BGE 128 II 34 |
4. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. A. AG und Mitb. gegen Bundesamt für Landwirtschaft und Rekurskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) |
2A.295/2001 vom 6. November 2001 |
Regeste |
Art. 48 LwG; Art. 19 Abs. 1 lit. a SV; Verteilung des Zollkontingents für Nierstücke. |
Sachverhalt |
A.- Am 1. Januar 1999 sind das Bundesgesetz vom 29. April 1998 über die Landwirtschaft (LwG; SR 910.1) und verschiedene dazugehörige Ausführungserlasse in Kraft getreten, darunter die Verordnung vom 7. Dezember 1998 über den Schlachtvieh- und Fleischmarkt (Schlachtviehverordnung, SV; SR 916.341). Mit den neuen Erlassen wurde unter anderem die Zuteilung der Zollkontingente für Schlachtvieh und Fleisch neu geregelt (vgl. Art. 48 LwG und Art. 16 ff. SV). |
Das Teilzollkontingent Nr. 5.7, unter welches die Einfuhr von Rindfleisch fällt, wurde erstmals für die Kontingentsperiode 2001 nach neuem Recht vergeben (Art. 39 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 lit. g und Abs. 2 lit. a SV): Am 28. November 2000 eröffnete das Bundesamt für Landwirtschaft den im Lebensmittelhandel tätigen Betrieben A. AG und Mitb. je den individuellen Zollkontingentsanteil in der Kategorie "Fleisch und Schlachtnebenprodukte von Tieren der Rindviehgattung ohne zugeschnittene Rindsbinden". Weil die Genannten allesamt massiv kleinere Anteile erhielten als in den vorangegangenen Jahren, beschwerten sie sich gemeinsam erfolglos bei der Rekurskommission des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements.
|
B.- Am 20. Juni 2001 haben die A. AG und Mitb. gemeinsam Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht mit dem Antrag, den Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission aufzuheben (Ziff. 1) und festzustellen, dass Art. 19 Abs. 1 lit. a SV gegen Art. 48 LwG verstosse und mithin gesetzwidrig sei (Ziff. 2). Weiter sei das Bundesamt für Landwirtschaft anzuweisen, den Beschwerdeführern für die Periode 2001 Zollkontingente für Rindsnierstücke in einer Höhe zuzuteilen, welche den Kriterien von Art. 48 LwG entspreche (Ziff. 3).
|
Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
|
Aus den Erwägungen: |
1. a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen eine auf öffentliches Recht des Bundes gestützte Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG (SR 172.021), die von einer eidgenössischen Rekurskommission als Vorinstanz nach Art. 98 lit. e OG erlassen wurde. Ein Ausschlussgrund gemäss Art. 99-102 OG liegt nicht vor. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist damit zulässig. |
b) Gemäss Art. 103 lit. a OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt wird und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Im allgemeinen ist ein Interesse im Sinne dieser Bestimmung nur schutzwürdig, wenn der Beschwerdeführer nicht bloss beim Einreichen der Beschwerde, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung ein aktuelles praktisches Interesse an der Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Verfügung hat (BGE 111 Ib 56 E. 2a S. 58 f., mit Hinweisen). Nachdem vorliegend die Kontingente für die Periode 2001 streitig sind, erscheint fraglich, ob die Beschwerdeführer im jetzigen Zeitpunkt noch über ein aktuelles Interesse an einer höheren Zuteilung verfügen. Letztlich kann dies jedoch offen bleiben, verzichtet das Bundesgericht doch ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen Interesses, wenn sich die aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen jeweils unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnten, ohne dass im Einzelfall rechtzeitig eine höchstrichterliche Prüfung stattfinden könnte (BGE 126 I 250 E. 1b S. 252; BGE 111 Ib 56 E. 2b S. 59, je mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt: Es erscheint unwahrscheinlich, dass das Bundesgericht je in der Lage wäre, vor Ablauf der streitbetroffenen Kontingentsperiode zu entscheiden (vgl. auch Art. 21 Abs. 2 SV). Die Frage der Gesetzmässigkeit von Art. 19 Abs. 1 lit. a SV ist zudem von grundsätzlicher Bedeutung, weshalb nach dem Gesagten auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten ist. Unzulässig ist jedoch das Rechtsbegehren, es sei die Gesetzwidrigkeit von Art. 19 Abs. 1 lit. a SV festzustellen (Ziff. 2): Das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist auf den individuellen Rechtsschutz ausgerichtet (vgl. Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG) und kennt keine abstrakte Normenkontrolle (vgl. BGE 112 Ia 180 E. 2c S. 185 f., mit Hinweisen; BGE 121 II 473 E. 2b S. 478), weshalb die Gesetzmässigkeit der den angefochtenen Zuteilungen zugrunde liegenden Verordnungsbestimmung nur vorfrageweise zu prüfen ist.
