BGE 92 II 313
 
47. Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Juli 1966 i.S. Frau M. I.-Sch. gegen Frau A. B.-M.
 
Regeste
Streit der Witwe des Erblassers mit einer Schwester desselben um die Zuweisung des landwirtschaftlichen Gewerbes nach bäuerlichem Erbrecht. Art. 462 und 463 sowie Art. 620 ff. ZGB.
Nach Art. 462 Abs. 2 ZGB behält die Witwe den ganzen Nachlass (zu 1/4 zu Eigentum und zu 3/4 zu Nutzniessung) in ihrer Hand. Auch an einem landwirtschaftlichen Gewerbe steht ihr der Besitz und die volle Nutzung zu. Ist sie willens und fähig, das Gewerbe selber zu bewirtschaften, so ist ihr mindestens die Nutzniessungam realen Erbschaftsvermögen (ausser dem Vierteil zu Eigentum) zu belassen, und es kommt die Zuweisung des Gewerbes an einen andern Erben nur unter Vorbehalt dieser Nutzniessung, also zu nacktem Eigentum, in Frage (Erw. 3).
Gründe, die im vorliegenden Falle die Zuweisung zu Eigentum gemäss Art. 620 ff. ZGB an die Witwe selbst und die Abweisung des von einer Schwester des Erblassers erhobenen Anspruches rechtfertigen (Erw. 4).
 
Sachverhalt


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A.- Der Landwirt F. Sch.-K., geboren 1883, schloss am 2. Juli 1948 mit seinem Sohne F. Sch.-M., geboren 1919, einen "Liegenschafts-Abtretungs- und Verpfründungsvertrag" ab. Danach übergab er ihm seine Liegenschaften in Rickenbach, d.h. das etwas mehr als 10 ha umfassende Bauerngut Buttenberg. Die Urkundsperson meldete den Vertrag bei der Gemeindekanzlei Rickenbach an, und die Vertragsparteien waren fortan der Meinung, das Grundeigentum sei auf den Sohn Sch. übertragen worden; doch war die Fertigung durch den Gemeinderat unterblieben.
Am 6. Juli 1959 starb der in kinderloser Ehe lebende F.-Sch. junior. Er wurde beerbt von seinem Vater (die Mutter war schon vor vielen Jahren gestorben), seinen vier Schwestern und seiner überlebenden Ehefrau A. Sch.-M., geboren 1918.
Über die Geltung des Vertrages vom 2. Juli 1948 entstanden zwischen den Erben Meinungsverschiedenheiten. Am 4. Januar 1960 zog Vater Sch. die Anmeldung des Vertrages bei der Gemeinderatskanzlei zurück, worauf die Anmeldung im Tagebuch gelöscht wurde. Indessen reichte gegen ihn der amtlich ernannte Vertreter der Erbengemeinschaft in deren Namen Klage ein. Er verlangte, die das Heimwesen Buttenberg bildenden Liegenschaften seien in das Eigentum der Erben des Sohnes Sch. zu übertragen, und es sei festzustellen, dass die Vieh- und Fahrhabe auf den 1. Juli 1948 in dessen Eigentum übergegangen sei. Vater Sch. beantragte die Abweisung der Klage; er berief sich insbesondere auf Verjährung der aus dem Abtretungsvertrage vom 2. Juli 1948 entstandenen Ansprüche. Die Klage wurde aber in allen Instanzen gutgeheissen, vom Bundesgericht durch Urteil vom 2. Juli 1963 (BGE 89 II 256 ff.).
B.- Am 2. August 1963 stellte Wwe. A. Sch.-M. bei der Kommission für bäuerliches Erbrecht des Amtes Sursee das Gesuch um ungeteilte Zuweisung des landwirtschaftlichen Heimwesens Buttenberg. Eine Schwester des Erblassers Sch. junior, Frau M. I.-Sch., geboren 1929, stellte ein gleiches Gesuch, das der Vater wie auch die andern Schwestern des Erblassers unterstützten. Sie wünschten, dass der Hof in der Familie Sch. bleibe. Nach dem am 21. Oktober 1963 eingetretenen Tode des Vaters

