105 II 49
Urteilskopf
105 II 49
9. Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Januar 1979 i.S. Bosshard Partners Intertrading AG gegen Sunlight AG (Berufung)
Regeste
1. Die Eintragung einer Konzernmarke in das schweizerische Register verleiht nur Schutz in der Schweiz; Rechtsfolgen, Vorbehalt für den Gebrauch durch Konzernfirmen. Funktionen der Marke (E. 1a).
2. Täuschungsgefahr als Voraussetzung einer rechtswidrigen Verwendung der Marke (E. 1b).
3. Art. 6bis und 11 MSchG , Art. 5 lit. C Abs. 3 PVÜ. Verwendung einer Konzernmarke durch mehrere Berechtigte: Voraussetzungen (E. 2a).
4. Beurteilung der Täuschungsgefahr: Rücksicht auf die Verkehrsgeltung der Marke und auf die Qualitätsvorstellungen, welche das Zeichen beim Publikum erweckt (E. 2b); unlauterer Wettbewerb (E. 2c)?
5. Art. 13 und 20 des Freihandelsabkommens enthalten keine Verhaltensnormen mit zivilrechtlichen Folgen, welche dem schweizerischen Markenrecht entgegenständen (E. 3).
6. Aus einem rechtmässigen Verbot ergibt sich kein Anspruch auf Schadenersatz (E. 4).
A.- Die Sunlight AG, Olten, vertreibt neben Seifen und Putzmitteln insbesondere ein Waschmittel, das sie in der Schweiz allein herstellt und unter der Marke OMO ausschliesslich im Inland absetzt. Diese Marke steht seit 1919 im schweizerischen Register und ist von der Sunlight AG letztmals am 27. März 1975 unter Nr. 276322 erneuert worden. Sie ist für Seifen aller Art, Waschmittel, Parfümerieartikel und kosmetische Präparate, Stärke sowie Reinigungs-, Desinfektions-, Putz- und Poliermittel bestimmt.
Die Sunlight AG gehört zum Unilever-Konzern, der eine Muttergesellschaft mit Sitz in Holland und Tochtergesellschaften in fast allen westeuropäischen Ländern umfasst. Diese Gesellschaften verwenden das Zeichen OMO ebenfalls als Fabrik- und Handelsmarke für Waschmittel.
Im Juli 1976 stellte die Sunlight AG fest, dass die Bosshard Partners Intertrading AG, Thalwil, Waschmittel und Seifen deutscher und holländischer Herkunft unter den Marken OMO, CORALL, REXONA und LUX zahlreichen schweizerischen Grossverteilern zum Kaufe anbot. Das mit "einmalige Gelegenheit" überschriebene Angebot offerierte unter der Klausel "frei deutsche Grenze, unverzollt" insbesondere OMO-Packungen zu 4,5 kg für Fr. 11.25, wenn mindestens 2880 Einheiten bezogen würden. Die Packungen stammten aus dem Betrieb einer
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Tochtergesellschaft des Unilever-Konzerns in Hamburg. Ihr Preis lag erheblich unter demjenigen, den damals Grossbezüger für OMO-Packungen schweizerischer Herkunft bezahlen mussten. Die Sunlight AG versuchte zunächst, den geplanten Verkauf unter Berufung auf Marken- und Wettbewerbsrecht zu verhindern. Da ihr dies nicht gelang, liess sie der Firma Bosshard durch gerichtlichen Befehl vorsorglich verbieten, die angebotenen Produkte in der Schweiz zu vertreiben. Dennoch verkaufte diese Firma unter anderem etwa 3000 OMO-Packungen an schweizerische Grossverteiler.
