BGE 91 II 401 |
57. Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. Dezember 1965 i.S. Weber gegen Hofmann. |
Regeste |
Klage auf Feststellung einer widerrechtlichen Verletzung in den persönlichen Verhältnissen. |
2. Verletzung in den persönlichen Verhältnissen durch ein ehrverletzendes Zeitungsinserat (Erw. 2). |
3. Die Verletzung durch eine unwahre ehrenrührige Nachricht ist im Sinne von Art. 28 ZGB widerrechtlich, auch wenn die Nachricht in guten Treuen verbreitet wurde. Das gilt auch, wenn sich der Täter der Presse bediente. Art. 55 BV ändert daran nichts (Erw. 3). |
4. Klage auf Feststellung der Widerrechtlichkeit. Verhältnis zur Klage auf Beseitigung der Störung (Art. 28 Abs. 1 ZGB). Feststellungsinteresse. (Erw. 4). |
Sachverhalt |
Hofmann belieferte u.a. den Wiederverkäufer Bührer in Winterthur mit Heugebläsen. Dieser wünschte, eine solche Maschine schweizerischer Herkunft im Oktober 1961 an der OLMA, Schweizer Messe für Land- und Milchwirtschaft, auszustellen. Hofmann liess ein Heugebläse in der Schweiz anfertigen und stellte es Bührer zur Verfügung. Die Bewilligungs- und Zulassungskommission des Schweizerischen Landmaschinen-Verbandes, die am 12. Oktober 1961 an der Messe einen Augenschein vornahm, glaubte indessen, das ausgestellte Gebläse sei ausländischer Herkunft, und veranlasste deshalb die OLMA-Leitung, es aus der Messe entfernen zu lassen. |
Am 28. Februar 1962 schrieb das Sekretariat der OLMA dem Garageinhaber Wyss in Wetzikon:
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"Auf Ihre telephonische Anfrage von heute teilen wir Ihnen folgendes mit: Herr Hofmann von Wetzikon hat sich an der OLMA 1960 um einen Stand beworben, konnte aber nicht zugelassen werden, da er nur ausländische Artikel führte. Letztes Jahr tauchte nun Herr Hofmann als Untermieter der Firma Bührer in Winterthur auf und zwar ohne Meldung an uns und wieder mit ausländischen Artikeln. Er wurde infolgedessen aus seinem Stand entfernt."
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Am 2. März 1962 erschien in der Zeitung "Zürcher Oberländer" ein grosses Inserat mit der Überschrift "Osthändler Hofmann von der OLMA weggewiesen". Es enthält drei photographische Abbildungen. Zwei davon zeigen mehrere Toron-Heugebläse, die beim Bahnhof Wetzikon stehen, und die dritte einen tschechoslowakischen Güterwagen.
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Ferner steht im Inserat:
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"Der in Wetzikon als Gemeinderat kandidierende Rudolf Hofmann versuchte an der OLMA 1961 als Untermieter einer Winterthurer Firma, ohne Meldung an die Ausstellungsleitung, ausländische (lies östliche) Artikel auszustellen. Er wurde infolgedessen aus seinem Stand entfernt.
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Die nebenstehenden Photos wurden im März 1961 auf dem Bahnhof Wetzikon aufgenommen. Sie sagen mehr als viele Worte."
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Hofmann, der seit mehreren Jahren dem Gemeinderat von Wetzikon angehört hatte, wurde in der Volkswahl vom 4. März 1962 nicht wiedergewählt.
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Am 4. Mai 1962 forderte er die AG Buchdruckerei Wetzikon und Rüti auf, den Einsender des Inserates vom 2. März zu nennen. Paul Weber, Direktor dieser Firma, lehnte das am 7. Mai 1962 ab und erklärte sich selbst für den Inseratenteil des "Zürcher Oberländer" verantwortlich.
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B.- Am 5. Oktober 1962 klagte Hofmann gegen Weber auf Feststellung, dass der Beklagte ihn durch das Inserat vom 2. März 1962 rechtswidrig in seinen persönlichen Verhältnissen verletzt habe. Ferner stellte er ein Unterlassungsbegehren und ein Begehren um Veröffentlichung des Urteils. |
Das Bezirksgericht Hinwil hiess am 26. März 1964 die beiden ersten Begehren gut, wies dagegen das dritte ab.