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traten die drei Schwestern am 13. Dezember 1963 ihre Erbteile an Frau M. I.-Sch. ab.
Die Witwe des F. Sch. junior verehelichte sich am 3. Januar 1964 mit dem seit 1958 verwitweten J. B., geboren 1903, Landwirt, "Schlossberg", Römerswil.
C.- Die Kommission für bäuerliches Erbrecht des Amtes Sursee entsprach mit Entscheid vom 14. April 1964 dem Gesuch der Witwe des Erblassers, nunmehr Frau A. B.-M., die nach wie vor in Rickenbach wohnte. Sie wies ihr das Heimwesen Buttenberg zu Eigentum und zur Selbstbewirtschaftung zu, mit einem Anrechnungswert von Fr. 59'600. für die Liegenschaften und Fr. 25'435.-- für den Viehbestand und die Betriebsgerätschaften, gemäss der vom Schatzungsamt des Kantons Luzern am 3. Januar 1964 vorgenommenen Schätzung. Zur Begründung des Entscheides wurde ausgeführt: Diese Bewerberin habe seit dem Tode ihres Ehemannes das Heimwesen Buttenberg bewirtschaftet. Es könne ihr nichts Nachteiliges nachgesagt werden, und der Betrieb sei gut geführt worden. Die andere Bewerberin, Frau M. I.-Sch., die auf dem Buttenberg aufgewachsen sei, habe eine Damenschneiderinnen-Lehre bestanden. Seither habe sie jeweilen noch in den Ferien auf dem Buttenberg gearbeitet. Ihr Ehemann sei ebenfalls auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen und besitze die Fähigkeiten eines Landwirtes; seit 14 Jahren sei er jedoch als Chauffeur tätig.
D.- Frau M. I.-Sch. liess es bei diesem Entscheide nicht bewenden. Sie erhob am 15. Juni 1964 beim Amtsgericht Sursee gegen Frau A. B.-M. Klage, womit sie ihren Zuweisungsanspruch erneuerte. Die Beklagte schloss auf Abweisung der Klage und hielt am eigenen Anspruch auf Erwerb der landwirtschaftlichen Liegenschaft und des lebenden und toten Inventars zu den erwähnten Anrechnungswerten fest.
Das Amtsgericht Sursee hob am 8. April 1965 den Zuweisungsentscheid der Kommission für bäuerliches Erbrecht auf und hiess die Begehren der Klägerin gut. Das Obergericht des Kantons Luzern schützte dagegen durch Urteil vom 10. November 1965 die Appellation der Beklagten und wies ihr in entsprechendem Sinne Liegenschaft und Inventar zu.
E.- Mit vorliegender Berufung an das Bundesgericht hält die Klägerin an der Klage fest.
Die Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des obergerichtlichen Urteils.
 