B.- Im Oktober 1976 klage die Sunlight AG gegen die Bosshard Partners Intertrading AG mit dem Begehren, der Beklagten bei Strafe zu verbieten, Waschmittel deutscher Herkunft unter den Marken OMO und CORALL, Seifen deutscher Herkunft unter der Marke REXONA und solche holländischer Herkunft unter der Marke LUX in der Schweiz anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu verkaufen, durch Dritte anbieten oder in Verkehr bringen zu lassen, zu solchen Handlungen anzustiften, ihre Begehung zu begünstigen oder zu erleichtern. Die Klägerin berief sich auf Art. 24 lit. c MSchG und Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG.
Die Beklagte widersetzte sich diesem Begehren und erhob Widerklage auf Ersatz von Schaden, der ihr durch das vorsorgliche Verbot verursacht worden und nach Durchführung des Beweisverfahrens zu beziffern sei. Durch Teilvergleich vom 13./15. Juni 1977 anerkannte sie die Klage bezüglich der Marken CORALL, REXONA und LUX, einigte sich in diesen Punkten mit der Klägerin über die gegenseitigen Ansprüche und beschränkte ihr Widerklagebegehren auf den Schaden, den sie bezüglich OMO durch die vorsorgliche Massnahme erlitten habe. Das Rechtsbegehren der Klägerin umfasste daraufhin noch Waschmittel deutscher Herkunft mit der Marke OMO.
Das Handelsgericht des Kantons Zürich hiess am 3. Juli 1978 das noch streitige Begehren der Klägerin gut und wies die Widerklage ab.
C.- Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Sie beantragt, es aufzuheben, die Klage abzuweisen und die Sache zur Beurteilung der Widerklage an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie macht geltend, das Handelsgericht habe Art. 24 lit. c MSchG verkannt und Bestimmungen des Freihandelsabkommens falsch ausgelegt.
Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 24 lit. c MSchG kann zivilrechtlich belangt werden, wer Erzeugnisse oder Waren, von denen er weiss, dass sie mit einer nachgemachten, nachgeahmten oder rechtswidrig angebrachten Marke versehen sind, verkauft, feilhält oder in Verkehr bringt.
a) Das Immaterialgüterrecht beruht auf dem Territorialitätsprinzip, das die Anwendung der Spezialgesetze von einer räumlichen Beziehung des Gutes zum Schutzland abhängig macht und auf dessen Gebiet beschränkt. Die Gesetze jedes Schutzlandes bestimmen selbständig, wie Rechte an Immaterialgütern entstehen und erworben werden, welchen Inhalt und Umfang sie haben. Das gilt auch für das MSchG, das den Schutz von Markenrechten und deren Verletzung durch rechtswidrige Verwendung der Marke unabhängig vom Rechtsschutz in andern Ländern regelt (TROLLER, Immaterialgüterrecht I, 2. Aufl. S. 148 ff; H. DAVID, Kommentar zum MSchG, 2. Aufl. S. 52; MATTER, Kommentar zum MSchG S. 50).
Aus dem MSchG ergibt sich nach dem Territorialitätsprinzip insbesondere, dass die Eintragung einer Marke in das schweizerische Register nur Schutz in der Schweiz verleiht, der als Inhaber Eingetragene hier aber allein berechtigt ist; dieser kann daher den ausschliesslichen Gebrauch des Zeichens beanspruchen, wenn Waren mit einer ausländischen Marke, die mit der seinigen übereinstimmt oder verwechselbar ist, auf dem schweizerischen Markt erscheinen. Das gilt selbst dann, wenn er mit dem ausländischen Markeninhaber durch Zugehörigkeit zum gleichen