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Urteilskopf

82 II 445


60. Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. Mai 1956 i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft gegen "Schweiz", Allgemeine Versicherungs-A.-G.

Regeste

Allgemeine Transportversicherung zur Bedingung "fpa" für Güter, die auf Deck eines Schiffes verladen werden, jedoch mit Haftung des Versicherers für die Folgen eines Sturzes der Güter während der Umladung sowie während der Einladung oder Ausladung.
1. Bedeutung der Klausel "fpa" mit Vorbehalten ("fap sauf") (Erw. 1).
2. Auslegungsgrundsätze (Erw. 2).
3. Weiter Begriff des Wortes "Einladung" nach deutschem und speziell deutschschweizerischem Sprachgebrauch (Erw. 3).
4. Engere seerechtliche Begriffe stehen dem Versicherungsnehmer nicht entgegen (Erw. 4).
5. Die "prise en charge" durch den Reeder macht das Interesse an der Versicherung der Einladerisiken nicht hinfällig (Erw. 5).
6. Abgrenzung zwischen Risiken der Reise und solchen des Ein-, Um- und Ausladens (Erw. 6 und 7).
7. Risikoverbundenheit der ganzen Deckladung. Konsequenzen (Erw. 8).

Sachverhalt ab Seite 446

BGE 82 II 445 S. 446

A.- Die KTA des eidgenössischen Militärdepartementes kaufte mit Lieferungsvertrag vom 17./22. Mai 1951 von der Firma Homelite-Service, Richard Buchschacher, Zürich, 64 Panzerfahrzeuge vom Typ "Staghound" von je 12 Tonnen Gewicht. Diese Ware sollte aus England, fob engl. Hafen, geliefert werden. Die Käuferin übernahm auch die Versicherung des Transportes, mit dessen Durchführung sie die Natural A.-G. in Basel beauftragte. Sie hatte am 27. Mai 1948 mit der Versicherungsgesellschaft "Schweiz" in Zürich eine allgemeine Transportversicherung abgeschlossen, laut der Generalpolice Nr. 4043 als Rahmenvertrag.

B.- Am 8. Oktober 1951 wurden von acht Uhr morgens an auf Grund der erwähnten Bestellung 22 "Staghounds" im Hafen von Southampton auf das holländische Frachtschiff "HAST 5" verladen. Die Hälfte dieser Fracht fand im Schiffsraum Platz, den man um 14.30 Uhr abschloss. Hierauf wurden die übrigen elf Stück, wie es vereinbart war, auf Deck gehisst, was bis 18.50 Uhr dauerte. Damit hatten die Arbeiter der Stevedores Ltd. ihre Aufgabe beendigt, und sie verliessen das Schiff. Der Schiffsmannschaft lag ob, die Deckladung zu verteilen und mit Stahlkabeln zu befestigen. Um 19 Uhr wurden die Bordkonnossemente ausgestellt.

C.- Während einige der zur Deckladung gehörenden Wagen noch unbefestigt dastanden, liess der Kapitän das Schiff losbinden und (laut seinen Angaben im Logbuch
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etwa zwei Schiffslängen weit) den Quai entlang fahren, um Trinkwasser aufzunehmen. Bei dieser Bewegung geriet das Schiff in den Wellengang eines anderen Schiffes und kam ins Schaukeln. Einer der noch nicht befestigten Wagen der Deckladung rollte quer über Deck nach Steuerbord. Dadurch bekam das Schiff Schlagseite, und es folgte nun ein anderer Wagen nach. Das Schiff neigte sich noch mehr, sodass das Wasser durch die offenen Bullaugen in die Mannschaftsräume drang. Infolge der verstärkten Schlagseite (etwa 500 nach Angaben des Kapitäns laut Kl. beil. 23 oder "75%" laut Erkundigungen des Verkäufers, Kl. beil. 19) rissen die Stahlkabel der bereits festgebundenen Wagen, und es gingen schliesslich von der Deckladung neun Stück über die Reeling und fielen ins Wasser.

D.- Das Schiff richtete sich nun wieder auf und konnte zurecht gebracht werden. Am 11. Oktober 1951 lief es nach Antwerpen aus.
Die versunkenen "Staghounds" wurden ein paar Tage später gehoben. Sie hatten durch das Salzwasser so sehr gelitten, dass man sie an Ort und Stelle zur Verschrottung verkaufen musste.

