BGE 139 II 78
 
6. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen X. Finanz AG und Steuerverwaltung des Kantons Zug (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
2C_708/2011 vom 5. Oktober 2012
 
Regeste
Art. 50, 51 Abs. 1 lit. b und Abs. 2, Art. 52 DBG; ausländische Betriebsstätte einer Unternehmung mit Sitz in der Schweiz.
 
Sachverhalt


BGE 139 II 78 (79):

A.
A.a Die X. Finanz AG mit Sitz in A./ZG ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der X. Holding AG (ebenfalls mit Sitz in A./ZG) und bezweckt im Wesentlichen die "Erbringung von Dienstleistungen hauptsächlich im Finanzbereich an Konzerngesellschaften der X.-Gruppe". Gemäss eigener Darstellung unterhält die X. Finanz AG zu diesem Zweck eine Betriebsstätte auf den Cayman Islands; dort gehen vier Teilzeit-Mitarbeitende (mit je 20 Stellenprozent) in gemieteten Büros ihrer Arbeit nach.
A.b Mit einem "Ruling" vom 10. August 1999 zwischen der X. Holding AG und der Steuerverwaltung des Kantons Zug wurden für den Fall, dass die Finanzierung über eine ausländische Betriebsstätte einer Schweizer Finanzierungsgesellschaft erfolge, "die der ausländischen Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinne von der Besteuerung (...) in der Schweiz ausgenommen". Bis und mit Steuerjahr 2004 schied die Steuerverwaltung den Nettofinanzertrag der X. Finanz AG aus der Darlehensgewährung gegenüber den Gruppengesellschaften vollständig zu Gunsten der Betriebstätte auf den Cayman Islands aus. Im Verlauf des Jahres 2004 nahm die kantonale Steuerverwaltung auf Anweisung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) Abklärungen betreffend den Bestand der Betriebsstätte vor. Mit Schreiben vom 9. Februar 2005 teilte die kantonale Steuerverwaltung der X. Finanz AG mit, dass die ESTV der Auffassung sei, auf den Cayman Islands werde keine Geschäftstätigkeit im Sinne einer Betriebsstätte ausgeübt; entsprechend habe die ESTV die kantonale Steuerverwaltung aufgefordert, die internationale Steuerausscheidung im Verhältnis zur Zweigniederlassung auf den Cayman Islands ab 1. Januar 2005 zu verweigern.
A.c Mit Veranlagungsverfügungen vom 27. Mai 2008 wurde für die direkte Bundessteuer 2005 und 2006 ein vollständig in der Schweiz zu versteuernder Reingewinn von Fr. 8'643'000.- (2005) bzw. Fr. 9'468'300.- (2006) festgestellt. Bei einem Steuersatz von 8,5 % resultierte dabei eine Gewinnsteuer in der Höhe von Fr. 734'655.- (2005) bzw. Fr. 804'805.50 (2006).


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B. Gegen diese Veranlagungsverfügungen erhob die X. Finanz AG Einsprache und verlangte die Zulassung einer Steuerausscheidung im Verhältnis zu den Cayman Islands für die Steuerperioden 2005 und 2006. Nach Durchführung einer Einspracheverhandlung hiess die Rechtsmittelkommission der kantonalen Steuerverwaltung am 23. November 2009 die Einsprache gut. Demzufolge wurde der Nettofinanzertrag aus der Darlehensgewährung gegenüber den Gruppengesellschaften der X. Finanz AG vollumfänglich zu Gunsten der Betriebsstätte auf den Cayman Islands ausgeschieden und der steuerbare Reingewinn der X. Finanz AG für die Steuerperioden 2005 und 2006 auf Fr. 0.- festgelegt. Eine dagegen von der ESTV erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Abgaberechtliche Kammer, mit Urteil vom 21. Juli 2011 ab. Es bejahte einerseits den Betriebsstättencharakter der Einrichtungen auf den Cayman Islands und erblickte in der gewählten Rechtsgestaltung keine Steuerumgehung; nicht geprüft hat die Vorinstanz die Frage, ob sich die Beschwerdegegnerin gestützt auf das "Ruling" auf den Vertrauensschutz berufen konnte.
C. Am 12. September 2011 hat die ESTV Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 21. Juli 2011 sei aufzuheben. Weiter sei die X. Finanz AG für die direkte Bundessteuer in der Steuerperiode 2005 mit einem Gewinn von Fr. 8'643'000.- und in der Steuerperiode 2006 mit einem Gewinn von Fr. 9'468'300.- zu veranlagen; eine internationale Steuerausscheidung sei zu unterlassen. (...)
Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 5. Oktober 2012 an einer öffentlichen Sitzung beraten.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur weiteren Abklärung und Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug zurück.
(Auszug)
 