Konzern wirtschaftlich verbunden ist und das Zeichen im Ausland rechtmässig angebracht worden ist. Anders verhält es sich selbst zwischen zwei Konzernfirmen nur dann, wenn beide zur Kennzeichnung gleichartiger Waren die nämliche Marke im Inland gleichzeitig gebrauchen dürfen, diese insbesondere im schweizerischen Register nebeneinander eintragen liessen. Art. 6bis MSchG lässt eine solche Eintragung bei Konzernmarken zu, wenn der Gebrauch der Marke durch rechtlich selbständige, wirtschaftlich eng miteinander verbundene Firmen weder zur Täuschung des Publikums über die Herkunft und die Beschaffenheit der Ware geeignet ist noch sonstwie das öffentliche Interesse verletzt. Jede der beiden Firmen kann sich diesfalls der Verwendung der Marke durch Dritte widersetzen,
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hat dagegen den Gebrauch durch die andere zu dulden (BGE 89 II 100, BGE 86 II 272 und 274, BGE 78 II 169 /70).Gemäss Art. 1 Ziff. 2 MSchG ist die Fabrik- und Handelsmarke ein Mittel, um die Herkunft der Ware festzustellen oder sie von andern Waren zu unterscheiden. Unter Herkunft im Sinne dieser Bestimmung ist nicht wie in Art. 18 MSchG die Beziehung zu einem Orte, einer Gegend oder einem Lande zu verstehen; gemeint ist vielmehr der Umstand, dass die Ware aus einem bestimmten Unternehmen stammt, in ihm hergestellt oder von ihm in Verkehr gebracht wird. Das trifft nicht nur zu, wenn die Marke zur Feststellung der Herkunft angebracht wird, sondern auch, wenn der Inhaber in ihr ein Mittel zur Unterscheidung der Ware sieht. Deswegen bestimmt Art. 11 Abs. 1 MSchG denn auch, die Marke dürfe nur mit dem Geschäft übertragen werden, dessen Erzeugnissen sie zur Unterscheidung dient (BGE 86 II 277). Bei Konzernmarken wird deren hinweisende Kraft freilich dadurch abgeschwächt, dass sie nicht die Herstellung oder den Vertrieb durch eine bestimmte Firma andeuten, sondern die Erzeugnisse als solche des Konzerns individualisieren. Gleichwohl ist auch in ihnen eine Angabe über die Herkunft der Waren zu erblicken, die von den Konzernfirmen unter der Marke erzeugt oder vertrieben werden (BGE 95 II 360 E. b und c, BGE 86 II 279 /80).
b) Art. 24 MSchG schützt den Markeninhaber nach ständiger Rechtsprechung nur gegen Handlungen, durch die das Publikum über die Herkunft eines Erzeugnisses getäuscht werden könnte (BGE 95 II 193 und 465, BGE 86 II 279 mit Zitaten). Das gilt auch für lit. c der Bestimmung, womit vor allem der Handel mit Waren untersagt wird, die im Sinne von lit. a und b rechtswidrig mit der Marke gekennzeichnet werden. Im internationalen Warenverkehr erhält Art. 24 lit. c MSchG freilich noch eine selbständige Bedeutung, da die Kennzeichnung im Ausland vom schweizerischen Recht nicht erfasst wird; sie ist aber als rechtswidrig anzusehen, wenn die Ware ohne Zustimmung des schweizerischen Markeninhabers eingeführt wird (TROLLER, Immaterialgüterrecht II, 2. Aufl. S. 762; vgl. BGE 97 II 172). Das gilt auch für Konzernmarken, wenn die Abnehmer die damit versehene Ware nach den Umständen der schweizerischen Konzernfirma zurechnen, nicht dagegen, wenn die Marke bloss als Hinweis darauf zu verstehen ist, die Ware stamme aus irgendeinem inländischen oder ausländischen Konzernbetrieb (BGE 89 II 105 E. c, BGE 86 II 284 E. g).
