1. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Februar 1974 i.S. W. gegen C.
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Regeste
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Passive Vererblichkeit einer "unter allen Titeln" geschuldeten scheidungsrechtlichen Rente?
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Sachverhalt
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BGE 100 II 1 (1):
Aus dem Tatbestand:
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Mit Urteil vom 12. Mai 1964 schied das Bezirksgericht Zürich die Ehe der Eheleute B. und genehmigte eine Vereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung, die unter anderem folgende Bestimmungen enthält:
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"2. Der Kläger bezahlt der Beklagten eine monatliche Rente von Fr. 600.-- unter allen Titeln zahlbar jeweils monatlich zum voraus. Bei wesentlicher Veränderung der Einkommensverhältnisse des Klägers kann diese Rente durch das Gericht entsprechend angepasst werden.
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4. Der Kläger verpflichtet sich, bei Einstellung seiner beruflichen Tätigkeit bei der jetzigen Arbeitgeberin der Beklagten einen Betrag von Fr. 1000.-- zu bezahlen. In diesem Betrag zediert der Kläger seine Ansprüche bei der Firma Schafir & Mugglin an die Beklagte."
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Nach seiner Pensionierung stellte B. beim Kantonsgericht Wallis das Begehren, die Rente sei aufzuheben. Am 4. November 1969 starb B., und die von ihm als Alleinerbin eingesetzte C. trat an seiner Stelle in den Prozess ein.
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Mit Urteil vom 2./13. November 1973 setzte das Kantonsgericht die Rente in teilweiser Gutheissung der Klage auf Fr. 300.-- herab und verpflichtete C., die bis zum Tode des B. aufgelaufenen Rentenleistungen zu bezahlen. Gegen dieses Urteil erklärte die Beklagte die Berufung ans Bundesgericht.
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BGE 100 II 1 (2): Aus den Erwägungen:
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Im allgemeinen wird angenommen, die Bedürftigkeitsrente im Sinne von Art. 152 ZGB - eine aus Billigkeitsgründen anerkannte Nachwirkung der Ehe - sei passiv unvererblich (HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 3. Aufl., S. 145; EGGER, N. 4 zu Art. 153 ZGB; WÄSCH, Die Abänderung von Ehescheidungsurteilen nach Art. 153 ZGB, Diss. Bern 1950, S. 47; Zürcher Obergericht in ZR 1953 Nr. 136; zweifelnd der in ZR 1936 Nr. 84 veröffentlichte Entscheid des Bundesgerichts). Anders verhält es sich, wenn die Rente auf Grund von Art. 151 ZGB geschuldet ist. Eine solche Rentenverpflichtung geht nach der Lehre beim Tod des Rentenschuldners in der Regel auf dessen Erben über (EGGER, a.a.O.; WÄSCH, a.a.O.; V. SCHWANDER, Die Entschädigung wegen Eheauflösung nach Art. 151 Abs. 1 ZGB, Diss. Freiburg 1937, S. 95). Das kann jedoch nur insoweit gelten, als die Rente nicht den Ersatz des entgangenen ehelichen Unterhaltsanspruchs bezweckt. Eine Unterhaltsersatzrente ist naturgemäss unvererblich, denn mit dem Tod des pflichtigen Ehegatten würde der Anspruch, für dessen Verlust die Rente Ersatz bieten soll, auch bei fortbestehender Ehe dahinfallen (BGE 85 II 76 Erw. 2a; Zürcher Obergericht in ZR 1953 Nr. 136; HINDERLING, a.a.O. S. 143).
