BGE 146 III 254 |
28. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. AG (Beschwerde in Zivilsachen) |
4A_203/2019 vom 11. Mai 2020 |
Regeste |
Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Beschwerde in Zivilsachen: Abgrenzung zwischen einem Teilentscheid (Art. 91 lit. a BGG) und einem Zwischenentscheid (Art. 93 BGG). Wie ist bei eventualgehäuften Rechtsbegehren der selbständig eröffnete Entscheid über das Hauptbegehren zu qualifizieren? |
Bei der selbständig eröffneten Abweisung eines Hauptbegehrens sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 2 und 2.2). |
Sachverhalt |
Nachdem A. (Arbeitnehmer) von seiner Arbeitgeberin am 20. Mai 2016 auf Ende November 2016 gekündigt worden war, stellte er sich auf den Standpunkt, es habe ein bis zu seinem Eintritt ins AHV-Alter befristetes und damit nicht kündbares Arbeitsverhältnis bestanden. Er reichte Klage ein und verlangte den ihm zustehenden Lohn. Zusammen mit der Lohnforderung beantragte er im Wesentlichen, es sei festzustellen, dass ein bis zu seinem Erreichen des ordentlichen Pensionierungsalters befristeter Arbeitsvertrag bestehe und die von der Arbeitgeberin ausgesprochene Kündigung "nichtig oder ungültig bzw. unwirksam" sei. |
Für den Fall, dass die Kündigung rechtsgültig ausgesprochen worden sein und das Arbeitsverhältnis geendet haben sollte, verlangte er im Rahmen eines Eventualbegehrens diverse Entschädigungen (für Spesen, für geleistete Überstunden, die ihm zustehende Abgangsentschädigung sowie für die missbräuchliche Kündigung).
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Während das Bezirksgericht (Arbeitsgericht) Brugg die Lohnklage guthiess und feststellte, die ausgesprochene Kündigung sei ungültig, kam das Obergericht des Kantons Aargau zum Schluss, das Arbeitsverhältnis sei unbefristet gewesen und habe am 30. November 2016 geendet. Den auf dieses Datum berechneten Lohnausstand sprach es zu und wies die Lohnklage im Übrigen ab. Sodann wies es die Sache an das Arbeitsgericht zurück zur Prüfung der Ansprüche, die der Arbeitnehmer geltend gemacht hatte für den Fall, dass die Kündigung rechtsgültig ausgesprochen worden sein sollte.
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Gegen diesen Entscheid führt der Arbeitnehmer Beschwerde in Zivilsachen und beantragt im Wesentlichen, das Urteil des Arbeitsgerichts zu bestätigen.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und weist die Sache zur weiteren Abklärung betreffend die Zulässigkeit der Kündigung an das Obergericht zurück.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen: |
In der Beschwerde in Zivilsachen genügt für die Annahme eines Teilentscheides nicht, dass über die bereits beurteilten Begehren in einem separaten Verfahren unabhängig von den noch nicht beurteilten entschieden werden kann. Zusätzlich wird verlangt, dass auch über die noch nicht beurteilten Begehren in einem eigenständigen Verfahren unabhängig von den bereits beurteilten entschieden werden könnte (E. 2.1 hiernach). |
Die selbständig eröffnete Abweisung eines Hauptbegehrens erfüllt diese Anforderungen nicht und ist in Präzisierung von BGE 135 III 212 als Zwischenentscheid anzusehen (E. 2.2 hiernach).