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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2. Das Heimwesen Buttenberg bildet ohne Zweifel - was denn auch unbestritten ist - ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne des Art. 620 ZGB. Um die Zuweisung dieses Hofes bewerben sich die Ehefrau des Erblassers (Beklagte) und dessen jüngste Schwester (Klägerin). Die ungeteilte Zuweisung eines solchen Gewerbes kann nur ein Erbe verlangen (und zwar ein einziger, sofern sich das Gewerbe nach Umfang und Beschaffenheit nicht in mehrere lebensfähige Betriebe zerlegen lässt, Art. 621 ter, was hier nicht zutrifft). Die Klägerin macht geltend, der Beklagten fehle die Eigenschaft einer Erbin, da sie auf ihren Erbanspruch (Eigentumsanteil) verzichtet habe. Das Obergericht verneint kurzweg das Vorliegen eines solchen Verzichtes, was eine für das Bundesgericht verbindliche Feststellung ist, sofern sie nicht auf offensichtlichem Versehen beruht (Art. 63 Abs. 2 OG). Laut den Ausführungen der Berufungsschrift soll die Beklagte am 25. November 1959 erklärt haben, sie beharre auf der Nutzniessung an der in Frage stehenden Liegenschaft. Damit habe die Beklagte die volle Nutzniessung gewählt, woraus sich ergebe, dass sie "die Berechtigung nach ZGB 620 an sich nicht habe - TUOR/PICENONI, Komm. Erbrecht, Art. 620 N. 14 a". Indessen kann einer dahingehenden Äusserung nicht die ihr von der Klägerin beigelegte Bedeutung zukommen. Die Beklagte, deren Ehe kinderlos war, konkurriert mit dem elterlichen Stamm des Erblassers und erhält daher nach Art. 462 Abs. 2 ZGB einen Viertel zu Eigentum und drei Viertel zu Nutzniessung. Wenn sie erklärte, sie beharre auf der Nutzniessung am Hof Buttenberg, so war darin kein Verzicht auf ihren Eigentumsanteil enthalten. Die Äusserung ist offenbar so zu verstehen: Wenn ihr der "Buttenberg" nicht zu Eigentum zugewiesen werde, so beharre sie auf der Nutzniessung an diesem Gewerbe (natürlich unbeschadet des Eigentumsviertels an der Erbschaft). Vollends spricht die von der Klägerin angerufene Kommentarstelle nicht für, sondern gegen ihren Standpunkt (siehe dort am Ende: "Wo der überlebende Ehegatte Eigentum und Nutzniessung zu beanspruchen berechtigt ist, steht ihm selbstverständlich als Erben der Anspruch auf ungeteilte Zuweisung zu - vgl. Aarg. OG 9. 10.1922 SJZ Bd. 20 S. 88").
Das Obergericht stellt sodann fest, dass sowohl die Klägerin wie auch die Beklagte dieses Heimwesen selber bewirtschaften

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möchten, und dass beide Parteien dazu geeignet seien. Keine könne sich auf einen ihr den Vorrang gewährenden Ortsgebrauch berufen; im Kanton Luzern bestehe kein solcher Gebrauch hinsichtlich der Stellung des überlebenden Ehegatten gegenüber Geschwistern des Erblassers. Unter diesen Umständen sei nach den persönlichen Verhältnissen der Erben über die Zuweisung zu entscheiden (Art. 621 Abs. 1 ZGB).
Hiervon waren schon die Kommission für bäuerliches Erbrecht und das Amtsgericht Sursee zutreffend ausgegangen. Wenn die verschiedenen kantonalen Instanzen im Ergebnis nicht miteinander überstimmen, so deshalb, weil sie die einzelnen Tatsachen in verschiedener Weise würdigen. Die Kommission für bäuerliches Erbrecht stellt auf die starke persönliche Verbundenheit der Beklagten mit dem streitigen Heimwesen ab, das sie seit 1948 zuerst mit ihrem Ehemann und seit dessen Tode selbständig, und zwar untadelhaft, bewirtschaftet hat. Die zwar auf diesem Hof aufgewachsene und ebenfalls mit den ländlichen Arbeiten vertraute Klägerin stehe diesem Heimwesen weniger nahe. Sie habe einen andern Beruf erlernt und ausgeübt und seit langem nur noch gelegentlich auf dem Buttenberg ausgeholfen. Das Amtsgericht Sursee legt demgegenüber das Hauptgewicht auf den Zusammenhang des Heimwesens Buttenberg mit der Familie Sch., der bei Zuweisung an die Klägerin gewahrt werden könne. Diese sei im ganzen genommen mit dem ehemals väterlichen Hof ebenso eng verbunden wie die Beklagte. Im Unterschied zu dieser habe sie Nachkommen (vier Kinder, worunter drei Knaben), so dass, wenn sie den Hof erhalte, er wahrscheinlich in der Nachkommenschaft ihrer angestammten Familie bleiben werde. Das Nutzniessungsrecht der Beklagten lasse sich nach Art. 463 Abs. 1 ZGB in eine Jahresrente umwandeln und allenfalls durch eine einmalige Abfindung ersetzen, so dass die Klägerin das Gut sogleich in Selbstbetrieb nehmen könne. Dieser Betrachtung glaubt das Obergericht nicht beitreten zu können. Es erklärt, das (zum Eigentumsviertel hinzutretende) gesetzliche Nutzniessungsrecht der Beklagten lasse sich nur bei deren Zustimmung in eine jährliche Rente umwandeln. Kraft dieses Nutzniessungsrechtes dürfe sie auf dem Gute bleiben und es selber bewirtschaften; sie brauche sich nicht durch einen Miterben aus diesem Lebensbereiche verdrängen zu lassen. Somit könnte die Klägerin, wenn das Gut ihr nach bäuerlichem Erbrecht zugewiesen würde. es vermutlich