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2. Nach dem angefochtenen Urteil stammten die von der Beklagten in der Schweiz angebotenen OMO-Packungen aus dem Betrieb der Lever Sunlight AG in Hamburg, die ebenfalls dem Unilever-Konzern angehört, die Marke OMO bisher aber nicht mit Wirkung für die Schweiz registrieren liess und sie selber auch nicht in der Schweiz gebraucht hat. Ob die deutsche Konzernfirma sich wie die schweizerische und offenbar auch andere Tochtergesellschaften darauf beschränkt, das von ihr hergestellte OMO-Waschmittel im Inland zu vertreiben, kann offen bleiben. Für das Gebiet der Schweiz ist jedenfalls nur die Klägerin als Inhaberin der Marke OMO im Register eingetragen, ohne ihre Zustimmung folglich ausschliesslich berechtigt, das Zeichen als Fabrik- und Handelsmarke im Inland zu gebrauchen und sich einer rechtswidrigen Verwendung durch Dritte zu widersetzen. Dass sich die Klägerin nach der Hinterlegungsurkunde im Verkehr mit dem Eidg. Amt für geistiges Eigentum durch die Unilever (Schweiz) AG, Zürich, vertreten lässt, ändert daran nichts.
Was die Beklagte zur Begründung ihrer Rüge vorbringt, das Handelsgericht habe Art. 24 lit. c MSchG unrichtig ausgelegt, geht an dieser Rechtslage vorbei.
a) Das gilt vorweg von ihrem Versuch, das streitige Zeichen nicht bloss als Konzernmarke im Sinne von Art. 6bis MSchG auszugeben, sondern den Gebrauch der Marke in der Schweiz selbst dann dem Konzern zuzurechnen, wenn das Zeichen hier auf Waren ausländischer Herkunft verwendet wird. Der Versuch scheitert im ersten Punkt schon daran, dass die deutsche Tochtergesellschaft des Konzerns weder von der Möglichkeit einer parallelen Eintragung gemäss Art. 6bis MSchG noch von der Möglichkeit einer internationalen Registrierung mit Wirkung für die Schweiz Gebrauch gemacht hat. Dass gemäss BGE 75 I 348 ff. angeblich auch die holländische Muttergesellschaft dazu berechtigt wäre, hilft darüber nicht hinweg; der Eintrag im schweizerischen Register lautet nur auf den Namen der Klägerin.
Es liegt auch nichts dafür vor, dass eine ausländische Konzernfirma die Marke in der Schweiz neben der Klägerin gebraucht habe, was gemäss Art. 5 lit. C Abs. 3 PVÜ auch die Schweiz als Verbandsland dulden müsste. Das Handelsgericht liess dahingestellt, inwieweit OMO-Packungen, die seit Mitte 1976 gelegentlich im schweizerischen Detailhandel auftauchten, aus dem Angebot der Beklagten stammten. Es stellt dagegen
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fest, dass die Klägerin bis heute willens gewesen und es ihr im wesentlichen auch gelungen ist, den Import ausländischer Ware mit der Marke OMO durch Dritte zu verhindern und das Zeichen in der Schweiz allein zu verwenden. Die Beklagte vermutet denn auch, dass die Konzernfirmen den Markt und damit auch den Gebrauch der Marke territorial geregelt haben und der Kontrolle der Muttergesellschaft unterstehen. Das schweizerische Recht steht dem nicht entgegen. Art. 11 MSchG gestattet vielmehr, das Markenrecht nach Staatsgebieten derart aufzuteilen, dass die gleiche Marke in verschiedenen Ländern zugunsten verschiedener Inhaber geschützt wird (BGE 78 II 170). Das leuchtet insbesondere bei einer Konzernmarke ein, die diesfalls im einzelnen Land die Bedeutung einer Individualmarke erhalten kann.Nach der Rechtsprechung gilt der Markengebrauch durch den Lizenznehmer als Gebrauch durch den Lizenzgeber (BGE 83 II 330, BGE 72 II 427). Die Beklagte kann daraus nichts für sich ableiten, da sie nicht behauptet, die OMO-Packungen mit Zustimmung der deutschen Konzernfirma eingeführt oder von ihr gar eine Markenlizenz erhalten zu haben; ein stellvertretender Gebrauch, welcher der deutschen Firma anzurechnen wäre, ist daher zu verneinen (vgl. TROLLER, a.a.O. I S. 332). Markenlizenzen sind übrigens nur bei wirtschaftlich enger Verbundenheit mit dem Lizenznehmer zulässig; sie haben zudem nicht den Übergang des Markenrechts auf den Lizenznehmer zur Folge, sondern geben diesem nur einen Anspruch, das Zeichen als fremdes zu gebrauchen (BGE 92 II 280). Das deutsch-schweizerische Abkommen von 1892 (BS 11 S. 1057, BBl 1950 III 468), wonach der Gebrauch der Marke in einem Staat auch als Gebrauch im andern gilt, wird von der Beklagten mit Recht nicht erwähnt; darauf könnte sich nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht feststeht, nur die deutsche Firma selber berufen (BGE 100 II 231, BGE 96 II 254 /5).
