BGE 90 II 274
 
32. Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. Oktober 1964 i.S. Y gegen X.
 
Regeste
Haftung eines freierwerbenden Notars für den durch fehlerhafte Beurkundung eines Grundstückskaufs verursachten Schaden.
2. Widerrechtliches Verhalten des Notars.
a) Verletzung von Vorschriften des kantonalen öffentlichen Rechts? Die Feststellung der Vorinstanz, dass der Notar solche nicht verletzt hat, ist für das Bundesgericht verbindlich. (Erw. 4).
b) Verletzung von Pflichten, die sich aus dem bundesrechtlichen Begriff der öffentlichen Beurkundung ergeben (unrichtige Angabe der bestehenden Grundpfandbelastung; Nichterwähnung der Pflicht des Verkäufers, vor der Eigentumsübertragung eine Änderung dieser Belastung herbeizuführen). (Erw. 5-7).
3. Verschulden des Notars (Erw. 8). Herabsetzung der Ersatzpflicht wegen Mitverschuldens des Geschädigten; Art. 44 Abs. 1 OR. (Erw. 9).
 
Sachverhalt


BGE 90 II 274 (276):

A.- Am 11. Juni 1956 verkaufte Y dem Z die Liegenschaft A. Dabei wurde vereinbart, der Kaufpreis sei zum Teil mit demjenigen für die Liegenschaft B, die Z dem Y verkaufen sollte, zu verrechnen.
B.- Am 12. Juni 1956 beurkundete Notar X einen Kaufvertrag, wonach Z seine Liegenschaft B zu Fr. 170'000.-- an Y verkaufte. Dieser Vertrag führte im Anschluss an die Bezeichnung der Liegenschaft und an die Feststellung, dass keine Dienstbarkeiten und Grundlasten vorhanden seien, drei Grundpfandrechte im Gesamtbetrage von Fr. 130'000.-- auf, nämlich zwei Schuldbriefe im 1. Rang über Fr. 95'000.-- bezw. Fr. 5000.-- und und einen Schuldbrief im 2. Rang (mit Nachrückungsrecht) über Fr. 30'000.--. Der Kaufpreis sollte durch Übernahme dieser Grundpfandschulden und durch Verrechnung von Fr. 40'000.-- mit der Forderung des Y aus dem Kaufvertrag über die Liegenschaft A getilgt werden.
C.- Während die Liegenschaft A ins Eigentum von Z überging, wurde der Kaufvertrag über die Liegenschaft B nicht zur Eintragung ins Grundbuch angemeldet, weil die darin enthaltenen Angaben über die Grundpfandrechte mit dem Grundbuch nicht übereinstimmten. Laut Grundbuchauszug vom 9. Juni 1956 bestanden Grundpfandrechte für insgesamt Fr. 135'585.--, nämlich der im Vertrag erwähnte Schuldbrief im 1. Rang über Fr. 95'000.--, ein Schuldbrief im 2. Rang (mit Nachrückungsrecht) über Fr. 32'000.-- (nicht Fr. 30'000.--) und ein im 3. Rang stehendes Bauhandwerkerpfandrecht über Fr. 8585.--. Die Grundpfandrechte dem Vertrag oder den Vertrag den Eintragungen im Grundbuch anzupassen, gelang nicht.
D.- Am 6. Oktober 1956 wurde über Z der Konkurs eröffnet. Die Liegenschaft B fiel wie die Liegenschaft A in die Masse. Die Forderung von Fr. 40'000.--, die Y anmeldete, wurde auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs mit dem Betrage von Fr. 25'000.-- zugelassen. Darauf entfiel eine Konkursdividende von 15,83% =

BGE 90 II 274 (277):