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erst nach Jahrzehnten zur Selbstbewirtschaftung übernehmen, nämlich (angesichts der Lebenserwartung der Beklagten von 31 Jahren) erst, wenn sie 66 Jahre alt sei; alsdann wäre sie aber zur Leitung des Gutsbetriebes kaum mehr fähig, und ebensowenig ihr Ehemann. Bei dieser Sachlage sei es aber auch zweifelhaft, ob eines ihrer Kinder den Beruf eines Landwirtes ergreifen werde und später den Buttenberg übernehmen könnte. Somit seien ausschliesslich die gegenwärtigen Verhältnisse in Betracht zu ziehen. Die Beklagte verdiene den Vorzug, da sie eben in der Lage sei, das Gut bei Zuweisung an sie zu Eigentum sogleich weiterhin selber zu bewirtschaften (nunmehr mit ihrem Ehemann), während dies der Klägerin versagt wäre. Ausserdem sei die nun seit 15 Jahren auf diesem Hofe als Bäuerin tätige Beklagte hiezu geeigneter als die seit langem nicht mehr in der Landwirtschaft lebende Klägerin. Diese berufe sich auch zu Unrecht auf ihre grössere Beteiligung an der Erbschaft; denn ihr eigener Erbteil von 3/32 sei geringer als der Eigentumsviertel der Beklagten, und die durch Abtretung erworbenen Erbteile ihrer Schwestern seien für die Anwendung von Art. 620 ff. ZGB ohne Belang.
Demgegenüber will die Klägerin das bäuerliche Erbrecht als Sonderrecht betrachtet wissen, das den Bestimmungen über das Nutzniessungsrecht des überlebenden Ehegatten vorgehe. Daher habe der Nutzniessungsberechtigte zu Gunsten des nach bäuerlichem Erbrecht anzuerkennenden Übernehmers auf das Bewirtschaftungsrecht zu verzichten und das landwirtschaftliche Gewerbe dem Übernehmer zur Nutzung zu überlassen. Es stehe nichts im Wege, die dem überlebenden Ehegatten an sich zustehende Nutzniessung am Gewerbe in eine solche am Übernahmepreis oder am erwirtschafteten Ertrag umzuwandeln. Diese Auffassung stützt sich vornehmlich auf ESCHER, 3. A., N 44..46 zu Art. 620 ZGB, wo ebenfalls noch ausgeführt wird, das bäuerliche Erbrecht diene der Erhaltung eines lebensfähigen Bauernstandes; es handle sich bei der Übernahme eines Betriebes

