83 II 427
Urteilskopf
83 II 427
59. Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. Oktober 1957 i.S. Leiber gegen Risch und Mitkläger.
Regeste
1. Auslegung eines Testaments.
a) Grundsätze hiefür.
b) Nachverfügung und Ersatzverfügung (Vermächtnis, Erbeinsetzung, Art. 487, 488 ZGB ).
2. 2. Verzugszinsanspruch des Vermächtnisnehmers (bzw. seiner Erben) gegen den Testamentserben; er kann geltend gemacht werden
a) gegen den vermächtnisbeschwerten Erben, auch wenn die Erbschaft vom Willensvollstrecker verwaltet wird, sowohl mit Feststellungs- als mit Leistungsklage,
b) vom Zeitpunkt der Fälligkeit des Vermächtnisses an (Art. 562 Abs. 2 ZGB), jedenfalls von der Mahnung an (Art. 102 OR);
c) auch bloss von einem Teil der Erben des Vermächtnisnehmers.
d) Die Sperre seitens der Schweiz. Verrechnungsstelle gegenüber diesen steht der Inverzugsetzung nicht entgegen.
A.- Am 27. März 1946 starb in Schaffhausen als Junggeselle im Alter von 87 Jahren Frank Alfred Stokar von Neuforn. An gesetzlichen Erben waren nur solche des grosselterlichen Stammes auf der Mutterseite vorhanden. Über seinen ganzen Nachlass, bestehend in zwei Grundstücken in Schaffhausen mit dem Wohnhaus sowie in Wertschriftenvermögen, im Gesamtbetrage von gegen Fr. 900'000.--, hatte Stokar mit eigenhändigem Testament
BGE 83 II 427 S. 429
vom 12. September 1945, mit Abänderungen vom 15. Oktober 1945 hinsichtlich einiger kleinerer Summenvermächtnisse, verfügt und zwar in der Hauptsache zugunsten seiner beiden badischen Hausangestellten Theodora Leiber, geb. 1872, und deren um 37 Jahre jüngeren Nichte Pia Leiber, geb. 1909. Das Testament enthält in 43 Ziffern folgende Anordnungen (im Auszug):1.- Vermächtnis an Theodora Leiber: Fr. 180'000.-- sowie die Hälfte der Liegenschaften;
2.- Vermächtnis an Pia Leiber: Fr. 180'000.-- sowie die andere Hälfte der Liegenschaften, nebst einer Reihe von Mobilien und Schmucksachen; "die übrigen, nicht genannten Mobilien, Hausgeräte und persönlichen Effekten sollen den beiden Fräulein Leiber zur beidseitigen Benutzung dienen, im Hause verbleiben und der überlebenden als Eigentum zugeteilt werden".
3.- Der gesamte Grundbesitz mit Gebäuden soll den beiden Fräulein Leiber zu Gesamteigentum zukommen, die ihn nur bei zwingender Not und mit beidseitiger Zustimmung verkaufen dürfen. "Wenn das.. eine der Fräulein stirbt, so soll der ganze Grundbesitz an die Überlebende übergehen, ohne dass die Erben der Verstorbenen. irgend einen Anspruch erheben können (Art. 488 ZGB). Die Überlebende hat das Recht, den Erlös eines eventuell verkauften Teilstückes von dem Nachlass der Verstorbenen zurückzuverlangen.
..".
4.- Fr. 22'000.-- an die Friedhofverwaltung für Grabunterhalt.
5.-37. - Summenlegate von Fr. 15'000.-- bis Fr. 500.-- an verschiedene Personen.
38.-42. - Vermächtnis von Familienwertsachen und Kunstgegenständen an entfernte Verwandte und das städtische Museum.
43.- "Was schliesslich an Kapital, Mobilien und Gerätschaften noch vorhanden ist, können Fräulein Theodora und Pia Leiber unter sich verteilen."
Sämtliche Vermächtnisse sollen erbsteuerfrei ausbezahlt werden. Als Willensvollstrecker wird Staatsanwalt Dr. F. Rippmann bestimmt.
Diesem am 12. September 1945 unterzeichneten Testament schliesst sich unmittelbar folgender, vom gleichen Tage datierter Nachtrag an:
"In Ergänzung meiner eigenhändigen letztwilligen Verfügung datiert vom 12. September 1945 füge ich folgende Bestimmung ninzu:
1.- Sollte eine der beiden Vermächtnisnehmer Fräulein Theodora und Pia Leiber vor mir sterben, so setze ich die Überlebende der beiden Fräulein Leiber als die alleinige Vermächtnisnehmerin der Liegenschaften am Cometsträsschen ... und am Stokargässchen ein, damit der ganze Grundbesitz ungeteilt beisammen bleibt.