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Auf Appellation des Beklagten hin hat das Obergericht des Kantons Zürich am 29. Juni 1965 erkannt:
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"1. Es wird festgestellt, dass der Beklagte den Kläger rechtswidrig in seinen persönlichen Verhältnissen verletzt hat durch das im "Zürcher Oberländer" vom 2. März 1962 erschienene Inserat Nr. 2942 und insbesondere durch die dort enthaltenen Behauptungen, der in Wetzikon als Gemeinderat kandidierende Kläger habe an der OLMA 1961 als Untermieter einer Winterthurer Firma ohne Meldung an die Ausstellungsleitung ausländische, d.h. östliche Artikel auszustellen versucht und sei infolgedessen aus seinem Stand entfernt worden.
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2. Mit Bezug auf die übrigen Begehren wird die Klage abgewiesen."
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C.- Der Beklagte hat die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt die Abweisung der Berufung.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: |
2. Der Beklagte macht geltend, das Inserat vom 2. März 1962 habe den Kläger nicht in seinen persönlichen Verhältnissen verletzt, weil der Ausschluss von einer Ausstellung wegen ausländischer Herkunft der Ware nichts mit sittlicher Beurteilung des Ausstellers zu tun habe; die Behauptung, der Kläger sei aus diesem Grunde weggewiesen worden, habe nur die unbestrittene, vom Kläger selbst als zulässig betrachtete Behauptung verstärkt, er treibe Osthandel; auch der Vorwurf, der Kläger habe versucht, einen gemäss Reglement nicht zugelassenen Gegenstand auszustellen, könne seiner Persönlichkeit nicht schaden; wer ein Erzeugnis auszustellen versuche und abgewiesen werde, werde nicht einer unreellen Machenschaft bezichtigt. |
Das Inserat beschränkt sich indessen nicht darauf, dem Kläger Osthandel nachzureden und ihm vorzuhalten, er habe ein gemäss Reglement nicht zugelassenes ausländisches Erzeugnis auszustellen versucht und sei deswegen abgewiesen worden. Es wirft ihm vielmehr vor, er habe ohne Meldung an die Ausstellungsleitung Artikel aus Osteuropa auszustellen versucht und sei aus diesem Grund aus seinem Stand entfernt worden. Damit wird der Eindruck erweckt, der Kläger habe die Ausstellungsleitung zu hintergehen versucht und sei wegen dieser Machenschaft vom bereits bezogenen Ausstellungsstand weggewiesen worden. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass das Inserat behauptet, er habe als Untermieter einer andern Fir.ma gehandelt. Wer das liest, wird vermuten, der Kläger habe diese Firma vorgeschoben, damit die Ausstellungsleitung seine Machenschaft nicht entdecke. Der Leser des Inserates stellt sich ferner vor, der Kläger habe darauf gerechnet, das Publikum werde die aus Osteuropa stammenden Erzeugnisse für Schweizerware halten, weil an der OLMA nur solche ausgestellt werden dürfe.
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So verstanden, macht das Inserat den Kläger als Menschen und Geschäftsmann verächtlich. Es wirft ihm ein unanständiges, gegen Treu und Glauben verstossendes Verhalten vor, das nach dem Bundesgesetz über den unlautern Wettbewerb auf Antrag der Mitbewerber zivil- und strafrechtlich verfolgt werden könnte. Dadurch verletzt es den Kläger in seinen persönlichen Verhältnissen. Die Verletzung ist schwer; denn der Vorwurf wurde öffentlich erhoben und in einem Zeitpunkt, in dem der Kläger wegen der bevorstehenden Gemeindewahlen auf die Achtung seiner Mitbürger besonders angewiesen war und sich nicht mehr öffentlich verteidigen konnte. Dem Publikum ist es - namentlich auch in ländlichen Gegenden - aus mannigfachen Gründen nicht gleichgültig, wenn Erzeugnisse aus Osteuropa als Schweizerware ausgegeben werden. Das ist nicht einmal für jene Leute belanglos, die wegen der Natur der Erzeugnisse selbst nicht als Abnehmer in Frage kommen und am Osthandel als solchem nicht Anstoss nehmen. Das Inserat bezweckte denn auch offensichtlich, den Kläger durch den erwähnten Vorwurf verächtlich zu machen, damit er nicht wieder in den Gemeinderat gewählt werde.