Aus den Erwägungen:
Das Doppelbesteuerungsverbot der Bundesverfassung (Art. 127 Abs. 3 BV) bezieht sich sodann auf interkantonale und nicht auf internationale Verhältnisse (vgl. Urteil 2P.92/1999 vom 15. März 2000 E. 3a). Der vorliegende Fall, in dem es ausschliesslich um die unbeschränkte Steuerpflicht und den Umfang der Besteuerung einer juristischen Person zufolge persönlicher Zugehörigkeit im internationalen Verhältnis geht, ist daher bloss nach den (internen) Vorschriften der Steuergesetzgebung des Bundes zu beurteilen.
2.2 Das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) regelt die Besteuerung der juristischen Personen im dritten Teil. Dessen erster Titel befasst sich einerseits mit der "Steuerlichen Zugehörigkeit" - in Art. 50 und 51 DBG - und andererseits mit dem "Umfang der Steuerpflicht" in Art. 52 DBG. Aufgrund persönlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig ist eine juristische Person, wenn sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung in der Schweiz befindet (Art. 50 DBG; sog. Hauptsteuerdomizil). Lediglich aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit steuerpflichtig ist eine juristische Person dagegen u.a., wenn sie in der Schweiz eine Betriebsstätte unterhält (Art. 51 Abs. 1 lit. b DBG; sog. Nebensteuerdomizil). Art. 52 DBG regelt sodann, was der Umfang der Steuerpflicht ist, sofern eine solche in der Schweiz besteht: Dabei hält Abs. 1 der Bestimmung für den Fall der persönlichen Zugehörigkeit nach Art. 50 DBG fest, dass die Steuerpflicht grundsätzlich unbeschränkt ist, wobei jedoch u.a. der Gewinn ausgenommen ist, welcher einer Betriebsstätte im Ausland zuzuordnen ist. Nach Abs. 2 der Bestimmung beschränkt sich die Steuerpflicht bei wirtschaftlicher

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Zugehörigkeit nach Art. 51 DBG auf den Gewinn, für den nach Art. 51 DBG eine Steuerpflicht in der Schweiz besteht, also beispielsweise auf den Gewinn aus einer Betriebsstätte. Als Betriebsstätte gilt gemäss Art. 51 Abs. 2 DBG eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Betriebsstätten sind insbesondere Zweigniederlassungen, Fabrikationsstätten, Werkstätten, Verkaufsstellen, ständige Vertretungen, Bergwerke und andere Stätten der Ausbeutung von Bodenschätzen sowie Bau- oder Montagestellen von mindestens zwölf Monaten Dauer.
Die Vorinstanz hat die Existenz einer solchen Betriebsstätte gestützt auf die Betriebsstättendefinition in Art. 51 Abs. 2 DBG bejaht. Demgegenüber vertritt die Beschwerdeführerin die Meinung, für den Nachweis einer Betriebsstätte im Ausland sei gemäss Art. 52 Abs. 3 DBG auf die Grundsätze des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung abzustellen. Sie begründet diese Auffassung damit, im DBG fehle betreffend juristische Personen mit unbeschränkter Steuerpflicht eine Definition der Betriebsstätte im Ausland. Gestützt auf die Betriebsstättenkriterien nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur interkantonalen Doppelbesteuerung gelangt sie zum Ergebnis, die Betriebsstättenqualität des Betriebsteils auf den Cayman Islands sei zu verneinen, werde doch dort nicht ein quantitativ und qualitativ notwendiger Teil der Geschäftstätigkeit abgewickelt. Umstritten ist damit vorab, ob die Betriebsstätte unterschiedlich definiert ist, je nachdem ob es sich um eine Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens im Inland oder eine Betriebsstätte eines inländischen Unternehmens im Ausland handelt

