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Urteilskopf

86 II 121


20. Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. April 1960 i.S. Popper gegen Intercontinentale AG für Transport- und Verkehrswesen.

Regeste

Art. 50 OG.
Ein Erkenntnis ist nicht schon dann Endentscheid, wenn es einen neuen Prozess zwischen den gleichen Parteien um den gleichen materiellen Anspruch unwahrscheinlich, sondern nur, wenn es ihn unzulässig macht.

Sachverhalt ab Seite 121

BGE 86 II 121 S. 121

A.- Rechtsanwalt Dr. Gander erwirkte am 1. Dezember 1953 in Zürich im Namen der Intercontinentale AG für Transport- und Verkehrswesen, deren Sitz sich in Budapest befindet, einen Arrest auf ein Guthaben des damals in Paris, jetzt in Tel Aviv wohnenden Alexander Popper und klagte in der Folge gegen diesen beim Bezirksgericht Zürich namens der Arrestnehmerin auf Zahlung von Fr. 32'584.54 nebst Zins, Arrest- und Betreibungskosten. Er berief sich auf eine Vollmacht, die ihm Alfons Behmann als Verwaltungsrat und Generaldirektor und Johann Koppándy als Direktor der Klägerin am 24. März 1954 erteilt hatten. Der Prozess wurde namens der Klägerin von Rechtsanwalt Dr. Gayler fortgesetzt, dem am 6. Januar 1956 Behmann und Koppándy und am 13. Januar 1956 durch Kollektivunterschrift einerseits mit Behmann und anderseits mit Koppándy auch noch Werner Storm als Mitglied des Verwaltungsrates der Klägerin Vollmacht erteilten.
Der Beklagte anerkannte die Rechts-, Partei- und Prozessfähigkeit der Klägerin sowie deren Aktivlegitimation,
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bestritt dagegen, dass Behmann, Koppándy und Storm in den Jahren 1954 bzw. 1956 noch berechtigt gewesen seien, die Klägerin durch ihre Unterschrift zu verpflichten und für sie Vollmacht zur Prozessführung zu erteilen. Er machte geltend, die Klägerin sei nach dem zweiten Weltkriege verstaatlicht worden und befinde sich seit 13. Februar 1950 in Liquidation. Diese werde seit 16. April 1951 von der ungarischen Geldinstitutzentrale besorgt.

B.- Das Bezirksgericht trat auf die Klage nicht ein. Das Obergericht des Kantons Zürich wies den gegen diesen Beschluss gerichteten Rekurs der Klägerin zunächst ab. Auf einen Rückweisungsentscheid des kantonalen Kassationsgerichtes hin entschied es am 21. Mai 1959 in gegenteiligem Sinne, hob den Beschluss des Bezirksgerichtes auf und wies dieses an, auf die Klage materiell einzutreten. Es führte mit eingehender Begründung aus, der Beklagte anerkenne, dass Koppándy jedenfalls bis 21. Juni 1945 und Behmann und Storm auf alle Fälle bis 19. Juli 1945 für die Klägerin zeichnungsberechtigt gewesen seien, und zwar je zu zweit. Der Beklagte müsse daher dartun, dass ihre Vertretungsbefugnis auf rechtmässige, auch in der Schweiz anzuerkennende Weise untergegangen sei. Das Obergericht hielt nicht für bewiesen, dass Behmann, Koppándy und Storm zwischen Juni und Oktober 1945 von der Generalversammlung der Aktionäre abberufen worden seien. Die weitere Behauptung des Beklagten, sie seien im Handelsregister gestrichen worden, weil sie entgegen einer von der ungarischen Regierung im Jahre 1945 erlassenen Verordnung nicht an den Sitz der Gesellschaft zurückgekehrt seien, erachtete es als unerheblich, weil diese Verordnung als nicht dem Schutze privater Interessen dienendes öffentliches Recht in der Schweiz nicht angewendet werden könne. Auch die entschädigungslose Enteignung der Aktien durch den ungarischen Staat von 1947 oder später und die Einsetzung der Geldinstitutzentrale als Liquidatorin müssten unbeachtet bleiben, denn sie widersprächen der schweizerischen öffentlichen Ordnung. Behmann, Koppándy und
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Storm hätten mit Bezug auf Auslandguthaben der Klägerin noch als vertretungsberechtigt zu gelten.
Der Beklagte führte gegen den Entscheid des Obergerichts vom 21. Mai 1959 kantonale Nichtigkeitsbeschwerde. Das Kassationsgericht wies sie am 25. Januar 1960 ab, soweit es auf sie eintrat.