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2.1.2 Gemäss der Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege (BBl 2001 4332 Ziff. 4.1.4.1 zu Art. 86 E-BGG) sollen Teilentscheide nur unter gewissen eng umschriebenen Voraussetzungen anfechtbar sein, wobei die Prozessökonomie im Vordergrund steht. Unter den Begriff des Teilentscheides fällt einerseits die objektive Klagehäufung nach Art. 91 lit. a BGG (kumulierte Rechtsbegehren; vgl. Art. 90 ZPO), um die es hier geht, und andererseits die subjektive Klagehäufung nach Art. 91 lit. b BGG (vgl. die einfache Streitgenossenschaft: Art. 71 ZPO), die hier (es stehen sich im Prozess lediglich zwei Parteien gegenüber) keine Rolle spielt. |
2.1.3 Die in E. 2.1.1 hiervor zitierte Definition der Unabhängigkeit nach Art. 91 lit. a BGG hat die objektive Klagehäufung vor Augen. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass es die Partei in Zivilsachen in der Hand gehabt hätte, die verschiedenen Ansprüche in getrennten Verfahren geltend zu machen, und auch das Gericht die gehäuften Klagen in gesonderte Verfahren hätte verweisen können (Art. 125 ZPO; vgl. PASCAL GROLIMUND, in: Zivilprozessrecht, Adrian Staehelin und andere [Hrsg.], 3. Aufl. 2019, S. 187 f., § 13 Rz. 32; FRANCESCO TREZZINI, in: Commentario pratico al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], Trezzini und andere [Hrsg.], Bd. I, 2. Aufl. 2017, N. 11 zu Art. 125 ZPO). Diesfalls hätte sich das Bundesgericht ohnehin gesondert mit den Begehren befassen müssen. Dasselbe gilt, soweit zwar keine eigentliche Häufung der Begehren stattfand, aber Teilbarkeit besteht und das Begehren für gewisse Posten abschliessend behandelt wurde. Denn es hätte der klagenden Partei freigestanden, diese Posten in einem eigenen Verfahren einzuklagen (CORBOZ, a.a.O., N. 15 zu Art. 91 BGG; STAEHELIN/BACHOFNER, in: Zivilprozessrecht, a.a.O., S. 546 § 27 Rz. 13). Der Entscheid über den beurteilten Posten ist hier nicht notwendige Voraussetzung, um über die anderen Posten zu befinden (CORBOZ, a.a.O., N. 15 am Ende zu Art. 91 BGG). Auch dass keine Rolle spielt, dass die unterschiedlichen Ansprüche von denselben Vorfragen abhängen (BGE 135 III 212 E. 1.2.2 S. 217), lässt sich mit der Analogie zu zwei separaten Verfahren erklären: In Rechtskraft würde in separaten Verfahren nur das Dispositiv erwachsen (BGE 123 III 16 E. 2a S. 18 f.) - dass zwei Gerichtsentscheide Vorfragen unterschiedlich beurteilen, ist unproblematisch. Teilentscheide unterscheiden sich allerdings insoweit von in separaten Verfahren gefällten Entscheiden, als den Erwägungen eines Entscheides innerhalb eines Verfahrens eine Bindungswirkung zukommen kann, die ihnen ausserhalb des Verfahrens abgeht (Urteil des Bundesgerichts 4A_591/2015 vom 6. Juli 2016 E. 2.2.2). Aus dem in der Botschaft angeführten Beispiel einer Klage auf Beseitigung einer bestehenden und Verbot einer zukünftigen Störung kombiniert mit einem Begehren auf Schadenersatz ergibt sich indessen, dass dies der Qualifikation als Teilentscheid nicht entgegenstehen soll (vgl. BBl 2001 4332 Ziff. 4.1.4.1 zu Art. 86 E-BGG), zumal offensichtlich ist, dass gewisse Voraussetzungen für den Beseitigungs- und Verbotsanspruch mit denjenigen für Schadenersatz identisch sind (vgl. auch BGE 135 V 141 E. 1.4.5 S. 147 mit Hinweisen). |
Wollte man es für die Qualifikation als Teilentscheid genügen lassen, dass über die bereits beurteilten Begehren in einem separaten Verfahren rechtskräftig entschieden werden kann, ohne dass dazu über noch nicht beurteilte Begehren entschieden werden müsste, wären praktisch sämtliche Entscheide über einen Teil der gestellten Begehren als Teilentscheide zu qualifizieren - denn es ist nicht möglich, korrekt über ein Begehren zu urteilen, wenn das Ergebnis von einem noch unbeurteilten abhängt. Eine derart weite Auslegung liesse sich nicht mit den "eng umschriebenen Voraussetzungen" in Einklang bringen, von welchen die Botschaft und damit auch der Gesetzgeber ausging (BBl 2001 4332 Ziff. 4.1.4.1 zu Art. 86 E-BGG). Für eine derart weite über den Willen des Gesetzgebers hinausgehende Auslegung besteht keine Notwendigkeit, können doch Entscheide, die nach der engeren Definition gemäss der publizierten Rechtsprechung und der Botschaft nicht als Teilentscheide einzustufen sind, weitgehend als Zwischenentscheide nach Art. 93 BGG angefochten werden, soweit dies einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, an den in der Rechtsprechung genannten Anforderungen festzuhalten und zu verlangen, dass auch über die noch nicht beurteilten Begehren unabhängig von den bereits beurteilten entschieden werden kann. Generell ist mithin kein Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG gegeben, soweit über eines von mehreren gehäuften Begehren erst entschieden werden kann, wenn der Entscheid über ein anderes feststeht. |
