BGE 140 III 297
 
45. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. UBS AG gegen Keytrade Bank SA (Beschwerde in Zivilsachen)
 
4A_38/2014 vom 27. Juni 2014
 
Art. 2 lit. a MSchG; Gemeingut, beschreibende Angaben.
 
Art. 26 BV; Art. 2 und 52 MSchG; Eigentumsgarantie, Nichtigerklärung der Markeneintragung.
 
Art. 2 und 3 Abs. 1 lit. d UWG; wettbewerbsrechtlicher Kennzeichenschutz.
 
Sachverhalt


BGE 140 III 297 (298):

A.
A.a Die Geschäftstätigkeit der UBS AG (Klägerin; Beschwerdeführerin) mit Sitz in Basel und Zürich umfasst vor allem Bank-, Finanz-, Beratungs-, Dienstleistungs- und Handelsgeschäfte.
Die Keytrade Bank SA (Beklagte; Beschwerdegegnerin) hat ihren Sitz in Watermael-Boitsfort, Belgien, und betreibt ebenfalls eine Bank. Sie hat in Genf eine Zweigniederlassung.
A.b Die Wortmarke "KEYTRADER" ist seit dem 26. Februar 1998 zugunsten der Klägerin (bzw. zugunsten einer ihrer Rechtsvorgängerinnen, von welcher sie auf die Klägerin übertragen wurde) unter der Nummer P-449536 für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 36, 38 und 42 im schweizerischen Markenregister eingetragen:


    BGE 140 III 297 (299):

    "Klasse 9: Elektrische und elektronische (soweit in der Klasse 9 enthalten) Apparate und Instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten, Ton und Bild; elektronische, optische und magnetische Aufzeichnungsträger; Datenverarbeitungsgeräte, Computer Hard- und Software sowie Peripheriegeräte und -instrumente; Bestandteile, Ersatzteile und Zubehör wie Kabel und Verbindungsteile für alle vorgenannten Waren;
    Klasse 36: Dienstleistungen im Versicherungs- und Finanzwesen, insbesondere Dienstleistungen einschliesslich elektronischer Dienstleistungen von Bankinstituten und damit zusammenhängenden Institutionen einschliesslich Wechselstuben, Kreditinstituten, Investment-, Treuhand- und Immobiliengesellschaften, im Zusammenhang mit Versicherungs-, Finanz-, Wertpapier-, Geld- und Edelmetallangelegenheiten und Vermögensverwaltung, einschliesslich Maklerdienste bzw. Auftragsvermittlung im Zusammenhang mit den obgenannten Angelegenheiten;
    Klasse 38: Telekommunikation, einschliesslich Datenfernübertragung und Dienstleistungen betreffend die Übermittlung bzw. den Zugriff zu Informationen im Zusammenhang mit Finanz-, Wertpapier-, Geld- und Edelmetallangelegenheiten und Vermögensverwaltung; Informationsdienstleistungen mit Hilfe von Telekommunikationsmitteln, Abwicklung der Kundenbeziehungen mit Hilfe von Telekommunikationsmitteln, einschliesslich Telefondienste und Bildschirmtextdienste;
    Klasse 42: Vermietung der Zugriffszeit zu Datenbanken, insbesondere im Zusammenhang mit Finanz-, Wertpapier-, Geld- und Edelmetallangelegenheiten und Vermögensverwaltung."
Verwendet wird die Marke "KEYTRADER" zur Bezeichnung des Angebots der Klägerin, welches Banken, Effektenhändlern und anderen Adressaten den Handel über das Internet erlaubt.
Gegenstand der Geschäftstätigkeit der Beklagten ist vorwiegend der Betrieb einer elektronischen Handelsplattform. Sie verwendete das Zeichen "Keytrade Bank" in verschiedenen Ausgestaltungen und Varianten im Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit ihrer Genfer Zweigniederlassung.
B.
B.a Am 20. April 2010 reichte die Klägerin beim Handelsgericht des Kantons Aargau Klage ein. Die Beklagte erhob Widerklage, mit der sie die Nichtigerklärung der klägerischen Marke "KEYTRADER" (CH P-449536) für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen beantragte.
Die Klägerin stellte - gestützt auf das Markenrecht und das UWG - insbesondere die folgenden (im Verfahrensverlauf angepassten) Rechtsbegehren:


    BGE 140 III 297 (300):