Da das Zeichen OMO in der Schweiz nur von der Klägerin hinterlegt worden ist, kommt für die Rechtswidrigkeit des streitigen Markengebrauchs auch nichts darauf an, ob der Unilever Konzern den Tochtergesellschaften gestattet, Waren unterschiedlicher Beschaffenheit unter dem Zeichen OMO zu vertreiben. Der Hinweis auf den Cinzano-Entscheid des Deutschen Bundesgerichtshofes (BGHZ 60 S. 185 ff.) geht schon deshalb fehl, weil der Begriff des Gebrauchs nach deutschem Recht erheblich weiter gefasst wird als nach schweizerischem (BGE 100 II 233 /4) und die Konzernmarke, wie noch auszuführen ist,
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in EWG-Staaten eine andere Bedeutung hat als in der Schweiz. Wenn eine ausländische Konzernfirma die Marke in der Schweiz nicht eintragen lässt und hier nicht selber gebraucht, bleibt es dabei, dass die inländische Markeninhaberin sich dem Inverkehrbringen von Waren, die von jener im Ausland mit der Marke versehen worden sind und von einem Dritten eingeführt werden, in der Schweiz widersetzen kann (BGE 78 II 171).b) Davon ist auch bei der Prüfung der Frage auszugehen, ob das Publikum durch die rechtswidrige Verwendung der Marke über die Herkunft der Ware getäuscht werden könnte. Das Handelsgericht führt dazu insbesondere aus, die Beklagte behaupte nicht, dass bisher entgegen dem Willen der Klägerin erhebliche Mengen OMO-Waschmittel eingeführt worden und hier während Jahren angeboten worden seien; die Klägerin habe sich gegen die Einfuhr vielmehr gewehrt, und zwar im wesentlichen mit Erfolg. Bei dieser Sachlage lässt sich zum vorneherein nicht sagen, die schweizerischen Endabnehmer der Ware verständen OMO als Konzernmarke mehrerer Unternehmen, weshalb sie das Waschmittel irgendeinem Betrieb im In- oder Ausland zuschrieben.
Davon kann umsoweniger die Rede sein, als die Klägerin ihr Erzeugnis auf die Bedürfnisse des schweizerischen Abnehmers abgestimmt und den inländischen Bedarf während Jahrzehnten mit dem in Olten hergestellten Produkt gedeckt haben will, was die Beklagte nach dem angefochtenen Urteil nicht zu widerlegen vermochte. Das OMO-Waschmittel der Klägerin unterscheidet sich zudem durch die beigemischten blauen Nadeln, das Parfum und seine textilschonende Wirkung namentlich von demjenigen der deutschen Firma. Bei solchen Unterschieden ist es den schweizerischen Abnehmern, wie die Vorinstanz insbesondere gestützt auf ein EMPA-Gutachten feststellt, nicht gleichgültig, ob sie OMO-Ware irgendeines Betriebes kaufen. Hausfrauen laufen beim Kauf von OMO-Packungen deutscher Herkunft vielmehr Gefahr, über die schonende Behandlung der Wäsche oder andere Eigenschaften des schweizerischen Erzeugnisses getäuscht zu werden.
