BGE 146 II 276 |
19. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft und B. AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) |
2C_979/2018 vom 22. Januar 2020 |
Regeste |
Art. 83 lit. f Ziff. 2 BGG; Art. 1 Abs. 3 lit. d, Art. 13 lit. f und Art. 18 Abs. 1 der Interkantonalen Vereinbarung vom 25. November 1994/15. März 2001 über das öffentliche Beschaffungswesen; Wirtschaftlichkeitsgrundsatz; Wirkung der Aufhebung der Zuschlagsverfügung; Kompetenz der kantonalen Beschwerdeinstanz, ein reformatorisches Urteil zu fällen. |
Die Aufhebung einer Zuschlagsverfügung wirkt nicht nur inter partes, sondern entfaltet eine ungeteilte Wirkung für sämtliche am Vergabeverfahren beteiligten Anbieterinnen. Hebt eine kantonale Beschwerdeinstanz die Zuschlagsverfügung der Vergabebehörde auf und korrigiert eine rechtsfehlerhafte Anwendung der Zuschlagskriterien durch die Vergabebehörde, hat sie - soweit dem nicht verfahrensrechtliche Hindernisse entgegenstehen - wieder sämtliche Angebote aller am Vergabeverfahren beteiligten Anbieterinnen zu berücksichtigen. Ihre Kompetenz, ein reformatorisches Urteil zu fällen, darf sie nur in Konstellationen anwenden, die hinreichend geklärt sind. Eine solche Konstellation liegt nicht vor, wenn zweifelhaft ist, ob die Beschwerdeführerin des kantonalen Beschwerdeverfahrens das wirtschaftlich günstigste Angebot aller noch am Vergabeverfahren beteiligten Anbieterinnen eingereicht hat. Diesfalls hat die kantonale Beschwerdeinstanz die Angelegenheit zur Neubewertung der Angebote anhand der von ihr korrigierten Anwendung der Zuschlagskriterien an die Vergabebehörde zurückzuweisen (E. 6). |
Sachverhalt |
A. Die Bau- und Umweltschutzdirektion des Kantons Basel-Landschaft (nachfolgend: Vergabebehörde) schrieb im kantonalen Amtsblatt vom 15. Juni 2017 den Dienstleistungsauftrag "Bearbeitungsstelle 'Fördergesuche Baselbieter Energiepaket'" unter der Meldungsnummer 971647 im offenen Verfahren aus. Das als "Baselbieter Energiepaket" bezeichnete kantonale Förderprogramm für Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Gebäudebereich beinhaltete unter anderem Finanzhilfen für energetische Massnahmen im Gebäudebereich. Der ausgeschriebene Auftrag umfasste die Bearbeitung von Gesuchen um solche Finanzhilfen anhand von vorgegebenen Richtlinien. |
Mit dieser Aufgabe war seit dem 1. Januar 2012 die A. AG mit Sitz in U. (Kanton Basel-Landschaft) beauftragt gewesen. Der ausgeschriebene Auftrag sah ab dem 1. Januar 2018 ein einjähriges Vertragsverhältnis mit der Möglichkeit vor, dieses jeweils um ein weiteres Jahr zu verlängern.
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Auf die Ausschreibung vom 15. Juni 2017 gingen sechs Angebote ein, wobei Preise zwischen Fr. 325'825.- und Fr. 539'875.- offeriert wurden.
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B. Mit Zuschlagsverfügung vom 17. Oktober 2017 erteilte der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft den Zuschlag an die A. AG zum Preis von Fr. 412'350.-. Auf Ersuchen der drittplatzierten B. AG mit Sitz in V., die ein Angebot zum Preis von Fr. 325'825.- eingereicht hatte, begründete die Vergabebehörde mit Schreiben vom 25. Oktober 2017 ihren Entscheid.
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Am 6. November 2017 erhob die B. AG gegen die Zuschlagsverfügung vom 17. Oktober 2017 Beschwerde beim Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht. Die A. AG nahm am kantonalen Beschwerdeverfahren als Beigeladene teil und verlangte die kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten war.