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und inwieweit der Betriebsstättenbegriff allenfalls unterschiedlich zu verstehen ist.
2.4 Im Folgenden sind somit die einschlägigen Normen des Bundesrechts auszulegen. Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Ordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien können beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben (BGE 136 III 23 E. 6.6.2.1 S. 37; BGE 136 V 195 E. 7.1 S. 203; BGE 135 V 50 E. 5.1 S. 53; BGE 134 II 308 E. 5.2 S. 311).
2.4.1 Vorab ist festzustellen, dass das DBG die Betriebsstätte juristischer Personen lediglich in einer Bestimmung definiert, nämlich wie bereits erwähnt in Art. 51 Abs. 2 DBG. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin lässt sich demgegenüber aus Art. 52 Abs. 3 DBG kein Hinweis auf die Definition der Betriebsstätte entnehmen. Diese Bestimmung regelt vielmehr unter der Marginalie "Umfang der Steuerpflicht", wie die Steuerausscheidung zwischen mehreren Steuerdomizilen vorzunehmen ist. Sie nimmt dabei sowohl auf die in Abs. 1 des Artikels geregelte unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund persönlicher Zugehörigkeit Bezug, wie auch auf die in Abs. 2 des Artikels geregelte beschränkte Steuerpflicht aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit. Für beide Arten der Steuerpflicht bestimmt sie, dass die Abgrenzung der Steuerpflicht für Geschäftsbetriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Verhältnis zum Ausland nach den Grundsätzen des Bundesrechts über das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung erfolgt (vgl. diesbezüglich auch die Ausführungen des Bundesrates in der Botschaft vom 25. Mai 1983 über die Steuerharmonisierung zu Art. 6 DBG in BBl 1983 III 157: "Diese Bestimmung umschreibt den sachlichen Umfang der Steuerpflicht bei unbeschränkter und bei beschränkter Steuerpflicht. Dabei wird in Absatz 3 zur Abgrenzung der Steuerpflicht für geschäftliche Betriebe, Betriebsstätten und Grundstücke im Verhältnis zum Ausland auf die

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Grundsätze des interkantonalen Doppelbesteuerungsrechtes verwiesen."). Bereits daraus ergibt sich, dass dieser Bestimmung keine Regelung für nur gerade eine der beiden möglichen Sachverhaltssituationen, d.h. eine ausländische Betriebsstätte einer inländischen juristischen Person, entnommen werden kann. Hinzu kommt, dass die Interpretation von Art. 52 Abs. 3 DBG durch die Beschwerdeführerin auch die Systematik der gesetzlichen Regelungen missachtet. Das Gesetz definiert zuerst die Begriffe der persönlichen und wirtschaftlichen Zugehörigkeit und danach den sich daraus ergebenden Umfang der Steuerpflicht. Erst als Drittes erfolgt sodann die Bestimmung, wie die Abgrenzung der Steuerpflicht für verschiedene Nebensteuerdomizile, d.h. die Vornahme der Steuerausscheidung, im Verhältnis zum Ausland erfolgen soll.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Abgesehen von der systematischen Einordnung der Begriffsumschreibung sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Begriff der Betriebsstätte unterschiedlich festlegen wollte, je nachdem ob sich die Betriebsstätte im In- oder Ausland befindet. Den Materialien lässt sich nichts Derartiges entnehmen. Im Gegenteil weisen die bereits zitierten Ausführungen des Bundesrates zur Steuerausscheidung darauf hin, dass von einem einheitlichen Begriff auszugehen ist. In diesem Zusammenhang erscheint es als relevant, dass der Bundesratsbeschluss vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung der direkten Bundessteuer (BdBSt) noch einen eigenen Artikel 6 kannte, welcherdie Betriebsstätte definierte. Diese Definition galt in identischer Weise für die nach Art. 3 Ziff. 2 BdBSt unbeschränkt steuerpflichtigen juristischen Personen, wie für die nach Ziff. 3 dieser Bestimmung beschränkt steuerpflichtigen Personen (vgl. ERNST KÄNZIG, Die eidgenössische Wehrsteuer, I. Teil, 2. Aufl. 1983, N. 1 zu Art. 6 WStB: "Der Begriff der 'Betriebsstätte' ist im Rahmen des Wehrsteuerrechts