    "1. Der Beklagten sei unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung gemäss Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung zu verbieten, in der Schweiz unter Verwendung des Zeichens "Keytrade"
    (i) in Alleinstellung (also ohne Zusätze),
    (ii) in kombinierten Versionen mit den Zusätzen "Bank", und/oder "Pro", "ID" bzw. "Mobilesite"
    oder
    (iii) als Teil der kombinierten Wort-/Bildmarken
    bzw.
    oder
    Finanzdienstleistungen anzubieten und zu bewerben, insbesondere Investment-Dienstleistungen über eine internetgestützte elektronische Handelsplattform.
    2. Der Beklagten sei unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung gemäss Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung zu verbieten, in der Schweiz die in Rechtsbegehren 1 (i) und (ii) erwähnten Zeichen als Teil eines Internet Domainnamens zu verwenden, welcher Zugang auf eine Webseite ermöglicht, auf der Finanzdienstleistungen für ein Zielpublikum in der Schweiz angeboten werden, insbesondere der Online-Handel mit Finanzprodukten.
    3. Der Beklagten sei unter Androhung der Bestrafung ihrer Organe mit Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung gemäss Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung zu verbieten, in der Schweiz die in Rechtsbegehren 1 (i) und (ii) erwähnten Zeichen als Teil eines Firmennamens einzutragen und/oder im Geschäftsverkehr zu verwenden, insbesondere auch als Teil des Namens einer Zweigniederlassung."
Mit Urteil vom 27. November 2013 schrieb das Handelsgericht des Kantons Aargau das Verfahren als teilweise gegenstandslos ab (Dispositivziff. 1). Die Widerklage der Beklagten hiess es gut und erklärte die Marke "KEYTRADER" der Klägerin für nichtig (Dispositivziff. 2.1); soweit nicht als gegenstandslos abgeschrieben, wies es die Klage ab (Dispositivziff. 2.2).
C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Klägerin dem Bundesgericht in erster Linie, es sei das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Aargau vom 27. November 2013 aufzuheben, die Klage sei gutzuheissen und die Widerklage sei abzuweisen, soweit diese

BGE 140 III 297 (301):

nicht "Versicherungsdienstleistungen" in Klasse 36 bzw. "elektrische und elektronische Apparate und Instrumente, Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Daten, Ton und Bild, Datenverarbeitungsgeräte, Computer Hardware, Peripheriegeräte und -instrumente und für Bestandteile, Ersatzteile und Zubehör wie Kabel und Verbindungsteile" in Klasse 9 betreffe.
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde hebt das Bundesgericht Dispositivziff. 1 und 2.2 des angefochtenen Urteils auf und weist die Sache zu neuer Beurteilung der Unterlassungsbegehren (Ziff. 1-3) nach UWG an das Handelsgericht des Kantons Aargau zurück. Im Übrigen - insbesondere hinsichtlich der erfolgten Nichtigerklärung der Marke "KEYTRADER" - weist es die Beschwerde ab.
(Zusammenfassung)
 
Aus den Erwägungen:
(...)
3.5 Die vorinstanzliche Beurteilung ist im Lichte der nach Art. 2 lit. a MSchG (SR 232.11) massgebenden Grundsätze zu prüfen. Wegen der unterschiedlichen Rechtslage bezüglich der Eintragungsfähigkeit im Firmen- und im Markenrecht kann aus dem Umstand, dass die Firma "Keytrade AG" firmenrechtlich eintragungsfähig ist und Schutz geniesst, da sie trotz Verwendung der Sachbezeichnung "trade" als Hinweis auf den Unternehmensträger verstanden wird (Urteil 4A_45/2012 vom 12. Juli 2012), nicht geschlossen werden, dass "Keytrade", geschweige denn "KEYTRADER" auch hinsichtlich der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen unterscheidungskräftig ist und markenrechtlichen Schutz beanspruchen kann. Mit der Firma wird der Unternehmensträger als Rechtssubjekt bezeichnet, nicht aber die vom fraglichen Unternehmen angebotenen Waren oder Dienstleistungen (THOUVENIN/NOTH, in: Markenschutzgesetz [MSchG], Michael Noth und andere [Hrsg.], 2009,

BGE 140 III 297 (302):