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Mit Urteil vom 18. Juli 2018 hiess das Kantonsgericht die Beschwerde gut und hob die Zuschlagsverfügung vom 17. Oktober 2017 auf. Im Rahmen ihres reformatorischen Urteils erteilte sie den Zuschlag direkt an die B. AG zum Preis von Fr. 325'825.-.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 31. Oktober 2018 gelangt die A. AG an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils vom 18. Juli 2018 und die Bestätigung des Zuschlags vom 17. Oktober 2017 an die A. AG. Eventualiter sei das vorinstanzliche Urteil vom 18. Juli 2018 aufzuheben und die Sache zur Wiederholung der Angebotsbewertung und einer neuen Zuschlagserteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz oder an die Vergabebehörde zurückzuweisen. Subeventualiter sei das vorinstanzliche Urteil vom 18. Juli 2018 aufzuheben und die Sache zum Verfahrensabbruch und zur allfälligen Neuausschreibung direkt oder indirekt über die Vorinstanz an die Vergabebehörde zurückzuweisen. Der Beschwerde sei zunächst superprovisorisch und alsdann definitiv für die gesamte Dauer des Beschwerdeverfahrens die aufschiebende Wirkung zu erteilen. |
(...) Der Abteilungspräsident hat der Beschwerde mit Verfügung vom 20. November 2018 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
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(...)
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Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 22. Januar 2020 öffentlich beraten und entschieden.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: |
1.2 Auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig, wenn der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrags den massgebenden Schwellenwert des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1) oder des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens (SR 0.172.052.68) erreicht und wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt (Art. 83 lit. f BGG; vgl. BGE 143 II 425 E. 1.3 S. 427; BGE 133 II 396 E. 2.1 S. 398). |
Während im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerde beim Bundesgericht der massgebende Schwellenwert für Dienstleistungsaufträge Fr. 230'000.- betragen hat und vorliegend erfüllt ist (Art. 83 lit. f Ziff. 1 BGG; vgl. Art. 6 Abs. 2 BöB i.V.m. Art. 1 lit. b der Verordnung des WBF vom 22. November 2017 über die Anpassung der Schwellenwerte im öffentlichen Beschaffungswesen für die Jahre 2018 und 2019 [SR 172.056.12]), bedarf das zweite kumulativ zu erfüllende Eintretenserfordernis der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung einer genaueren Betrachtung.
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1.2.2 Nach Auffassung der Beschwerdeführerin lässt die Vorinstanz den Umstand unberücksichtigt, dass das Angebot der Beschwerdegegnerin im Vergabeverfahren von der Vergabebehörde lediglich als drittbestes Angebot bewertet worden sei. Sowohl bei der Beschwerdelegitimation der Beschwerdegegnerin im vorinstanzlichen Verfahren als auch bei der direkten Zuschlagserteilung durch die Vorinstanz werde dies nicht berücksichtigt. Die Vorinstanz erwäge hierzu, die zweitplatzierte Anbieterin habe den Vergabeentscheid akzeptiert und keine Beschwerde erhoben. Damit verbleibe nach Auffassung der Vorinstanz einzig die drittplatzierte Anbieterin, was zur direkten Zuschlagserteilung an diese führen müsse. |
Vor diesem Hintergrund unterbreitet die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht die folgende Rechtsfrage:
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"Darf das Kantonsgericht im Rahmen eines reformatorischen Urteils das Angebot der zweitplatzierten Anbieterin unberücksichtigt lassen, weil diese kein Rechtsmittel ergriffen hat, und den Zuschlag direkt auf das Angebot der drittplatzierten, beschwerdeführenden Partei erteilen?"
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Die Frage beschlage, so die Beschwerdeführerin, insbesondere die im interkantonalen Recht vorgesehene Kompetenz der kantonalen Beschwerdeinstanz, einen neuen Zuschlag direkt zu erteilten. Sodann betreffe die Frage die im öffentlichen Beschaffungswesen zentralen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Beschaffungen und der Gleichbehandlung. Die Beschwerdeführerin begründet die grundsätzliche Bedeutung ihrer Rechtsfrage auch damit, dass das Bundesgericht diese noch nicht beantwortet habe.