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stets in gleicher Weise zu verstehen, handle es sich um die Feststellung der Inlandsfaktoren ausländischer oder um die Feststellung der Auslandsfaktoren inländischer Stpfl."). Mangels jeglicher diesbezüglicher Anhaltspunkte ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, in dieser Frage etwas zu ändern und neu zu unterscheiden zwischen inländischen und ausländischen Betriebsstätten. Vielmehr ist mit der überwiegenden Lehre festzustellen, dass die gesetzliche Einordnung des Betriebsstättenbegriffes unter Art. 51 DBG (wirtschaftliche Zugehörigkeit) zwar unglücklich gewählt wurde, sich daraus jedoch keinerlei weitergehende Schlüsse ziehen lassen (vgl. ATHANAS/GIGLIO, a.a.O., N. 27 zu Art. 51 DBG; PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, I. Teil, 2001, N. 11 zu Art. 52 DBG; JEAN-BLAISE PASCHOUD, in: Commentaire Romand, Impôt fédéral direct, 2008, N. 6 zu Art. 4 DBG und N. 8 zu Art. 6 DBG; PETER BRÜLISAUER, Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte im internationalen Steuerrecht der Schweiz, 2006, S. 12; STEFAN G. WIDMER, Die Betriebsstättebegründung des Principals nach der allgemeinen Betriebsstättedefinition, IFF Forum für Steuerrecht 2005, S. 95; derselbe, Die Vertreterbetriebsstätte im internationalen Steuerrecht der Schweiz, ASA 72 S. 100; im Ergebnis gleich, indem nicht zwischen Betriebsstätten im In- und Ausland unterschieden wird: XAVIER OBERSON, Précis de droit fiscal international, 3. Aufl. 2009, N. 399; STEFAN WIDMER, Is there a permanent establishment?, IFA Branch report Switzerland, Cahiers de droit fiscal international 94a/2009 S. 632; PETER BRÜLISAUER, Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten, ASA 75 S. 337 ff., insb. 340; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N. 8 zu Art. 6 DBG; abweichend: DANIEL DE VRIES REILINGH, Le droit fiscal intercantonal et le droit fiscal international de la Suisse[nachfolgend: Le droit fiscal], 2011, S. 119 f.).
2.4.3 Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass grundsätzlich von einem einheitlichen Begriff der Betriebsstätte auszugehen ist, sowohl was die Betriebsstätte einer ausländischen Unternehmung in der Schweiz betrifft, wie auch den umgekehrten Fall der ausländischen Betriebsstätte einer schweizerischen Unternehmung. Diese Sichtweise liegt im Übrigen auch der neuesten bundesrechtlichen Gesetzgebung im Steuerbereich, dem Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009 (MWSTG; SR 641.20) zugrunde. Dieses bestimmt beispielsweise als einen Ort der Leistung die Betriebsstätte (für Lieferungen Art. 7 Abs. 2 MWSTG, für Dienstleistungen Art. 8 Abs. 1 MWSTG), ohne dabei zwischen Betriebsstätten im Inland und solchen