E.- Die Käuferin hatte der "Schweiz" die 64 gekauften Panzerwagen auf Grund der Generalpolice zur Versicherung des Transportes von Southampton nach Basel angemeldet. Die näheren Bedingungen mit besonderer Berücksichtigung der Deckladung wurden später festgelegt.

F.- Der Generalpolice waren die vom Schweizerischen Transport-Versicherungs-Verein im Jahre 1940 aufgestellten Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Güter-Transporten (ABVT 1940) beigefügt. Deren Art. 11 lautet:
"Wenn die Güter auf Deck eines Schiffes verladen werden, so haftet der Versicherer, falls nichts anderes vereinbart wurde, weder für den durch Diebstahl oder Abhandenkommen entstandenen Verlust, noch für Beschädigungen, Seewurf und Überbordspülen. Hingegen haftet er für den durch den Untergang des Schiffes verursachten Verlust der Güter, sowie für die Beiträge zur grossen Haverei."
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Dazu tritt folgender Zusatz:
"Deckladung.
In Abänderung von Art. 11 ABVT 1940 gilt die Versicherung zur Bedingung "fpa" gemäss Art. 14 ABVT 1940. Ausserdem erstreckt sie sich, unter Abzug von 2..% des Versicherungswertes aller auf Deck verladenen Güter, auf Überbordspülen und Seewurf ganzer Kolli."
Der hier erwähnte Art. 14 ABVT lautet:
"Falls die Versicherung zur Bedingung "fpa" (d.h. "frei von Beschädigung") gilt, so haftet der Versicherer dennoch für den Verlust oder die Beschädigung - letztere frei von 5% -, wenn sie die unmittelbare Folge eines qualifizierten Unfalles oder eines Sturzes der Güter während der Umladung und, soweit gedeckt, während der Einladung oder der Ausladung sind."
Dazu tritt folgender Zusatz:
"Versicherung zur Bedingung f.p.a. aber einschliesslich Diebstahl und Abhandenkommen ganzer Kolli oder - bei lose verladenen Gütern - ganzer Ladungen:
Die Versicherung gilt zur Bedingung f.p.a. gemäss Art. 14 ABVT 1940. Ausserdem erstreckt sie sich auf die Gefahren von Diebstahl und Abhandenkommen ganzer Kolli oder - bei lose verladenen Gütern - ganzer Ladungen."

G.- Gestützt auf Art. 14 ABVT in Verbindung mit Art. 11 nebst Zusatz verlangte die Käuferin von der "Schweiz" Ersatz des ihr durch das Versinken der neun "Staghounds" erwachsenen Schadens im Rahmen der in der Generalpolice festgesetzten Höchstbeträge und der für den in Frage stehenden Transport berechneten Versicherungssummen.
Die "Schweiz" lehnte die Haftung ab, weil die Ladeoperationen beim Eintritt des Schadens bereits beendet gewesen seien und auch kein qualifizierter Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vorliege. Auf den Zahlungsbefehl vom 4. April 1952 erhob sie in vollem Umfange Rechtsvorschlag.

H.- Nach fruchtlosem Aussöhnungsversuch vom 4. November 1953 folgte am 4. Mai 1954 die Klage der Schweizerischen Eidgenossenschaft gegen die Versicherungsgesellschaft "Schweiz" beim Appellationshof des Kantons Bern. Im Lauf des Prozesses präzisierte die Klägerin
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ihr Begehren, unter Anrechnung der Zahlungen der englischen Versicherer, dahin, die Beklagte sei zur Bezahlung von Fr. 86'207.05 zuzüglich Zins zu 5% seit 26. Juli 1955, sowie Zins zu 5% auf dem Betrag von Fr. 95'844.50 vom 4. April 1952 bis 26. Juli 1955, ferner Fr. 18.10 Betreibungskosten zu verurteilen.