Fr. 3957.50, so dass ein Betrag von Fr. 21'042.50 ungedeckt blieb.
E.- Am 28. Juni 1962 leitete Y gegen Notar X Klage auf Schadenersatz im Betrage von Fr. 20'000.-- ein. Er machte geltend, der Beklagte habe durch die unrichtige Darstellung der Grundpfandbelastung im Kaufvertrage vom 12. Juni 1956 verschuldet, dass dieser nicht eingetragen werden konnte und die Liegenschaft B nicht in sein Eigentum überging, sondern in die Konkursmasse fiel; der Beklagte hafte ihm daher für seinen Schaden, der Fr. 40'000.-- "abzüglich Dividende 15% Fr. 6000.--", also Fr. 34'000.-- betrage; hievon fordere er nur Fr. 20'000.--, da nur für diesen Betrag die Verjährung durch Betreibungen unterbrochen worden sei.
Mit Urteil vom 20. Dezember 1963 hat das obere kantonale Gericht die Klage abgewiesen, weil den Beklagten kein Verschulden treffe.
F.- Gegen dieses Urteil hat der Kläger die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Er beantragt, der Beklagte sei zur Zahlung von Fr. 20'000.-- nebst 5% Zins seit 1. Juli 1956 zuzüglich Kosten des Zahlungsbefehls zu verurteilen; eventuell sei die Sache zur Aktenergänzung und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung.
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die öffentliche Beurkundung, die nach dem Bundeszivilrecht Gültigkeitserfordernis des Grundstückkaufs und zahlreicher anderer Rechtsgeschäfte ist, stellt eine Handlung der sog. freiwilligen oder nicht streitigen Gerichtsbarkeit dar. Ihre Organisation ist also eine staatliche Aufgabe, die nach Art. 55 des Schlusstitels des ZGB den Kantonen obliegt. Hieraus folgt, dass die Beziehungen zwischen der Urkundsperson und den Parteien des zu beurkundenden Geschäfts, soweit sie die Beurkundung

BGE 90 II 274 (278):

zum Gegenstand haben, nicht den Vorschriften des OR über den Auftrag, sondern grundsätzlich dem kantonalen öffentlichen Recht unterstehen, und zwar gilt dies auch dann, wenn das kantonale Recht, wie es für das hier massgebende zutrifft, mit der öffentlichen Beurkundung nicht einen Beamten, sondern einen freierwerbenden Notar (oder Anwalt) betraut hat (BGE 49 II 434 f.; vgl. auch BGE 73 I 372, BGE 83 I 86 f.).
Die Haftung eines freierwerbenden Notars für den Schaden, den er bei der öffentlichen Beurkundung eines Vertrages den Vertragsparteien verursacht, richtet sich also nicht nach Art. 398 OR. Vielmehr greift Art. 61 OR Abs. 1 ein, wonach der Bund und die Kantone befugt sind, über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten zum Ersatz des Schadens, den sie bei Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende (d.h. von Art. 41 ff. OR verschiedene) Bestimmungen aufzustellen. Der Notar fällt nach der weiten Auslegung, die der Begriff der öffentlichen Beamten und Angestellten im Sinne von Art. 61 OR in Lehre und Rechtsprechung erfahren hat, auch dann unter diesen Begriff, wenn er nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Staate steht, sondern seinen -Beruf selbständig ausübt (BGE 49 II 434; OSER/SCHÖNENBERGER N. 12 und BECKER N. 7 zu Art. 61 OR).
Bundesrechtliche Vorschriften über die Haftung der Notare für den bei Vornahme einer öffentlichen Beurkundung verursachten Schaden bestehen nicht. Hat auch der in Frage stehende Kanton diese Haftung nicht geregelt, so sind nach Art. 61 Abs. 1 OR unabhängig davon, ob es sich um einen beamteten oder einen freierwerbenden Notar handelt, die Vorschriften von Art. 41 ff. OR anwendbar.
Nichts Gegenteiliges ergibt sich aus dem Entscheide BGE 70 II 221 ff., den GAUTSCHI (N. 31 c zu Art. 394 OR) als Beleg für seine Auffassung anruft, das Notariat werde in den Kantonen, wo es ein freier Beruf ist, "im privatrechtlichen

BGE 90 II 274 (279):

Auftragsverhältnis und mit privatrechtlicher Haftung (Art. 398 OR) ausgeübt", wobei es den Kantonen freistehe, die bundesrechtliche Haftung zu verdeutlichen und zu ergänzen, jedoch nicht zu mildern. Der angeführte Entscheid betraf die Haftung eines freierwerbenden Notars aus einer Handlung, die - anders als die öffentliche Beurkundung - nicht zu seinen amtlichen Verrichtungen gehörte (Abfassung eines Kaufvertrages über Aktien), so dass die für solche Verrichtungen geltenden Regeln nicht eingriffen. Entsprechendes gilt auch für BGE 88 II 162 ff., wo über die Haftung eines freierwerbenden Notars für Handlungen zu entscheiden war, die über die notarielle Mitwirkung bei der Errichtung von Schuldbriefen hinausgingen.
Die Haftung des Beklagten für die ihm vorgeworfene Handlungsweise beurteilt sich also nicht nach kantonalem Recht, sondern nach den Art. 41 ff. OR, deren Anwendung das Bundesgericht im Berufungsverfahren zu überprüfen hat.
4. Die Grundvoraussetzung der Haftung nach Art. 41 OR ist ein widerrechtliches Verhalten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts gilt ein Verhalten als widerrechtlich, wenn es gegen geschriebene oder ungeschriebene Gebote oder Verbote der Rechtsordnung verstösst, die dem Schutze des verletzten Rechtsgutes dienen (BGE 82 II 28 mit Hinweisen, BGE 88 II 280 /281). Bei

