25. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 12. November 1986 i.S. B. und D. (Rekurs)
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Regeste
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Steigerungsanzeige; Verwertung eines Miteigentumsanteils (Art. 138 f. SchKG, Art. 73 ff. VZG).
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Sachverhalt
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BGE 112 III 102 (103):
A.- T. ist Eigentümer der im Grundbuch der Gemeinde M. eingetragenen Parzelle 3556. Diese ist mit einem am 9. November 1976 errichteten Inhaberschuldbrief im zweiten Rang belastet.
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Am 10. September 1986 hat das Betreibungsamt A., veranlasst durch die Betreibung auf Grundpfandverwertung der Grundpfandgläubiger B. und D., dem Schuldner T. die Steigerungsanzeige zugestellt. Darin wird der Steigerungstermin auf den 15. Dezember 1986 angesetzt und die erste Publikation für den 23. Oktober 1986, die zweite Publikation für den 30. Oktober 1986 vorgesehen.
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Der Grundpfandschuldner T. hat am 19. September 1986 bei der kantonalen Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde erhoben und verlangt, dass die Termine für die Grundstücksteigerung und für die entsprechenden Publikationen neu angesetzt werden sollen, und zwar erst nach Erledigung der vor Bezirksgericht hängigen Grundbuchberichtigungsklage. Diese hat folgenden Hintergrund:
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Am 19. September 1977/26. Oktober 1977 schlossen die Eigentümer der im Grundbuch der Gemeinde M. eingetragenen Grundstücke 3551, 3556, 3865 und 4027 eine Vereinbarung, durch welche die sie verbindenden Korporationsweganteile umgelegt wurden. Die zum Teil schon bestehenden Anteile der Parzellen 3551, 3556 und 3865 an der Korporationsparzelle 3866 wurden neu festgelegt, von der bisherigen Parzelle 3866 wurde ein Anteil mit der Parzelle 3865 vereinigt, und ein weiterer Anteil der Parzelle 3866 wurde der neuen Korporationsparzelle 4027 zugewiesen. Miteigentümer der neuen Korporationsparzelle 4027 sollten die jeweiligen Eigentümer der Parzellen 3551, 3556 und 3865 sein. Der Inhalt dieses Mutationsplanes Nr. 4646 wurde am 21. August 1978 durch das Grundbuchamt eingetragen.
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Auf der Parzelle 4027, an der T. - früher Alleineigentümer - jetzt über die Parzelle 3556 Miteigentümer ist, wurden in der BGE 112 III 102 (104):
Folge Bauten errichtet. Es lasten auf ihr ein Inhaberschuldbrief im ersten Rang und ein solcher im zweiten Rang, beide vom 18. Juni 1976; T. ist Solidarschuldner dieser Inhaberschuldbriefe. Sodann sind Bauhandwerkerpfandrechte auf der Parzelle 4027 vorgemerkt.
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B.- In seiner Beschwerde an die kantonale Aufsichtsbehörde hat T. geltend gemacht, die Mutation Nr. 4646 sei ohne öffentliche Beurkundung und ohne Pfandbereinigung durchgeführt worden und stelle in grundbuchlicher Hinsicht ein Unding dar. Er habe sie deshalb beim Bezirksgericht zwecks Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes angefochten. Im Rahmen der hängigen Betreibung müsste der zur Parzelle 3556 gehörende grosse Miteigentumsanteil an der Parzelle 4027 - d.h. praktisch die ganze Parzelle mit fünf Einfamilienhäusern - versteigert werden. Das brächte ihm erhebliche Nachteile, weil die ungekündigten Grundpfanddarlehen auf der Parzelle 4027 gekündigt würden; die Steigerung und deren Publikation sollten daher verschoben werden, bis das Bezirksgericht über die Grundbuchberichtigungsklage entschieden habe.
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Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 10. Oktober 1986 erkannt:
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"Die Beschwerde wird gutgeheissen, und die Steigerungsanzeige vom 10. September 1986 in bezug auf Parz. 3556 Grundbuch M. gemäss Grundbuchauszug in Betreibung Nr. ... des Betreibungsamtes A. wird aufgehoben.
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Das Betreibungsamt wird angewiesen, die Versteigerung nach rechtskräftiger Erledigung des Grundbuchberichtigungsprozesses A 84/995 I (Bezirksgericht A.) unter Berücksichtigung des Prozessergebnisses neu anzusetzen, sofern die Betreibung inzwischen nicht auf andere Weise erledigt wird."