N. 97 der Einleitung). Ausserdem darf die Firma nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung, neben dem vom Gesetz vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt, Angaben enthalten, die auf die Natur des Unternehmens hinweisen (Art. 944 Abs. 1 OR). Aufgrund des je unterschiedlichen Gegenstands (Unternehmensträger einerseits, bestimmte Waren oder Dienstleistungen andererseits), auf den sich die Beurteilung des beschreibenden Charakters im Firmenrecht und im Markenrecht bezieht, lassen sich die Erkenntnisse einer firmenrechtlichen Entscheidung nicht ohne Weiteres auf das Markenrecht übertragen. Ob einem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft zukommt, lässt sich nicht abstrakt beurteilen, sondern ausschliesslich im Hinblick auf die beanspruchten Produkte, entsprechend dem Verständnis der massgebenden Verkehrskreise (EUGEN MARBACH, Markenrecht, SIWR Bd. III/1, 2. Aufl. 2009, S. 81 Rz. 265).
Da somit nicht ohne Weiteres von jenem firmenrechtlichen auf den vorliegenden markenrechtlichen Fall geschlossen werden kann, stellt es entgegen der Rüge der Beschwerdeführerin keine Verletzung der aus dem Gehörsanspruch fliessenden Begründungspflicht dar, wenn sich die Vorinstanz nicht im Einzelnen mit den bundesgerichtlichen Erwägungen im Verfahren 4A_45/2012 auseinandergesetzt hat.
Es steht jedoch nichts entgegen, den zur Firma "Keytrade AG" ergangenen Entscheid (Urteil 4A_45/2012 vom 12. Juli 2012) im Hinblick auf den massgebenden Sinngehalt von "KEYTRADER" aus Kohärenzgründen mitzuberücksichtigen.
3.5.1 Der Bestandteil "Trader" ist für die beanspruchten finanzbezogenen Dienstleistungen der Klassen 36, 38 und 42 beschreibend, indem - was die Vorinstanz zutreffend angenommen hat - "Trader" vom allgemeinen Publikum ohne besonderen Fantasieaufwand als "Händler" bzw. in Bezug auf Finanzdienstleistungen als "Börsen- oder Wertpapierhändler" aufgefasst wird, und damit den Anbieter bzw. die angesprochenen Benützer der gekennzeichneten Produkte beschreibt. Entsprechend wurde im Verfahren 4A_45/2012 der beschreibende Gehalt von "Trade" als Sachbezeichnung bejaht, die als Hinweis auf den Tätigkeitsbereich einer Handelsfirma verstanden werden kann. Umso mehr muss das für "Trader" gelten, da dieser Begriff im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen spezifisch einen "Börsen- oder Wertpapierhändler" bezeichnet und damit den Erbringer der Dienstleistung oder deren Empfänger direkt und konkret beschreibt.


BGE 140 III 297 (303):

Hinsichtlich der in der Klasse 9 beanspruchten Software und Daten- bzw. Aufzeichnungsträger ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Abnehmer den Begriff "Trader" mit dem Sinngehalt "Börsen- oder Wertpapierhändler" auf den vermittelbaren Inhalt dieser Waren beziehen. Sie verstehen den Begriff "Trader" als Hinweis auf den Zweck der damit bezeichneten Ware, nämlich den Börsen- oder Wertpapierhandel zu ermöglichen. Gleichzeitig wird damit unmittelbar der Benützer bzw. Abnehmer der Waren beschrieben, weshalb die Vorinstanz dem Begriff zu Recht auch für diese Waren der Klasse 9 die Unterscheidungskraft abgesprochen hat.
Sie unterstellt damit, dass dem durchschnittlichen Schweizer Publikum die Bedeutung von "key" als "haupt-" oder "wichtig" bekannt sei, was die Beschwerdeführerin als in Widerspruch zum Ergebnis der demoskopischen Umfrage stehend und damit als offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung rügt. Diese Rüge ist unbegründet. Denn aus dem Umstand, dass nur 2 % der Befragten auch die Bedeutung "haupt-" oder "wichtig" nannten, als sie gefragt wurden, welche Bedeutung dem Wort "key" zukomme, muss nicht folgen, dass die Mehrheit nicht doch an diese Bedeutung denken würde, wenn sie nach der Bedeutung von "key" in Kombination mit einem nachfolgenden Substantiv gefragt würde. Nur bei einer solchen Wortkombination liegt es nahe, an jene Konnotation zu denken, während bei der Frage nach der Bedeutung von "key" in Alleinstellung diese Attributs-Bedeutung mangels dazugehörenden Substantivs kaum in Betracht fällt. Der Vorinstanz kann daher keine offensichtlich unrichtige Feststellung vorgeworfen werden.
3.5.3 Die Beschwerdeführerin betont sodann, dass "KEYTRADER" kein englisches Wort sei und dementsprechend in keinem englischen