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im Ausland zu differenzieren (vgl. dazu auch BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/KOCHER, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, 2010, § 3 Rz. 12 f.). Obwohl das Mehrwertsteuergesetz den Begriff der Betriebsstätte mehrfach verwendet, enthält das Gesetz selber keine Legaldefinition. Diese findet sich jedoch im 1. Titel der allgemeinen Bestimmungen in Art. 5 der Mehrwertsteuerverordnung vom 27. November 2009 (MWSTV; SR 641.201) und entspricht weitestgehend derjenigen in Art. 51 Abs. 2 DBG (abgesehen von wenigen, vorliegend nicht relevanten Ausdehnungen und Abgrenzungen, die sich aus dem abweichenden Charakter der Mehrwertsteuer als Umsatzsteuer ergeben).
 
Erwägung 3
Das Kriterium der festen Geschäftseinrichtung wird von der ESTV zu Recht nicht in Frage gestellt: Die Vorinstanz hat dazu verbindlich festgestellt, dass die Beschwerdegegnerin auf den Cayman Islands in den Jahren 2005 und 2006 Büroräumlichkeiten gemietet und mit vier Teilzeitangestellten eine Organisation betrieben hat. Damit hat die Beschwerdegegnerin die Existenz einer ständigen körperlichen Anlage oder Einrichtung beweismässig genügend dargetan.
Im Gegensatz zum BdBSt stellt die Betriebsstättenumschreibung in Art. 51 Abs. 2 DBG keine Anfordernisse (mehr) an die qualitative oder quantitative Erheblichkeit der in der festen Einrichtung ausgeübten Tätigkeit. Unter der Wendung "in der die Geschäftstätigkeit (...) ganz oder teilweise ausgeübt wird" lassen sich grundsätzlich sämtliche mit der Erfüllung des statutarischen Zweckes im weitesten Sinn in Zusammenhang stehende Aktivitäten subsumieren ungeachtet ihrer Bedeutung innerhalb der Gesamtunternehmung. In dieser Hinsicht geht der Betriebsstättenbegriff des DBG in Art. 51 Abs. 2 über

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denjenigen des alten Bundessteuerrechts bzw. des interkantonalen Rechts hinaus (ATHANAS/GIGLIO, a.a.O., N. 36 zu Art. 51 DBG; DANIEL DE VRIES REILINGH, in: Interkantonales Steuerrecht, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 2011, § 11 N. 42). Indessen ist bei der Auslegung dieser unbestimmten Begriffe zu beachten, welche Funktion der unilateralen Regelung im Schweizer Steuerrecht zukommt: Soweit es um die Definition einer Betriebsstätte einer ausländischen Unternehmung in der Schweiz geht, soll geregelt werden, wann und in welchem Umfange die Schweiz einen Teil des Betriebsergebnisses zur Besteuerung heranziehen darf. Umgekehrt geht es bei der Definition einer ausländischen Betriebsstätte einer Schweizer Unternehmung darum festzulegen, wann und in welchem Umfange das Betriebsergebnis einer Schweizer Unternehmung hier von der Besteuerung ausgenommen werden muss. Diese unterschiedlichen Zielsetzungen der unilateralen Regelung sind insbesondere auch im Zusammenhang mit den doppelbesteuerungsrechtlichen Regelungen zu beachten, die sich - wenn auch nicht im vorliegenden Fall, jedoch sehr häufig - aufgrund der Zuweisung von Besteuerungsbefugnissen durch Doppelbesteuerungsabkommen ergeben. Daraus ergibt sich, dass die unilateralen Regelungen, mit denen einseitig eine Doppelbesteuerung vermieden werden soll, tendenziell eher zugunsten des Besteuerungsrechts der Schweiz auszulegen sind, greift doch bei einer zu starken Ausdehnung dieses Besteuerungsrechts im Allgemeinen - d.h. soweit ein Abkommen Anwendung findet - die abkommensrechtliche Regelung korrigierend ein (vgl. DE VRIES REILINGH, Le droit fiscal, a.a.O., S. 120). Die sich daraus ergebende Differenzierung, je nachdem ob das Vorliegen einer Betriebsstätte im Inland oder einer solchen im Ausland zu beurteilen ist, ergibt sich demnach aus teleologischen Überlegungen: Es soll mit unilateralen Massnahmen zwar eine Regelung getroffen werden, welche die Gefahr einer doppelten Besteuerung vermindert, dabei soll jedoch nach Möglichkeit verhindert werden, dass aufgrund dieser Regelung eine doppelte Nichtbesteuerung resultiert, wird doch Letzteres durch bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen, denen keineswegs allgemein der Gedanke zugrunde liegt, doppelte Nichtbesteuerung zu vermeiden, höchstens in bestimmten Konstellationen ausgeschlossen (vgl. MICHAEL LANG, Double non-taxation, Generalbericht, Cahiers de droit fiscal international 89a/2004). In Bezug auf die Betriebsstättendefinition ergibt sich daraus, dass für Betriebsstätten im Ausland die Anforderungen etwas höher gesteckt werden dürfen als für

