BGE 80 III 122 |
27. Entscheid vom 16. Oktober 1954 i. S. Schweizerischer Bankverein und Kauf. |
Regeste |
1. Beschwerdeführung für einen Andern; Voraussetzungen, Art. 17 ff. SchKG (Erw. 1). |
3. Arrestierung von Forderungen einer Person ohne (schweizerischen) Wohnsitz: Der Arrest erfolgt am Wohnsitz des Drittschuldners, und zwar, wenn die Forderung aus Geschäften des Arrestschuldners mit einer Filiale herrührt, am Filialsitz (Erw.3). |
Sachverhalt |
"1. Guthaben und Forderungen von Otto-Marcos Kauf gegen den Schweiz. Bankverein, Hauptsitz Basel, Aeschenvorstadt 1, mit Wirkung in allen Geschäftssitzen, Niederlassungen, Ablagen und Agenturen auf dem Gebiet der ganzen Schweiz, vor allem sämtliche Werte auf Konto 43779 /II des Schweiz. Bankvereins Basel; 2. alle Wertpapiere, Titelforderungen und andere Ve rmögenswerte irgendwelcher Art, welche sich beim Schweiz. Bankverein, Hauptsitz Basel, z.G. Otto-Marcos Kauf, sei es auf einem Konto, in einem Depot oder Safe, auf eigenen Namen oder auf Namen eines Dritten, aber zur Verfügung von Kauf, befinden."
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Das Betreibungsamt Basel-Stadt vollzog den dahin lautenden Arrestbefehl durch Arrestierung der Guthaben, Wertschriften, Titelforderungen und sonstigen Vermögenswerte auf Konto 43779/II beim Schweizerischen Bankverein in Basel, Aeschenvorstadt 1, ferner der Guthaben aus andern Konten, sowie Depots und Safeinhalte, die sich zu Gunsten des Otto Markos Kauf bei der erwähnten Bank in Basel befinden mögen, sei es auf eigenen Namen oder auf Namen eines Dritten. "Von der Ausdehnung des vorliegenden Arrestbeschlages auf alle Geschäftssitze, Niederlassungen, Ablagen & Agenturen des Schweiz. Bankvereins auf dem Gebiete der ganzen Schweiz wird mangels Zuständigkeit abgesehen."
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B.- Über diese teilweise Verweigerung des Arrestvollzuges beschwerte sich der Gläubiger mit dem Antrag, die Verfügung des Betreibungsamtes sei, soweit sie die Wirkung des Arrestbefehls auf den Hauptsitz des Schweizerischen Bankvereins beschränkt, aufzuheben, und das Betreibungsamt sei anzuweisen, auch die Guthaben und Forderungen des Arrestschuldners gegen alle Geschäftssitze, Niederlassungen, Ablagen und Agenturen des Schweizerischen Bankvereins auf dem Gebiet der ganzen Schweiz zu verarrestieren. |
C.- Die kantonale Aufsichtsbehörde hat die Beschwerde mit Entscheid vom 27. September 1953 gutgeheissen.
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D.- Gegen diesen Entscheid hat der Schweizerische Bankverein rekurriert, und zwar in eigenem Namen wie auch (als Geschäftsführer ohne Auftrag) in Namen des Arrestschuldners. Der Antrag geht auf Abweisung der Beschwerde des Gläubigers und auf Aufrechterhaltung der den Arrestvollzug auf den Hauptsitz der Bank als des Drittschuldners beschränkenden Verfügung des Betreibungsamtes.