BGE 140 III 297 (304):

Lexikon vorkomme. Sie wirft der Vorinstanz eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung und eine Gehörsverletzung vor, indem sie ohne Anhörung der Parteien im Internet nachforschte, ob der Begriff "KEYTRADER" vorkomme. Dabei war die Vorinstanz in drei amerikanischen Online-Medien fündig geworden, allerdings in der Schreibweise "key trader" oder "key-trader". Allein mit diesen drei Fundergebnissen belegt sie ihre Feststellung, die Verwendung von "Key Trader" zur Bezeichnung eines besonders wichtigen Händlers sei im englischen Sprachgebrauch durchaus üblich. Das genügt nicht und kann nicht ausschlaggebend sein, da - wie die Beschwerdeführerin zu Recht moniert - die Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien geboten hätte, dass ihnen Gelegenheit eingeräumt worden wäre, sich zu diesem, die Feststellung der Vorinstanz allein stützenden und deshalb entscheidwesentlichen Beweismaterial zu äussern. Die kritisierte Feststellung der Vorinstanz entbehrt daher der Grundlage. Darauf kann nicht abgestellt werden. Wie im Verfahren 4A_45/2012 für das Wort "Keytrade" muss vielmehr auch hier davon ausgegangen werden, dass nicht nachgewiesen ist, dass das zu einem Wort verknüpfte "KEYTRADER" im Englischen besteht.
Weiter ist anerkannt, dass im Englischen das Wort "key" in Kombination mit einem Substantiv verschiedentlich vorkommt und (als Eigenschaftswort) dessen Wichtigkeit betont (so das Bundesgericht im Urteil 4A_45/2012 E. 3.3.1). Das Gleiche gilt im Deutschen für das Wort "Schlüssel" (z.B. Schlüsselerlebnis, Schlüsselargument, Schlüsselzeuge, Schlüsselspieler etc.). Es darf daher davon ausgegangen werden, dass eine entsprechende Verbindung von "key" mit einem geeigneten Substantiv - nicht zuletzt in Verbindung mit Personen (z.B. key customer, key account manager, key witness, key player) - vom Publikum zwanglos in diesem Sinngehalt, d.h. einer Verstärkung der Wichtigkeit dieses Substantivs, aufgefasst wird.


BGE 140 III 297 (305):

Während die Verbindung der Sachbezeichnung "Trade" (mit der allgemeinen Bedeutung "Handel") mit dem Zusatz "Key" im Zusammenhang mit einem derart bezeichneten Rechtsträger keine klar umrissene Bedeutung aufweist, die der Eintragung einer entsprechenden Firma entgegenstehen würde (vgl. Urteil 4A_45/2012 E. 3.3.1), ist der Begriff "Trader" bezogen auf die beanspruchten Finanzdienstleistungen durchaus einer Steigerung der Bedeutung zugänglich: Mit dem Zusatz "key" wird betont, dass es sich bei dem damit qualifizierten "Trader" um einen besonders wichtigen handelt, der unter den anderen hervorsticht. Werden die vorliegend massgebenden Produkte aus dem Finanzbereich damit bezeichnet, wird der anpreisende Sinngehalt des Zusatzes "key" daher von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne Weiteres verstanden (vgl. DAVID ASCHMANN, in: Markenschutzgesetz [MSchG], Michael Noth und andere [Hrsg.], 2009, N. 163 zu Art. 2 lit. a MSchG). Im Ergebnis ist daher der Vorinstanz zu folgen, dass "KEYTRADER" im Gesamteindruck beim massgebenden Publikum die Vorstellung eines besonders wichtigen Händlers bzw. Wertpapierhändlers hervorruft.
In dieser Bedeutung ist "KEYTRADER" aber für die betroffenen Waren und Dienstleistungen - wie der Begriff "Trader" - beschreibend. Die Vorinstanz verneinte mithin die originäre Unterscheidungskraft des Zeichens zu Recht.
(...)
Nach dem schweizerischen Markenrechtssystem verleiht die Registrierung der Marke keine Rechtsbeständigkeit. Die Möglichkeit der

BGE 140 III 297 (306):