2.- Ebenso soll die Überlebende der beiden Fräulein Leiber den ganzen Bestand an Kapitalien, Hausrat und persönlichen Effekten, über die ich nicht ausdrücklich im Testament verfügt habe, als Eigentum zugeteilt erhalten."
B.- Am 20. Dezember 1946, neun Monate nach ihrem Dienstherrn, starb auch Theodora Leiber. Ihre Erben waren die Nachkommen ihrer sechs vorverstorbenen Geschwister. Bei der Teilung des Nachlasses der Theodora Leiber blieben deren Ansprüche an den noch unverteilten Nachlass Stokar unberücksichtigt. In der Folge ergab sich mit Bezug auf letzteren zwischen den Erben der Theodora Leiber einerseits und Pia Leiber anderseits Streit über die Auslegung des Testamentes Stokar. Die Erben der Theodora Leiber machten geltend, das Testament enthalte eine Nachverfügung zugunsten der Pia Leiber nur in Ziff. 3 bezüglich der Liegenschaften (und in Ziff. 2 i.f. bezüglich der "übrigen Mobilien und Effekten"), nicht aber bezüglich des Barvermächtnisses von Fr. 180'000.-- und der Erbeneinsetzung für das Restvermögen (Ziff. 43), weshalb diese Vermögenskomplexe des Nachlasses Stokar in den Nachlass de Theodora Leiber fielen.
Demgegenüber stellte sich Pia Leiber auf den Standpunkt, die Ergänzungsverfügung des Testamentes enthalte in Ziff. 2 ein Nachvermächtnis zu ihren Gunsten auch bezüglich der Fr. 180'000.-- und des Restvermögens.
C.- Die Erben von 5 der 6 Geschwisterstämme der Theodora Leiber - ohne denjenigen der Pia Leiber und ihrer Geschwister - erhoben gegen Pia Leiber Klage auf Feststellung ihres Anspruches auf Fr. 150'000.-- (= 5/6 der Fr. 180'000.--) und 5/6 des halben Restvermögens. Die Beklagte beantragte Abweisung dieser Rechtsbegehren.
Mit Urteil vom 25. Oktober 1955 schützte das Kantonsgericht Schaffhausen die Auffassung der Beklagten und wies die Klage in den genannten Punkten ab. Das Kantonsgericht führte aus, unklar am Testament und daher zu ermitteln sei, was der Erblasser mit Ziff. 2 der Ergänzung habe sagen wollen. In dem einleitenden Worte
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"Ebenso" könne man eine Bezugnahme auf den in Ziff. 1 gesetzten Fall, dass eine der Hauptbedachten vor dem Erblasser sterben sollte, erblicken, anderseits aber auch eine Gleichstellung der Kapitalien mit den Liegenschaften in dem Sinne, dass nach dem Willen des Erblassers die Kapitalien überhaupt das Schicksal der Liegenschaften teilen sollten, und zwar nicht nur beim Tod einer der Bedachten vor dem Erblasser, sondern auch nach demselben. Die letztere Auslegung gewinne an Wahrscheinlichkeit, wenn man das Testament als eine Einheit betrachte und daraus die Willensrichtung des Testators zu ermitteln suche. Stokar habe seinen ganzen Nachlass - von einer Reihe unbedeutender Legate an Dritte abgesehen - je zur Hälfte den beiden Fräulein Leiber zugewiesen und an verschiedenen Stellen (Testament Ziff. 2 i.f., Ziff. 3, Ergänzung Ziff. 1) den Willen bekundet, das Nachlassvermögen nach Möglichkeit beisammen zu halten und vor jeder Verzettelung zu bewahren. Unklar sei ferner, ob in Ziff. 2 der Ergänzung unter die "Kapitalien, über die ich nicht ausdrücklich im Testament verfügt habe", auch die Barlegate von Fr. 180'000.-- fielen oder nicht. Um die Unklarheiten, die der Text hinsichtlich des darin bekundeten Willens des Testators lasse, womöglich zu beheben, habe das Kantonsgericht den Willensvollstrecker Dr. F. Rippmann, der den Erblasser bei der Abfassung des Testamentes beraten habe, als Zeugen einvernommen. Nach dessen Aussage sei es Stokars Wille gewesen, dass Pia Leiber in jedem Falle, ob ihre Tante Theodora vor oder nach dem Erblasser sterbe, in deren Rechte eintreten, mithin Liegenschaften und Kapitalien, und zwar das Barlegat wie das Restvermögen, das gleiche Schicksal haben, also an Pia Leiber übergehen sollten.