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3. Der Beklagte ist der Auffassung, wenn er den Kläger in seinen persönlichen Verhältnissen verletzt habe, sei das jedenfalls nicht "unbefugterweise" (Art. 28 Abs. 1 ZGB) geschehen. Er habe im Interesse der Öffentlichkeit in guten Treuen eine so sorgfältig wie möglich überprüfte, für die Beurteilung des Klägers durch die Wähler erhebliche Nachricht verbreitet und damit ein richtiges Mittel zu einem richtigen Zweck verwendet. Er habe zudem nichts Unwahres behauptet, da der Kläger tatsächlich mit der Begründung, die ausgestellte Maschine sei kein schweizerisches Erzeugnis, von der OLMA weggewiesen worden sei. Als unzutreffend habe sich nur diese Begründung erwiesen, von der er nicht behauptet habe, sie sei überprüft und für richtig befunden worden. Eine solche Überprüfung wäre ihm auch nicht möglich gewesen. Wenn der für eine Presseäusserung Verantwortliche wegen einer in guten Treuen verbreiteten Nachricht gerichtlich verurteilt werden könnte, wäre die Presse in der Erfüllung ihrer Aufgabe behindert; eine hiezu führende Auslegung von Art. 28 ZGB verstosse gegen Art. 55 BV. |
a) Art. 28 ZGB schützt die Persönlichkeit nur gegen unbefugte Verletzungen. Der in seinen persönlichen Verhältnissen Verletzte kann also nach dieser Bestimmung nur klagen, wenn der Eingriff widerrechtlich ist (BGE 80 II 38). Ein schädigendes Verhalten gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts als widerrechtlich, wenn es gegen geschriebene oder ungeschriebene Gebote oder Verbote der Rechtsordnung verstösst, die dem Schutz des verletzten Rechtsgutes dienen (BGE 82 II 28 mit Hinweisen, BGE 88 II 280 /281 und BGE 90 II 279 Erw. 4).
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Das Verbreiten von Nachrichten, die einen andern in seiner Ehre verletzen, ist nach der schweizerischen Rechtsordnung grundsätzlich verboten. Das folgt aus Art. 173 ff. ZGB und Art. 49 OR. Eine solche Handlung ist nur dann nicht widerrechtlich, wenn ihr Urheber aus einem besondern Grunde dazu berechtigt ist.
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b) Es kann dahingestellt bleiben, unter welchen Voraussetzungen der Umstand, dass die verbreitete Nachricht wahr ist, nicht nur die Strafbarkeit (vgl. hiezu Art. 173 Ziff. 2 und 3 StGB), sondern überhaupt die Widerrechtlichkeit der Handlung ausschliesst. Das Inserat vom 2. März 1962 enthielt nämlich nicht bloss die wahre Angabe, dass der Kläger mit der Begründung, er habe ausländische Waren auszustellen versucht, von der OLMA weggewiesen wurde, sondern stellt als Tatsache hin, er habe als Untermieter einer andern Firma ohne Meldung an die Ausstellungsleitung aus dem Ausland (und zwar aus Osteuropa) stammende Artikel auszustellen versucht. Diese Behauptung und der dem Sinne nach damit erhobene Vorwurf, der Kläger habe die Ausstellungsleitung zu hintergehen versucht, sind festgestelltermassen unbegründet. Die vom Beklagten verbreitete Nachricht ist also im entscheidenden, die Ehre des Klägers berührenden Punkte unwahr. |
c) Das Verbreiten falscher Nachrichten vermag dem öffentlichen Interesse an der Kenntnis von privaten und geschäftlichen Dingen, die für die Beurteilung eines Wahlbewerbers erheblich sind, nicht zu dienen, sondern läuft ihm gegenteils zuwider. Die Wähler und das weitere Publikum sind nur daran interessiert, über die Bewerber die Wahrheit zu erfahren. Falsche Nachrichten führen sie irre. Der Beklagte kann sich daher nicht damit rechtfertigen, er habe im Interesse der Öffentlichkeit gehandelt.
