Der Obergerichtspräsident beruft sich auf eine thurgauische Praxis, wonach in Fällen, wie dem vorliegenden, nicht "das Obergericht als Plenum, sondern das Obergerichtspräsidium" für den Erlass vorsorglicher Massnahmen zuständig sei. Zu prüfen ist im folgenden nur, ob diese Praxis vor Art. 11 Abs. 3 UWG standhält. Da diese Bestimmung nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Hauptprozesses dessen Richter für
BGE 104 II 55 (57):
den Erlass vorsorglicher Massnahmen als zuständig erklärt, wäre es jedenfalls nicht zulässig, über ein diesbezügliches Begehren losgelöst vom Hauptprozess in einem besonderen Verfahren zu befinden. Das trifft im vorliegenden Fall indes nicht zu; vielmehr handelte der Obergerichtspräsident offenkundig als Vorsitzender des erkennenden Gerichts. Auf die Frage, ob Art. 11 Abs. 3 UWG eine solche interne Delegation zulasse, geben weder Literatur noch Rechtsprechung eine Antwort; ebenso verhält es sich auch hinsichtlich des gleichlautenden Art. 78 Abs. 1 PatG. Hingegen erklärte der Bundesrat in seiner Botschaft vom 3. November 1942 zu Art. 12 Abs. 3 des Entwurfes, der dem Art. 11 Abs. 3 UWG entspricht, dass es sich nach dem kantonalen Prozessrecht bestimme, "ob der Entscheid im Einzelfall vom betreffenden Gesamtgericht, von dessen Präsidenten oder von einem allfälligen Instruktionsrichter auszugehen habe" (BBl 1942 S. 708). Eine solche Auslegung entspricht durchaus dem Sinn und Zweck des Gesetzes und rechtfertigt sich insbesondere auch deshalb, weil es praktische Gründe waren, die zur Vorschrift von Art. 11 Abs. 3 UWG führten (vgl. BBl 1942 S. 708). Je nach Organisation und Zusammensetzung des erkennenden Gerichtes lässt sich eine solche Delegation nämlich nicht umgehen. Der Obergerichtspräsident beruft sich denn auch auf einen Entscheid des Obergerichtspräsidiums vom 21. Juli 1965, der auf einem Beschluss des Gesamtobergerichts beruht. Dort wird ausgeführt, dass das thurgauische Obergericht nicht jederzeit zusammentreten könne, um einstweilige Verfügungen mit der nötigen Raschheit zu treffen, da sich im Thurgau nur die drei erstgewählten Oberrichter ständig am Amtssitz aufhielten, die andern aber nur zu den Sitzungen erschienen. Im übrigen war im kantonalen Verfahren selbst die Beschwerdeführerin noch der Auffassung, dass gegebenenfalls der Obergerichtspräsident für den Erlass vorsorglicher Massnahmen zuständig wäre, führte sie doch in ihrer Eingabe an das Obergericht vom 26. April 1977 im Zusammenhang mit der Begründung ihres vorsorglichen Massnahmebegehrens wörtlich aus: "Gemäss Art. 11 Abs. 3 UWG ist das Obergericht bzw. dessen Präsident zur Anordnung vorsorglicher Massnahmen nach Einleitung des Hauptprozesses zuständig." Weshalb sie sich nun auf den gegenteiligen Rechtsstandpunkt stellt, legt sie in ihrer Eingabe an das Bundesgericht nicht dar.