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Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: |
2. Wird zwar der Drittschuldner im allgemeinen durch Arrestierung oder Pfändung der gegen ihn wirklich oder angeblich bestehenden Forderung nicht wesentlich in seinen rechtlichen Interessen berührt (BGE 79 III 3), so kann doch die Art des Arrest- oder Pfändungsvollzuges oder eine infolge der Beschlagnahme erfolgte Amtshandlung derart in seine Interessen eingreifen, dass er das Vorgehen des Amtes, wenn es unrechtmässig ist, nicht zu dulden braucht, sondern auf dem Beschwerde- oder Rekurswege geltend machen kann, es werde auch ihm gegenüber unrechtmässig verfahren. So ist einem Drittschuldner zugestanden worden, sich wegen ungesetzlicher Verfügung des Betreibungsamtes über einen von jenem bei der Post einbezahlten Betrag zu beschweren (BGE 77 III 60ff., besonders Erw. 5). Im vorliegenden Falle bezeichnet der rekurrierende Drittschuldner es als ungesetzlich, gemäss dem Arrestbefehl und dem angefochtenen Entscheid eine Arrestierung bei seinem Haupsitz in Basel auch "mit Wirkung in allen Geschäftssitzen..." auf dem Gebiete der ganzen Schweiz vorzunehmen. Sollte diese von der Vorinstanz auf Beschwerde des Gläubigers angeordnete Massnahme rechtswidrig sein, so würde in der Tat auch dem Drittschuldner gegenüber rechtswidrig verfahren. Denn nach dem angefochtenen Entscheide soll die Leitung der rekurrierenden Bank am Hauptsitze angewiesen werden, sogleich auch alle (allfälligen) Forderungen des Arrestschuldners bei ihren Geschäftssitzen, Niederlassungen, Ablagen und Agenturen in der ganzen Schweiz zu sperren. Das wäre, auch abgesehen von der Verantwortung für Verzögerungen und Missverständnisse, ja allfällige Indiskretionen, eine stark in den Geschäftsbetrieb der Bank eingreifende Besorgung. Einer solchen Aufgabe braucht sich die Bank nicht zu unterziehen, wenn die Anordnung ungesetzlich ist. Dabei ist gleichgültig, ob sie unter dem Titel der Arrestvollzugskosten angemessen entschädigt würde, wie die Vorinstanz annimmt, freilich ohne sich über die Bemessung der Vergütung und über das Genügen des vom Arrestgläubiger geleisteten Kostenvorschusses auszusprechen. Denn eine mit solchen Unzukömmlichkeiten für die Bank verbundene Massnahme kann ihr auch nicht gegen angemessene Vergütung aufgedrängt werden, sofern sie der gesetzlichen Grundlage entbehrt. Vielmehr ist der Bank um der erwähnten erheblichen Interessen willen das Recht zur Beschwerde und zum Rekurs wegen der behaupteten Gesetzwidrigkeit zuzuerkennen. |
Forderungen, die nicht in Wertpapieren verkörpert sind, gelten grundsätzlich als am Wohnsitz ihres Titulars gelegen. Hat dieser in der Schweiz keinen Wohnsitz, wie im vorliegenden Falle, so können ihm zustehende Forderungen an einen in der Schweiz domizilierten Drittschuldner an dessen Wohnsitz arrestiert und gepfändet werden, was ständiger Praxis entspricht (vgl.BGE 63 III 44). Davon geht auch der angefochtene Entscheid aus. Während er aber dafür hält, Forderungen eines Schuldners ohne Wohnsitz oder wenigstens ohne solchen in der Schweiz gegen irgendwelche schweizerischen Geschäftssitze, Niederlassungen, Ablagen oder Agenturen des Schweizerischen Bankvereins hätten als an dessen Hauptsitz in Basel gelegen zu gelten, betrachtet die erwähnte Bank als "Sitz" einer solchen Forderung die jeweilen in Frage stehende Zweigstelle, bei der sie begründet wurde und verbucht ist, wo auch die Einzahlungen und Rückzüge erfolgen, und von wo aus der Titular über den Stand der Rechnung benachrichtigt zu werden pflegt.