D.- In Gutheissung der Berufung der Kläger hat dagegen das Obergericht des Kantons Schaffhausen mit Urteil vom 28. September 1956 die Klage gutgeheissen und (in den hier noch interessierenden Punkten) festgestellt, dass das Testament bezüglich des der Theodora
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Leiber ausgesetzten Barvermächtnisses von Fr. 180'000. - sowie bezüglich des ihr zugewendeten Erbrechts an der Hälfte des Rechtsvermögens kein Nachvermächtnis bezw. kein Nacherbrecht zugunsten der Pia Leiber anordne und daher diese Zuwendungen Stokars zu 5/6 den klagenden Erben der Theodora Leiber zufallen, und zwar das Vermächtnis erbschaftssteuerfrei und mit Verzugszins seit 10. August 1954.Die Vorinstanz führt aus, mit Recht erblickten beide Parteien in der Zuweisung von je Fr. 180'000.-- und der Liegenschaften an die beiden Fräulein Leiber Vermächtnisse, in der Zuwendung des Restvermögens eine Erbeinsetzung. Aus dieser allgemeinen Struktur des Testaments ergebe sich, dass bei Vorabsterben der Theodora Leiber vor dem Erblasser sowohl die Vermächtnisse zu ihren Gunsten als ihr Erbteil der als Alleinerbin verbleibenden Pia Leiber zugefallen wären. Für die Beurteilung der streitigen Frage des Sinnes von Ziff. 2 der Ergänzung dahin, ob sie, wie Ziff. 1 für die Liegenschaft, lediglich eine Ersatzverfügung bezüglich des Restvermögens für den Fall, dass eine der beiden Erbinnen vor dem Erblasser sterbe, oder aber ein Nachvermächtnis und eine Nacherbeneinsetzung zugunsten der Überlebenden enthalte, sei von der Natur der letzwilligen Verfügung als formbedürftigem Rechtsgeschäft auszugehen. Es könne nur der im Testament erklärte Wille des Erblassers Rechtswirkungen haben. Eine Ergänzung der im Testament erklärten Anordnungen, etwa auf Grund nachgewiesener mündlicher Äusserungen des Erblassers, sei nicht statthaft. Eine Auslegung des Testaments sei nicht angängig, wenn dessen Wortlaut klar sei, sofern nicht ein abweichender wirklicher Wille - analog dem Falle des Art. 18 Abs. 1 OR - unter unrichtiger Bezeichnung doch klar zu ermitteln sei. Rechtswirksam werde der Wille des Testators auch dann, wenn er in der Verfügung nur unvollkommen, andeutungsweise und nicht zweifelsfrei ausgedrückt sei; ja es genüge dabei u. U. auch ein dem Erblasser nicht voll bewusster,
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gewissermassen latenter Wille. Die Auslegung als Ermittlung des erklärten Willens ziele auf die Feststellung eines "innern", in der Person des Verfügenden verwirklichten historischen Sachverhaltes. Es dürften dabei alle schlüssigen Tatsachen zu Hilfe gezogen werden, auch wenn sie aus dem Testament nicht ersichtlich seien.In casu lasse der Wortlaut der streitigen Ziff. 2 der "Ergänzung", ohne den Zusammenhang mit der Ziff. 1 und das einleitende Wort "Ebenso" betrachtet, die Annahme sowohl einer Ersatzverfügung als einer Nacherbeneinsetzung zu; denn die Bezeichnung "die Überlebende der beiden Fräulein Leiber" lasse offen, ob der Fall des Überlebens der einen gegenüber der andern als vor oder nach dem Tode des Erblassers eintretend gedacht sei. Bezüglich der von Ziff. 2 erfassten Nachlasswerte spreche der Wortlaut für die These der Kläger, dass die Barvermächtnisse von je Fr. 180'000.