I.- Mit diesem Begehren durch Urteil des Appellationshofes vom 29. November 1955 abgewiesen, hält die Klägerin mit vorliegender Berufung daran fest und verlangt eventuell die Rückweisung der Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz.
K. - Die Beklagte trägt auf Abweisung der Berufung und damit der Klage an.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Die die Beweisführung betreffenden Rügen, wie sie die Berufungsschrift vorsorglich erhebt, sind für den Ausgang der Sache ohne Belang und können deshalb auf sich beruhen bleiben. Es steht fest und ist denn auch unter den Parteien nicht streitig, dass die zu Schaden gekommene Deckladung im Unterschied zu der Fracht des Schiffsraumes nicht zu den gewöhnlichen Bedingungen versichert war. Vielmehr wurde sie der fpa-Klausel mit den daran geknüpften nähern Bestimmungen unterstellt. Diese Klausel ist deutsch mit den Worten "frei von Beschädigung" wiedergegeben. Sie bedeutet "free particular average" und heisst in französischen Texten "fap" = "franc d'avarie particulière". Es handelt sich um eine Ausschlussklausel zugunsten des Versicherers. Dessen Haftung für "Beschädigung" ("avarie particulière") wird dadurch grundsätzlich wegbedungen. "Besondere Haverei" ist kein aus sich selbst zu bestimmender Begriff, sondern "eine Art Restbegriff"; "sie umfasst alle durch einen Unfall für ein Seeschiff oder dessen Ladung verursachten Schäden, Verluste und Kosten, die weder grosse noch kleine Haverei sind" (WÜSTENDÖRFER, Neuzeitliches Seehandelsrecht, S. 360). Mit diesem Begriffe brauchte sich
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übrigens die Klägerin nicht näher zu befassen. Sie konnte sich einfach an die Policebestimmungen halten, welche die gegenüber der fpa-Klausel vorbehaltenen versicherten Gefahren umschreiben. Mit Rücksicht auf diese Vorbehalte hat man es hier mit einer sog. Versicherung "fap sauf" zu tun, im Gegensatze zu einer Klausel "fap absolument" (vgl. RIPERT, Droit maritime, 4e éd., III nos 2661 ff.; DENISE BERTHOUD, L'assurance contre les risques de transport, p. 61 ff.).