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d) Der Beklagte war zu seiner Handlung auch dann nicht berechtigt, wenn er die streitige Nachricht auf Grund des Schreibens des Sekretariates der OLMA am 28. Februar 1962 für wahr hielt und halten durfte und sie daher in guten Treuen verbreitete. Ob der Täter gutgläubig war und nach den Umständen sein durfte, ist nur für die Frage seines Verschuldens - und damit gemäss Art. 49 OR für die Beurteilung allfälliger Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche - von Bedeutung, nicht dagegen für die Frage der Widerrechtlichkeit des Eingriffs. Entschuldbarkeit allein macht eine Verletzung in den persönlichen Verhältnissen nie rechtmässig (BGE 71 II 193f.).
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e) Dabei bleibt es auch, wenn sich der Täter zur Verbreitung der Nachricht der Druckerpresse bediente (vgl. den eben angeführten Entscheid).
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Bei der Auslegung von Art. 28 ZGB hat der Richter allerdings den besondern Verhältnissen der Presse Rechnung zu tragen, wie er überhaupt in Fällen, in denen sich Rechte und Interessen der einen Partei mit denen der andern nicht vertragen, nach Recht und Billigkeit entscheiden muss, welches Recht vor dem andern zurückzutreten habe (vgl. Art. 4 ZGB). Das Interesse der Presseleute und des Publikums daran, dass Nachrichten über die Öffentlichkeit angehende Dinge ungehindert durch das Mittel der Druckerpresse verbreitet werden können, vermag indessen die Verletzung der Persönlichkeitsrechte Dritter durch unwahre Behauptungen nicht zu rechtfertigen, auch wenn der Täter die Nachrichten mit guten Gründen für wahr halten durfte. Würde ein solcher Eingriff als rechtmässig betrachtet, so wäre der Täter der Pflicht enthoben, den guten Ruf des Betroffenen wiederherzustellen, und könnte nicht einmal auf Unterlassung weiterer Verletzungen belangt werden, da solche Klagen die Widerrechtlichkeit des Eingriffs voraussetzen (BGE 68 II 131). Das widerspräche ethischen Grundsätzen. Der Anwendungsbereich des Art. 28 Abs. 1 ZGB, der dem unbefugterweise in seinen persönlichen Verhältnissen Verletzten selbst gegenüber dem schuldlosen Täter einen Anspruch auf Beseitigung der Störung gibt, würde in unerträglicher Weise eingeschränkt. Das Interesse des Verletzers, nicht verklagt zu werden, hat deshalb auch dann, wenn die falsche Nachricht in guten Treuen durch die Presse verbreitet wurde, vor dem Interesse des Betroffenen an der Verteidigung seines guten Rufes zurückzutreten. |
Dass die Presseleute sich berufsmässig an die Öffentlichkeit wenden und daher der Gefahr, gutgläubig unwahre Behauptungen aufzustellen, besonders ausgesetzt sind, ändert nichts. Eine Zivilklage haben sie nur zu gewärtigen, wenn sie sich dem Begehren um Beseitigung der Störung nicht freiwillig (durch Veröffentlichung einer Richtigstellung) unterziehen, obwohl sie über die Unrichtigkeit der verbreiteten Nachricht aufgeklärt wurden. Es kann daher nicht die Rede davon sein, dass die Presse, um Prozesse zu vermeiden, auf einen Teil ihrer Aufgaben verzichten müsse. - Der Beklagte hätte der Klage übrigens durch Nennung des Verfassers ausweichen können.
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Ehrverletzungsfreiheit kann die Presse auch nicht mit der Begründung beanspruchen, sie werde vor der Öffentlichkeit blossgestellt, wenn sie in einem Prozess unterliege. Blossgestellt wird nur, wer sich trotz nachträglicher Aufklärung weigert, zur Beseitigung des zugefügten Unrechts Hand zu bieten.