BGE 90 II 274 (280):

Beurteilung der Frage, ob ein Verhalten in diesem Sinne widerrechtlich sei, kommen nicht nur die Normen des eidgenössischen, sondern auch solche des kantonalen Rechts in Betracht (BGE 88 II 281; OSER/SCHÖNENBERGER N. 13 zu Art. 41 OR).
Nach der bereits erwähnten Vorschrift von Art. 55 Abs. 1 des Schlusstitels des ZGB bestimmen die Kantone, in welcher Weise auf ihrem Gebiet die öffentliche Beurkundung hergestellt wird. Für den Entscheid darüber, ob der Beklagte bei der Beurkundung des Vertrages vom 12. Juni 1956 widerrechtlich gehandelt habe, ist daher in erster Linie das kantonale öffentliche Recht massgebend, das die Pflichten der Urkundspersonen umschreibt.
Ob die kantonalen Gerichte das kantonale Recht richtig angewendet haben, ist im Berufungsverfahren nicht zu überprüfen (Art. 43 Abs. 1 OG). Hiebei bleibt es auch, wenn sich diese Frage im Zusammenhang mit der Anwendung von Art. 61 und 41 OR stellt. Soweit das Bundesgericht in BGE 54 II 365 Erw. 3 bei Beurteilung der Verantwortlichkeit des Präsidenten und des Gerichtsschreibers eines kantonalen Gerichts angenommen hat, es habe zu prüfen, ob diese bei der Abfassung eines Sitzungsprotokolls ihre aus dem kantonalen Recht hervorgehenden Pflichten verletzten, kann an der damals vertretenen Rechtsauffassung nicht festgehalten werden. Die Feststellung der Vorinstanz, der Beklagte habe bei der Beurkundung des streitigen Vertrags die aus dem kantonalen Notariatsgesetz sich ergebenden Pflichten nicht verletzt, ist daher für das Bundesgericht verbindlich (vgl. BGE 88 II 281 unter b).
5. Auf Grund dieser Feststellung wäre die Klage ohne weiteres abzuweisen, wenn das kantonale Recht die Pflichten der kantonalen Urkundspersonen abschliessend regeln würde. Das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr auferlegt schon das Bundesrecht den Urkundspersonen, die ein beurkundungsbedürftiges Geschäft des Bundeszivilrechts öffentlich beurkunden, bestimmte Pflichten. Diese

BGE 90 II 274 (281):

ergeben sich für gewisse Fälle aus ausdrücklichen Bestimmungen des Bundesrechts (vgl. Art. 499 ff. ZGB über die öffentliche letztwillige Verfügung, die auch für den Erb- und den Verpfründungsvertrag gelten) und im übrigen aus dem Begriff der öffentlichen Beurkundung, welcher, soweit das Bundesrecht diese Form fordert, trotz dem Fehlen einer bundesgesetzlichen Umschreibung dem Bundesrecht angehört. Nach diesem beurteilt sich, was unter der öffentlichen Beurkundung zu verstehen ist und welchen Mindestanforderungen sie zu genügen hat (BGE 84 II 640; im gleichen Sinne MUTZNER in ZSR 1921 S. 118 a, OSER/SCHÖNENBERGER N. 19 zu Art. 11 OR, BECK N. 4 zu Art. 55 SchlT, HAAB N. 11 und MEIER-HAYOZ N. 92 zu Art. 657 ZGB, KUMMER N. 30-32 und 35 zu Art. 9 ZGB). Wenn die II. Zivilabteilung des Bundesgerichtes in BGE 57 II 147 f. vorbehaltslos erklärte, die öffentliche Beurkundung unterstehe dem kantonalen Recht, weshalb die Feststellung der Vorinstanz, sie liege vor, als verbindlich hinzunehmen sei, so ist daraus nicht zu folgern, sie habe das Bestehen eines bundesrechtlichen Begriffes der öffentlichen Beurkundung und bundesrechtlicher Mindestanforderungen an diese verneinen wollen; denn zu einer Diskussion konnte in jenem Falle praktisch nur die Frage Anlass geben, ob die einschlägigen kantonalen Vorschriften eingehalten worden seien. Daher brauchte im Falle BGE 84 II 636 ff. und braucht heute das Verfahren nach Art. 16 OG nicht eingeleitet zu werden.
6. Die öffentliche Beurkundung eines Vertrages bedeutet nach dem üblichen Wortsinn das Herstellen eines Schriftstückes, das den Vertrag enthält, durch eine vom Staat mit dieser Aufgabe betraute Person, in der vom Staate geforderten Form und in dem von ihm vorgeschriebenen Verfahren. Wo das Bundesrecht die öffentliche Beurkundung eines Vertrages fordert, verfolgt es damit den Zweck, die Vertragsparteien vor unüberlegten Entschlüssen zu bewahren und dafür zu sorgen, dass sie die Tragweite ihrer Verpflichtungen erkennen und dass