|
c) Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat jedoch - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das Bundesgericht an die Sachverhaltsfeststellung gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG). Es wendet im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren das Bundesrecht von Amtes wegen an, ist an die von den Parteien vorgebrachten Begründungen nicht gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG) und kann die Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder abweisen (BGE 117 Ib 114 E. 4a S. 117, mit Hinweisen). |
b) Das Landwirtschaftsgesetz bestimmt in Art. 17, dass bei der Festsetzung der Einfuhrzölle die Versorgungslage im Inland und die Absatzmöglichkeiten für gleichartige inländische Erzeugnisse zu berücksichtigen sind. Dabei sind die welthandelsrechtlichen Rahmenbedingungen zu respektieren (insbesondere die Verpflichtung zu Konsolidierung und schrittweiser Senkung der Agrarzölle; GATT-Botschaft 1, BBl 1994 IV 149). Als Instrumente zur Lenkung der Importe stehen dem Bund insbesondere der Schwellenpreis (Art. 20 LwG; vgl. GATT-Botschaft 2, BBl 1994 IV 1072 ff.) und die Zollkontingente (Art. 21 LwG) zur Verfügung. Bei Letzteren wird die Warenmenge bestimmt, welche zu einem vorteilhaften Zollansatz in die Schweiz eingeführt werden kann; für den Import einer zusätzlichen Menge muss regelmässig ein bedeutend höherer Zoll bezahlt werden, der gewöhnlich prohibitive Wirkung hat. Bei der Bestimmung der Zollkontingente ist der Bund nicht frei, dienen diese doch den ausländischen Produzenten zum staatsvertraglich vereinbarten Marktzutritt (GATT-Botschaft 1, BBl 1994 IV 150): Sowohl die minimale Menge, welche zum privilegierten Satz importiert werden kann, als auch das Maximalniveau der erlaubten Grenzbelastung für Einfuhren innerhalb und ausserhalb der Zollkontingente sind im Rahmen der GATT-Verhandlungen bestimmt worden (GATT-Botschaft 2, BBl 1994 IV 1005 f., 1074); im Anhang des Protokolls von Marrakesch zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen vom 15. April 1994 (AS 1995 S. 2148) sind die massgebenden Konzessions- und Verpflichtungslisten für Agrar- und Industrieprodukte enthalten (für die Schweiz sog. "Liste-LIX Schweiz-Liechtenstein"; vgl. GATT-Botschaft 2, BBl 1994 IV 1011 f.; Botschaft des Bundesrats vom 26. Juni 1996 zur Reform der Agrarpolitik: Zweite Etappe [Agrarpolitik 2002], BBl 1996 IV 116; Anhang 2 zum Zolltarifgesetz vom 9. Oktober 1986 [ZTG; SR. 632.10] und Anhang 4 zur Allgemeinen Verordnung vom 7. Dezember 1998 über die Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen [Agrareinfuhrverordnung, AEV; SR 916.01]). |
c) Die Verteilung der Zollkontingente ist im internationalen Recht nicht geregelt; dies ist Sache der innerstaatlichen Gesetzgebung. Das Schweizer Recht kennt verschiedene Kriterien, nach welchen die Zollkontingente auf die einzelnen Bewerber verteilt werden können, so unter anderen jenes der "Inlandleistung" (Art. 22 Abs. 2 lit. b LwG). Diese Letztere bildet den massgebenden Anknüpfungspunkt für die Zuteilung der Zollkontingentsanteile beim "Schlachtvieh und Fleisch", indem grundsätzlich auf die "Zahl der geschlachteten inländischen Tiere" abzustellen ist (Art. 48 Abs. 1 LwG). Der Bundesrat "kann" indessen Ausnahmen vorsehen und die Zahl der freien Käufe ab öffentlichen Märkten (Art. 48 Abs. 2 lit. a LwG), die Menge zugeschnittener, eingesalzener Binden von inländischen Tieren (Art. 48 Abs. 2 lit. b LwG) oder die Menge bestimmter kontrollierter Zukäufe ab inländischen Schlachthöfen