Da in der Regel eine Anfechtung der Ehelicherklärung kürzere Zeit nach der das Kind legitimierenden Heirat seiner angeblichen Eltern oder nach dem richterlichen Entscheid erfolgt, dachte offenbar der Gesetzgeber nicht daran, dass die Eltern im Zeitpunkt der Anfechtung geschieden sein oder
BGE 95 II 391 (393):
trotz Fortbestehens der Ehe einen verschiedenen Wohnsitz haben oder nicht mehr leben könnten. Bei getrenntem Wohnsitz der Mutter und des in den Zivilstandsregistern als Vater eingetragenen Mannes (des sog. Registervaters) ist es gegeben, den Richter an dessen Wohnsitz als zuständig zu erklären, wie auch die Vorinstanz annimmt (EGGER, N. 5, und HEGNAUER, N. 19 zu Art. 262 ZGB); denn es geht um die Abstammung des Kindes vom Registervater. Ist dieser jedoch gestorben und lebt nur noch die mit dem Kinde ins Recht zu fassende Mutter, dann ist nicht einzusehen, aus welchen Gründen entgegen dem Wortlaut des Gesetzes der Richter am letzten Wohnsitz des Registervaters zuständig sein sollte. Das Gesetz hat doch offenbar die örtliche Zuständigkeit für die Anfechtung der Ehelicherklärung infolge nachfolgender Heirat deshalb abweichend von Art. 8 NAG geordnet, um der allgemeinen Gerichtsstandsregel, wonach örtlich zuständig der Richter am Wohnsitz des Beklagten ist, Geltung zu verschaffen. Lebt nur noch ein Elternteil, so ist infolgedessen der Richter an seinem Wohnsitz örtlich zuständig (so auch F. L. ZWEIFEL, Du for en matière de filiation, Diss. Lausanne 1924, S. 58, und J.-F. AUBERT, Les actions de la filiation en droit civil suisse, Diss. Neuchâtel 1955, S. 149/50). Es besteht durchaus kein zureichender Grund, den letzten Wohnsitz des verstorbenen Registervaters als massgebend zu betrachten, etwa in analoger Anwendung des Art. 538 Abs. 2 ZGB, der für die Klagen aus Erbrecht diesen Gerichtsstand bestimmt. Für diese letztere Regelung bestehen triftige Gründe, die hier nicht im einzelnen darzulegen sind. Bei Anfechtung der Ehelicherklärung ist jedoch nicht einzusehen, weshalb die beklagte Mutter, die in einem andern Teil unseres Landes wohnt, gezwungen werden könnte, sich in den Prozess am letzten Wohnsitz ihres verstorbenen Mannes einzulassen. Daran ändert auch die von der Vorinstanz gemachte Überlegung nichts, wie es sich verhalte, wenn beide Elternteile bei Anhebung der Klage nicht mehr am Leben sind. Dann ist eben die Klage nicht am letzten Wohnsitz des zuletzt verstorbenen Elternteils, sondern am Wohnsitz des Kindes, sofern sich dieser in der Schweiz befindet, anhängig zu machen (ebenso AUBERT a.a.O. S. 150). Diese lückenausfüllende Auslegung des Art. 262 Abs. 2 ZGB ergibt sich aus dem Zweck dieser Bestimmung, nämlich dem Beklagten den Gerichtsstand seines Wohnsitzes zu sichern.