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Unerheblich ist schliesslich, dass seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1950 betreffend Abänderung des StGB unwahre ehrverletzende Äusserungen in gewissen Fällen - nicht in allen (Art. 173 Ziff. 3 StGB) - die Strafe wegen übler Nachrede nicht mehr nach sich ziehen, wenn der Täter beweist, dass er ernsthafte Gründe hatte, seine Behauptung in guten Treuen für wahr zu halten. Diese Regelung beruht auf dem Gedanken, dass nur der Schuldige Strafe verdiene. Dass die Tat des Schuldlosen erlaubt sei, sagt sie nicht, ebensowenig, dass eine Ehrverletzung nur bei Verschulden zivilrechtliche Folgen habe. Die strafrechtliche Regelung ist im Zivilrecht auch nicht sinngemäss anzuwenden (vgl. Art. 53 OR). |
f) Indem der Beklagte geltend macht, die Beurteilung einer in guten Treuen erfolgten Presseäusserung als widerrechtlich verstosse gegen Art. 55 BV, misst er der durch die Bundesverfassung gewährleisteten Pressefreiheit zivilrechtliche Wirkungen bei.
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Ob und wieweit die verfassungsmässigen Freiheitsrechte den Bürger nicht bloss gegen Eingriffe der Staatsgewalt schützen, sondern auch im Verhältnis unter Privaten, insbesondere im Bereich des Persönlichkeitsschutzes, Beachtung verdienen, ist in der Schweiz seit einiger Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Erörterung (vgl. HUBER, ZSR 1955 I 173ff., GROSSEN, ZSR 1960 II 14a ff., JÄGGI, ebenda 218a ff., J.P. MüLLER, Die Grundrechte der Verfassung und der Persönlichkeitsschutz des Privatrechts, Berner Diss. 1964, bes. S. 151 ff., 184 ff.). Im vorliegenden Falle braucht diese Frage nicht einlässlich geprüft zu werden. Auch wenn man nämlich zugunsten des Beklagten annimmt, die Bestimmungen des ZGB und OR über den Schutz der Persönlichkeit seien im Geiste der Verfassung auszulegen und die Grundgedanken der Verfassungsvorschriften über die Freiheitsrechte seien demgemäss bei der Bestimmung des Inhalts und der Grenzen der - vom Gesetz nicht in allen Einzelheiten umschriebenen - Persönlichkeitsrechte zu berücksichtigen, damit die Einheit der Rechtsordnung gewahrt bleibe (vgl.BGE 71 II 192, BGE 80 II 42, BGE 82 II 302, BGE 86 II 376), folgt daraus nicht, eine Ehrverletzung durch eine zwar unwahre, aber aus ernsthaften Gründen für wahr gehaltene Presseäusserung sei rechtmässig; denn die Frage, ob (und wann) eine unwahre Presseäusserung rechtwidrig sei, wird, wie JÄGGI (a.a.O. S. 220a) zutreffend sagt, durch Art. 55 BV nicht näher beantwortet als durch Art. 28 ZGB (während die früher auf Grund von Art. 55 VB beurteilte Frage, ob eine solche Äusserung mit staatlicher Strafe belegt werden dürfe, heute durch Art. 173 ff. StGB abschliessend geregelt ist; vgl.BGE 70 IV 24Erw. 2). Ob der gute Glaube des Täters eine durch unwahre Presseäusserung erfolgte Ehrverletzung zu rechtfertigen vermöge, lässt sich nur durch Abwägung der beteiligten Interessen im Sinne von lit. e hievor entscheiden.
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Wieweit Inserate den Schutz von Art. 55 BV geniessen, kann unter diesen Umständen offen bleiben.