2. Von den gegenüber der fpa-Klausel vorbehaltenen Gefahren kommt hier nur "Sturz der Güter während der Einladung" in Frage. Art. 14 ABVT berücksichtigt solche Fälle allerdings nur "soweit gedeckt", doch sind die Parteien darüber einig, dass die von der Klägerin bei der Beklagten genommene Versicherung dafür Deckung bietet, sei es nach Art. 16 Abs. 2 ABVT, sei es nach dem Schlussabsatz von Art. 7 der "Besonderen Bedingungen". Demgemäss dreht sich der Streit nur um Sinn und Tragweite des Wortes "Einladung", wovon es abhängt, ob das Unglück vom 8. Oktober 1951 noch "während der Einladung" geschah und daher der Versicherungsschutz Platz greift, oder ob die "Einladung" schon beendigt war und daher eine Haftung der Beklagten nach Art. 14 ABVT nicht besteht.
Der Appellationshof hat über die Bedingung von Art. 14 ABVT ein Rechtsgutachten von Dr. Walter Müller, Advokat und Notar in Basel, "membre titulaire du Comité Maritime International", eingeholt. Auf Grund eingehender Erörterung der seerechtlichen Begriffe des "Einladens" und "Verstauens" gelangt der Experte zum Ergebnis,
"dass in der Seeschifffahrt der Vorgang der Verladung der Güter (chargement) die ordnungsgemässe Verstauung (arrimage) der Güter nicht einschliesst, sondern dass es sich um zwei getrennte Operationen handelt, welche tatsächlich und rechtlich verschieden sind und verschieden behandelt werden",
und beantwortet die ihm gestellten Fragen wie folgt:
"- Die Einladung gemäss Art. 14 der "Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Gütertransporten" (ABVT 1940)
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ist beendet, wenn die Güter an Bord des Schiffes gebracht sind (hissé à bord).
1. Die Einladung ist schon beendet, wenn die Güter auf dem Schiff abgesetzt werden.
2. Das Verstauen, Verkeilen und Befestigen der Staghounds (die sog. Verstauung, arrimage) gehört nicht mehr zum Einladungsprozess.
- Auf jeden Fall muss die Verladung als beendet betrachtet werden, wenn die Bordkonnossemente ausgestellt sind."
Das Gutachten zieht in erster Linie den französischen Text der ABVT in Betracht, weil es der erste Text war, der deutsche Text dagegen eine Übersetzung davon. Sodann heisst es auf S. 17 des Gutachtens:
"Ein Vergleich mit andern Transportarten (Eisenbahn, Camion) ist unerheblich, da die Verhältnisse bei diesen Transportarten anders gelagert sind, und vor allem weil die Verstauung nicht zu den zwingenden Pflichten des Transportführers gehört."
Der Appellationshof schliesst sich den Ausführungen und Schlussfolgerungen des Gutachtens an. Er bemerkt, auch der Kapitän der HAST 5 unterscheide bei seinen Einträgen im Logbuch zwischen "einladen" und "verstauen", ebenso der Hafenkommissär McQueen in seinem Bericht über den Vorfall vom 8. Oktober 1951 ("that the loading was completed, but that all vehicles had not been secured"). Ähnlich habe sich die Reederei Muron, Rotterdam, in einem Schreiben an die Klägerin ausgedrückt: "Die Verladung der Staghounds war beendet, jedoch mussten noch einige Wagen auf der Vorderluke befestigt werden". Endlich weist das Urteil auf seerechtliche Erlasse verschiedener Staaten und auf internationale Abkommen hin, in denen zwischen "einladen" und "stauen" unterschieden wird. Es erklärt sodann: "Wenn ein in einem Versicherungsvertrag verwendeter und nicht besonders umschriebener Begriff in den beteiligten Fachkreisen so eindeutig definiert wird, wie es für den Begriff des Einladens der Fall ist, muss bei der Vertragsauslegung auf diesen technischen Begriff und nicht auf eine allfällige Auffassung eines Laien abgestellt werden. Durch eine solche Auslegung wird der Grundsatz in dubio contra stipulatorem nicht verletzt,
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weil über die Bedeutung des verwendeten Ausdrucks "Einladen" keine Zweifel bestehen können..."
Gegen diese Betrachtungsweise erheben sich indessen Bedenken. Nach ständiger Rechtsprechung, womit die Rechtslehre übereinstimmt, sind vom Versicherer aufgestellte Vertragsbestimmungen nicht nur in dubio contra stipulatorem oder contra proferentem auszulegen, sondern es muss hier der deutsche Policentext, weil dem Vertrag zugrunde liegend, massgebend sein. Im übrigen muss sich der Versicherungsnehmer auf den einheimischen Sprachgebrauch stützen können, da er (wie übrigens auch der Versicherer) seinen Sitz in der Schweiz hat und hier ausserdem der Vertrag abgeschlossen wurde (vgl. ROELLI, N. 7 zu Art. 11 VVG, S. 170 ff.). Und zwar kommt es bei der Auslegung von Versicherungsverträgen nicht auf die juristischen, technischen, überhaupt nicht auf wissenschaftliche Begriffe an, sondern es ist der gewöhnliche landläufige Wortsinn in erster Linie zu berücksichtigen (BGE 44 II 102,BGE 59 II 322). So ist es auch mit dem hier streitigen Ausdruck "Einladung von Gütern" zu halten, zumal man es dabei mit einer alltäglichen und allbekannten Verrichtung zu tun hat. Es verschlägt nichts, dass sich die Klage auf einen Transport zur See bezieht. Denn wenn die Einladung auch je nach der Art des Fahrzeuges und der Ware in verschiedener Weise vor sich geht, ist doch der Begriff ein einheitlicher. Der vorliegende Versicherungsvertrag bezieht sich übrigens auf Transporte jeder Art. Als Rahmenvertrag dient eine "Generalpolice für die Versicherung von Gütertransporten zu Lande, auf Binnengewässern, zur See und in der Luft". Von allgemeiner Tragweite sind auch die ihr beigegebenen ABVT 1940, wobei sich die Art. 11 und 14 mit Zusätzen unter den alle Transportarten betreffenden "gemeinsamen Bestimmungen" befinden. Art. 11 fasst freilich speziell die auf Deck eines Schiffes verladenen Güter ins Auge, macht aber keinen Unterschied zwischen Transporten zur See und solchen auf Binnengewässern. Die fpa-Klausel als solche ist unter
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bestimmten Voraussetzungen für jede Art von Transporten vorgesehen, wie sich aus den Art. 9 und 10 ABVT ergibt.
Die in Art. 14 ABVT gegenüber einer allgemeinen Ausschlussklausel als versichert vorbehaltenen Fälle lassen sich nun allerdings nicht auf dem Weg der Analogie vermehren. Ihre Umschreibung ist aber gemäss Art. 33 VVG in Verbindung mit der Vertrauenstheorie (vgl. ROELLI, N. 6 zu Art. 33 VVG; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 43 und 51 ff. zu Art. 1 OR) weitherzig auszulegen. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass es sich um Ausnahmen von einer Ausschlussklausel handelt. Vielmehr ist es gleich zu halten, wie wenn von vornherein nur für die betreffenden Fälle, also vor allem für die unmittelbaren Folgen eines Sturzes der Güter während der Umladung sowie während der Einladung und der Ausladung, Versicherung genommen worden wäre. Mit den erwähnten Normen des schweizerischen Rechtes wäre es nicht vereinbar, Klauseln, aus denen der Versicherungsnehmer Ansprüche herleitet, im Zweifel zu seinen Ungunsten auszulegen, weil er als Gläubiger auftritt (wie dies, wenn auch nicht einhellig, im französischen Versicherungsrecht mit Hinweis auf Art. 1162 des Code civil angenommen wird; vgl. RIPERT, a.a.O. III no 2411).