berücksichtigen (Art. 48 Abs. 2 lit. c LwG). Die Inlandleistung der einzelnen Bewerber ist dabei so zu erfassen und zu kontrollieren, dass dasselbe (inländische) Tier oder dieselben Teile eines (inländischen) Tieres nur einmal angerechnet werden (Art. 48 Abs. 3 LwG). Die Zuteilung der Zollkontingentsanteile für Fleisch ist in der Schlachtviehverordnung näher geregelt. Deren Art. 19 Abs. 1 lit. a sieht für Fleisch und Schlachtnebenprodukte von "Tieren der Rindviehgattung" (ohne zugeschnittene Rindsbinden) drei verschiedene Arten von Inlandleistungen vor, die je während der Bemessungsperiode (vgl. Art. 17 SV) und bezüglich inländischer Tiere erbracht worden sein müssen, um einen Anspruch zu begründen: Zu 90 Prozent erfolgt die Zuteilung nach der Zahl der beschauten Schlachtungen (Ziff. 1), zu fünf Prozent nach der Zahl der freien Käufe ab überwachten öffentlichen Märkten (Ziff. 2) und zu fünf Prozent nach der Menge der Zukäufe von Nierstücken (mit oder ohne Knochen) ab Schlachtbetrieben (Ziff. 3). Damit überhaupt Anspruch auf einen Anteil am fraglichen Zollkontingent besteht, muss die Inlandleistung des Betriebs das in Art. 18 SV bestimmte Minimum erreichen: Schlachtgewicht von acht Tonnen (lit. a), 100 gekaufte Tiere (lit. f) bzw. Zukauf von Nierstücken im Gesamtgewicht von einer Tonne (lit. g). Erfüllt ein Ansprecher (eine) diese(r) Voraussetzungen, so bemisst sich sein Anteil am Zollkontingent nach dem Verhältnis zwischen der gesamten rechtmässig geltend gemachten Inlandleistung einerseits und seiner eigenen Leistung andererseits (Art. 16 SV). |
d) Die geltende Ordnung unterscheidet sich wesentlich von der früheren Regelung: Die alte Schlachtviehverordnung vom 22. März 1989 (aSV; AS 1989 S. 588) teilte die verschiedenen Zollkontingente nach einem für jede Warengattung fest bestimmten Schlüssel in Gruppenkontingente auf; das Kontingent für Nierstücke und "High-Quality-Beef" kam zu 84 Prozent den Metzgereibetrieben, zu sechs Prozent den Schlachtviehhandelsfirmen und zu zehn Prozent den Lebensmittelhandelsfirmen zugute (Art. 13 Abs. 3 aSV in der Fassung vom 17. Mai 1995; AS 1995 S. 2054). Die Verteilung der Kontingente innerhalb der Wirtschaftsgruppen auf die einzelnen Berechtigten richtete sich alsdann nach deren Anteil am Total der gesetzlichen "Kontingentsgrundlagen" (Art. 14 Abs. 1 aSV). Diese Anspruchsvoraussetzungen waren für jede der Wirtschaftsgruppen (vgl. Art. 8 aSV) unterschiedlich umschrieben und teilweise äusserst kompliziert zu handhaben (vgl. insb. Art. 31 aSV). Anders als das geltende Recht knüpften sie nicht ausschliesslich bei der Inlandleistung an, sondern berücksichtigten für die Verteilung der Kontingentsanteile auch die Importe. Im Bereich der Nierstücke liegt der Hauptunterschied zum heutigen System jedoch darin, dass den Zukäufen wesentlich mehr Bedeutung zukam: Es wurde das ganze Gruppenkontingent der Lebensmittelhandelsfirmen nach Massgabe der zugekauften und importierten Menge verteilt (Art. 43 aSV) und immerhin noch 40 Prozent jenes der Metzgereibetriebe (Art. 31 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 aSV). |
b) Auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin kann das Bundesgericht Verordnungen des Bundesrats vorfrageweise auf ihre Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit prüfen. Bei unselbständigen Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation stützen, prüft es, ob sich der Bundesrat an die Grenzen der ihm im Gesetz eingeräumten Befugnisse gehalten hat. Soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, befindet das Gericht auch über die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnung. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Ermessensspielraum für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, so ist dieser Spielraum nach Art. 191 BV für das Bundesgericht verbindlich; es darf in diesem Falle bei der Überprüfung der Verordnung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen des Bundesrats setzen, sondern es beschränkt sich auf die Prüfung, ob die Verordnung den Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen offensichtlich sprengt oder aus anderen Gründen gesetz- oder verfassungswidrig ist (BGE 122 II 411 E. 3b S. 416 f.; BGE 120 Ib 97 E. 3a S. 102, je mit Hinweisen). Es kann dabei namentlich prüfen, ob sich eine Verordnungsbestimmung auf ernsthafte Gründe stützen lässt oder ob sie Art. 9 BV widerspricht, weil sie sinn- oder zwecklos ist, rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund in den tatsächlichen Verhältnissen nicht finden lässt, oder Unterscheidungen unterlässt, die richtigerweise hätten getroffen werden müssen (vgl. BGE 104 Ib 205 E. 3b S. 210, mit Hinweisen). Für die Zweckmässigkeit der angeordneten Massnahmen trägt demgegenüber der Bundesrat die Verantwortung; es kann nicht Aufgabe des Bundesgerichts sein, zu untersuchen, ob die in der Verordnung getroffenen Massnahmen wirtschaftlich und agrarpolitisch zweckmässig sind (BGE 99 Ib 159 E. 3b S. 169). |
b) In seinem Entwurf für ein neues Landwirtschaftsgesetz (Art. 46) hatte der Bundesrat vorgeschlagen, die Zollkontingentsanteile für grosses Schlachtvieh, Kälber, Schweine, Pferde, Schafe, Ziegen und das Fleisch dieser Gattungen ausschliesslich nach Massgabe der Schlachtung inländischer Tiere zuzuteilen (Agrarpolitik 2002, BBl 1996 IV 169, 323). Er strebte damit eine Vereinfachung des Systems zur Verteilung der Zollkontingente an (Agrarpolitik 2002, BBl 1996 IV 11, 170; vgl. auch GATT-Botschaft 2, BBl 1994 IV 1079); es sollten einfache und transparente Regeln gelten, was seines Erachtens am ehesten durch das Anknüpfen bei den Schlachtungen gewährleistet war, weil deren Zahl zuverlässig erhoben werden könne. Ein entsprechendes Vorgehen schliesse aus, dass es via Kettengeschäfte zu Doppelzählungen und Missbräuchen komme, den Hauptproblemen der alten Regelung (Agrarpolitik 2002, BBl 1996 IV 169 f.; AB 1998 S 142 [Delamuraz]). Weiter würden sich die Einfuhrrechte auf die Schlachtbetriebe konzentrieren, womit importiertes und einheimisches Fleisch durch die gleichen Absatzkanäle fliesse, weil die mit der Weiterverarbeitung befassten Betriebe ihren Fleischbedarf bei den Schlachthöfen deckten. So könne auf der untersten Verarbeitungsstufe eine Mischrechnung erfolgen und es seien Transparenz, Wettbewerb und Einfachheit des Systems sichergestellt (Agrarpolitik 2002, BBl 1996 IV 170). Diese Überlegungen des Bundesrats stiessen im Parlament grundsätzlich auf breite Zustimmung. In den Beratungen konnten sich dennoch die drei genannten Ausnahmen durchsetzen: Die Räte beschlossen, dass neben der Zahl der geschlachteten Tiere ausnahmsweise auch die (freien) Käufe ab öffentlichen Märkten, die Menge zugeschnittener, eingesalzener Binden von inländischen Tieren und die Menge bestimmter kontrollierter Zukäufe ab inländischen Schlachthöfen berücksichtigt werden können (AB 1997 N 2050 f.; 1998 S 138 ff., 341 ff.; N 298 ff., 637; vgl. oben E. 2c). Die ersten beiden Ausnahmen von der Regel waren weitgehend unbestritten. Zum einen wurde in der Abräumung der öffentlichen