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1.2.4 Das Bundesgericht hat die von der Beschwerdeführerin unterbreitete Rechtsfrage noch nicht beantwortet. Es hat in BGE 141 II 14 zwar bereits festgehalten, dass bei einer Aufhebung des Zuschlags im Rahmen einer Gutheissung der Beschwerde, die Wirkung eines solchen Urteils nicht auf die Zuschlagsempfängerin des Vergabeverfahrens und die anfechtenden Anbieterinnen beschränkt werden kann. Vielmehr wirkt sich die Aufhebung eines Zuschlags auf sämtliche am Vergabeverfahren beteiligten Anbieterinnen aus. Damit hält das Bundesgericht fest, dass der Aufhebung des Zuschlags ungeteilte Wirkung zukommt. Mit einer Zuschlagsverfügung wird entschieden, dass die Zuschlagsempfängerin den Zuschlag erhält. Damit wird zugleich gesagt, dass die anderen Anbieterinnen den Zuschlag nicht erhalten (vgl. BGE 141 II 14 E. 4.7 S. 32). Mit dem Wegfall des Zuschlags entfällt sowohl seine positive (Zuschlag an die erstplatzierte Anbieterin) als auch seine negative (Nichtzuschlag an die anderen Anbieterinnen) Wirkung. Die Aufhebung der Zuschlagsverfügung wirkt deshalb nicht nur inter partes, sondern für sämtliche am Vergabeverfahren beteiligten Anbieterinnen. |
Indessen äussert sich das Bundesgericht im genannten Urteil im Kontext der Beschwerdelegitimation zur Rechtsfolge der Aufhebung des Zuschlags (vgl. BGE 141 II 14 E. 4.9 S. 33). Welche Rechtsfolgen die ungeteilte Wirkung der Aufhebung einer Zuschlagsverfügung im Kontext der Kompetenz der kantonalen Beschwerdeinstanz zeitigt, ein reformatorisches Urteil zu fällen, ist damit aber nicht geklärt. Folglich liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 83 lit. f Ziff. 2 BGG vor.
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1.3.1 Die Beschwerdeführerin ist bereits im kantonalen Verfahren als Partei beteiligt gewesen und dort mit ihren Anträgen nicht durchgedrungen (Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG). Als Erstplatzierte des Vergabeverfahrens wurde ihr mit Zuschlagsverfügung vom 17. Oktober 2017 vormals der Zuschlag erteilt. Mit vorinstanzlichem Urteil vom 18. Juli 2018 wurde der ihr erteilte Zuschlag aufgehoben. Damit ist sie durch das angefochtene Urteil vom 18. Juli 2018 besonders berührt (Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG). Sie hat im Sinne ihres Hauptantrags ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Bestätigung der Zuschlagsverfügung vom 17. Oktober 2017, da sie damit erneut den Zuschlag erhielte. Gleiches gilt auch für ihren Eventualantrag, mit dem sie eine Rückweisung der Sache an die Vorinstanz oder an die Vergabebehörde verlangt. Sie legt genügend glaubhaft dar, dass die Vorinstanz die Preiskurve zu Unrecht angepasst sowie in rechtswidriger Weise reformatorisch entschieden hat. Im Rahmen ihres Eventualantrags ist ein erneuter Zuschlag an sie selbst daher denkbar. Deshalb hat sie auch hieran ein schutzwürdiges Interesse (Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG). |
(...)