-- nicht darunter fielen, weil der Testator damit über diese Mittel "ausdrücklich verfügt" habe. Wenn das Kantonsgericht nur die ausdrücklichen Verfügungen zugunsten Dritter vorbehalten wolle, so scheine das auf eine unzulässige Ergänzung des Testamentsinhalts hinauszulaufen. Die Frage könne jedoch offen bleiben, wenn Ziff. 2 nur eine - nicht aktuell gewordene - Ersatzverfügung enthalte. Zu beachten sei, dass die "Ergänzung" gleichsam eine Nachschrift zum Testament bilde, ferner dass der Erblasser im Einleitungssatz sage, er füge "folgende Bestimmung", also eine Bestimmung hinzu. Wesentlich sei aber, dass Ziff. 2 mit dem Worte "Ebenso" anfange, womit nach Sprachgebrauch klar sei, dass damit die Anordnung in Ziff. 2 derjenigen in Ziff. 1 analog an die Seite gestellt sei. Angesichts dieses engen Zusammenhangs mit Ziff. 1 gehe der Sinn der Ziff. 2 dahin: ebenso wie ich die Überlebende der beiden Fräulein, falls eines derselben vor mir sterben sollte, als die alleinige Vermächtnisnehmerin der Liegenschaften einsetze, soll diese Überlebende auch den ganzen Bestand an Kapitalien etc. ... zugeteilt erhalten. Die Auslegung
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der Beklagten und des Kantonsgerichts, in Ziff. 2 eine Ersatz- und Nachverfügung zu erblicken, widerspreche völlig dem allgemeinen Sprachgebrauch, eine Rückverweisung durch das einleitende Wort "Ebenso" auf das unmittelbar Vorangehende zu beziehen. Die Rückverweisung erscheine umso mehr auf Ziff. 1 beschränkt, als der Nachtrag redaktionell eine Einheit bilde. Es gehe somit nicht an, auf Grund des Textes eine gleichzeitige Rückverweisung auf einen weitern, im Testament viele Seiten vorher unter Ziff. 3 behandelten Überlebensfall anzunehmen. Der Wortlaut der streitigen Anordnung sei so klar, dass die sich daraus ergebenden Folgerungen nicht widerlegt werden könnten durch Überlegungen über den "innern Willen" des Testators auf Grund von anderweitigen Indizien und Zeugenaussagen.Das Obergericht nimmt sodann trotzdem der Vollständigkeit halber diese Beweiswürdigung, namentlich anhand der Zeugenaussagen des Vertrauten und Helfers des Testators bei der Abfassung des Testamentes, Dr. F. Rippmann, noch vor, mit dem Ergebnis, es müsse angenommen werden, dass der Erblasser tatsächlich den Willen gehabt habe, auch bezüglich der den beiden Fräulein Leiber zugewendeten Barvermächtnisse und Restkapitalien ein gegenseitiges Nachvermächtnis bezw. eine Nacherbschaft anzuordnen.
Entscheidend sei indessen, dass er diesen Willen im Testament nicht zum Ausdruck gebracht habe; Ziff. 2 des Nachtrags enthalte, wie dargetan, ganz offenbar nur eine Ersatzverfügung mit Bezug auf Fahrnisvermögen, wie Ziff. 1 eine solche bezüglich der Liegenschaften. Daher falle das Barlegat von Fr. 180'000.-- sowie der Erbteil des halben Restvermögens der Theodora Leiber an deren Erben, nicht an Pia Leiber.
Da das erbschaftssteuerfreie Legat von Fr. 180'000. - der Theodora Leiber an sich zur Auszahlung an ihre Erbengemeinschaft fällig und der Anspruch der Kläger darauf beim Willensvollstrecker am 9. August 1954 formell
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erhoben worden sei, trete die Verzugsfolge der Verzinsung von jenem Zeitpunkt an ein.
E.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung der Beklagten Pia Leiber mit dem Antrag auf Abweisung der Klagebegehren Disp. 5 und 6, aus den vor den Vorinstanzen geltend gemachten Gründen.
Die Kläger tragen auf Bestätigung des Urteils an.