Viehmärkte eine valable Inlandleistung gesehen, welche die Zuteilung eines Anteils am wirtschaftlich interessanten Zollkontingent rechtfertige. Zum anderen sollte den besonderen Bedürfnissen im Bereich der Trocken- und Bindefleischherstellung Rechnung getragen werden. Bis zuletzt umstritten war demgegenüber die vorliegend interessierende dritte Ausnahmebestimmung betreffend die Zukäufe ab inländischen Schlachthöfen. Die kritischen Stimmen im Parlament sahen im blossen Zukauf von Fleisch keine eigentliche Inlandleistung, weil der Käufer - im Unterschied zum Besitzer des geschlachteten Tieres, der dieses ganz verwerten müsse - nur gerade bestimmte, von ihm benötigte Stücke einkaufe; es sei verfehlt, dem Käufer hierfür Anteile am Zollkontingent zuzuteilen (vgl. AB 1998 S 140 [Plattner], 343 [Schüle]; N 300 [Fässler]). Zudem bestanden - aufgrund der Erfahrungen mit der bisher geltenden Regelung - Bedenken im Hinblick auf die Kontrollierbarkeit dieses Kriteriums und die drohende Missbrauchsgefahr. Die Befürworter, welche sich letztlich durchsetzten, wollten vor allem die kleinen und mittleren (Metzgerei-)Betriebe schützen; diese würden nach der vom Bundesrat vorgeschlagenen Lösung sämtlicher lukrativen Kontingente verlustig gehen, falls sie nicht selbst ganze Tiere zum Schlachten bringen (vgl. AB 1998 N 299 [Widrig], 300 [Bonny]; S 341 [Büttiker]). Zudem strebten sie an, eine weitere Konzentration der Kontingentsanteile auf die Grossverteiler zu verhindern (vgl. insb. AB 1998 S 141 [Onken]). Ferner sorgten sie sich um die Versorgung der Rand- und Tourismusregionen mit Edelstücken, weil sich in diesen Teilen der Schweiz keine Schlachthöfe befänden (vgl. AB 1997 N 2051 [Frey]; 1998 S 141 [Maissen]; N 300 [Gusset]). Zwar kam in den Beratungen deutlich zum Ausdruck, dass es Sache des Bundesrats sein würde, die Einzelheiten der Kontingentsverteilung zu regeln, und dass ihm dabei bewusst eine grosse Freiheit eingeräumt wurde (vgl. AB 1998 S 142 [Büttiker], 342 [Onken]; N 300 [Wyss]; 1997 N 2051 [Frey]). Das Parlament ging jedoch nicht davon aus, dass der Bundesrat völlig frei werde entscheiden können, ob er die gesetzlich vorgesehenen Ausnahmen überhaupt umsetzen will; aus den einschlägigen Voten ergibt sich zumindest implizit, dass in jenen Bereichen der Fleischproduktion, welche Anlass für die Ausnahmebestimmungen gegeben haben, auf Verordnungsstufe eine den ursächlichen Anliegen entsprechende Regelung erwartet wurde. |
c) Dies erscheint denn auch unter teleologischen Gesichtspunkten das richtige Verständnis von Art. 48 LwG zu sein: Der Gesetzgeber wollte durch die Neuregelung, wie die Vorinstanz zu Recht festhält, primär den Unzulänglichkeiten begegnen, mit denen das bisherige System der Verteilung der Zollkontingente behaftet war. Die Ausnahmen, welche der Gesetzgeber für die Käufe ab öffentlichen Viehmärkten und für die Produktion von Trockenfleisch eingefügt hat, betreffen jedoch besondere strukturelle Gegebenheiten im Bereich der Fleischproduktion, denen, wie die deutlichen Voten in den Räten zeigen, einiges Gewicht zukommt. Deshalb ist ohne weiteres davon auszugehen, dass es trotz der "Kann-Formel" in Art. 48 Abs. 2 LwG nicht vollumfänglich in das Ermessen des Bundesrats gestellt ist, ob er diesen (klar umrissenen) Kriterien in gewissem Umfang Rechnung tragen will. Aus systematischen Gründen muss dasselbe für die im gleichen Zug geregelten "bestimmten kontrollierten Zukäufe" gelten, mit welchen der Gesetzgeber eine Ausnahmebestimmung für die Nierstücke (von Rindern) schaffen wollte.