Besondere Vorteile einer Ware haben mit den Funktionen der Marke im Sinne von Art. 1 Ziff. 2 MSchG an sich freilich nichts zu tun (vgl. BGE 99 II 108 /9). Gleichwohl dürfen sie bei Beurteilung der Täuschungsgefahr mitberücksichtigt werden, da sie in Verbindung mit der Marke Qualitätsvorstellungen wecken,
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die Ware individualisieren und deshalb selbst innerhalb eines Konzerns auf einen bestimmten Betrieb hinweisen können. Das liegt vor allem dann auf der Hand, wenn die Marke wie hier mit der Ware identifiziert wird. Der Abnehmer hat ein schützenswertes Interesse daran, in seiner auf Erfahrung begründeten Erwartung nicht dadurch getäuscht zu werden, dass unter der gleichen Marke Waschmittel angeboten werden, deren Qualität oder Eigenschaften erheblich voneinander abweichen. Dass die Qualitätserwartung durch die Marke nicht garantiert ist, hindert den Richter nicht daran, auf die Interessen der Abnehmer ebenfalls Rücksicht zu nehmen. Das angefochtene Urteil ist daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden.Welche Vorstellungen die Abnehmer mit einer Konzernmarke verbinden, ob sie die Ware einer bestimmten Firma zuschreiben oder ob ihnen die Herkunft innerhalb des Konzerns gleichgültig ist, sind übrigens Tatfragen, über die der kantonale Richter entscheidet. Der vorliegende Fall unterscheidet sich in tatsächlicher Hinsicht aber deutlich von dem in BGE 86 II 271 ff. veröffentlichten, wo es um international registrierte Marken eines Weltkonzerns ging und die Täuschungsgefahr schon nach tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zu verneinen war. Vergleiche mit diesem Entscheid helfen der Beklagten daher nicht. Dass die Waschmittelreklame über die Landesgrenzen hinausreicht, ist dem Handelsgericht nicht entgangen; es hat dem angesichts der marktrelevanten Unterschiede zwischen den streitigen Produkten mit Recht keine besondere Bedeutung beigemessen, pflegt doch jeder Konkurrent die Reklame auf die Vorteile seines Erzeugnisses auszurichten und Nachteile zu verschweigen. Das Risiko des Publikums, über Unterschiede zwischen Konzernwaren aus verschiedenen Ländern getäuscht zu werden, wird dadurch nicht beseitigt, sondern eher erhöht.
c) Das Handelsgericht fand, dass das mit der Klage verlangte Verbot schon nach Markenrecht begründet sei. Es liess deshalb dahingestellt, ob die Beklagte mit der rechtswidrigen Verwendung der Marke OMO nicht nur Handlungen gemäss Art. 24 lit. c MSchG, sondern auch unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG begangen habe, was in Fällen wie dem vorliegenden in der Regel zu bejahen ist (BGE 102 II 127 E. 3 mit Hinweisen). Die Frage kann auch im Berufungsverfahren offen bleiben, wenn das angefochtene Urteil zu bestätigen ist.