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4. Art. 28 Abs. 1 ZGB sieht die Klage auf Feststellung der Widerrechtlichkeit der Verletzung in den persönlichen Verhältnissen nicht ausdrücklich vor. Das Obergericht hält sie im vorliegenden Falle für zulässig, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes von Bundesrechts wegen auf Feststellung eines dem eidgenössischen Recht unterstehenden Rechtsverhältnisses geklagt werden kann, wenn der Kläger an der Feststellung ein erhebliches rechtliches Interesse hat (BGE 77 II 344ff.,BGE 79 II 394, BGE 82 II 319, BGE 84 II 398, 495 und 691, BGE 88 II 238). Der Beklagte wendet ein, dem Kläger fehle ein solches Interesse. |
Es lässt sich erwägen, ob das Recht aufFeststellung der Widerrechtlichkeit in Fällen wie dem vorliegenden nicht schon aus dem in Art. 28 Abs. 1 ZGB vorgesehenen Anspruch auf Beseitigung der Störung hervorgehe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes kann das Recht auf richterliche Feststellung aus diesem Anspruch abgeleitet werden, wenn die Störungshandlung fortdauert oder sich zu wiederholen droht (BGE 40 II 165,BGE 45 II 106f.,BGE 48 II 16,BGE 56 II 36) oder wenn durch sie ein Zustand geschaffen wurde, der den Verletzten weiterhin in seinen persönlichen Verhältnissen treffen könnte (BGE 68 II 133; vgl. auch BGE 80 II 122 unten). Ob ein Feststellungsbegehren bei einem gegebenen Sachverhalt aus diesem Grunde zu schützen sei, ist eine Frage des materiellen Bundesrechts, die die kantonalen Gerichte und das Bundesgericht von Amtes wegen zu prüfen haben, auch wenn nicht ausdrücklich auf Beseitigung der Störung geklagt wurde (BGE 89 II 339 Erw. 2, BGE 90 II 40 und 317). Folgt in einem bestimmten Falle das Recht auf Feststellung schon aus dem Beseitigungsanspruch, so kann sich fragen, ob für die Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Regeln über das Recht auf Feststellung im allgemeinen Raum bleibe.. Diese Frage kann hier jedoch offen bleiben; denn die Überprüfung des angefochtenen Entscheides im Lichte dieser - von der Vorinstanz als anwendbar erachteten - Regeln ergibt, dass das Feststellungsbegehren des Klägers nicht bloss nach diesen Regeln begründet ist, sondern dass auch die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen das Recht auf Feststellung sich aus dem Beseitigungsanspruch ableiten lässt (vgl. namentlich lit. c und d hienach).
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a) Das nach der Rechtsprechung erforderliche Interesse an der verlangten Feststellung lässt sich dem Kläger nicht mit der Begründung absprechen, sie wäre nur Motiv für ein Schadenersatz- und Genugtuungsbegehren, das er hätte stellen können. Dieser Einwand ist geradezu kühn. Die Schadenersatzklage hätte nämlich ein Verschulden, die Genugtuungsklage sogar ein besonders schweres Verschulden vorausgesetzt; der Beklagte aber will die ehrverletzende Äusserung in guten Treuen für wahr gehalten, sie also schuldlos verbreitet haben. |
b) Auch der Umstand, dass der Kläger die Veröffentlichung des Urteils verlangt hat, widerlegt sein Interesse an der beantragten Feststellung nicht. Der Anspruch auf Veröffentlichung wurde in erster Instanz verneint, und der Kläger hat sich mit diesem Entscheid abgefunden, so dass der Anspruch als nicht bestehend zu gelten hat. Zudem hat die Veröffentlichung nie selbständige Bedeutung. Sie setzt voraus, dass der Richter eine Feststellung treffe, dem Beklagten etwas verbiete oder ihn zu einer Leistung verurteile. Ein Leistungsbegehren aber hat der Kläger mit guten Gründen nicht gestellt, und das Unterlassungsbegehren wurde vom Obergericht endgültig abgewiesen. Es bleibt nur die Feststellung, die Gegenstand eines zu veröffentlichenden Urteils hätte sein können. Das Veröffentlichungsbegehren machte somit das Feststellungsbegehren nicht überflüssig.
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c) Die Feststellungsklage ist auch nicht deshalb grundsätzlich unzulässig, weil der Kläger sie erst am 5. Oktober 1962 eingereicht hat. Freilich sprach das Bundesgericht in gewissen Urteilen vom "Interesse an sofortiger Feststellung" (BGE 77 II 351, BGE 84 II 398 /399 und 691). Das hatte aber nicht den Sinn, die Feststellungsklage sei unverzüglich nach der Entstehung des streitigen Rechtsverhältnisses zu erheben. Die erwähnte Wendung will nur sagen, der Kläger müsse in Fällen, in denen später eine Leistungsklage in Frage käme, ein Interesse an der Vorwegnahme der Feststellung haben. Solange das Rechtsverhältnis besteht und der Kläger an seiner Feststellung interessiert ist, darf er grundsätzlich auch auf Feststellung klagen. Mit dem Zeitablauf kann allerdings sein Interesse an der Feststellung abnehmen. Das hängt aber von der Natur des festzustellenden Rechtsverhältnisses und von den Umständen des einzelnen Falles ab.
