BGE 132 III 489 |
57. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. X. gegen Y. (Berufung) |
5C.240/2005 vom 31. März 2006 |
Regeste |
Art. 285 ff. SchKG; Schenkungsanfechtung, Rückgabe einer anfechtbar erworbenen Sache, Wertersatz. |
Rückerstattung bzw. Wertersatz bei anfechtbar erworbenen Stammanteilen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die sich in Liquidation befindet (E. 3). |
Sachverhalt |
V. war alleiniger Aktionär der K. Aktiengesellschaft und alleiniger Gesellschafter der L. GmbH. Am 11. Dezember 1998 verkaufte die K. Aktiengesellschaft der L. GmbH eine Liegenschaft in P. für Fr. 4,8 Mio. Gleichentags schloss die L. GmbH mit der M. AG einen Kaufrechtsvertrag über dieses Grundstück ab. Die M. AG, welche bereits Mieterin der Liegenschaft war, erwarb dadurch im Wesentlichen das Recht, das Grundstück zum Preis von Fr. 6,5 Mio. zu erwerben. Am 7. Juni 1999 trat V. sämtliche Stammanteile der L. GmbH für Fr. 25'000.- seinem Sohn, X., ab. Im Jahr 2001 übte die M. AG ihr Kaufrecht aus.
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B. Am 28. Februar 2000 erhob Y. gegen X. paulianische Anfechtungsklage. Sie verlangte im Wesentlichen, der Verkauf der Stammanteile der L. GmbH sei anfechtbar zu erklären und X. zu verpflichten, die Zwangsverwertung der Stammanteile zu dulden. Eventualiter sei X. zu verurteilen, für die Stammanteile Wertersatz zu leisten. Mit Entscheid vom 26. August 2004 verpflichtete das Kreisgericht St. Gallen X., an Y. Fr. 16'467.- nebst Zins zu bezahlen. Eine dagegen von X. erhobene Berufung wies das Kantonsgericht St. Gallen am 18. August 2005 ab.
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C. X. führt eidgenössische Berufung an das Bundesgericht. Er verlangt die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Entscheids vom 18. August 2005 sowie die Abweisung der Klage.
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Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: |
2.4 Strittig ist einzig die Bewertung der (nichtbetriebsnotwendigen) Liegenschaft, welche offenbar das Hauptaktivum der L. GmbH gebildet hat. Im Gegensatz zur Behauptung des Beklagten hat die Vorinstanz bei ihrer Bewertung durchaus auf den Verkehrswert abgestellt. Das Kantonsgericht ist nur insoweit vom Gutachten, welches einen Verkehrswert von ca. Fr. 4,9 Mio. errechnet hat, abgewichen, als es für die Wertbestimmung auch das auf der Liegenschaft lastende Kaufrecht in seine Berechnung miteinbezogen hat. Es hat erwogen, das (limitierte) Kaufrecht über Fr. 6,5 Mio. sei ein gewichtiges Element für die Wertbestimmung der Liegenschaft, da es bereits im Zeitpunkt des angefochtenen Rechtsgeschäftes (Übertragung Stammanteile) sehr wahrscheinlich gewesen sei, dass die M. AG dieses ausüben werde. |
Es ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass sich die Gutachter aus dem Grund entschlossen haben, das Kaufrecht in ihre Überlegungen nicht einzubeziehen, weil sie nicht abschliessend beurteilen konnten, ob der Verkauf bereits mit Erstellung des Mietvertrages beabsichtigt worden war. Wenn es dagegen dem Kantonsgericht nach dem Beweisverfahren möglich gewesen ist, die Wahrscheinlichkeit einer Kaufrechtsausübung im hier relevanten Zeitpunkt der Übertragung der Stammanteile abzuschätzen, stellt dies einen triftigen Grund dar, vom Gutachten abzuweichen.
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2.7 Damit ist die Verkehrswertschätzung des Kantonsgerichts bezüglich der Liegenschaft nicht zu beanstanden. Im Übrigen ist die Bewertung des Unternehmenswertes der L. GmbH nicht strittig, so dass auf den vom Kantonsgericht festgestellten Nettounternehmenswert von Fr. 850'047.- im Zeitpunkt des angefochtenen Rechtsgeschäftes abzustellen ist. In Anbetracht des geleisteten Kaufpreises von Fr. 25'000.- stellt die Übertragung der Stammanteile eine gemischte Schenkung dar und ist gemäss Art. 286 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG anfechtbar. |
Ein solcher Tatbestand liegt indes hier nicht vor. Die Anfechtungsklage richtet sich von vornherein gegen den Beklagten, und die Gesellschaft ist nur insoweit darin involviert, als ihre Stammanteile anfechtbar erworben wurden. Namentlich hat vorliegend der Beklagte die Selbstständigkeit der Gesellschaft nicht vorgeschoben, um sich persönlichen Verpflichtungen zu entziehen (vgl. Beispiele bei ARTHUR MEIER-HAYOZ/PETER FORSTMOSER, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 9. Aufl. 2004, § 2 N. 37; THEO GUHL/JEAN NICOLAS DRUEY, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl. 2000, S. 706).