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um ein Privileg, dem naturgemäss andere Interessen weichen müssten, wie z.B. das Interesse des überlebenden Ehegatten an der Bewirtschaftung des betreffenden Landgutes.
Dieser Auffassung ist indessen das Obergericht mit Recht nicht beigetreten. Das bäuerliche Erbrecht ist als Sonderrecht nicht ausdehnend auszulegen; im Zweifel ist zu Gunsten der gemeinrechtlichen Ordnung zu entscheiden (TUOR/PICENONI, Vorbem. zu Art. 620 ff., N 12). Zu beachten ist auch, dass das Erbrecht des Zivilgesetzbuches ein systematisches Ganzes bildet und aus sich selbst auszulegen ist. Von der sich dabei ergebenden Rangordnung der Normen darf nicht abgegangen werden, wo sich ein solcher Eingriff nicht aus Wortlaut und Sinn einer Sondernorm unzweifelhaft ergibt (vgl. BGE 80 II 213 /14). Was nun die Erbansprüche des überlebenden Ehegatten betrifft, so sind sie in Art. 462 ZGB festgelegt. Die Art. 622 bis 625bis ZGB betreffend das bäuerliche Erbrecht stehen im Titel über die Teilung der Erbschaft. Sie lassen die Erbansprüche als solche unberührt, insbesondere auch diejenigen des überlebenden Ehegatten. Dieser wird in jenen Bestimmungen gar nicht erwähnt, und es fehlt an jeglichem Vorbehalt, wonach das Nutzniessungsrecht des überlebenden Ehegatten gegenüber einem Übernehmer des Gewerbes aufgehoben oder beschränkt, namentlich etwa von Gesetzes wegen in eine jährliche Rente umzuwandeln wäre. Nach Art. 463 ZGB kann dem überlebenden Ehegatten eine solche Rente statt der Nutzniessung nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden.
Es liegt auch kein zwingender Grund zur Annahme vor, nach dem wahren Sinn der Normen über das bäuerliche Erbrecht habe das Nutzniessungsrecht des überlebenden Ehegatten vor den Ansprüchen eines zur Selbstbewirtschaftung gewillten und als geeignet befundenen Übernehmers zu weichen. Dem Art. 462 Abs. 2 ZGB liegt der Gedanke zu Grunde, der überlebende Ehegatte solle gegenüber Erben des elterlichen oder grosselterlichen Stammes in der wirtschaftlichen Stellung bleiben können, in der er sich zu Lebzeiten des verstorbenen Gatten befand (TUOR, 2. A., N 7 zu Art. 462; vgl. auch TUOR/SCHNYDER, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 7. A., S. 314, wo ausgeführt wird, der erwähnte Grundsatz entspreche einer tief ethischen Auffassung der Ehe, als einer Gemeinschaft, die über den Tod hinaus ihre Wirkungen äussere; gemäss diesem Prinzip soll der überlebende Ehegatte im vollen Genuss des Vermögens des

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verstorbenen Ehegatten bleiben, um so wenigstens in finanzieller Beziehung die eingetretene Änderung nicht zu verspüren). Das muss auch dann gelten, wenn sich in der Erbschaft ein landwirtschaftliches Gewerbe befindet und der überlebende Ehegatte willens und fähig ist, es weiterhin selber zu bewirtschaften. Mit Sinn und Zweck des Art. 462 Abs. 2 ZGB wäre es somit nicht vereinbar, der Beklagten die Bewirtschaftung des "Buttenbergs" zu verwehren, wenn der Hof der Klägerin zugewiesen würde (vgl. O. K. KAUFMANN, Das neue ländliche Bodenrecht der Schweiz, 1946, S. 299 ff.; BOREL/NEUKOMM, Das bäuerliche Erbrecht, 4. A., 1954, S. 77 ff.; SJZ 49 S. 212).
Nichts Abweichendes ist ausBGE 76 II 120ff. zu folgern. In jenem Falle standen ein Sohn des Erblassers (aus erster Ehe) und die Witwe einander als Bewerber nach bäuerlichem Erbrecht gegenüber. Dem Sohne kam nach Art. 621 Abs. 3 ZGB der Vorrang zu, und die Witwe konnte auch nicht Anspruch darauf erheben, auf dem Hofe zu bleiben, weil die ihr nach Art. 462 Abs. 1 ZGB neben Nachkommen des Erblassers bloss alternativ statt eines Viertels zu Eigentum zustehenden Nutzniessung zur Hälfte nicht den vollen Besitz und Genuss der ganzen Erbschaft gewährte, wie dies nach Art. 462 Abs. 2 für die Beklagte zutrifft.
BGE 50 II 459ff. betraf einen Streit um Zuweisung nach bäuerlichem Erbrecht zwischen einer Tochter und der Witwe des Erblassers. Der Vorrang kam dabei der Tochter zu. Über das der Witwe durch Ehevertrag zugewendete Nutzniessungsrecht äussert sich der Entscheid dahin (S. 464), es unterliege der Herabsetzung; sollte es aber im Umfang des bäuerlichen Gewerbes aufrecht bleiben, so hätte dies zur Folge, dass die Tochter das Gut zu Lebzeiten der Witwe nicht zu vollem Genuss erhalten könne. Um so mehr muss das Nutzniessungsrecht der Witwe im vorliegenden Falle zur Geltung kommen, da es von Gesetzes wegen besteht und nicht der Herabsetzung unterliegt, und da die Klägerin gegenüber der Beklagten nach bäuerlichem Erbrecht keine Vorrangstellung einnimmt.
4. Bei dieser Sachlage ist die zu Gunsten der Beklagten ergangene Entscheidung des Obergerichts nicht zu beanstanden. Wie dargetan, könnte das Heimwesen "Buttenberg" der Klägerin nur zu nacktem Eigentum zugewiesen werden, wobei es vermutlich auf Jahrzehnte hinaus sein Bewenden haben müsste. Es liegt aber nicht im Sinn und Zweck des bäuerlichen Erbrechts,