BGE 90 II 274 (282):

ihr Wille klar und vollständig zum Ausdruck kommt. Die öffentliche Beurkundung bewirkt nach Art. 9 ZGB, dass die Urkunde für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis erbringt, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhalts nachgewiesen ist. Im Hinblick auf diesen Zweck und diese Wirkung gehört nach Bundesrecht zur öffentlichen Beurkundung eines Vertrages, dass die Urkundsperson in der von ihr errichteten Urkunde die Tatsachen und Willenserklärungen feststellt, die für das in Frage stehende Geschäft wesentlich sind (vgl. BGE 78 IV 110 Erw. 2 und die in Erw. 5 hievor angeführten Literaturstellen).
Diese Feststellung kann sich nicht in allen Fällen auf unmittelbare sinnliche Wahrnehmungen der Urkundsperson stützen. Vielmehr muss sich diese in manchen Punkten auf die Angaben der Vertragsparteien verlassen oder auf Schlussfolgerungen abstellen, die sie aus sinnlich wahrnehmbaren Tatsachen zieht (BGE 78 IV 111 /112). Dies gilt namentlich auch für den in der Vertragsurkunde festgestellten Parteiwillen. Ob und allenfalls wieweit die Urkundsperson verpflichtet sei, zu erforschen, ob die Erklärungen der Parteien ihrem wahren Willen entsprechen, kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben. Selbst wenn man eine solche Pflicht im Gegensatz zu BGE 78 IV 112 verneinen wollte, vertrüge es sich mit dem Wesen der öffentlichen Beurkundung doch auf jeden Fall nicht, dass die Urkundsperson in der öffentlichen Urkunde eine Feststellung trifft, von der sie weiss, dass sie nicht stimmt.
7. Die öffentliche Urkunde, die der Beklagte am 12. Juni 1956 über den Kaufvertrag zwischen Z und dem Kläger errichtet hat, enthält eine solche Feststellung: sie gibt die Grundpfandbelastung der Kaufliegenschaft, über welche der vom Beklagten beigezogene Grundbuchauszug vom 9. Juni 1956 Aufschluss gab, nicht richtig wieder. Diese Unstimmigkeit, die dem Beklagten bewusst war, betraf nicht etwa einen unwesentlichen Nebenpunkt. Welche Grundpfandrechte eine Liegenschaft belasten, ist

BGE 90 II 274 (283):

