Urteilskopf
83 III 65
19. Entscheid vom 29. August 1957 i.S. Naef.
Regeste
Betreibung auf Verwertung eines Grundpfandes; neue Schätzung durch Sachverständige (Art. 99 Abs. 2 und 9 Abs. 2 VZG).
Inwiefern kann das Bundesgericht Schätzudgsentscheide der obern kantonalen Aufsichtsbehörde überprüfen?
In den gegen Naef gerichteten Betreibungen auf Grundpfandverwertung schätzte das Betreibungsamt Zürich 11, 1. Abteilung, die verpfändete Liegenschaft (Wohnhaus und Hotel in Zürich-Örlikon) auf Fr. 1'200,000.-- und gab den Beteiligten von dieser Schätzung Kenntnis. Hierauf führte der Schuldner bei der untern Aufsichtsbehörde Beschwerde mit dem Antrag, die betreibungsamtliche Schätzung sei aufzuheben und "gemäss fachmännischer Expertise angemessen zu erhöhen". Die untere Aufsichtsbehörde liess die Pfandliegenschaft durch Architekt X., Obmann einer kantonalen Schätzungskommission in Enteignungssachen, der zur Ermittlung des Ertragswerts mit ihrer Zustimmung einen Bericht der Treuhandstelle des Schweiz. Wirtevereins beizog, in Anwendung von Art. 99 Abs. 2 und 9 Abs. 2 VZG neu schätzen. Da das von ihr als schlüssig erachtete Gutachten dieses Sachverständigen den Verkehrswert auf Fr. 1'150,000.--, also auf einen unter der betreibungsamtlichen Schätzung liegenden Betrag bezifferte, wies sie die Beschwerde des Schuldners am 12. Juli 1957 ab. Die obere kantonale Aufsichtsbehörde hat den Rekurs des Schuldners gegen diesen Entscheid am 2. August 1957 abgewiesen.
Mit seinem Rekurs an das Bundesgericht beantragt der Schuldner wie vor der Vorinstanz, das Betreibungsamt sei anzuweisen, die Pfandliegenschaft "neu und auf alle Fälle höher als mit Fr. 1'200,000.-- zu schätzen." Auf den Rekurs wird nicht eingetreten.
Erwägungen:
Nach Art. 9 Abs. 2 VZG werden Streitigkeiten über die Höhe der Schätzung endgültig durch die kantonale Aufsichtsbehörde beurteilt. Solche Streitigkeiten können also
BGE 83 III 65 S. 67
nicht an das Bundesgericht weitergezogen werden. Dieses kann Schätzungsentscheide der obern kantonalen Aufsichtsbehörde nur daraufhin überprüfen, ob die bundesrechtlichen Vorschriften über das bei der Schätzung einzuschlagende Verfahren richtig angewendet worden seien (BGE 60 III 190f.; vgl. auchBGE 61 III 64ff.,BGE 73 III 54f.).Im vorliegenden Falle macht der Rekurrent mit Recht nicht geltend, dass solche Verfahrensvorschriften verletzt worden seien. Seinem Begehren, es sei eine neue Schätzung durch Sachverständige anzuordnen, hat die untere Aufsichtsbehörde entsprochen. Dass die mit der neuen Schätzung beauftragten Personen Sachverständige im Sinne von Art. 9 Abs. 2 VZG sind, wagt er nicht zu bestreiten. Seine Vorbringen in der Rekursschrift richten sich vielmehr ausschliesslich gegen die Höhe der Schätzung. Dies gilt insbesondere auch für den Einwand, der Land- und Bauwert und der Ertragswert seien zu niedrig geschätzt worden, weil X. wahrscheinlich "als älterer Architekt, der sich mehr mit seinem Amte als mit der praktischen Durch- und Ausführung von Bauprojekten abgibt", die heutigen Verkehrswerte nicht kenne und weil die Treuhandstelle des Wirtevereins "im wesentlichen die Interessen des Wirtestandes an billigen Objekten der Hotel- und Restaurationsbranche zu vertreten" habe und daher verständlicherweise den Ertragswert in der Regel "eher zu tief als zu hoch" einschätze. Der vorliegende Rekurs ist also nichts anderes als der unzulässige Versuch, einen Streit über die Höhe der Schätzung vor das Bundesgericht zu bringen.