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Betriebsstätten in der Schweiz. Betriebsstätten im Ausland sind daher in zweifelhaften Fällen aufgrund der unbeschränkten Steuerpflicht in der Schweiz tendenziell der Steuerpflicht in der Schweiz zu unterwerfen und einer allenfalls drohenden Doppelbesteuerung ist in solchen Fällen mittels Heranziehung entsprechender DBA entgegenzutreten, soweit solche bestehen.
3.2 Näher zu prüfen ist unter den ausgeführten Prämissen damit die Qualifikation der Geschäftstätigkeit auf den Cayman Islands, d.h. die Frage, ob sich in der Betriebsstätte ein steuerlich relevanter Teil des Betriebs vollzieht (vgl. allgemein zur Problematik der Art der Aktivität auch "OECD Model Tax Convention on Income and on Capital 2010, R [19]. Issues arising under Article 5 [permanent establishment] of the Model Tax Convention, Issue 2.5: Active v. passive activity"). Die Vorinstanz hat dies - unter Bezugnahme auf die Richtlinie "Niederländische Finanzgesellschaften mit schweizerischer Betriebsstätte" der ESTV aus dem Jahre 1991 - bejaht. In Bezug auf quantitative Kriterien führte die Vorinstanz aus, anhand der Jahresabschlüsse 2005 und 2006 zeige sich, dass nahezu sämtliche Bilanzposten Darlehen betreffen würden. Unter den Aktiven und Passiven erschienen im Wesentlichen Darlehen an Schwestergesellschaften innerhalb der X.-Gruppe bzw. von der X. Holding AG. In der Erfolgsrechnung setzten sich die Erträge ausschliesslich aus Zinseinnahmen zusammen und beim Aufwand stelle der Zinsaufwand den mit Abstand grössten Posten dar. Die Vorinstanz hat auch eine qualitative Wesentlichkeit der Geschäftstätigkeit bejaht: Die Beschwerdegegnerin habe die Darlehensvergabe, das Aushandeln von Vertragsbedingungen betreffend Höhe, Laufzeit und Verzinsung, die Überwachung, die Buchführung und das Inkasso auf die Cayman Islands ausgelagert. An ihrem Sitz in A./ZG verfüge sie hingegen weder über Personal noch über eine Infrastruktur. Die Beschwerdegegnerin habe damit ihre Geschäftstätigkeit vollständig auf die Cayman Islands ausgelagert und die gesamte Wertschöpfung finde auf den Cayman Islands statt. Diese Ausführungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid vermögen bei näherer Betrachtung nicht zu überzeugen:
3.2.1 Zwar ist festzuhalten, dass die Finanzierungstätigkeit in einem international tätigen Konzern grundsätzlich ohne Weiteres auch im Rahmen einer ausländischen Betriebsstätte wahrgenommen werden kann und häufig die Konzerngestaltung auch entsprechend vorgenommen wird. Im Grundsatz ist sodann von der Gestaltungsfreiheit der steuerpflichtigen Person auszugehen. Sind die Schranken, bei