vielmehr im Falle eines Verkaufes für die Vertragsparteien, namentlich für den Käufer, von grosser Bedeutung. Die unrichtige Darstellung der Grundpfandbelastung im öffentlich beurkundeten Kaufvertrag bildet also einen klaren Verstoss gegen die Pflichten, die der Urkundsperson nach Bundesrecht obliegen.
Hieran ändert nichts, dass Z und der Kläger, wie die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat, über die wirkliche Belastung der Kaufliegenschaft unterrichtet und der Meinung waren, die Grundpfandrechte seien noch vor der Eigentumsübertragung so zu gestalten, wie sie im Vertrag angegeben waren. Beim Verkauf einer Liegenschaft zu vereinbaren, dass diese nicht mit der zur Zeit des Vertragsabschlusses bestehenden, sondern mit einer veränderten Pfandbelastung auf den Kläger übergehen soll, ist freilich zulässig. In einem solchen Falle bildet aber die Verpflichtung des Verkäufers, für die erforderlichen Änderungen zu sorgen, einen wesentlichen Bestandteil des Vertrages. Der Beklagte durfte daher den Kaufvertrag zwischen Z und dem Kläger nicht in der Weise beurkunden, dass er den Stand der Grundpfandrechte, mit dem der Kläger die Liegenschaft nach dem ihm bekannten Parteiwillen übernehmen und den Z vor der Eigentumsübertragung erst noch herbeiführen sollte, als bereits vorhanden hinstellte und die Verpflichtung des Z, die erforderlichen Änderungen zu bewirken, unerwähnt liess. Vielmehr war er als öffentliche Urkundsperson von Bundesrechts wegen verpflichtet, die bestehende Belastung und die Verpflichtung des Z zu ihrer Umgestaltung in die Vertragsurkunde aufzunehmen. Von dieser zum Schutze der Beteiligten und im Interesse der Zuverlässigkeit der öffentlichen Urkunden bestehenden Amtspflicht konnte ihn der Wunsch der Vertragsparteien, den Vertrag so beurkunden zu lassen, wie es geschehen ist, nicht entbinden. Wenn die Parteien sich nicht belehren liessen, sondern auf ihrem Wunsche beharrten, hatte er die Beurkundung abzulehnen. Sein Verhalten war also widerrechtlich.


BGE 90 II 274 (284):

8. Dass der Beklagte schuldhaft gehandelt hat, lässt sich im Ernste nicht bezweifeln. Als Notar musste er die Mindestanforderungen kennen, denen die öffentliche Beurkundung eines Vertrags nach Bundesrecht genügen muss. Es war für ihn auch erkennbar, dass die Aufnahme unrichtiger Angaben über die bestehende Pfandbelastung und die Nichtbeurkundung der Verpflichtung des Z zur Neuregelung der Grundpfandrechte den Kläger einer nicht unerheblichen Gefahr aussetzte. Er konnte sich hievon um so eher Rechenschaft geben, als er nach seinem Zugeständnis den Z in einer mit der Pfandbereinigung zusammenhängenden Angelegenheit vertrat. Die Doppelstellung als Urkundsperson und als Beauftragter einer Vertragspartei verpflichtete ihn zu besonderer Sorgfalt bei der Erfüllung seiner Aufgabe als Notar, dem es obliegt, beide Vertragsparteien über die Tragweite ihrer Verpflichtungen aufzuklären.
Dem Beklagten sind denn auch nach seinen eigenen Aussagen die Bedenken, die seinem Vorgehen entgegenstanden, nicht entgangen. Er gibt zu, gegen den Rat eines erfahrenen Kollegen gehandelt zu haben.
Die festgestellte Pflichtverletzung gereicht dem Beklagten also zum Verschulden, so dass er dem Kläger für einen auf sein widerrechtliches Verhalten zurückzuführenden Schaden grundsätzlich haftet.
9. Der Kläger hat nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zusammen mit Z auf der Abfassung des Kaufvertrags in der vorliegenden Gestalt bestanden, obwohl der Beklagte den Vertragsparteien die damit verbundenen Gefahren "deutlich vor Augen geführt" und sie namentlich auch darauf aufmerksam gemacht hatte, dass der Vertrag in dieser Gestalt (mindestens einstweilen) nicht ins Grundbuch eingetragen werden könne. Dieser Umstand kommt als Herabsetzungsgrund im Sinne von Art. 44 Abs. 1 OR in Betracht. Über das Mass der Herabsetzung lässt sich jedoch auf Grund der Feststellungen der Vorinstanz, die das Vorgehen des Beklagten als rechtmässig

BGE 90 II 274 (285):

ansah und darum seine Schadenersatzpflicht grundsätzlich verneinte, nicht urteilen. Insbesondere steht dahin, wieweit dem - auf dem Gebiete des Liegenschaftenkaufs anscheinend wenig bewanderten - Kläger klar wurde, welchen Gefahren er sich aussetzte, und ob er sich davon Rechenschaft gab, dass es nicht nur unzweckmässig, sondern unzulässig war, den Vertrag in der von ihm gewünschten Gestalt zu beurkunden.
Ausserdem fehlen Feststellungen darüber, ob und wieweit der vom Kläger geltend gemachte Schaden durch das widerrechtliche Verhalten des Beklagten verursacht wurde und auf welchen Betrag er sich beläuft.
Die Sache ist daher gemäss Art. 64 Abs. 1 OG an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.