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6.2.1 Die Kompetenz zur Fällung eines reformatorischen Urteils ist im interkantonalen Recht ausdrücklich vorgesehen (vgl. Art. 18 Abs. 1 IVöB). Nach dem Wortlaut der genannten Bestimmungen ist diese Kompetenz der kantonalen Beschwerdeinstanz lediglich an die Voraussetzung geknüpft, dass der beschaffungsrechtliche Vertrag mit der Zuschlagsempfängerin des erstinstanzlichen Vergabeverfahrens noch nicht abgeschlossen ist. Die kantonale Beschwerdeinstanz hat in diesem Zusammenhang jedoch weiterhin den Ermessensspielraum der Vergabebehörde zu beachten. Denn eine Überprüfung der Angemessenheit einer Zuschlagsverfügung ist nicht vorgesehen (...). Im Lichte von Art. 16 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 IVöB hat die Beschwerdeinstanz ihre Kompetenz, im Sinne von Art. 18 Abs. 1 IVöB reformatorisch zu urteilen, nur mit Zurückhaltung wahrzunehmen und die Angelegenheit im Grundsatz an die Vergabebehörde zurückzuweisen. Durch einen eigenen Zuschlag würde sie andernfalls zu stark in das Ermessen der Vergabebehörde eingreifen (vgl. Botschaft vom 19. September 1994 zu den für die Ratifizierung der GATT/WTO-Übereinkommen [Uruguay-Runde] notwendigen Rechtsanpassungen [GATT-Botschaft 2] BBl 1994 IV 950, 1201). Mit anderen Worten hat eine Aufhebung des Vergabeentscheids angesichts des grossen Ermessensspielraums der Vergabebehörden folglich regelmässig eine Rückweisung an die Vergabebehörde mit einer verbindlichen Anordnung der kantonalen Beschwerdeinstanz zur Folge (vgl. GALLI/ MOSER/LANG/STEINER, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3. Aufl. 2013, Rz. 1396; POLTIER, Droit des marchés publics, 2014, Rz. 432; WOLF, Die Beschwerde gegen Vergabeentscheide - Eine Übersicht über die Rechtsprechung zu den neuen Rechtsmitteln, ZBl 104/2003 S. 26). |
Die Kompetenz der Beschwerdeinstanz, ein reformatorisches Urteil zu fällen, hat sie ausschliesslich in Konstellationen anzuwenden, die hinreichend geklärt sind. Eine solche Konstellation liegt namentlich vor, wenn am Vergabeverfahren lediglich zwei Anbieterinnen teilnehmen oder der Zuschlag ohne Weiteres an die nächstbesser platzierte Anbieterin erteilt werden kann, da keine weiteren Anbieterinnen für den Zuschlag in Frage kommen. Hingegen mangelt es beispielsweise an der erforderlichen Klarheit, wenn zweifelhaft ist, ob die Beschwerdeführerin des vorinstanzlichen Beschwerdeverfahrens das wirtschaftlich günstigste Angebot eingereicht hat (vgl. E. 6.3.4 hiernach).
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6.2.2 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist indes nicht vorausgesetzt, dass die Vergabebehörde im kantonalen Rechtsmittelverfahren einen Antrag auf die direkte Erteilung des Zuschlags stellen müsste. Vielmehr steht es aus prozessökonomischen Gründen grundsätzlich in der Kompetenz der kantonalen Beschwerdeinstanz, in der Sache selbst zu entscheiden. Dies muss insbesondere dann gelten, wenn bloss noch die im kantonalen Verfahren beschwerdeführende Anbieterin für einen Zuschlag in Frage kommt. Vorliegend hat die Beschwerdegegnerin des bundesgerichtlichen Verfahrens als Beschwerdeführerin des kantonalen Beschwerdeverfahrens im vorinstanzlichen Verfahren ausserdem einen entsprechenden Antrag auf eine direkte Zuschlagserteilung gestellt. Sodann ist der Vertragsschluss mit der Beschwerdeführerin des bundesgerichtlichen Verfahrens noch nicht erfolgt. In diesem Lichte ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz trotz fehlendem Antrag seitens der Vergabebehörde ein reformatorisches Urteil zugunsten der Beschwerdegegnerin gefällt hat. |
Dieser Grundsatz ist im Lichte der Eigenheiten des Vergabeverfahrens indes zu präzisieren. Dabei gilt es insbesondere, die öffentlichen Interessen an den formellen Anforderungen des Beschaffungsrechts zu berücksichtigen. Wenn die Vorinstanz davon ausgeht, eine nicht beschwerdeführende Partei habe den Vergabeentscheid akzeptiert, ist dies im Rahmen des Beschaffungsrechts nur insofern richtig, als diese mit dem Zuschlag an die im Vergabeverfahren erstplatzierte Anbieterin einverstanden ist. Wie das Bundesgericht bereits dargelegt hat, wird mit einer Zuschlagsverfügung entschieden, dass die erstplatzierte Anbieterin des Vergabeverfahrens den Zuschlag erhält. Zugleich wird gesagt, dass die anderen am Verfahren beteiligten Anbieterinnen den Zuschlag nicht erhalten. Die Aufhebung der Zuschlagsverfügung wirkt deshalb nicht nur inter partes, sondern entfaltet eine ungeteilte Wirkung für sämtliche am Vergabeverfahren beteiligten Anbieterinnen (vgl. BGE 141 II 14 E. 4.7 S. 32; vgl. auch E. 1.2.4 hiervor). |
Erhebt eine Anbieterin, die im Vergabeverfahren den Zuschlag nicht erhalten hat, kein Rechtsmittel gegen den Vergabeentscheid der Vergabebehörde, drückt diese Anbieterin damit lediglich aus, dass sie den Zuschlag an die im Vergabeverfahren erstplatzierte Anbieterin unter dem von der Vergabebehörde angewendeten Prüfungsmassstab (Anwendung der Zuschlagskriterien) akzeptiert. Sie bringt hingegen nicht zum Ausdruck, dass sie auch mit einem Zuschlag an eine andere am Vergabeverfahren beteiligte, schlechter platzierte Anbieterin einverstanden wäre. Dies muss insbesondere auch dann gelten, wenn sich dieser Prüfungsmassstab verändert. Bereits aufgrund der ungeteilten Wirkung der Aufhebung einer Zuschlagsverfügung drängt sich die Berücksichtigung sämtlicher Anbieterinnen auf, die für den Zuschlag nunmehr wieder in Frage kommen.