Nichtigerklärung einer registrierten Marke bei gegebenen Voraussetzungen ist in Art. 52 MSchG vorgesehen und beruht auf gesetzlicher Grundlage. Die Eintragung der Marke schafft kein wohlerworbenes Recht am Ausschliesslichkeitsanspruch, sondern steht unter dem Vorbehalt anderer Beurteilung durch den Zivilrichter (MARBACH, a.a.O., S. 60 Rz. 197). Den Eintragungsentscheiden des Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) kommt für den Zivilrichter keine bindende Wirkung zu. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Schutzunfähigkeit einer registrierten Marke im Zivilprozess widerklage- oder einredeweise geltend gemacht werden. Daraus folgt als Grundsatz, dass das IGE in Zweifelsfällen eine Marke einzutragen und die endgültige Entscheidung dem Zivilrichter zu überlassen hat (BGE 135 III 359 E. 2.5.3; BGE 130 III 328 E. 3.2 S. 332; je mit Hinweisen; für die Ausnahmen von der Zweifelsfallregel: BGE 136 III 474 E. 6.5). Der Zivilrichter prüft die Schutzfähigkeit einer angegriffenen Marke frei. Dabei können sich absolute Ausschlussgründe bei veränderter Wahrnehmung eines Zeichens sogar erst nach der Eintragung verwirklichen, z.B. kann ein ursprünglich unterscheidungskräftiges Zeichen zu einem Freizeichen degenerieren (MARBACH, a.a.O., S. 60 Rz. 197). Deshalb trägt der Inhaber einer registrierten Marke stets das Risiko, dass sich sein Zeichen in einem allfälligen Nichtigkeitsprozess nicht behaupten kann. Dieses Risiko musste auch der Beschwerdeführerin bewusst sein.
Diesem Argument kann nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat den Interessen des Inhabers einer registrierten Marke, der diese lange Zeit gebraucht und damit einen wirtschaftlichen Wert aufgebaut hat, mit dem Verkehrsdurchsetzungstatbestand (Art. 2 lit. a MSchG) durchaus Rechnung getragen, indem ein originär nicht unterscheidungskräftiges Zeichen bei nachgewiesener Verkehrsdurchsetzung dennoch Schutz behält und nicht nichtig ist. Die Beschwerdeführerin vermochte aber die Verkehrsdurchsetzung ihrer Marke "KEYTRADER" nicht nachzuweisen.
5.3 Schliesslich postuliert die Beschwerdeführerin, bei der Verhältnismässigkeitsprüfung müsse beachtet werden, dass im Ausland bezüglich des nachträglichen Widerrufs von Marken positivrechtliche

BGE 140 III 297 (307):

Vorschriften zur Verbesserung der Rechtssicherheit bestünden. So könne eine Marke nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne zumindest gegenüber Angriffen gestützt auf gewisse absolute Ausschlussgründe unanfechtbar werden.
Damit kritisiert die Beschwerdeführerin das schweizerische Markenrechtssystem, wie es im MSchG und damit in einem Bundesgesetz geregelt ist. Ob diese Regelung einen unverhältnismässigen Eingriff in die Eigentumsgarantie darstellt, weil sie bei gegebenen Voraussetzungen die Nichtigerklärung einer registrierten Marke ohne zeitliche Befristung zulässt, hat das Bundesgericht nicht zu überprüfen (Art. 190 BV). Jedenfalls kann allein aus dem Bestand entsprechender ausländischer Vorschriften nicht auf eine verfassungswidrige Unverhältnismässigkeit der schweizerischen Regelung geschlossen werden, zumal das jeweilige Rechtssystem als Ganzes und nicht bloss punktuelle Vorschriften zu betrachten sind.
Die Berufung der Beschwerdeführerin auf eine Verletzung der Eigentumsgarantie geht demnach fehl.
(...)
 
Erwägung 7
7.1 Soweit die Unterlassungsklage jedoch eventualiter auf das Bundesgesetz vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241) gestützt wurde, hatte die Vorinstanz nach wie vor zu prüfen, ob die entsprechenden Unterlassungsbegehren auf dieser Grundlage zu schützen sind. Wie bereits dargelegt, besteht ein Rechtsschutzinteresse an den Rechtsbegehren Ziff. 1-3 auch insoweit, als diese von der Beschwerdeführerin alternativ mit einer Verletzung des UWG begründet wurden (dazu nicht publ. E. 2.3.2). Die Vorinstanz hat die lauterkeitsrechtlich abgestützten Unterlassungsbegehren damit zu Unrecht wegen Gebrauchseinstellung der inkriminierten Zeichen durch die Beschwerdegegnerin als gegenstandslos erachtet und sie in der Folge in Verletzung von Bundesrecht nur im Hinblick auf die Kostenverteilung geprüft.
 