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C.- Die Grundpfandgläubiger B. und D. haben bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts rechtzeitig Rekurs gegen den Entscheid vom 10. Oktober 1986 der kantonalen Aufsichtsbehörde erhoben. Sie beantragen:
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"Es sei der angefochtene Entscheid ersatzlos aufzuheben, eventuell sei der angefochtene Entscheid dahingehend abzuändern, dass das Betreibungsamt A. angewiesen wird, die Versteigerung nach erstinstanzlicher Erledigung des Grundbuchberichtigungsprozesses A 84/995 I (Bezirksgericht A.) unter Berücksichtigung des Prozessergebnisses neu anzusetzen,
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subeventuell sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Beurteilung der SchKG-Beschwerde nach Vorliegen des genannten erstinstanzlichen Grundbuchberichtigungsurteiles."
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BGE 112 III 102 (105): Erwägungen:
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Ist Miteigentum der beschriebenen Rechtsnatur in das Grundbuch eingetragen, so steht es weder dem Betreibungsbeamten noch den Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen zu, über dessen Gültigkeit zu befinden. Sie haben sich auf die Feststellung zu beschränken, dass über das Grundpfandobjekt nicht verfügt werden kann, ohne dass auch über den mit ihm verbundenen Miteigentumsanteil verfügt wird - und umgekehrt.
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Bei der Verwertung der Miteigentumsanteile, die mit der Parzelle 3556 verknüpft sind, ist nach den Bestimmungen der Art. 73 ff. VZG vorzugehen. Da - wie sich aus dem Grundbuchauszug ergibt - auf der Parzelle 4027 nicht nur zwei Inhaberschuldbriefe lasten, sondern diesbezüglich ausserdem Bauhandwerkerpfandrechte vorgemerkt sind, kann der Zeitpunkt der Steigerung für die Parzelle 3556 noch nicht festgesetzt werden. Vielmehr ist vorerst die Aufforderung zur Anmeldung der auf der Parzelle 4027 lastenden Pfandrechte zu erlassen und die Lastenbereinigung durchzuführen (Art. 73a Abs. 3 VZG). Ist nach dem Ergebnis des BGE 112 III 102 (106):
Lastenbereinigungsverfahrens die Parzelle 4027 pfandbelastet, so hat die Steigerung während der Dauer der nun zu führenden Einigungsverhandlungen zu unterbleiben (Art. 73e VZG).
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Unrichtig vorgegangen ist daher das Betreibungsamt insofern, als es im Rahmen der Betreibung Nr. 73'395 bereits den Steigerungstermin auf den 15. Dezember 1986 festgesetzt hat. Es hätte dem Verwertungsbegehren der Grundpfandgläubiger höchstens durch Einleitung des Lastenbereinigungsverfahrens für die Grundstücke 3556 und 4027 Folge leisten dürfen.
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b) Das Vorgehen des Betreibungsamtes nach Art. 73 ff. VZG beansprucht in der Tat Zeit, was den Grundpfandgläubigern missfällt, aber unvermeidlich ist. Ebenso gewiss ist anderseits aber auch, dass dieses zeitraubende Verfahren hinfällig würde, wenn der Grundbuchberichtigungsklage des Grundpfandschuldners stattgegeben werden sollte; denn damit würde die am 21. August 1978 in das Grundbuch eingetragene Mutation Nr. 4646 rückgängig gemacht und die Parzelle 4027 nicht mehr ein mit dem Grundpfandobjekt verbundener Miteigentumsanteil sein. Der Streit dreht sich letztlich denn auch um den Umfang des Grundpfandobjektes und ist nicht ein Lastenbereinigungsprozess.
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Die (analoge) Anwendung von Art. 41 VZG durch die kantonale Aufsichtsbehörde rechtfertigt sich nichtsdestoweniger, wenn man annimmt, dass die hängige Grundbuchberichtigungsklage gutgeheissen werde. Diesfalls würde sich die - grundsätzlich ohne weitere Verzögerung vorzunehmende - Verwertung auf das Grundstück 3556 in dem Umfang beschränken, wie er vor der Eintragung der Mutation Nr. 4646 im Grundbuch bestand. Die Parzelle 4027 würde von der Verwertung in der Betreibung Nr. 73'395 nicht erfasst.
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Sollte demgegenüber der Grundpfandschuldner mit seiner Grundbuchberichtigungsklage nicht durchdringen, so müsste das BGE 112 III 102 (107):
Betreibungsamt - wie oben E. 2 dargelegt - bezüglich der Grundstücke 3556 und 4027 das Lastenbereinigungsverfahren durchführen und Einigungsverhandlungen einleiten. Der Ablauf der Betreibung würde sich somit insgesamt um die Zeit verzögern, die bis zur rechtskräftigen Abweisung der Grundbuchberichtigungsklage verstreicht, und hernach um die für das Vorgehen nach Art. 73 ff. VZG benötigte Zeit.
