKG geknüpften Sicherungsmassnahme. Die darüber zu fällende Entscheidung ist rein verfahrensrechtlicher Natur und hat keinen Einfluss auf die zivilrechtlichen Ansprüche des Gläubigers. Schon unter der Herrschaft des alten Gesetzes über die Bundesrechtspflege wurde denn auch den Arrestaufhebungssachen der Charakter einer Zivilrechtsstreitigkeit nicht zuerkannt (BGE 22 S. 887, BGE 56 II 211; vgl. auch WEISS, Berufung, S. 10 und 11). Es besteht kein Grund, von dieser Praxis abzugehen. Der Begriff der Zivilrechtsstreitigkeiten ist im geltenden OG der gleiche geblieben. Man versteht darunter ein kontradiktorisches Verfahren, das auf die endgültige, dauernde Regelung zivilrechtlicher Verhältnisse durch behördlichen Entscheid abzielt (BGE 78 II 180 /1). Dies ist freilich in den vom Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz vorgesehenen Prozessen dahin zu verstehen, dass auch die bloss für das betreffende Vollstreckungsverfahren geltenden Entscheidungen in Betracht
BGE 81 II 82 S. 84
fallen. Gegenstand der Entscheidung muss jedoch der Bestand zivilrechtlicher Ansprüche oder eine Beschränkung ihrer Geltendmachung oder endlich ein Eingriff in solche Ansprüche sein (was abgesehen von den Kollokationsklagen auch bei den im ordentlichen Verfahren zu erledigenden Widerspruchs-, Aussonderungs- und Admassierungs- sowie Anfechtungsprozessen zutrifft, Art. 106 ff., 240, 242, 285 ff. SchKG).
2. Daraus, dass Art. 63 Abs. 2 aoG unter den im beschleunigten Verfahren zu erledigenden Streitigkeiten des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes die Arrestaufhebungssachen nicht miterwähnte, schloss die Rechtsprechung überdies, der Gesetzgeber habe diese Fälle bewusst und eindeutig von der Berufung ausgeschlossen (vgl. die bereits erwähnten Urteile: BGE 22 S. 887, 56 II 211/2). Hätte der Gesetzgeber dies nicht oder nicht mehr gelten lassen wollen, so hätte bei der Revision des OG Veranlassung bestanden, die betreffende Vorschrift zu ändern. Art. 51 Abs. 2 des geltenden OG erwähnt aber wiederum nur die Fälle der Art. 148, 250 und 284 SchKG .
3. Das von den Berufungsklägern geltend gemachte Bedürfnis nach gleicher Rechtsanwendung ist ein gesetzgeberisches Postulat. In der geltenden Rechtsordnung ist es für die Arrestaufhebungssachen nicht in dem von ihnen als wünschbar bezeichneten Sinne verwirklicht, sowenig wie für andere Fälle (wie z.B. Rechtsöffnung und Konkurseröffnung).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
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Artikel: Art. 279 SchKG, Art. 271 SchKG, Art. 279 Abs. 2 SchKG, Art. 44 ff. OG mehr...