F.- Die Beklagte Pia Leiber sowie ihre anfänglich mitbeklagten vier Geschwister haben gegen das obergerichtliche Urteil die kantonale Kassationsbeschwerde erhoben, die sich aber nur gegen dessen Kosten- und Entschädigungsdispositive (7 und 8) richtet. Daher wurde die Streitsache mit Recht - in Abweichung von Art. 57 Abs. 1 OG - zuerst dem Bundesgericht zur Beurteilung der Berufung zugestellt.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. a) Bei seiner Beurteilung der Tragweite der allein noch streitigen Ziff. 2 des Nachtrages hat sich das Obergericht an die richtigen, von ihm zutreffend umschriebenen Grundsätze und Richtlinien gehalten. Für die Auslegung eines Testamentes ist vom Wortlaut desselben auszugehen. Der Text verkörpert allein den rechtsgültigen letzten Willen des Erblassers. Wenn der Text des Testamentes, für sich betrachtet und aus sich selbst erklärt, klar ist, so hat es bei dieser Aussage zu bleiben; dann geht es nicht an, aus Elementen und Umständen, die im Testamente keinen Niederschlag gefunden haben, Rechtsfolgerungen zu ziehen und auf diese Weise etwas in dasselbe hineinzuinterpretieren, was nicht darin steht. Was der Erblasser allenfalls mit Bezug auf seinen Nachlass gedacht, gewünscht und sich vorgestellt hat, ist rechtlich nur insoweit relevant, als es im formbedürftigen Testament formgültig zum Ausdruck gelangt ist. Nur wenn Testamentsbestimmungen der Klarheit in dem Masse entbehren, dass sie ebensogut im einen wie im andern Sinne ausgelegt werden können, dürfen anderweitige Äusserungen des
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Testators, Aussagen eines Beraters u. dgl. zur Interpretation herangezogen werden (BGE 64 II 187, BGE 69 II 382, BGE 70 II 13, BGE 72 II 232, BGE 75 II 284; ESCHER, Vorbem. zum 14. Titel, N. 13, PICENONI, Auslegung von Testament und Erbvertrag, S. 46).Im vorliegenden Fall ist der Auffassung des Obergerichtes beizupflichten, dass der Wortlaut der Nachtragsbestimmung sowohl für sich als im Zusammenhang mit dem Testament als Ganzem betrachtet einen durchaus klaren und vernünftigen Sinn ergibt.
b) In den die beiden Hauptbedachten, Theodora und Pia Leiber betreffenden Verfügungen des Haupttestamentes geht der Erblasser von der Voraussetzung aus, dass jene beiden ihn überleben werden. Dies geht - abgesehen von der allgemeinen Bedingung des Erlebens des Erbganges für Erben und Legatare gemäss Art. 542/3 ZGB - auch daraus hervor, dass der Testator beim Vermächtnis des Grundbesitzes an die beiden Legatarinnen den Art. 652 ZGB betr. Gesamteigentum erwähnt und nur gemeinsamen Verkauf erlaubt (Ziff. 3). Wo er den Fall ins Auge fasst, dass "das eine der Fräulein" stirbt und eine "Überlebende" vorhanden ist (Ziff. 2 i. f., Ziff. 3), ist immer nur an den Ablauf der Dinge gedacht, der angesichts des Alters der drei beteiligten Personen als der natürrliche erschien, nämlich dass die beiden Bedachten zunächst den Erblasser überleben werden und dann in der Folge eine von ihnen wegsterben werde. Diesen Fall sieht das Haupttestament vor und trifft Anordnungen dafür mit Bezug auf den Grundbesitz und den Erlös aus allfällig vorher verkauften Teilen desselben (Ziff. 3), sowie auf die "übrigen Mobilien" etc., die im Hause bleiben sollen (Ziff. 2 i. f.). Diese Anordnungen sind mithin Nachvermächtnisse (Art. 488 Abs. 3 ZGB).
Nach der Niederschrift und Unterzeichnung dieses Testamentes kam es offenbar dem Erblasser oder seinem Berater in den Sinn, dass es mit dem Sterben nicht immer dem Alter nach geht. Er fügte daher eine "Ergänzung"
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an, in welcher er den Fall ins Auge fasst, dass eine der beiden Bedachten vor ihm sterben würde. In diesem Falle sollten gemäss Ziff. 1 die Liegenschaften gänzlich der andern, überlebenden zufallen; "ebenso" gemäss Ziff. 2 der ganze Bestand an Kapitalien, Hausrat und persönlichen Effekten, über die der Testator nicht im Testament ausdrücklich verfügt hat. Damit stellt Ziff. 1 des Nachtrags ein Ersatzvermächtnis gegenüber Ziff. 1, 2 und 3 des Haupttestaments dar, eben für den Fall, dass das dort vorausgesetzte Überleben beider Legatarinnen (gegenüber dem Erblasser) nicht zur Tatsache würde, sondern die