2.1.5.1 So hat das Bundesgericht im Zusammenhang mit einer Stufenklage erkannt, das Hilfsbegehren auf Information und der Hauptanspruch seien bei der Stufenklage in der Weise objektiv gehäuft, dass über das Hilfsbegehren zuerst zu entscheiden sei, bevor - nach Erteilung der Information - über das Hauptbegehren - nach entsprechender Bezifferung - entschieden werden könne. Der Entscheid über den Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung sei ein selbständiger Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG (Urteil des Bundesgerichts 4A_269/2017 vom 20. Dezember 2017 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 144 III 43). Diese Einordnung ist in der Lehre aber nicht unumstritten (vgl. CORBOZ, a.a.O., N. 17 zu Art. 91 BGG, der die Stufenklage wie die in der Botschaft explizit erwähnte Teilklage als Endentscheid qualifiziert). Darauf braucht nicht weiter eingegangen zu werden, zumal das Bundesgericht schon unter Geltung des OG (BS 3 351) erkannt hat, dass sich die Regelung betreffend die Anfechtbarkeit bei Stufenklagen aus dem Institut als solchem und der dienenden Funktion des Prozessrechts ableitet (BGE 123 III 140 E. 2c S. 143 f.). Aus der Rechtsprechung zur Stufenklage kann für die allgemeine Definition eines Teilentscheides nichts gewonnen werden.
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2.1.5.2 Auch die grundsätzliche Anordnung einer Sonderprüfung mit abschliessender Bestimmung der zu klärenden Fragen gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts als Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG, da über diesen Grundsatz wie bei objektiv gehäuften Begehren unabhängig von der Person des Sonderprüfers und von der Höhe des Kostenvorschusses entschieden werden kann (Urteil des Bundesgerichts 4A_260/2013 vom 6. August 2013 E. 1; vgl. auch Urteil 4A_319/2014 vom 19. November 2014 E. 1 i.V.m. Sachverhalt Bst. B Abs. 3, nicht publ. in: BGE 140 III 610). Zwar könne eine Sonderprüfung ohne Bestimmung der Person des Sonderprüfers nicht durchgeführt werden und bilde insofern die grundsätzliche Anordnung der Prüfung mit Festlegung der Fragen bloss eine Etappe zur konkreten Regelung der Prüfung. Aber mit der Bestimmung der abzuklärenden Fragen werde objektiv die Sonderprüfung sowohl im Grundsatz wie im Umfang definiert, ohne dass daran im Falle einer Ablehnung eines benannten Prüfers oder bei einem späteren Wechsel des Prüfers etwas zu ändern wäre (Urteil des Bundesgerichts 4A_180/2017 vom 31. Oktober 2017 E. 1.2). Diese Entscheide betreffen einen eng eingegrenzten Sonderfall. Es sollten damit nicht die Anforderungen an einen Teilentscheid neu definiert werden. |
2.1.5.3 Einen Entscheid, in dem es einerseits um die Feststellung ging, ob ein landwirtschaftliches Gewerbe vorlag (über dieses Begehren wurde abschliessend entschieden), und andererseits um die Abtrennung von Grundstückteilen (insoweit war die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen worden), qualifizierte das Bundesgericht dagegen als Teilentscheid mit der Begründung, ob ein landwirtschaftliches Gewerbe vorliege, könne in einem selbständigen Verfahren mittels Feststellungsverfügung festgelegt werden, ohne dass gleichzeitig die Frage beurteilt werden müsse, welche Teile davon abgetrennt werden dürften. Zudem sei nicht ersichtlich, inwiefern das Schlussurteil über die Erteilung von Abparzellierungsbewilligungen im Widerspruch zur Feststellung, ob ein landwirtschaftliches Gewerbe vorliege, stehen könnte; vielmehr erscheine naheliegend, dass über die Abtrennung von Grundstücken oder Grundstückteilen erst entschieden werden könne, wenn feststehe, ob die betreffenden Grundstücke landwirtschaftliche Gewerbe oder landwirtschaftliche Grundstücke im Sinne des BGBB darstellten (Urteil des Bundesgerichts 2C_944/2017 vom 17. Juni 2019 E. 1.4.5 f.).