Erwägung 7.2
Unter diesen mitunter als wettbewerbsrechtlicher Kennzeichenschutz bezeichneten Tatbestand der Schaffung einer Verwechslungsgefahr mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines anderen fallen sämtliche Verhaltensweisen, bei denen das Publikum durch die Schaffung von Verwechslungsgefahr irregeführt wird, insbesondere um den Ruf der Wettbewerber auszubeuten (BGE 135 III 446 E. 6.1 S. 450; BGE 128 III 353 E. 4 S. 359; je mit Hinweisen). Ob eine lauterkeitsrechtliche Verwechslungsgefahr besteht, ist dabei hinsichtlich eines konkreten Wettbewerbsverhaltens zu bestimmen (BGE 129 III 353 E. 3.3 S. 359).
7.2.2 Die Vorinstanz ging zunächst zwar grundsätzlich zutreffend davon aus, dass die Kennzeichnungskraft aus Sicht der massgebenden Verkehrskreise und die Verwechselbarkeit mit ähnlich gekennzeichneten Produkten anhand der tatsächlichen Produktpräsentation in Würdigung der konkreten Umstände zu prüfen sei. In der Folge verzichtete sie jedoch auf die Prüfung der von der Beschwerdeführerin behaupteten lauterkeitsrechtlichen Verkehrsgeltung von "KEYTRADER", die aufgrund des engeren massgebenden Verkehrskreises im Vergleich zum Markenrecht nicht a priori auszuschliessen war, und ging - unter Verweis auf ihre markenrechtlichen Erwägungen - selbst unter der Annahme der Verkehrsgeltung von einer "eher hohen ursprünglichen Unterscheidungsschwäche" von "KEYTRADER" mit "bestenfalls eingeschränktem Schutzumfang" aus. In einer Eventualbegründung verneinte sie die Verwechslungsgefahr unter Annahme einer "durchschnittlichen Kennzeichnungskraft" von "KEYTRADER", wiederum mit Hinweis auf eine "ursprünglich relativ hohe Unterscheidungsschwäche" des Zeichens.
Es ist widersprüchlich und geht mit Blick auf die gebotene Beurteilung einer lauterkeitsrechtlichen Verwechslungsgefahr anhand der konkreten Umstände nicht an, von einer hypothetischen Verkehrsgeltung des fraglichen Zeichens auszugehen und ihm gleichzeitig - unter Hinweis auf die markenrechtliche Beurteilung der ursprünglichen Unterscheidungskraft - eine hohe Unterscheidungsschwäche zu unterstellen. Die Vorinstanz verkennt mit ihren Erwägungen, dass die ursprüngliche Unterscheidungsschwäche durch Verkehrsdurchsetzung infolge langdauernden und/oder intensiven Gebrauchs gerade überwunden werden kann (vgl. zur Unterscheidung zwischen originärer und derivativer Unterscheidungskraft im Markenrecht

BGE 140 III 297 (309):

BGE 140 III 109 E. 5.3.2). Sollte "KEYTRADER" für Online-Handelsplattformen tatsächlich Verkehrsgeltung erlangt haben, liegt eine Verwechslungsgefahr nach Art. 3 Abs. 1 lit. d bzw. aArt. 3 lit. d UWG auf der Hand, wenn ein anderer Wettbewerber dieselben Dienstleistungen mit dem Zeichen "Keytrade" anbietet, wobei eine solche auch dann nicht ausgeschlossen werden kann, wenn dem Zeichen lediglich kennzeichnungsschwache Zusätze wie "Bank", "Pro", "ID" oder "Mobilesite" beigefügt werden, die für beide Angebote gleichermassen beschreibend wirken.
Die erfolgte bloss abstrakte Prüfung der lauterkeitsrechtlichen Verwechslungsgefahr lediglich im Hinblick auf die Kostenfolgen ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Die Beschwerde ist daher teilweise gutzuheissen und die Sache zu neuer Beurteilung der Unterlassungsbegehren (Ziff. 1-3) nach UWG an die Vorinstanz zurückzuweisen.