3. In der schweizerischen Umgangssprache, die übrigens hierin kaum von der vorherrschenden allgemeinen deutschen Volkssprache abweicht, wird nun sehr oft von "Einladen" (oder auch "Laden", "Verladen", "Aufladen") in einem weiten Sinne gesprochen. Diese Ausdrücke bezeichnen bei solcher Gebrauchsweise neben dem Absetzen des Gutes auf das Transportfahrzeug auch die Vor- und Nachstadien dieser Handlung. Wegleitend ist dabei der mit dem "Einladen" verfolgte Zweck, das Gut vom bisherigen Standorte zum Fahrzeug zu bringen und, wenn es einmal darauf abgestellt ist, dann auch so zu plazieren und wenn nötig zu verkeilen oder zu befestigen, dass es in gehöriger Weise transportiert werden kann. Erst wenn dies besorgt ist, hat man "gut", "richtig", "fertig" verladen. Wenn das Wörterbuch der Gebr.
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GRIMM einerseits das Wort "einladen" mit imponere in navem erläutert, einer Wendung, die sich in engem oder weitem Sinne verstehen lässt, so erwähnt es anderseits zum Worte "laden" die Ausdrücke "viel laden", "schief laden" und hält aus "Hermann und Dorothea" fest: "... das alles, auf mancherlei Wagen und Karren durcheinander geladen...". In der Schweiz heisst "der Lader" der Ladende auf dem Heu- oder Garbenwagen: "die Heraufgeber ... warfen ... Gabeln voll auf den Wagen, die der kundige Lader auf den Knien mit ausgebreiteten Armen empfing" (Idiotikon, 3. Band S. 1062; GOTTHELF, Uli der Knecht, S. 194 der Ausgabe von Rentsch). Der landläufige Sprachgebrauch bezieht also das Verteilen und Sichern der Güter auf dem Fahrzeug in den Begriff des "Ladens", "Einladens" usw. ein, und zwar gleichgültig, ob alle Phasen des "Ladens" von denselben Personen ausgeführt werden, oder ob sich mehrere Personen oder Gruppen in die verschiedenen aufeinander folgenden Verrichtungen teilen. Dieser zweckbezogenen Ausdrucksweise bedienen sich auch amtliche schweizerische Erlasse aus dem Gebiete des Transportwesens. So finden sich im eidgenössischen Reglement über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen vom 24. Juni 1949 (Slg der eidg. Gesetze 1949 S. 619), Art. 111 (Randtitel "Verlad"), Vorschriften darüber, wie die Tiere im Transportfahrzeug anzubinden sind, was für Zwischenräume bestehen müssen, und es wird gesagt, verpackte Tiere seien "so zu verladen, dass sie ausreichend frische Luft erhalten". So setzt ferner das Militärtransportreglement vom 1. Juli 1907, Art. 49 Abs. 6 (BS 1848-1947 Bd. 5 S. 605) fest, was "zu einer guten Verladung gehört": gleichmässige Verteilung des Gewichtes, Befestigung der verladenen Fuhrwerke auf dem Boden mittels Holzkeilen oder Latten, usw.