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3.3 Die Anfechtungsklage bezweckt die Wiederherstellung des schuldnerischen Vermögens, wie es ohne die anfechtbare Handlung vorhanden wäre. Die Rückgabe einer anfechtbar erworbenen Sache hat in erster Linie in natura zu erfolgen (Art. 291 Abs. 1 erster Satz SchKG). Nur wenn eine Rückgabe der Sache nicht mehr möglich ist, besteht die (subsidiäre) Pflicht zur Erstattung ihres Wertes (BGE 98 III 44 E. 3 S. 45). |
Im vorliegenden Fall bewirkt die Anfechtbarkeit der Übertragung der Stammanteile grundsätzlich, dass der Beklagte dulden muss, dass diese zu Gunsten der Klägerin verwertet werden, bis ihre Forderung gedeckt ist. Nun hat das Kantonsgericht die Pflicht zur Erstattung des Sachwertes bejaht, ohne abschliessend festzustellen, ob die Rückgabe in natura noch möglich ist. Allein der Umstand, dass die Stammanteile "offenbar wertentleert" sind, wie das Kantonsgericht festgehalten hat, bedeutet indes nicht, dass deren Rückerstattung grundsätzlich nicht mehr möglich ist.
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Die L. GmbH befindet sich in Liquidation. Aus dem kantonsgerichtlichen Urteil ergibt sich nicht schlüssig, ob die Liquidation bereits abgeschlossen ist, wie das Kreisgericht angenommen hat, oder noch im Gange ist, wie der Beklagte behauptet. Indes ist diese Frage von entscheidender Bedeutung um festzustellen, ob eine Rückgabe in natura noch möglich ist, oder Wertersatz geschuldet ist, wie nachfolgend aufzuzeigen ist (vgl. E. 3.3.1 und 3.3.2). Die Sache ist damit zur Ergänzung des Sachverhaltes in diesem Punkt an das Kantonsgericht zurückzuweisen (Art. 64 Abs. 1 OG).
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Die Höhe des Wertersatzes einer nicht mehr vorhandenen Sache bestimmt sich grundsätzlich nach dem Wert im Zeitpunkt der (Weiter-)Veräusserung bzw. des Unterganges (THOMAS BAUER, in: Staehelin/ Bauer/Staehelin, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 20 zu Art. 291 SchKG; JAEGER/WALDER/KULL/ KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, N. 9 zu Art. 291 SchKG). Im vorliegenden Fall ist damit der Wert der Stammanteile zur Zeit der Liquidation massgebend. Es kann davon ausgegangen werden, dass dieser Wert dem Liquidationserlös entspricht.
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Dabei ist indes nicht der vom Kantonsgericht bemühte Durchgriff von Bedeutung (vgl. E. 3.2). Vielmehr ist zu beachten, dass die Anfechtungsklage die Wiederherstellung des schuldnerischen Vermögens bezweckt, wie es ohne die anfechtbare Handlung vorhanden wäre (BGE 98 III 44 E. 3 S. 46). Der Anfechtungsbeklagte trägt grundsätzlich nicht die Gefahr einer unverschuldeten Wertverminderung. Er hat für Wertverminderungen, welche auf Zufall beruhen oder auch beim Schuldner eingetreten wären, nicht einzustehen (BGE 50 III 141 E. 6 S. 152; 65 III 142 E. 6 S. 149).
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Im vorliegenden Fall gehen die Parteien wie auch die Vorinstanz davon aus, dass eine Wertverminderung eingetreten ist. Worauf diese zurückzuführen ist, ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil nicht. Namentlich ist fraglich, ob als Ursache, welche der Beklagte zu vertreten hätte, der Verkauf der Liegenschaft angesehen werden kann, da der Verkauf durch Ausübung eines Kaufrechts erfolgte, das bereits vor dem angefochtenen Rechtsgeschäft begründet wurde und wohl auch ausgeübt worden wäre, wenn der Schuldner die Anteile nicht auf den Beklagten übertragen hätte. Da die Sache ohnehin an die Vorinstanz zurückgewiesen werden muss, kann diese Frage hier offen bleiben, da das Kantonsgericht auch in diesem Punkt neu zu entscheiden hat. |
Nur nebenbei sei angemerkt, dass der Grundsatz, dass durch die Anfechtungsklage das Vermögen des Schuldners so zu stellen ist, als wäre das angefochtene Rechtsgeschäft nie erfolgt, auch dazu führt, dass der Anfechtungsbeklagte Früchte und Erträgnisse herauszugeben hat, und das unabhängig von einem allfälligen guten Glauben (BGE 98 III 44 E. 3 S. 47; THOMAS BAUER, a.a.O., N. 22 zu Art. 291 SchKG). Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass der Beklagte allfällig bezogene Dividenden u.Ä. an die Klägerin herauszugeben hätte.
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Das Kantonsgericht hat die Gutgläubigkeit des Beklagten verneint. Es hat im Wesentlichen erwogen, der Beklagte habe als Sohn des Schuldners schon beim Erwerb der Stammanteile um dessen wirtschaftliche Probleme wissen müssen. Auch müsse er gewusst haben, dass sein Vater in Scheidung lebe und die Beklagte Unterhaltsbeiträge fordere.
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Der Beklagte bringt dagegen vor, er sei sich bei Übergabe der Stammanteile nicht bewusst gewesen, dass der innere Wert der Anteile höher als der bezahlte Kaufpreis gewesen sei. Im Übrigen habe er die Gesellschaft nur übernommen, um seinem Vater zu helfen und einen drohenden Konkurs abzuwenden. Damit erschöpfen sich die Vorbringen des Beklagten in Kritik an den tatbeständlichen Feststellungen der Vorinstanz. Darauf kann nicht eingetreten werden (Art. 63 Abs. 2 OG).
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