eine derselben vor dem Testator sterben sollte; und in Ziff. 2 des Nachtrags ist gegenüber den Bestimmungen bezüglich der nicht in Liegenschaften bestehenden Zuwendungen, insbesondere des Restvermögens (Ziff. 43), für den gleichen Fall - Tod der einen Haupterbin vor dem Erblasser - eine Ersatz-Erbeneinsetzung verfügt (Art. 487 ZGB). Bei unbefangener Lektüre dieser Bestimmungen kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Nachtragsbestimmungen beide unter der gleichen Voraussetzung stehen, nämlich dass eine der beiden Hauptbedachten vor dem Erblasser sterben würde. Dies gilt für Ziff. 1, wo es ausdrücklich gesagt ist, aber ebenso klar auch für Ziff. 2. Dies ergibt sich, wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, aus dem Eingangsworte "ebenso", das auf die unmittelbar vorausgehende Ziff. 1 zurückverweist und damit selbstverständlich auf die Hauptvoraussetzung dieser Bestimmung, das Vorversterben der einen Bedachten vor dem Erblasser. Es ergibt sich auch aus den Worten in Ziff. 2 "die Überlebende der beiden Fräulein Leiber", womit nach dem Zusammenhange das gleiche bezw. die gleiche gemeint ist wie mit dem genau gleichen Ausdruck in Ziff. 1, nämlich diejenige Bedachte, welche die andere überlebt, bevor der Erblasser stirbt. Freilich bedeutet der Begriff "die Überlebende der beiden Fräulein Leiber" an sich im ganzen Testament nur: diejenige, welche die andere überlebt; jedoch ist dieses Überleben im Nachtrag als BGE 83 II 427 S. 438
vor dem Tode des Erblassers, in Ziff. 2 i. f. und Ziff. 3 des Haupttestaments dagegen nach demselben gedacht, und insofern ist die Überlebenssituation beidemal eine andere. Fraglos ist die in Ziff. 2 des Nachtrags gemeinte Situation diejenige der unmittelbar vorhergehenden Ziff. 1, nicht die davon verschiedene fünf Seiten weiter vorn im Testament. Die Auffassung des Kantonsgerichts, man könne in Ziff. 2, ebensogut wie eine Bezugnahme auf Ziff. 1, eine Gleichstellung der Kapitalien mit den Liegenschaften sehen in dem Sinne, dass die Kapitalien überhaupt das Schicksal der Liegenschaften teilen sollen und zwar beim Tode einer der Bedachten sowohl vor als nach dem Erblasser, lässt sich nicht vertreten, ohne dass die Systematik des Haupttestamentes ihres Sinnes beraubt würde; denn dann wäre nicht einzusehen, wieso der Erblasser den Fall des Absterbens einer Legatarin nach ihm im Haupttestament ausführlich vorgesehen hätte, nämlich in Ziff. 3, aber hier das Nachvermächtnis ganz eindeutig nur für die Liegenschaften (und allfälligen Verkaufserlös aus solchen) angeordnet hätte. Dass anderseits Ziff. 2 in Verbindung mit Ziff. 1 des Nachtrags eine solche Gleichbehandlung von Liegenschaften und übrigem Vermögen in beiden Überlebenssituationen als gewollt erscheinen lasse, verträgt sich nicht nur nicht mit dem Wortlaut der Ziff. 1 ("vor mir sterben"); wollte man darin neben der klaren Ersatz- auch eine Nachverfügung erblicken, so läge darin bezüglich der Liegenschaften eine Wiederholung der bereits in Ziff. 3 viel präziser getroffenen Anordnung. Dann wäre wieder nicht erklärlich, wieso der Testator die Ziff. 3 so bestimmt auf die Liegenschaften beschränkt hätte.Nach Wortlaut und Systematik des Testamentes liegt mithin dem ganzen Nachtrag, sowohl Ziff. 2 als Ziff. 1, die Annahme zugrunde, dass die eine der Hauptbedachten vor dem Testator sterbe.
Es kann daher offen bleiben, ob unter die in Ziff. 2 des Nachtrags erwähnten "Kapitalien..., über die ich nicht
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ausdrücklich im Testament verfügt habe", das Legat von Fr. 180'000.-- fiele oder nicht.Angesichts des klaren und in sich widerspruchslosen Wortlautes des Testaments erübrigt es sich, auf Grund aussertestamentarischer Umstände und Zeugenaussagen nach einem davon abweichenden "wahren Willen des Erblassers" zu forschen. Die Feststellung der beiden Vorinstanzen, es müsse angenommen werden, dass der Testator tatsächlich den Willen hatte, bezüglich der Barvermächtnisse und der Restkapitalien ein gegenseitiges Nachvermächtnis bezw. eine Nacherbschaft anzuordnen, ist freilich für das Bundesgericht verbindlich. Sie ist aber ohne Belang; denn dieser Wille hat im Testament keinen Ausdruck gefunden.