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2.1.5.4 Soweit aus dem zit. Urteil 2C_944/2017 abgeleitet werden könnte, ein Teilentscheid im Sinne von Art. 91 lit. a BGG könne generell vorliegen, ohne dass auch über die noch nicht beurteilten Begehren unabhängig von den bereits beurteilten entschieden werden kann, ist dem aus den in E. 2.1.4 hiervor dargelegten Gründen für die Beschwerde in Zivilsachen nicht zu folgen. Hingegen besteht kein Anlass auf die Rechtsprechung betreffend die Behandlung von Stufenklagen (vgl. E. 2.1.5.1 hiervor) oder den Entscheid über die grundsätzliche Anordnung einer Sonderprüfung mit abschliessender Bestimmung der zu klärenden Fragen (vgl. E. 2.1.5.2 hiervor) zurückzukommen. Dabei handelt es sich um Spezialfälle, die nicht verallgemeinerungsfähig sind und für die sich die Behandlung als Teilentscheid rechtfertigt.
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2.2 Die Anwendung dieser Grundsätze auf die Verknüpfung eines Haupt- mit einem Eventualbegehren führt dazu, dass auch die selbständig eröffnete Abweisung eines Hauptbegehrens ein Zwischenentscheid ist. Dies wurde in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung indessen nicht immer so klar dargestellt und bedarf der Präzisierung: |
2.2.2.1 Der Anspruch auf Herstellung des vertragsgemässen Zustandes und der geltend gemachte Anspruch auf Schadenersatz (der nur für den Fall verlangt wurde, dass der vertragsgemässe Zustand nicht hergestellt wird) schliessen sich gegenseitig aus. Zwar könnte der eine oder der andere Anspruch zum Gegenstand eines eigenständigen Verfahrens gemacht werden, aber nach Treu und Glauben nicht unabhängig voneinander beide gleichzeitig. Derartiges, in sich unvereinbares, widersprüchliches Verhalten ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts rechtsmissbräuchlich (Art. 2 Abs. 2 ZGB) und verdient keinen Rechtsschutz (vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_167/ 2010 vom 11. Oktober 2010 E. 3.4.1 f.). Die Voraussetzung, dass die gehäuften Begehren auch Gegenstand eines eigenen Prozesses hätten bilden können, wäre nur in jenen Fällen gegeben, in denen sich das Haupt- und das Eventualbegehren nicht ausschliessen. |
Schliessen sich Haupt- und Eventualbegehren nicht aus, könnten sie zwar theoretisch ohne Rechtsmissbrauch zum Gegenstand je eines eigenen Prozesses gemacht werden, aber nicht in der eventuellen Verknüpfung - denn im Prozess über das Eventualbegehren würde es an einem unbedingten Begehren fehlen (vgl. TREZZINI, a.a.O., N. 8 zu Art. 58 ZPO). Mit der Ausgestaltung als Eventualbegehren entsteht eine Verknüpfung, die einer Geltendmachung in voneinander völlig unabhängigen Verfahren entgegensteht. Diese Voraussetzung für die Annahme eines Teilentscheides wäre also auch diesfalls nicht gegeben.
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2.2.2.2 BGE 135 III 212 E. 1.2.3 S. 217 f. hält sodann fest, die prozessuale Verknüpfung der Urteile über das Haupt- und das Eventualbegehren bewirke, dass kein Widerspruch zwischen dem Teil- und Schlussurteil entstehen könne, da der allenfalls separat auszufällende Entscheid über das Eventualbegehren nur dann Bestand habe, wenn die Abweisung des Hauptbegehrens in Rechtskraft erwachse.