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Der Betrachtungsweise des Rekurrenten ist beizutreten. Die Praxis der Betreibungsämter (und insbesondere desjenigen von Basel) geht mit Recht dahin, Forderungen, die nicht am Wohnsitz ihres Titulars arrestiert oder gepfändet werden können, seien dann, wenn sie zu den Verbindlichkeiten einer Zweigniederlassung des Drittschuldners gehören, am Sitz dieser Zweigniederlassung zu beschlagnahmen. Das Bundesgericht hat demgemäss der Arrestierung von Guthaben eines Schuldners ohne festen Wohnsitz bei der Filiale der Schweizerischen Bankgesellschaft in Locarno durch das dortige Betreibungsamt zugestimmt und ausdrücklich den Filialsitz als massgebenden Sitz des Drittschuldners bezeichnet (BGE 75 III 27unten). Davon abzuweichen, besteht kein zureichender Grund. Es erscheint nach wie vor als richtig, die zum Geschäftsbereich eines vom Hauptsitz getrennten Geschäftssitzes, einer Zweigniederlassung u.s.w. gehörenden Verbindlichkeiten als bei der betreffenden Zweigstelle befindlich anzusehen (sofern eben kein schweizerischer Wohnsitz des Gläubigers besteht, wo sie in erster Linie zu lokalisieren wären). Ist die Zweigniederlassung und dergleichen auch kein selbständiges Rechtssubjekt, und wäre eine Betreibung für die betreffende Verbindlichkeit nur am Hauptsitze zulässig (vorausgesetzt er befinde sich in der Schweiz, Art. 46 Abs. 2 gegenüber Art. 50 Abs. 1 SchKG), so kommt der Zweigniederlassung doch rechtliche Bedeutung als Gerichtsstand zu (vgl. z.B. Art. 21 der bernischen ZPO), und im übrigen werden die für Rechnung einer Zweigniederlassung, Agentur u.s.w. eingegangenen Verbindlichkeiten, solange es sich nicht um die Zwangsvollstreckung handelt, üblicherweise dort und und nicht am Hauptsitze geltend gemacht. Auch eine Arrestierung oder Pfändung lässt sich zweckmässigerweise nur bei der einzelnen Zweigstelle vornehmen, wo die Rechnung geführt wird und die Ein- und Auszahlungen erfolgen. Dieses Vorgehen liegt um so näher, als ja in den meisten Fällen neben Guthaben Sachen (Wertpapiere, Safeinhalte) zu arrestieren sind, was ohnehin nur am Orte, wo sie sich tatsächlich befinden, geschehen kann. Dafür ist aber immer auch nur das Betreibungsamt des betreffenden Kreises zuständig. Mit einer Pfändung mag dieses Amt von einem andern (demjenigen des Betreibungsortes) beauftragt werden; die Arrestierung muss dagegen unmittelbar von ihm ausgehen, auf Grund eines bei der örtlich nach Art. 272 SchKG zuständigen Arrestbehörde erwirkten Arrestbefehls. Nicht nur hat sich deshalb das Betreibungsamt Basel-Stadt im vorliegenden Falle mit Recht zur Vornahme von Vollzugshandlungen bei Geschäftssitzen, Zweigniederlassungen u.s.w. des Schweizerischen Bankvereins ausserhalb des Kantons Basel-Stadt als unzuständig erklärt. Es hat sich aus guten Gründen nicht dazu bereit gefunden, diese auswärtigen Filialen mittelbar zu erfassen, wie es der Gläubiger wünschte: durch Arrestierung der Filialverbindlichkeiten am Hauptsitz in Basel. Damit wäre entgegen gutem Gewohnheitsrecht fingiert worden, die zum Geschäftsbereich der Filialen gehörenden Verbindlichkeiten seien am Hauptsitze domiziliert. Ausserdem wäre auf solche Weise der Leitung der Bank am Hauptsitz eine Aufgabe übertragen worden, die richtigerweise vom - örtlich zuständigen - Betreibungsamte selbst zu erfüllen ist. Nach alldem hält der das Begehren des Gläubigers gutheissende Entscheid der Vorinstanz der rechtlichen Überprüfung nicht stand. |
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
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