Die danach vorhandene Diskrepanz macht indessen das Testament nicht zu einem wegen Irrtums anfechtbaren oder richtigzustellenden. Weder hat sich der Testator über irgend einen für seine Anordnungen wesentlichen Sachverhalt im Irrtum befunden (Art. 469 Abs. 1 ZGB) noch im Testament eine Person oder Sache irrtümlich bezeichnet (Abs. 3; vgl. BGE 50 II 335, BGE 64 II 190, BGE 72 II 230 Erw. 2).
Nachdem die Voraussetzung des ganzen Nachtrags - Versterben einer Bedachten vor dem Testator - nicht eingetreten ist, fällt der Nachtrag ausser Betracht, und die Ansprüche der beiden Bedachten am Nachlass Stokar richten sich ausschliesslich nach den Bestimmungen des Haupttestaments, namentlich den Ziff. 1, 2, 3 und 43. Eine Nachverfügung besteht somit nur gemäss Ziff. 2 i.f. ("übrige Mobilien" etc.) und Ziff. 3 (Liegenschaften), nicht aber mit Bezug auf die Barlegate von Fr. 180'000.-- und das Restvermögen gemäss Ziff. 43. Das Vermächtnis und die Restvermögenshälfte der Theodora Leiber fallen daher in deren Nachlass.
2. Den Anspruch auf Verzugszins von 5/6 des Barvermächtnisses der Theodora Leiber haben die Kläger damit begründet, dass der Willensvollstrecker mit der
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Auszahlung des Betrages von Fr. 150'000.-- in Verzug geraten sei. Die Vorinstanz hat den Anspruch geschützt mit der Begründung, das erbschaftssteuerfreie Barlegat sei an sich zur Auszahlung fällig, und anspruchsberechtigt sei die Erbengemeinschaft der Theodora Leiber; nachdem aber die Erben des Stammes Eduard Leiber (Pia und Geschwister) nicht gewillt gewesen seien, den Anspruch auf Auszahlung des Vermächtnisses gegenüber dem Willensvollstrecker geltend zu machen, seien die Kläger mindestens befugt, ihren quotalen Anteil herauszuverlangen. Ihr Anwalt habe den Anspruch bereits am 25. Juni 1954 und ein zweites Mal mit Schreiben vom 9. August 1954 an den Willensvollstrecker angemeldet; damit sei die Verzugsfolge ab 10. August 1954 eingetreten und der Verzugszins ab diesem Datum begründet.Die Berufungsklägerin erblickt hierin eine Verletzung der Bestimmung von Art. 602 ZGB. Sie macht geltend, bis zur Teilung bestehe zwischen sämtlichen Erben eine Erbengemeinschaft. Als Gesamteigentümer könnten die Erben über den Nachlass nur gemeinsam verfügen. Da die Kläger nur 5/6 der Erbengemeinschaft verträten, seien sie vor der Teilung nicht herausgabeberechtigt; bis zu diesem Zeitpunkte seien auch die - noch streitigen - Erbteile noch nicht in ihrem Umfange festgestellt und könnten darum nicht fällig sein. Ein Anspruch auf Herausgabe und damit eine Inverzugsetzung des Besitzers des Nachlasses sei darum erst nach erfolgter Teilung möglich. Zudem müsste ein solcher Anspruch sich nicht gegen die Beklagte richten, sondern gegen den Willensvollstrecker, welcher allein die Verfügungsgewalt über den Nachlass Stokar besitze. Übrigens unterlägen die Nachlässe Stokar und Theodora Leiber nach wie vor der Sperre der Schweizerischen Verrechnungsstelle; solange keine Bewilligung zur Auszahlung vorliege, sei ein Verzug des Willensvollstreckers wie der Beklagten ausgeschlossen. Die Zusprechung von Verzugszinsen widerspreche überdies der vom Obergerichte vertretenen Auffassung, dass die vorliegende
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Klage eine blosse Feststellungsklage sei; nur bei einer vom Obergerichte ausgeschlossenen Erbschaftsklage wären solche möglich.a) Die Vorinstanz hat indessen auch mit Bezug auf dieses Rechtsbegehren betr. Verzugszinse den Charakter als Feststellungsklage betont und die Gutheissung desselben im Dispositiv 5 lit. c auch nur in der Form einer Feststellung, nicht etwa einer Verpflichtung der Beklagten zur Leistung, ausgesprochen. Deshalb ist auch der Einwand, die Klage hätte sich gegen den Willensvollstrecker als Besitzer des Nachlasses richten sollen, unbehelflich. Übrigens wäre der Einwand auch gegenüber einer Forderungsklage nicht zu schützen. Auch wenn sich die beklagte Erbin nicht im Besitze der Erbschaft befindet, sondern diese vom Willensvollstrecker verwaltet wird, ist doch sie die mit den Legaten Beschwerte und haftet, da sie die Erbschaft angetreten hat, für deren Ausrichtung. Die Legatare haben einen persönlichen Anspruch hierauf (Art. 562 Abs. 1 ZGB) und sind Gläubiger hiefür (Vgl. BGE 59 II 122 E. 1; BGE 69 II 384 E. 4; SJZ 14, S. 88 Nr. 67).