3. Ein von der Bundesversammlung genehmigter Staatsvertrag wird mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden für die
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Schweiz verbindlich und zum Bestandteil des Landesrechts. Seine Normen können deshalb neben den Behörden auch Einzelpersonen verpflichten, wenn sie unmittelbar anwendbar, d.h. inhaltlich hinreichend bestimmt und klar sind, um im Einzelfall Grundlage eines Entscheides zu bilden. Die erforderliche Bestimmtheit geht vor allem blossen Programmartikeln ab. Sie fehlt auch Bestimmungen, die eine Materie nur in den Umrissen regeln, dem Vertragsstaat einen beträchtlichen Ermessens- oder Entscheidungsspielraum lassen oder blosse Leitgedanken enthalten, sich also nicht an die Verwaltungs- oder Justizbehörden, sondern an den Gesetzgeber richten (BGE 100 Ib 230 E. 3, 98 Ib 387, BGE 94 I 672, BGE 88 I 90 /91).Die Beklagte hält in der Berufung daran fest, dass das zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) geschlossene Freihandelsabkommen (FHA), das am 1. Januar 1973 in Kraft getreten ist (AS 1972 II 3115), die Gutheissung der Klage ausschliesse. Sie beruft sich auf Art. 13 und 20 FHA . Nach der ersten Bestimmung dürfen im Warenverkehr zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz keine neuen mengenmässigen Einfuhrbeschränkungen oder Massnahmen gleicher Wirkung eingeführt werden (Abs. 1). Bestehende Beschränkungen waren am 1. Januar 1973 und Massnahmen gleicher Wirkung spätestens bis zum 1. Januar 1975 zu beseitigen (Abs. 2). Nach der zweiten Vorschrift sodann steht das FHA Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen insbesondere nicht entgegen, wenn sie aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit oder zum Schutze des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind (Satz 1). Die Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Vertragsparteien darstellen (Satz 2). Die Beklagte macht geltend, Art. 13 sei zusammen mit Art. 20 auszulegen; diesfalls umfassten die Massnahmen gleicher Wirkung auch das gewerbliche Eigentum. Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu den angeblich gleichlautenden Art. 30 und 36 des EWG-Vertrages, worüber die Schweiz sich schon bei Abschluss des Abkommens habe Rechenschaft geben müssen.
a) Dem ist vorweg Abs. 4 der Präambel zum FHA entgegenzuhalten, wonach keine Bestimmung des Abkommens dahin ausgelegt werden darf, dass sie die Vertragsparteien von ihren
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Verpflichtungen aus anderen internationalen Verträgen entbindet. Vor dem 1. Januar 1973 geschlossene Verträge gehen daher dem Abkommen vor. Dazu gehören insbesondere die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums und das Madrider Markenabkommen, die auch von mehreren EWG-Staaten, insbesondere von der Bundesrepublik Deutschland, ratifiziert worden sind (AS 1970 S. 620 und 1689, 1976 S. 923, 1978 S. 806). Nach diesen Verträgen beurteilen sich grundsätzliche Fragen, wie die Funktion, der Inhalt und die Verkehrsgeltung einer Marke aber nach den Gesetzen des Verbandslandes, in dem der Schutz verlangt wird (BGE 99 Ib 25 E. 4, BGE 98 Ib 182 E. 2 mit Zitaten).Aus der Entstehungsgeschichte des FHA ist festzuhalten, dass dieses ein reines Handelsabkommen ist, das nicht wie der EWG-Vertrag einen einheitlichen Binnenmarkt mit überstaatlicher Wettbewerbsordnung, sondern bloss eine Freihandelszone schaffen will. Es beschränkt sich zudem im wesentlichen auf den industriellen Freihandel. Bei seiner Aushandlung wurde nicht nur eine Pflicht zur gegenseitigen Angleichung der gemeinschaftlichen und schweizerischen Rechtsnormen bewusst ausgeschlossen; die bestehenden Rechtsordnungen und deren uneingeschränkte autonome Durchsetzung wurden vielmehr gegenseitig vorbehalten (BGE 104 IV 179 E. c mit Hinweisen auf amtliche Stellungnahmen). Das Abkommen sieht auch kein Organ vor, das wie der Europäische Gerichtshof als Institution der EWG die unmittelbare Anwendbarkeit einzelner Normen für die Vertragsparteien verbindlich festlegen könnte. Es begnügt sich mit einem Gemischten Ausschuss, der für die ordnungsgemässe Erfüllung des Abkommens zu sorgen hat, aber nur Empfehlungen aussprechen kann (Art. 29 FHA).