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Im vorliegenden Falle lässt das Zuwarten mit der gerichtlichen Klage bis zum 5. Oktober 1962 nicht darauf schliessen, dass das Feststellungsinteresse fehle. Der Kläger hat den Beklagten schon am 18. Mai 1962 zur Sühnverhandlung vorladen lassen. Sein Interesse an der Feststellung muss im Laufe der Zeit sogar zugenommen haben, weil er erst nach und nach erfahren konnte, in welchem Ausmasse die ehrverletzende Äusserung seinAnsehen bei Dritten untergraben hatte. Dass Tageszeitungen gewöhnlich nur einmal gelesen und rasch beiseite gelegt oder vernichtet werden, ändert nichts; ebensowenig der Umstand, dass das Inserat einem Wahlkampf diente, der am 4. März 1962 zu Ende ging. Der gute Ruf des Klägers war damit nicht von selbst wiederhergestellt. Die Gegner des Klägers erinnern sich der ehrverletzenden Äusserung weiterhin, schon deshalb, weil ihnen ihr Wissen erneut dienen könnte, wenn der Kläger nochmals als Bewerber um das Amt eines Gemeinderates oder ein anderes Amt auftreten sollte. Ein im "Zürcher Oberländer" vom 25. April 1963 erschienenes Inserat mit der Überschrift "Die Rache des Geschlagenen" zeigt denn auch deutlich, dass die Erinnerung an den Wahlgang vom 4. März 1962 und die Gegensätze fortbestehen. |
Auch die mit dem Kläger im wirtschaftlichen Wettbewerb stehenden Geschäftsleute und die als Kunden in Frage kommenden Personen werden sich der vom Beklagten verbreiteten unwahren Behauptung auch in Zukunft noch erinnern. Der Zeuge Bührer hat bestätigt, die Konkurrenten führten die Wegweisung des Klägers von der OLMA zum Beweis der ausländischen Herkunft des ausgestellten Gebläses an und die Untervertreter Bührers klagten über den dieser Behauptung zuzuschreibenden schlechten Geschäftsgang. Das Bundesgericht muss diese Aussage als richtig hinnehmen; denn das Obergericht erachtet sie als glaubwürdig (Art. 63 Abs. 2 OG). Die Rüge des Beklagten, sie sei mit Vorsicht und Zurückhaltung zu würdigen, ist nicht zu hören; ebensowenig seine Behauptung, die Konkurrenten nützten nur den Vorwurf des Osthandels aus, nicht auch den Vorwurf, der Kläger sei von der OLMA weggewiesen worden, weil er ausländische Erzeugnisse ausgestellt habe (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG). Ob der einzelne Konkurrent das Inserat vom 2. März 1962 gelesen oder sein Wissen aus anderer Quelle geschöpft habe, ist unerheblich. Schon die blosse Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Inserat und dem von Bührer bezeugten geschäftlichen Misserfolg verleiht dem Kläger ein erhebliches Interesse an der beantragten Feststellung. Sie wird ihm helfen, seinen Ruf widerherzustellen. Eine Veröffentlichung des Urteils auf Kosten des Beklagten kommt zwar nicht mehr in Frage, aber dem Kläger kann nicht verwehrt werden, das Urteil vorzuzeigen, wo immer er das für zweckmässig hält, oder es auf eigene Kosten zu veröffentlichen.
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d) Der Kläger ist an einem Feststellungsurteil zudem schon deshalb erheblich interessiert, weil der Beklagte sich hartnäckig auf den Standpunkt stellt, die Verletzung des Klägers in seiner Ehre sei nicht widerrechtlich. Darin liegt eine Rechtsanmassung (vgl. JÄGGI, ZSR 1960 II 191a). Die richterliche Feststellung ist angesichts dieser Haltung des Beklagten und der Abweisung des Unterlassungsbegehrens die einzige Möglichkeit, die Rechtslage abzuklären und der allfälligenWiederholung der ehrenrührigen Behauptung durch den Beklagten entgegenzuwirken. Auch das Obergericht hält eine Wiederholung für möglich. Dass sie geradezu wahrscheinlich sei, ist nicht nötig. Der Kläger ist daran interessiert, dass der Richter durch die beantragte Feststellung auch der blossen Möglichkeit erneuter Verunglimpfung vorbeuge. |
Demnach erkennt das Bundesgericht:
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