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Wie immer der Grundbuchberichtigungsprozess ausgehen mag, bildet der Miteigentumsanteil an der Parzelle 3866, die (allerdings mit einem grösseren Flächenanteil) schon vor der Mutation Nr. 4646 mit dem Grundpfandobjekt subjektiv-dinglich verknüpft war, Verwertungsgegenstand in dieser Betreibung. Hinsichtlich der Parzelle 3866 sind jedoch keine weiteren Komplikationen zu erwarten, da sie - soweit ersichtlich - nicht grundpfandbelastet ist. Bei der Publikation ist bezüglich dieser Parzelle immerhin Art. 73a Abs. 1 VZG zu beachten.
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c) Die kantonale Aufsichtsbehörde hat jedenfalls zu Recht das Betreibungsamt angewiesen, die Versteigerung nach rechtskräftiger Erledigung des Grundbuchberichtigungsprozesses unter Berücksichtigung des Prozessergebnisses neu anzusetzen. Es liegt hier der eher ungewöhnliche Fall vor, dass der Umfang des zu verwertenden Grundpfandobjektes nicht bestimmt ist. Nun muss aber - bei der Betreibung auf Grundpfandverwertung nicht anders als bei der Betreibung auf Pfändung - der Pfandgegenstand genau bezeichnet sein, so dass ohne nachträgliche Präzisierung zur Verwertung geschritten werden kann (BGE 106 III 102 E. 1; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 3. Auflage 1983, § 22 N. 42).
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Es steht im vorliegenden Fall nicht fest, ob das Grundpfandobjekt nur die Parzelle 3556 zusammen mit dem schon früher im Grundbuch eingetragenen Korporationsweganteil am Grundstück 3866 umfasst oder ob zusätzlich der Miteigentumsanteil an der Parzelle 4027, der durch die am 21. August 1978 in das Grundbuch eingetragene Mutation zur Parzelle 3556 gestossen ist, in die Grundpfandverwertung einbezogen werden muss. Die Antwort auf diese Frage hängt vom Ausgang des hängigen Grundbuchberichtigungsprozesses ab. Würde das Betreibungsamt vor der Erledigung dieses Prozesses zur Verwertung schreiten, müsste es aufgrund der Eigentumsverhältnisse, wie sie derzeit im Grundbuch eingetragen sind, das Verfahren gemäss Art. 73 ff. VZG durchführen. Das würde sich als ein völlig nutzloses Unterfangen erweisen, BGE 112 III 102 (108):
wenn die Grundbuchberichtigungsklage gutgeheissen und damit der Zustand vor der Mutation vom 21. August 1978 wiederhergestellt würde. Jener Zustand entspricht im übrigen den Eigentumsverhältnissen, wie sie zur Zeit der Errichtung des Inhaberschuldbriefes, welcher der vorliegend betriebenen Forderung zugrunde liegt, bestanden.
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Das Hauptargument der Rekurrenten läuft auf den gegenüber dem Schuldner erhobenen Vorwurf hinaus, er versuche durch Prozessieren Zeit zu gewinnen. In diesem Zusammenhang wird auf den Aberkennungsprozess verwiesen, in welchem der Schuldner unterlegen ist. So verständlich die Ungeduld der Rekurrenten sein mag, liefert die Tatsache allein, dass der Schuldner durch Einlegung von Rechtsmitteln den normalen Fortgang der Betreibung zu hindern vermag, doch keine rechtliche Begründung. Mit Beschwerde und Rekurs an die Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen lassen sich nur Verfahrensfehler der Betreibungs- und Konkursämter rügen (vgl. AMONN, a.a.O., § 6 N. 8 ff.), nicht aber Verzögerungstaktiken eines Schuldners. Eine Pflicht der Aufsichtsbehörden zur Abwägung von Gläubiger- und Schuldnerinteressen kann nicht in der Weise in die Art. 17 ff. SchKG hineininterpretiert werden, wie es die Rekurrenten tun.
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BGE 112 III 102 (109):
Aus dem gleichen Grund kann auch dem Subeventualantrag der Rekurrenten nicht stattgegeben werden, die kantonale Aufsichtsbehörde habe nach Vorliegen des erstinstanzlichen Urteils über die Grundbuchberichtigungsklage neu zu entscheiden.
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