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Entscheidend für die Frage der passiven Vererblichkeit einer scheidungsrechtlichen Rente ist daher deren Rechtsgrund. Besteht darüber Unklarheit, so hat derjenige darzutun, die Rente sei unter einem bestimmten Titel geschuldet, der daraus Rechte ableitet (entsprechend für die Frage der Herabsetzbarkeit BGE 71 II 13, Zürcher Obergericht in SJZ 1953 S. 326 f.). Wer die passive Vererblichkeit behauptet, hat demzufolge den Nachweis zu erbringen, dass die Rente nicht Unterhaltscharakter hat, sondern auf einem andern Rechtsgrund beruht. Dies gilt auch dann, wenn sie auf Grund einer Scheidungskonvention geschuldet ist. Entgegen der vom Bundesgericht in ZR 1936 Nr. 84 geäusserten Ansicht lässt sich demnach nicht sagen, eine in einer BGE 100 II 1 (3):
Scheidungskonvention vereinbarte Rente sei im Zweifel als passiv vererblich anzusehen. Die Vermutung von Art. 516 Abs. 2 OR, wonach in Ermangelung einer bestimmten Verabredung angenommen wird, eine Rente sei auf die Lebenszeit des Rentengläubigers versprochen, ist auf solche Renten nicht ohne weiteres anwendbar. Denn diese haben ihren Rechtsgrund, auch wenn sie von den Parteien frei vereinbart worden sind, letzten Endes eben doch im Scheidungsrecht bzw. in den Art. 151 und 152 ZGB und unterscheiden sich daher in wesentlicher Hinsicht von den Leibrenten im Sinne von Art. 516 ff. OR.
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Im vorliegenden Fall wurde die Rente gemäss der richterlich genehmigten Scheidungskonvention "unter allen Titeln" zugesprochen. Welcher Rechtsgrund sich hinter dieser Formel versteckt, ist zunächst eine Frage der Auslegung der Konvention (vgl. V. SCHWANDER, a.a.O. S. 98 ff.). Nach den Behauptungen der Beklagten im Scheidungsprozess, zu denen das Gericht nicht Stellung nahm, die aber vom Ehemann offenbar nicht bestritten worden waren, hatte dieser ein ehewidriges Verhältnis mit einer Frau X. unterhalten, war also an der Scheidung nicht schuldlos. Es ist deshalb unwahrscheinlich, dass die Rente bloss Ansprüche aus Art. 152 ZGB abgelten sollte. Sie scheint aber doch Unterhaltscharakter zu haben. Die bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnisse des Ehemannes lassen die Annahme einer Entschädigung für entgangene Erbanwartschaften völlig in den Hintergrund treten. Allfällige Ansprüche der Beklagten an der Pension des Ehemannes sollten sodann wohl durch die Summe von Fr. 1000.--, die dieser bei Einstellung seiner beruflichen Tätigkeit zu bezahlen hatte, abgegolten werden. Dazu kommt, dass in der Vereinbarung ausdrücklich vorgesehen ist, die Rente könne bei wesentlicher Veränderung der Einkommensverhältnisse des Ehemannes entsprechend angepasst werden. In der Regel sind aber nur Unterhaltsrenten herabsetzbar (BGE 80 II 187, BGE 71 II 12). Anhaltspunkte, die sich gegen den Unterhaltscharakter der Rente anführen liessen, hat die Beklagte nicht vorgebracht. Es war aber deren Sache, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Rente unter einem andern Titel geschuldet war. Ist dieser Nachweis nicht erbracht, so ist nach dem Gesagten anzunehmen, die Rente sei passiv unvererblich. Für dieses Ergebnis spricht übrigens auch der Umstand, dass der Ehemann nur über ein bescheidenes Vermögen verfügte und der Nachlass daher zur Bezahlung der Rente nicht ausreicht. Die Klägerin wäre demzufolge BGE 100 II 1 (4):
bei Annahme der passiven Vererblichkeit gezwungen, die Rente aus ihren eigenen Mitteln zu bezahlen. Es ist aber unwahrscheinlich, dass die Ehegatten eine derartige unbillige Belastung der Erben des Ehemannes, die nur mit der Ausschlagung der Erbschaft hätte abgewendet werden können, gewollt haben.
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Die Berufung erweist sich daher auch in diesem Punkt als unbegründet.
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