BGE 80 III 82
 
16. Entscheid vom 18. Juni 1954 i. S. Erhard.
 
Regeste
Verteilung im Konkurs.
 
Sachverhalt


BGE 80 III 82 (82):

Am 26. Februar 1954 eröffnete das Zivilgericht Basel-Stadt auf Begehren des Rekurrenten gemäss Art. 190 SchKG den Konkurs über die Casto A. G. in Liq. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt wies die Berufung dieser Gesellschaft gegen das Konkurserkenntnis mit Entscheid vom 9./29. April 1954 ab und verurteilte sie, dem Rekurrenten eine Parteientschädigung von Fr. 150.-- zu bezahlen. Das Begehren des Rekurrenten, ihm diese Entschädigung als Massaschuld vorweg auszuzahlen, wurde vom Konkursamt am 4. Mai 1954 abgelehnt.
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat die Beschwerde des Rekurrenten gegen diese Verfügung am 2. Juni 1954

BGE 80 III 82 (83):

abgewiesen. Diesen Entscheid hat der Rekurrent an das Bundesgericht weitergezogen.
 
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
2. In BGE 52 III 108ff. hat das Bundesgericht entschieden, zu den Konkurseröffnungskosten seien die Entscheidgebühr für das Konkurserkenntnis und die Gebühr für die Ausfertigung und Zustellung dieses Erkenntnisses zu zählen, nicht dagegen der Betrag, der dem die Konkurseröffnung beantragenden Gläubiger als Entschädigung für seine Bemühungen (Parteientschädigung) zugesprochen wurde. An dieser Rechtsprechung ist trotz den Einwendungen des Rekurrenten festzuhalten. Es stimmt zwar, dass der betreibende Gläubiger berechtigt ist, die Kosten des Rechtsöffnungsverfahrens wie die Betreibungskosten im engern Sinne zur Betreibungssumme zu schlagen, falls er dafür gemäss dem Rechtsöffnungsentscheid vom Betriebenen Ersatz verlangen kann (Art. 7 der Verordnung I zum SchKG vom 18. Dezember 1891; BGE 37 I 599 = Sep. ausg. 14 S. 379 und BGE 47 III 120), und dass die Praxis neben den Gebühren des Rechtsöffnungsrichters (die gemäss Art. 76 GebT vom Gläubiger vorzuschiessen sind) auch die dem Gläubiger gemäss Art. 78 GebT zugesprochene Parteientschädigung für dieses Verfahren zu den Rechtsöffnungskosten rechnet (JAEGER

BGE 80 III 82 (84):

N. 1 zu Art. 68 SchKG und BGE 37 I 597ff., wo neben den "spese giudiziali" von Fr. 18.- offenbar auch die "ripetibili" von Fr. 10.- zu diesen Kosten gezählt wurden). Daraus ist jedoch entgegen der Auffassung des Rekurrenten nicht zu schliessen, dass die Parteientschädigung, die im Konkurseröffnungsverfahren dem Antragsteller zulasten der Schuldnerin (nicht etwa der Masse) zuerkannt wird, zu den Kosten der Konkurseröffnung im Sinne von Art. 262 SchKG gehöre. Die Frage, ob die Rechtsöffnungskosten einschliesslich Parteientschädigung mit der Betreibung eingefordert werden können, in welcher die Rechtsöffnung erteilt wurde, oder ob dafür eine neue Betreibung nötig sei, hat mit der Frage nichts zu tun, ob die im Konkurseröffnungsverfahren zugesprochene Parteientschädigung aus der Masse vorab zu decken oder wie eine gewöhnliche Forderung an den Gemeinschuldner zu behandeln sei. Wenn gestattet wurde, die Rechtsöffnungskosten samt der Parteientschädigung für dieses Verfahren ohne eine neue Betreibung (in der es wiederum zum Rechtsvorschlag und zur Rechtsöffnung kommen könnte) geltend zu machen, so geschah dies aus dringenden Gründen der Zweckmässigkeit, namentlich auch zur Vermeidung der Gefahr einer endlosen Trölerei des Schuldners (vgl. Archiv für Schuldbetreibung und Konkurs 4 Nr. 33 S. 96 oben). Zugunsten der Vorabdeckung der Parteientschädigung im Konkurseröffnungsverfahren lassen sich ähnliche Gründe nicht anführen. Die Rücksicht auf die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger spricht im Gegenteil für eine einschränkende Auslegung des Begriffs der aus der Konkurseröffnung erwachsenen Kosten im Sinne von Art. 262 SchKG. Es lief also dem Sinne des Gesetzes keineswegs zuwider, wenn in BGE 52 III 108ff. angenommen wurde, nur die zur Herbeiführung der Konkurseröffnung unbedingt notwendigen Auslagen seien dem Antragsteller aus der Masse vorweg zu vergüten. Zu diesen Auslagen gehört das Honorar für einen Vertreter nicht. In einzelnen Fällen mag zwar die Beiziehung

BGE 80 III 82 (85):

eines Anwalts praktisch unvermeidlich sein. Sie ist es aber normalerweise nicht. Aus der Tatsache, dass eine Parteientschädigung zugesprochen wurde, kann nicht auf die Notwendigkeit der Vertretung geschlossen werden, da der Konkursrichter bei Beurteilung der Entschädigungsfrage nicht diese Notwendigkeit zu prüfen, sondern einfach von dem ihm nach Art. 78 GebT zustehenden freien Ermessen Gebrauch zu machen pflegt. Um zu verhüten, dass die Masse mit nicht unbedingt notwendigen Kosten belastet wird, müssten also die Konkursbehörden (Konkursverwaltung und Aufsichtsbehörden) in jedem Falle nachträglich prüfen, ob der Gläubiger zwingende Gründe hatte, einen Anwalt beizuziehen. Das kann jedoch nicht Sache dieser Behörden sein. Auf derartige Ausnahmefälle kann daher nicht Rücksicht genommen werden.
Der Umstand, dass die hier streitige Parteientschädigung nicht im Konkurserkenntnis, sondern erst nach der Konkurseröffnung bei Abweisung der Berufung gegen dieses Erkenntnis zugesprochen wurde, steht der Anwendung des in BGE 52 III 108ff. aufgestellten Grundsatzes auf den vorliegenden Fall nicht entgegen. Für das Berufungsverfahren kann nichts anderes gelten als für das erstinstanzliche Konkurseröffnungsverfahren. Auch im Berufungsverfahren steht dem Gläubiger nicht die Konkursverwaltung als Vertreterin der Masse, sondern der Schuldner selber gegenüber und wird gegebenenfalls dieser, nicht die Masse, zur Leistung einer Parteientschädigung verurteilt.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.