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deren Überschreiten die Steuerbehörde zwingend einschreiten muss, nicht klarerweise tangiert, bleibt es dabei, dass die Steuerbehörde ihr eigenes Ermessen nicht an die Stelle jenes des Geschäftsführers zu setzen hat. Dementsprechend darf auch das Gericht nur mit Zurückhaltung in den erheblichen Ermessensspielraum eingreifen, der dem Unternehmen zukommt (vgl. Urteile 2C_272/2011 vom 5. Dezember 2011 E. 3.2.3 und 2A.71/2004 vom 4. Februar 2005 E. 2).
Vorliegend stellt sich die Sachlage jedoch so dar, dass die Tätigkeit der Beschwerdegegnerin in den Steuerperioden 2005 und 2006 in der Gewährung von konzerninternen Darlehen für die Gruppengesellschaften des rein schweizerischen Konzerns bestand. Sie beschäftigte dazu in den Steuerperioden 2005 und 2006 jedoch bloss vier Teilzeitmitarbeitende mit Arbeitspensen von je 20 %, welche mit pauschalen Jahressalären zwischen $ 10'000.- (drei Mitarbeitende) und $ 20'000.- (ein Mitarbeitender) entschädigt wurden. Gemäss den Arbeitsverträgen war es diesen Mitarbeitenden zudem ausdrücklich erlaubt, anderen Erwerbstätigkeiten nachzugehen. Diese schlanken Strukturen stehen damit in deutlichem Kontrast zu den Zahlen in den Jahresabschlüssen der "Cayman-Branch": So betrug die Bilanzsumme Fr. 365'944'497.28 (Ende 2005) bzw. Fr. 520'394'471.36 (Ende 2006). Unter den Aktiven erscheinen Darlehen an die Schwestergesellschaften der X.-Gruppe in der Höhe von rund Fr. 497'000'000.- (Ende 2005) bzw. rund Fr. 647'000'000.- (Ende 2006). Die Erträge setzen sich ausschliesslich aus Zinseinnahmen zusammen (2005: rund Fr. 16'000'000.-; 2006: rund Fr. 18'000'000.-). Damit steht wohl fest, dass die Beschwerdegegnerin Darlehen in beträchtlicher Höhe an ihre Schwestergesellschaften in der Schweiz gewährt hat; unklar bleibt letztlich aber, was die auf den Cayman Islands vorhandenen Einrichtungen im Einzelnen konkret zur Wertschöpfung beigetragen haben.
3.2.2 Nichts zu ihren Gunsten kann die Beschwerdegegnerin sodann aus dem Umstand ableiten, dass sie an ihrem Hauptsitz in der Schweiz kein Personal beschäftigt: Einerseits ist vorliegend ausschliesslich zu prüfen, ob die behauptete Betriebsstätte auf den Cayman Islands steuerlich anzuerkennen ist, und steht die Beurteilung der Tätigkeit der Beschwerdeführerin in der Schweiz nicht zur Diskussion. Andererseits genügt es für die Begründung der unbeschränkten Steuerpflicht in der Schweiz schon, wenn nur der statutarische Sitz in der Schweiz liegt, ohne dass gleichzeitig Verwaltungs- oder andere Geschäftsaktivitäten an diesem Ort stattfinden müssen (RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N. 7 zu Art. 50 DBG). Damit kommt dem

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von der Beschwerdegegnerin angestellten Vergleich der Tätigkeiten in der Schweiz und auf den Cayman Islands keine entscheidende Bedeutung zu. Die Argumentation der Beschwerdegegnerin würde - wie die ESTV zu Recht ins Feld führt - im Ergebnis dazu führen, dass eine Ansiedlung von völlig nebensächlichen Funktionen in Niedrigsteuerländern eine vollumfängliche Steuerausscheidung zu Lasten der Schweiz und damit einhergehend eine weitgehende Freistellung von jeglicher Gewinnbesteuerung in der Schweiz bewirken würde, was kaum der Absicht des Gesetzgebers entsprochen haben dürfte.