BGE 92 II 313 (322):

einen landwirtschaftlichen Betrieb einem Bewerber zuzuweisen, der mit grösster Wahrscheinlichkeit nie in die Lage kommt, das Gewerbe zum Selbstbetrieb zu übernehmen, während ein anderer Bewerber den Hof bereits mit Erfolg bewirtschaftet, ihn auch weiterhin bewirtschaften will und dazu fähig ist, wie dies nach den Feststellungen des Obergerichtes bei der Beklagten zutrifft. Unter diesen Umständen fallen die Familienverhältnisse nicht ins Gewicht, die an und für sich zu Gunsten der Klägerin sprechen könnten. Denn da der Hof auf alle Fälle vermutlich auf Jahrzehnte hinaus in Händen der Beklagten bleiben muss, könnten die Kinder der Klägerin auch bei Zuweisung des Gewerbes an diese (zu nacktem Eigentum) nicht auf dem "Buttenberg" aufwachsen, und es besteht keine Gewähr dafür, dass eines von ihnen ohnehin den Beruf eines Bauern ergreifen würde, um später einmal den "Buttenberg" zu übernehmen und ihn damit der Nachkommenschaft des F. Sch. sen. zu erhalten.
Nebenbei mag bemerkt werden, dass sich auch bei Selbstbewirtschaftung, wie sie die Klägerin in erster Linie wünscht, keine günstige Lage für ihre Familie ergäbe. Der Hof Buttenberg wirft nicht so viel ab, dass daraus eine solche Bauernfamilie neben den der Beklagten als Nutzniesserin (ausser dem Eigentumsviertel) zukommenden fortlaufenden Leistungen ihren Lebensunterhalt gewinnen könnte. Wird von einem Rohertrag von höchstens Fr. 20'000.-- ausgegangen (nach dem amtlichen Schätzungsbefund vom 3. Januar 1964 beträgt er Fr. 17'250.--), so ist der Reinertrag kaum mehr als Fr. 10'000.--, wovon 3/4 =Fr. 7'500.-- der Beklagten abzuliefern wären.
Die Grösse der Erbteile kann neben den besprochenen Faktoren keine entscheidende Rolle spielen. Übrigens zieht das Obergericht aus guten Gründen nur den eigenen, ursprünglichen Erbteil der Klägerin, nicht auch die ihr von ihren Schwestern abgetretenen Erbteile in Betracht. Denn es geht nicht an, durch Abtretung von Erbteilen die nach bäuerlichem Erbrecht zu treffende Entscheidung zu beeinflussen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 10. November 1965 bestätigt.