b) Dieser Anspruch wird gemäss Art. 562 Abs. 2 ZGB fällig, sobald der Beschwerte die Erbschaft angenommen hat oder sie nicht mehr ausschlagen kann, was in casu längst (seit 1946) der Fall ist. Schon mit diesem Zeitpunkte war ein bestimmter Verfalltag gegeben, der nach Analogie von Art. 102 Abs. 2 OR in Verbindung mit Art. 7 ZGB ohne weitere Mahnung den Verzug der Beschwerten herbeiführte; jedenfalls aber sind Verzugszmse spätestens von der Mahnung an zu bezahlen (TUOR, zu Art. 562 N. 10). Eine solche hat, nach Feststellung der Vorinstanz, der Anwalt der Kläger am 9. August 1954 erlassen, sodass spätestens vom 10. August 1954 an der Anspruch auf Verzugszinsen besteht. Dem stände es auch nicht entgegen, wenn der Anspruch auf das Legat noch nicht liquid wäre und erst später definitiv festgestellt werden könnte (vgl. BECKER, zu Art. 102 OR, N. 27).
BGE 83 II 427 S. 442
c) Der Umstand, dass das Vermächtnis der Theodora Leiber ihrer ganzen Erbengemeinschaft von sechs Geschwisterstämmen zusteht, kann der Klage der bloss fünf Stämme nicht entgegengehalten werden. Wenn ein Miterbe aus einer Erbengemeinschaft darauf verzichtet, eine Mahnung zu erlassen, so kann dies die übrigen nicht hindern, es für ihre Anteile zu tun; denn darin liegt nicht eine "Verfügung" über die Erbschaftssache (das Legat der Theodora Leiber), für die es des gemeinsamen Handelns aller bedürfte (Art. 602 Abs. 2 ZGB).
d) Ebensowenig stand die Sperre seitens der Schweiz. Verrechnungsstelle der Inverzugsetzung entgegen. Es handelt sich dabei nicht um ein absolutes behördliches Zahlungsverbot. Vielmehr hätten Zahlungen zu gunsten der Erben der Theodora Leiber jederzeit auf Konto Zahlungssperre bei der Schweizerischen Nationalbank erfolgen können (Art. 1 BRB vom 27. April 1945, AS 61, S. 267), oder mit Genehmigung der Schweizerischen Verrechnungsstelle auf andere Weise (Art. 7 BRB vom 16. Februar 1945, AS 61, S. 85), wie z.B. auf ein gesperrtes Konto bei einer andern schweizerischen Bank (Art. 4 Verfügung des EPD vom 27. Juni 1947, AS 63, S. 787), und einer solchen Zahlung zugunsten deutscher Gläubiger wäre zivilrechtlich befreiende Wirkung zugekommen (Art. 11 Abs. 3 BRB vom 6. März 1953, AS 1953, S. 137), die Schuldnerin somit nicht in Verzug geraten.
e) Schliesslich liegt den gesetzlichen Bestimmungen über die Verzugszinsen der Gedanke zu Grunde, dass derjenige, der eine fällige Schuld nicht zahlt, also Geld zurückhält, mit diesem unterdessen arbeiten könne, aber dem Gläubiger verunmögliche, dies zu tun, weshalb diesem in Gestalt des Verzugszinses ein Schadenersatz gebühre. Im vorliegenden Falle wäre es stossend, wenn die Erben der Legatarin mehr als elf Jahre nach dem Tode des Erblassers das Legat im damaligen Wert annehmen müssten, während das Geld doch offenbar inzwischen irgendwo zugunsten der beschwerten Erbin am Zins lag.
BGE 83 II 427 S. 443
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 28. September 1956, soweit angefochten, bestätigt unter Vorbehalt des Entscheides über die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde bezüglich des Kostenspruches (Dis. 7 und 8).
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