4. Dieser der Alltagssprache geläufige weite Begriff des "Einladens", "Verladens" usw. (den letztern Ausdruck verwendet die Generalpolice ebenfalls, vgl. neben Art. 11 die Umschreibung des Begriffes "Fahrzeug" in den an die
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Spitze der ABVT 1940 gestellten "Grundbegriffen") darf der Klägerin zugute kommen. Sie braucht sich nicht entgegenhalten zu lassen, dass im Seerecht in der Regel zwischen "einladen" und "verstauen" unterschieden wird, in dem Sinne, dass das "Einladen" das "Verstauen" nicht umfasst, sondern nur soviel bedeutet wie "an Bord bringen". Eine solche Terminologie liegt freilich auch dem Internationalen Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung einzelner Regeln über die Konnossemente einigermassen zugrunde, das am 25. April 1924 in Brüssel unterzeichnet, im Bundesratsbeschluss vom 9. April 1941 über die Seeschiffahrt unter Schweizerflagge als verbindlich bezeichnet und durch Bundesbeschluss vom 17. März 1954 auf den 28. November 1954 in Kraft gesetzt wurde (vgl. dessen Art. 2 und 3). Das kann jedoch hier nicht massgebend sein. Denn diese seerechtliche Redeweise hat den allgemeinen Sprachgebrauch, mindestens in der Schweiz, nicht verändert und den oben dargelegten weiten Begriff des "Einladens" nicht verdrängt. Übrigens ist der Sprachgebrauch selbst im Seehandel kein einheitlicher, was auch Ripert in dem von der Beklagten eingeholten Gutachten einleitend hervorhebt. Damit stimmt es überein, dass unter "chargement en pontée" vornehmlich das "Verstauen" verstanden wird, gemäss der Umschreibung dieser Wendung im Vocabulaire juridique von CAPITANT, 1936: "arrimage des marchandises sur le pont du navire". Es wird denn auch allgemein von den Laderäumen gesprochen, und bei der "Stauung" wirkt im Grossbetriebe auch der "Ladungsoffizier" mit (WÜSTENDÖRFER, a.a.O. S. 181). Und wenn in den englischen Berichten des Kapitäns und des Hafenkommissärs über den vorliegenden Unfall gesagt wurde, die Güter seien "eingeladen", aber noch nicht alle "gesichert" gewesen, so vermochte der Kommissär Mc Queen dann doch auf die bestimmte Frage "When loading operations terminate?" nach Erkundigung beim Verkehrsministerium und bei anderen Stellen nur zu berichten: "Although various opinions were given, no definite rulings
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appear to be in any regulations" (S. 55 der kantonalen Gerichtsakten). Der holländische Originalbericht des Kapitäns verwendet das Wort "laden" auch für das Wasserfassen.