C.- Der Beklagte ficht den Entscheid des Obergerichts vom 21. Mai 1959 mit der Berufung an. Er beantragt dem Bundesgericht, die Klage abzuweisen, eventuell sie von der Hand zu weisen, subeventuell das Obergericht zu verhalten, ein Beweisverfahren über die Zeichnungsberechtigung von Behmann, Koppándy und Storm durchzuführen.
Dr. Gayler beantragt namens der Klägerin, auf die Berufung nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Berufung richtet sich gegen einen selbständigen Vorentscheid. Gegen solche Entscheide ist sie ausnahmsweise zulässig, wenn dadurch sofort ein Endentscheid herbeigeführt und ein so bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann, dass die gesonderte Anrufung des Bundesgerichts gerechtfertigt erscheint (Art. 50 Abs. 1 OG).
Endentscheid, der allenfalls durch die Berufung sofort muss herbeigeführt werden können, ist nicht jedes den Prozess beendende Erkenntnis, sondern nur ein Entscheid, durch den entweder über den materiellen Anspruch geurteilt oder dessen Beurteilung aus einem Grunde abgelehnt wird, der endgültig verbietet, dass der gleiche Anspruch zwischen den gleichen Parteien nochmals geltend gemacht werde (BGE 84 II 229 ff.). Diese Voraussetzung ist nicht schon erfüllt, wenn es nach den Umständen ausgeschlossen oder unwahrscheinlich ist, dass der materielle Anspruch erneut Gegenstand eines Prozesses werde. Nur die rechtliche Unmöglichkeit, ihn unter den gleichen Parteien nochmals einzuklagen, macht ein Erkenntnis zum Endentscheid. Sie liegt im Falle uneinlässlicher Ablehnung einer
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Klage z.B. dann vor, wenn der Richter die Rechts- oder Parteifähigkeit des Klägers verneint (BGE 31 II 168 ff., BGE 50 II 210) oder wenn er die auf Nichtzulassung einer kollozierten Forderung abzielende Klage eines Konkursgläubigers wegen Zustandekommens eines Nachlassvertrages und Widerrufs des Konkurses abschreibt (BGE 49 III 195 f.).
Das Obergericht hat nur darüber entschieden, ob Dr. Gander und Dr. Gayler von Behmann, Koppándy und Storm namens der Klägerin gültig bevollmächtigt worden seien. Das ist eine prozessuale Vorfrage (BGE 50 II 209, BGE 84 II 230 f.; Zürcher ZPO § 129). Wenn das Bundesgericht sie verneinen würde, wäre der Prozess beendet, aber weder über die eingeklagte Forderung entschieden, noch der Klägerin rechtlich verwehrt, gegen den Beklagten nochmals auf Zahlung des angeblich geschuldeten Betrages zu klagen. Da die Klägerin unbestrittenermassen rechts-, partei- und prozessfähig ist, könnten für sie nach der Verneinung der Zeichnungsberechtigung von Behmann, Koppándy und Storm andere zur Vertretung befugte Personen Prozessvollmacht erteilen, z.B. die von den ungarischen Behörden als Liquidatorin bezeichnete Geldinstitutzentrale. Ob das voraussichtlich unterbliebe, wie der Beklagte glaubt, ist unerheblich. Die rechtliche Zulässigkeit eines neuen Prozesses zwischen den gleichen Parteien um den gleichen Anspruch schliesst es aus, in einem Erkenntnis, das lediglich Behmann, Koppándy und Storm und den von ihnen beauftragten Rechtsanwälten die Vertretungsmacht abspräche, einen Endentscheid zu sehen.
Auf die Berufung kann daher nicht eingetreten werden, ohne dass etwas darauf ankäme, ob andernfalls ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden könnte.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird nicht zugelassen, und in diesem Sinne wird auf sie nicht eingetreten.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Dispositiv

Referenzen

BGE: 84 II 229, 84 II 230

Artikel: Art. 50 OG, Art. 50 Abs. 1 OG