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2.2.2.2.1 Mit dieser Begründung scheint BGE 135 III 212 davon auszugehen, über das Eventualbegehren könne entschieden werden, be vor rechtskräftig über das Hauptbegehren entschieden worden ist, denn damit sich die Frage stellen kann, ob der Entscheid über das Eventualbegehren Bestand hat, muss dieser ausgefällt worden sein, bevor feststeht, dass das Hauptbegehren rechtskräftig abgewiesen wurde. Diese Vorgehensweise widerspräche indessen der Prozessökonomie, die in Bezug auf die Anfechtbarkeit von Teilentscheiden im Vordergrund steht (BBl 2001 4332 f. Ziff. 4.1.4.1 zu Art. 86 E-BGG). Sie birgt nämlich die Gefahr, dass für das Eventualbegehren ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren anfällt, der sich bei Gutheissung des Hauptbegehrens als nutzlos erweist. Dies wollte der Gesetzgeber gerade vermeiden (vgl. Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG) und dies rechtfertigt eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das Bundesgericht als oberste rechtsprechende Behörde des Bundes in der Regel nur einmal mit der gleichen Streitsache befassen müssen soll (vgl. hierzu BGE 141 III 80 E. 1.2 S. 81; BGE 135 I 261 E. 1.2 S. 263). |
2.2.2.2.2 Aber auch davon abgesehen greift die zitierte Rechtsprechung zu kurz. Sie trifft nämlich nur für Fälle zu, in denen das Hauptbegehren nur vollständig gutgeheissen oder ganz abgewiesen werden kann (oder das Eventualbegehren nur für den Fall einer vollständigen Abweisung des Hauptbegehrens gestellt wurde) oder aber das gesamte Eventualbegehren bereits bei einer teilweisen Abweisung des Hauptbegehrens verlangt wird. Diese Voraussetzungen waren in BGE 135 III 212 aber nicht erfüllt: Es ging im Hauptbegehren um die Beseitigung von drei Aufbauten (Liftmotoren und Kamine) und im Eventualbegehren um den Schadenersatz, der geschuldet ist, wenn dem Hauptbegehren nicht stattgegeben wird. Es wäre nun aber denkbar, dass nach erstinstanzlich erfolgter Abweisung des Hauptbegehrens die Rechtsmittelinstanz zum Schluss kommt, das Hauptbegehren sei zwar nicht vollständig, aber teilweise gutzuheissen, indem (wegen Unzumutbarkeit) nicht alle, sondern nur gewisse der beanstandeten Baukörper (allenfalls auch nur teilweise) entfernt werden müssen, so dass der Schadenersatzanspruch in Bezug auf die nicht zu entfernenden Teile aktuell bleibt. Bevor feststeht, in welchem Umfang das Hauptbegehren gutgeheissen wird, kann die Höhe des geschuldeten Schadenersatzes nicht festgesetzt werden und kann ein Urteil über das Eventualbegehren, das den bei einer vollständigen Abweisung des Hauptbegehrens geschuldeten Betrag zuspricht, sehr wohl in Widerspruch mit einer teilweisen Gutheissung des Hauptbegehrens im Rechtsmittelverfahren treten.
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2.2.3 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Rechtsuchende gehalten, einen Teilentscheid innerhalb der Beschwerdefrist anzufechten. Die Anfechtung erst zusammen mit dem Endentscheid ist (anders als bei Zwischenentscheiden; Art. 93 Abs. 3 BGG) nicht zulässig (vgl. BGE 141 III 395 E. 2.2 S. 397). Daher muss für den Rechtsuchenden klar erkennbar sein, ob ein Entscheid als Teilentscheid zu qualifizieren ist, denn nur durch diesbezügliche Rechtssicherheit kann vermieden werden, dass die Parteien systematisch jeden Entscheid über einen Teil der Begehren beim Bundesgericht anfechten müssen, um nicht Gefahr zu laufen, dass sie später wegen der Qualifikation als Endentscheid mit ihren Einwänden ausgeschlossen sein werden (BGE 144 III 253 E. 1.4 S. 255). Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die dem Haupt- und Eventualbegehren inhärente Verknüpfung erscheint es nicht sinnvoll, danach zu differenzieren, ob sich das Haupt- und das Eventualbegehren gegenseitig ausschliessen oder eine teilweise Gutheissung des Hauptbegehrens denkbar ist. Vielmehr ist als Haupt- und Eventualbegehren verknüpften Anträgen generell die notwendige Unabhängigkeit für eine Qualifikation als Teilentscheid abzusprechen. Entgegen der in BGE 135 III 212 vertretenen Auffassung ist eine selbständig eröffnete Abweisung eines Hauptbegehrens mithin nur nach Massgabe von Art. 93 BGG anfechtbar (vgl. zit. Urteile 4A_439/2008 E. 1; 4A_612/2018; 4A_22/2018; 4A_170/2014 E. 1.2 mit Hinweisen). |