79. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Oktober 1981 i.S. W. gegen Regierungsrat des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
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Regeste
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Art. 44 und 68 OG; Art. 381 ZGB.
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Die Eltern des Mündels haben lediglich ein tatsächliches oder mittelbares Interesse an der Person des Vormundes. Wird die von ihnen vorgeschlagene Person nicht zum Vormund gewählt, werden sie dadurch in ihren rechtlich geschützten Interessen nicht beeinträchtigt. Es fehlt ihnen daher die Legitimation zur Nichtigkeitsbeschwerde (E. 3).
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Sachverhalt
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BGE 107 II 504 (504):
E. W., geb. 1954, wurde am 10. Juni 1977 in Anwendung von Art. 369 ZGB unter Vormundschaft gestellt. Zum Vormund wurde Amtsvormund Z. ernannt.
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Im Jahre 1979 vernahm die Mutter des Mündels, M. W., dass Amtsvormund Z. in den Ruhestand trete. Sie schlug der Vormundschaftsbehörde X. daraufhin einen ihrer Bekannten als Vormund ihrer Tochter vor. Die Vormundschaftsbehörde wählte jedoch am 8. Januar 1980 als Vormund von E. W. den Nachfolger von Z., Amtsvormund G.
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Gegen diesen Beschluss legte M. W. beim Regierungsstatthalter BGE 107 II 504 (505):
Rekurs ein, der am 30. Juni 1980 abgewiesen wurde. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid wies der Regierungsrat des Kantons Bern am 10. Februar 1981 ab.
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M. W. erhebt beim Bundesgericht Nichtigkeitsbeschwerde gestützt auf Art. 68 OG mit dem Antrag, der Entscheid des Regierungsrates sei aufzuheben.
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Die Beschwerdeführerin hat den Entscheid des Regierungsrates auch mit einer staatsrechtlichen Beschwerde beim Bundesgericht angefochten (s. BGE 107 Ia 343 ff.).
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Das Bundesgericht tritt auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein.
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Aus den Erwägungen:
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Gemäss Art. 68 Abs. 1 OG ist die Nichtigkeitsbeschwerde in Zivilsachen, die nicht der Berufung unterliegen, zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Zivilsache schon dann vor, wenn das dem Streit zugrundeliegende Rechtsverhältnis dem Zivilrecht angehört (BGE 95 II 301, BGE 85 II 288 E. 1b, BGE 72 II 309 E. 2 und 334 E. 1). Auch wenn das Vormundschaftsrecht vom öffentlichen Recht in erheblichem Masse mitgeprägt wird, so stellen die vormundschaftlichen Massnahmen und insbesondere die Ernennung eines Vormundes doch eine Zivilsache im Sinne von Art. 68 Abs. 1 OG dar. Dass sich das kantonale Verfahren vor den Verwaltungsbehörden und nicht vor den Gerichten abgespielt hat, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung (BGE 79 II 248 /9).
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Hingegen handelt es sich nicht um eine Zivilrechtsstreitigkeit gemäss Art. 44 OG. Einer solchen liegt stets ein kontradiktorisches Verfahren, an dem zwei gleichgestellte Parteien beteiligt sind, zugrunde (BGE 104 II 164 E. 3b mit Hinweisen). Hier tritt die Vormundschaftsbehörde jedoch kraft ihres Amtes auf, und das Mündel ist ihr untergeordnet. Umstrittene vormundschaftliche Massnahmen sind denn auch der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit zuzurechnen. Auch in solchen Fällen ist die Berufung ans BGE 107 II 504 (506):
Bundesgericht möglich, sofern einer der in Art. 44 lit. a-f OG abschliessend aufgezählten Berufungsgründe vorliegt. Dazu gehört die Ernennung des Vormundes nicht (BGE 91 II 176 oben). Insbesondere kann sie nicht unter Art. 44 lit. e OG subsumiert und der Entmündigung oder Anordnung einer Beistandschaft zugezählt werden.
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Ist die Berufung demnach im vorliegenden Fall ausgeschlossen, so sind die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde grundsätzlich zu bejahen.
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Nach Art. 381 ZGB haben das Mündel oder dessen Vater oder Mutter das Recht, der Vormundschaftsbehörde eine Person ihres Vertrauens als Vormund vorzuschlagen. Sprechen nicht wichtige Gründe dagegen, so soll diesem Vorschlag Folge geleistet werden. Daraus darf aber nicht ein Anspruch auf die Wahl der vorgeschlagenen Person abgeleitet werden. Der Vorschlag ist für die Vormundschaftsbehörde keinesfalls bindend (KAUFMANN, N. 6a zu Art. 381 ZGB; EGGER, N. 4 zu Art. 380/81 ZGB). Man kann sich allerdings fragen, ob nicht dem Mündel selber ein rechtlich geschütztes Interesse an der Wahl der von ihm vorgeschlagenen Person zuzuerkennen wäre, sofern keine wichtigen Gründe gegen diese Person sprechen. So kommt insbesondere den Wünschen des zu Bevormundenden bei Entmündigten stärkeres Gewicht zu als bei Unmündigen (EGGER, N. 11 zu Art. 380/81 ZGB). Indessen kann diese Frage hier offen gelassen werden. Es ist zum vorneherein klar, dass dasselbe nicht für Vater oder Mutter des Mündels gelten kann, die lediglich ein tatsächliches Interesse an der Person des Vormundes haben können. Denn bei Art. 381 ZGB handelt es sich um eine Vorschrift, die ausschliesslich im öffentlichen Interesse und nicht im privaten der Eltern des Mündels aufgestellt worden ist. Die Vormundschaft ist eine öffentliche Angelegenheit, und ihre Ausgestaltung lässt die persönliche Rechtsstellung der Eltern des Mündels unberührt (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. St. gegen Regierungsrat Solothurn vom 30. Oktober 1944). Kommt den Eltern des Mündels aber lediglich ein tatsächliches oder mittelbares Interesse an der Person des BGE 107 II 504 (507):
Vormundes zu, so werden sie durch die Nichtwahl der vorgeschlagenen Person nicht in ihren rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt. Der Beschwerdeführerin als Mutter des Mündels ist daher die Legitimation zur Nichtigkeitsbeschwerde abzusprechen, weshalb auf ihre Beschwerde nicht eingetreten werden kann.
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EGGER, N. 6 zu Art. 388 ZGB, hat demnach mit Recht sowohl die Berufung als auch die Nichtigkeitsbeschwerde im Zusammenhang mit Art. 381 ZGB ausgeschlossen. Die gleiche Ansicht vertritt auch FALB, Zum Vorrecht des nahen Verwandten bei der Bestellung des Vormundes (Art. 380 ZGB), ZVW 3/1948 S. 13.
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