5. Im Anschluss an das gerichtliche Gutachten legt das angefochtene Urteil besonderes Gewicht darauf, dass mit der Anbordnahme, d.h. sobald die Güter auf das Schiff abgesetzt sind, oder doch auf alle Fälle mit der Ausstellung der Bordkonnossemente durch den Kapitän oder seinen Stellvertreter, die zwingende Haftung des Reeders beginnt. Von da an habe, wie auf S. 23 des Gutachtens ausgeführt wird, das typische Interesse, die Güter gegen Beschädigung durch Sturz versichern zu lassen, nicht mehr bestanden. Allein, es ist nicht einzusehen, wieso die "prise en charge", sei es als unmittelbare Folge des Anbordbringens, sei es als Auswirkung des Ausstellens der Bordkonnossemente, sei es kraft eines frühern Übernahmeaktes (vgl. RIPERT a.a.O. III no 1487bis: "prise en charge sous palan"; SMEESTERS & WINKELMOLEN, Droit maritime et droit fluvial, 2e éd. I p. 432: Übergabe an den Kapitän "à la pierre bleue du quai") das Interesse an einer solchen Versicherung hinfällig machen sollte. Nach dem erwähnten Brüsseler Abkommen von 1924 ist die Haftung des Reeders stark eingeschränkt. Art. 4 § 2 des Abkommens bestimmt: "Weder der Unternehmer (= Reeder) noch das Schiff sollen für Verluste oder Schäden haften, die entstehen: a) aus Handlungen, Nachlässigkeit oder Unterlassungen des Schiffers (= Kapitäns), der Schiffsoffiziere, der Schiffsmannschaft, des Lotsen oder der im Dienste des Unternehmens stehenden Personen bei der Führung oder dem Betriebe des Schiffes...". Und das (noch nicht in Kraft gesetzte) Bundesgesetz vom 23. September 1953 über die Seeschiffahrt unter der Schweizerflagge (8bl. 1953 I 169 ff.) lässt in Art. 117 Abs. 2 gegenüber der grundsätzlich zwingenden Haftung des Seefrachtführers (= Reeders) gewisse abweichende Vereinbarungen zu, insbesondere, "wenn es sich ... um
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eine Ladung handelt, die nach Vereinbarung oder Übung auf Deck verladen wird...". Das im vorliegenden Fall ausgestellte Bordkonnossement der Maritime Agencies Ltd. vom 8. Oktober 1951 enthält in Zeile 92 die Klausel: "the steamer is not answerable for any sum exceeding £ 100 per package or goods of whatsoever description...". Das spielte eine Rolle bei der Regelung des Schadens mit den englischen Versicherern, und es ist hier nur noch der restliche Schaden eingeklagt.

6. Die Transportversicherung gilt in erster Linie für die Dauer der Reise. Nach Art. 16 ABVT beginnt sie indessen, sofern nichts anderes vereinbart ist, schon "mit dem Zeitpunkt, in welchem die Güter am Versandort auf das Fahrzeug gelangen", und endet "mit dem Zeitpunkt, in welchem sie das Fahrzeug am Bestimmungsort verlassen". Wenn es sodann heisst, die Versicherung "erstrecke sich nicht auf die Gefahren des Aufladens oder des Abladens" (sofern diese Gefahren nicht durch eine speziellere Bestimmung wie Art. 16 Abs. 2 ABVT oder den Schlussabsatz von Art. 7 der "Besonderen Bedingungen" einbezogen sind), so ist in diesem Zusammenhange freilich unter Auf- und Abladen (d.h. Ausladen) nur gemeint, was sich ereignet, bevor das Gut auf das Fahrzeug gelangt, und nachdem es dieses verlassen hat. Das ist aber nur eine Folge davon, dass in die "Reiseversicherung" ein Teil der Risiken des Ein- und Ausladens im weitern, gewöhnlichen Sinne dieser Worte einbezogen wurde, sodass der grundsätzliche Ausschluss der weiteren Gefahren nur die erste Phase des Einladens und die zweite Phase des Ausladens trifft. Diesem Einbezug eines Teils der Vor- und Nachstadien der Reise in die "Reiseversicherung" ist kein Einfluss auf die Auslegung von Art. 14 ABVT zuzugestehen. Hier muss der volle gebräuchliche Wortsinn des Ein- und Ausladens gelten, womit diese Begriffe in natürlicher Weise gegenüber dem der Reise im eigentlichen Sinn abgegrenzt werden, wie er auch der Definition der Reise in den "Grundbegriffen" der ABVT zugrunde liegt.
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Es liefe übrigens den entgegenkommenden Tendenzen der Transportversicherer (vgl. MATTER, Der Umfang der Gefahr in der Seeversicherung von Gütern nach schweizerischem Recht, S. 36) zuwider, die Deckung von Beschädigungen des Transportgutes "während der Einladung und der Ausladung" nicht einmal für die nach gewöhnlichem Sprachgebrauch anzunehmende Dauer dieser Vor- und Nachstadien der Reise gelten zu lassen, mit der Begründung, es sei anderseits die Reiseversicherung über ihren eigentlichen Begriff hinaus erstreckt worden. Die Reiseversicherung deckt eben nach der fpa-Klausel solche Beschädigungen nicht. Daher sind die durch Art. 14 ABVT als versichert bezeichneten Fälle nach dem vollen Sinn ihrer Umschreibung zu berücksichtigen.