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Der Vorinstanz ist es zwar unbenommen, unter der Voraussetzung von Art. 18 Abs. 1 IVöB ein reformatorisches Urteil zu fällen (vgl. E. 6.2.1 hiervor). Sie hat dabei indes dem öffentlichen Interesse an einem möglichst guten Angebot und dem haushälterischen Umgang mit den öffentlichen Mitteln massgeblich Beachtung zu schenken (vgl. BGE 143 II 425 E. 4.4.2 S. 434; BEYELER, Öffentliche Beschaffung, Vergaberecht und Schadenersatz, 2004, Rz. 210 ff.). Das beinhaltet insbesondere, dass die Anbieterin mit dem potenziell bestplatzierten Angebot effektiv zum Zuge kommen kann. Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz bekommt im Beschaffungsrecht als Optimierungsprinzip eine zentrale und eigenständige Bedeutung: Er soll sowohl formell im Sinne eines Prozessgrundsatzes als auch materiell im Sinne eines Bewertungsgrundsatzes sicherstellen, dass der Zuschlag der Anbieterin mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wird. |
In der vorliegenden Angelegenheit, in der die Vorinstanz zu Recht diverse Korrekturen bei der Anwendung der Zuschlagskriterien Preis und Qualität sowie deren Teilkriterien vornimmt (...), liegt grundsätzlich eine Konstellation vor, in der nicht hinreichend erstellt ist, welche Anbieterin das wirtschaftlich günstigste Angebot offeriert hat. Mangels der erforderlichen Klarheit bedarf es deshalb der Aufhebung des Zuschlags und der Rückweisung der Angelegenheit an die Vergabebehörde. Die Vergabebehörde hat eine Neubewertung mit vollem Ermessen anhand des neuen, vorinstanzlich korrigierten Prüfungsmassstabs vorzunehmen. Dabei hat sie die anderen Anbieterinnen wieder ins Vergabeverfahren einzubeziehen, soweit dem keine verfahrensrechtliche Hindernisse (z.B. rechtskräftiger Verfahrensausschluss mangels Erfüllung der Eignungskriterien) entgegenstehen. |
Da die Vorinstanz bei ihrer Neubewertung lediglich die Angebote der erstplatzierten Anbieterin (Beschwerdeführerin) und der drittplatzierten Anbieterin (Beschwerdegegnerin) des Vergabeverfahrens berücksichtigt, die weiteren Angebote indes ausser Acht lässt und den Zuschlag im Rahmen eines reformatorischen Urteils dennoch direkt an die Beschwerdegegnerin erteilt, verletzt sie den vergaberechtlichen Wirtschaftlichkeitsgrundsatz nach Art. 1 Abs. 3 lit. d IVöB und Art. 13 lit. f IVöB. Insoweit die Gebote der Gleichbehandlung und der Transparenz nach Art. 1 Abs. 3 lit. b und c IVöB ihrerseits auf die Wirtschaftlichkeit der Beschaffungen durch eine Marktöffnung abzielen (vgl. BGE 143 II 425 E. 4.4.2 S. 434), sind auch diese beschaffungsrechtlichen Grundsätze verletzt. Die Beschwerde ist in diesem Punkt teilweise gutzuheissen. Damit erübrigt sich die Behandlung des Subeventualantrags, soweit dieser überhaupt zulässig wäre.
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