Diese Unterschiede sind auch bei der Auslegung einzelner Bestimmungen zu beachten, weshalb es entgegen den Einwänden der Beklagten nicht angeht, die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zu analogen Bestimmungen des EWG-Vertrages unbesehen zu übernehmen. Die Schweiz wird durch das Abkommen nicht gezwungen, ihre Wirtschaftspolitik und innere Gesetzgebung mit derjenigen der EWG zu harmonisieren, mag es auch nahe liegen, in konkreten Fällen für gleichartige Probleme ähnliche Lösungen wie die Nachbarstaaten anzustreben (Botschaft zum FHA, in BBl 1972 S. 730); dies ändert jedoch nichts daran, dass der schweizerische Richter das Abkommen seinem handelspolitischen Charakter und Zweck entsprechend
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autonom auszulegen und anzuwenden hat. Staatsverträge sind zudem in erster Linie nach ihrem Text auszulegen. Ist dieser klar und seine Bedeutung, wie sie sich aus dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sowie aus dem Gegenstand und Zweck des Vertrages ergibt, nicht offensichtlich sinnwidrig, so kommt eine andere Auslegung nur in Frage, wenn aus dem Zusammenhang oder aus der Entstehungsgeschichte mit Sicherheit auf eine vom Wortlaut abweichende Willenseinigung der Vertragsstaaten zu schliessen ist (BGE 97 I 363 E. 3, 96 I 648 mit Hinweisen).b) Art. 13 FHA ist nach seinem Wortlaut klar, und für eine davon abweichende Auslegung liegen keine Anhalte vor. Mit "Massnahmen gleicher Wirkung" können nur solche gemeint sein, welche die Wareneinfuhr unmittelbar betreffen. Einfuhrverbote oder -beschränkungen, die zum Schutze des gewerblichen Eigentums gerechtfertigt sind, werden in Art. 20 FHA ausdrücklich vorbehalten. Solche Vorbehalte können sich aber auch aus dem schweizerischen Markenrecht ergeben, die Anwendung des Art. 13 FHA folglich ausschliessen.
Die Vorschriften des Art. 13 richten sich zudem an den schweizerischen Gesetzgeber und an die Verwaltung. Dass sie Rechte und Pflichten begründen würden, welche der schweizerische Richter in einem Entscheid über eine zivilrechtliche Streitigkeit zu beachten hätte, ist ihnen nicht zu entnehmen. Eine bestimmte Verhaltensnorm mit zivilrechtlichen Folgen ergibt sich auch dann nicht, wenn Art. 13 in Verbindung mit Art. 20 Satz 2 und 23 FHA ausgelegt wird. Art. 20 Satz 2 will Diskriminierungen und verschleierte Beschränkungen des Handels von den Rechtfertigungsgründen ausgenommen wissen, während Art. 23 lediglich feststellt, welche Praktiken mit dem guten Funktionieren des Abkommens unvereinbar sind; er erklärt sie im Gegensatz zu den entsprechenden Bestimmungen des EWG-Vertrages aber weder als rechtswidrig noch als nichtig und sieht auch keine Sanktionen vor, sondern ermächtigt die Vertragsparteien lediglich, gemäss den in Art. 27 FHA festgelegten Voraussetzungen und Verfahren vorzugehen (BGE 104 IV 179 /80).
c) Daraus erhellt, dass das mit der Klage verlangte Verbot vor Art. 13 und 20 FHA standhält, das angefochtene Urteil in diesem Punkte folglich ebenfalls nicht zu beanstanden ist. Da die Voraussetzungen des Art. 24 lit. c MSchG gegeben sind, kann die Klägerin sich als Inhaberin der nach schweizerischem Recht
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geschützten Marke OMO auch nach Inkrafttreten des FHA gegen den Import von Waren wehren, die im Ausland mit dem gleichen Zeichen versehen worden sind.
4. Beim vorsorglich angeordneten Verbot verhält es sich nicht anders. Es lässt sich nach der aufgezeigten Rechtslage ebenfalls nicht als rechtswidrig ausgeben, weshalb die Beklagte daraus keinen Schadenersatzanspruch ableiten kann. Damit ist der Widerklage die Grundlage entzogen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 3. Juli 1978 bestätigt.
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