7. Es mag vorkommen, dass die Einladung, wie sie hier - mit Einschluss des Verstauens, d.h. der "Verteilung der Ladungsgüter über das Schiff nach Seemannsbrauch unter zweckentsprechender Ausfüllung der Laderäume und genügender Festlegung der Güter" (WÜSTENDÖRFER, a.a.O. S. 181) - zu verstehen ist, erst nach Antritt der Reise, d.h. nach dem Auslaufen des Schiffes, beendigt wird. In einem solchen Falle würde sich fragen, ob ein hiebei sich ereignender Sturz von Gütern nicht mehr "während der Einladung", sondern "auf der Reise" erfolgt sei, indem sich die Einladung gemäss Art. 14 ABVT nur als Vorstadium der Reise verstehen lasse. Wie dem auch sein möge, hat sich der vorliegende Unfall noch vor der Reise zugetragen. Die Bewegung des Schiffes längs des Hafenquais zur Aufnahme von Süsswasser war nur ein sich im Hafen abspielendes Zwischenmanöver, und es war angeordnet, die Einladung noch vor Reisebeginn zu beendigen. Sie wäre normalerweise durch das Wasserfassen nur verzögert worden. Der Unfall geschah somit noch "während der Einladung".

8. Bei dieser "der Klägerin günstigsten Auslegung von Art. 14 ABVT" kann die Klage nach Ansicht der Beklagten immerhin nur teilweise geschützt werden. Es
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falle nämlich nur die Beschädigung der zwei oder drei "Staghounds" in Betracht, die, als das Schiff ins Schwanken kam, noch nicht festgebunden waren. Die anderen Stücke der Deckladung seien auch bei Annahme dieses weiten Begriffes der Einladung fertig verladen gewesen; sie habe der Unfall also nicht mehr während, sondern erst nach der Einladung betroffen.
Dieser Betrachtungsweise kann sich das Bundesgericht nicht anschliessen. Sie fasst das Schicksal jedes einzelnen der versunkenen "Staghounds" so ins Auge, als hätte er allein sich auf Deck befunden. Der wahre Verlauf der Dinge lässt jedoch die Risikoverbundenheit der ganzen Deckladung erkennen. Sie war in ihrer Gesamtheit von gewissen Gefahren bedroht, solange auch nur einzelne Stücke nicht festgebunden waren. Deshalb hat denn auch das Unglück auf die bereits festgebundenen Stücke übergegriffen. Im Hinblick auf die Risiken, wofür die Versicherung eben Deckung bieten soll, waren auch die bereits festgebundenen Wagen, solange andere noch frei dastanden, nicht wirklich gesichert. Es kann somit nicht mit genügendem Grunde gesagt werden, einzelne Stücke seien "fertig verladen" gewesen. Vielmehr war die ganze Deckladung noch nicht "fertig verladen", solange einzelne Wagen noch frei dastanden. Art. 14 ABVT lässt sich zwangslos auf Sachgesamtheiten solcher Art anwenden. Er spricht vom "Sturz der Güter", und "Gut" ist nach der Umschreibung dieses Begriffes in den "Grundbegriffen" der ABVT der ganze Gegenstand des durch die Versicherung gedeckten Transportes, im Unterschied zum "Kollo", als was das einzelne Frachtstück zu gelten hat, das allein oder mit andern zusammen das Gut darstellt.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 29. November 1955 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin
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einen Betrag von Fr. 86'207.05 zuzüglich Zins zu 5% seit 26. Juli 1955 sowie Zins zu 5% auf dem Betrag von Fr. 95'844.50 vom 4. April 1952 bis 26. Juli 1955 und Fr. 18.10 Betreibungskosten zu zahlen.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2 3 4 5 6 7 8

Dispositiv

Referenzen

Artikel: Art. 33 VVG, Art. 11 VVG, Art. 1 OR