|
a) Er tat dies, indem er neben der Zahl der Schlachtungen zusätzlich (im Umfang von je 5 Prozent) auch die Käufe von Schlachtvieh ab öffentlichen Märkten sowie die Zukäufe von Nierstücken berücksichtigte (Art. 19 Abs. 1 lit. a) und für die Rindsbinden eine eigene, von der Zahl der Schlachtungen gänzlich unabhängige Regelung traf (Art. 19 Abs. 1 lit. b SV). Die Beschwerdeführer, die bisher als Lebensmittelhändler an einem Gruppenkontingent von 10 Prozent des Gesamtkontingents für Nierstücke und "High-Quality-Beef" beteiligt waren (vgl. oben E. 2d), werden durch die neue Regelung deutlich schlechter gestellt; weil sie offensichtlich keine eigenen Tiere schlachten, macht ihr Anteil am Zollkontingent nach eigenen Angaben nur noch etwa zehn Prozent der früheren Menge aus. Diese Tatsache lässt indessen die Regelung von Art. 19 Abs. 1 lit. a SV nicht gesetzwidrig erscheinen. |
b) Der Systemwechsel bei der Kontingentsverteilung ist vom Gesetzgeber beschlossen worden, um den Schwächen des alten Rechts zu begegnen; die stärkere Konzentration der Importe auf die Schlachtbetriebe ist keine unerwartete Folge der Gesetzesänderung, sondern war gewollt (vgl. oben E. 4b). Das Parlament war sich bewusst, dass dies finanzielle Nachteile für die Wirtschaftszweige mit sich bringt, welche bis anhin dank Gruppenkontingenten über günstige Importmöglichkeiten verfügten und diese nun aufgrund der neuen Regelung verlieren. Indem es die Ausnahme betreffend Zukäufe ins Gesetz aufnahm, hat es zwar den Anliegen jener Metzger und Fleischhändler Rechnung getragen, welche keine ganzen Tiere kaufen und schlachten lassen und deshalb keine Kontingentsanteile erhalten. Es hat jedoch auf eine griffigere Formulierung der Bestimmung verzichtet, trotz Kenntnis der weitreichenden Konsequenzen, welche der Systemwechsel für diese Interessengruppe zeitigt; insbesondere hat es auch einen Antrag verworfen, welcher das Kriterium der Zukäufe jenem der Schlachtungen gleichstellen wollte (AB 1997 N 2050 f.). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sind in den Räten nie konkrete Vorstellungen darüber geäussert worden, in welchem Masse künftig die Menge der Zukäufe für die Verteilung des Zollkontingents berücksichtigt werden sollte. Ebenso wenig ist erkennbar zum Ausdruck gebracht worden, dies solle ungefähr im gleichen Umfang geschehen, wie es nach der bisherigen Regelung der Fall gewesen sei. Im Gegenteil: Selbst die Befürworter der Ausnahmebestimmung haben betont, dass mit deren Annahme nicht eine Beibehaltung des Status quo bezweckt werde (AB 1998 S 139 [Büttiker], 141 [Onken]). Dem Bundesrat wurde mit der Formulierung von Art. 48 LwG bewusst ein weites Ermessen für die Regelung der Einzelheiten der Kontingentsverteilung belassen (vgl. insb. AB 1998 S 142 [Büttiker]). Art. 48 Abs. 2 lit. c LwG gewährt dem Verordnungsgeber mithin sowohl unter grammatikalischen wie auch unter historischen Gesichtspunkten einen grossen Spielraum. Es ist alsdann Aufgabe des Bundesrats, aufgrund der ihm delegierten Kompetenzen ein System für die Verteilung der Kontingentsanteile zu schaffen und die hierzu notwendigen Wertungen vorzunehmen. Dabei ist durchaus denkbar, dass eine andere Lösung, welche die Zukäufe verstärkt oder allenfalls nicht stereotyp, sondern mit einer nach Regionen oder nach Art der Betriebe unterschiedlichen Gewichtung berücksichtigen würde, den Intentionen des Gesetzgebers besser entspräche. Es ist jedoch nicht Sache des Bundesgerichts, die Zweckmässigkeit der getroffenen Regelung zu beurteilen (vgl. E. 3b). |
c) Nach dem Gesagten sprengt die streitige Verordnungsbestimmung den Rahmen der gesetzlichen Delegation nicht, auch wenn sie den Zukäufen von Nierstücken für die Zuteilung der Kontingentsanteile nur wenig Gewicht einräumt; eine Verletzung von Verfassungsrecht ist weder geltend gemacht noch ersichtlich. Demnach ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unbegründet, soweit darauf einzutreten ist.
|