BGE 147 III 358 |
36. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Kanton Basel-Stadt gegen A. (Beschwerde in Zivilsachen) |
5A_446/2020 vom 30. April 2021 |
Regeste |
Art. 68, Art. 80 Abs. 2 Ziff. 2, Art. 149 SchKG; Betreibungskosten im Verlustschein. |
Sachverhalt |
A.a Am 25. Juli 2019 stellte der Kanton Basel-Stadt, vertreten durch die Steuerverwaltung Basel-Stadt, in der gegen A. angehobenen Betreibung Nr. x des Betreibungsamtes Basel-Stadt beim Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt ein Rechtsöffnungsbegehren für die kantonalen Steuern des Jahres 2000. (...)
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A.b Das Zivilgericht erteilte dem Kanton Basel-Stadt am 20. Januar 2020 die definitive Rechtsöffnung im Umfang von Fr. 10'847.90 und wies das weitere Begehren ab.
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B. Gegen diesen Entscheid wandte sich der Kanton Basel-Stadt an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt. Er beantragte die Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung für den Betrag von Fr. 184.50. Eventualiter seien die Betreibungskosten von Fr. 184.50 der Schuldnerin aufzuerlegen. Subeventualiter sei ihm (auch im abgewiesenen Teil) im Umfang von Fr. 184.50 die definitive Rechtsöffnung zu erteilen. Das Appellationsgericht wies die Beschwerde am 17. April 2020 ab. |
C. Der Kanton Basel-Stadt ist mit Beschwerde in Zivilsachen, eventualiter subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 3. Juni 2020 an das Bundesgericht gelangt. Der Beschwerdeführer erneuert die im vorinstanzlichen Verfahren gestellten Anträge. (...)
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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( Auszug )
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Aus den Erwägungen: |
3.1.1 Der Pfändungsverlustschein sagt über den materiell-rechtlichen Bestand der Forderung nichts aus und bewirkt keine Novation. Indes stellt er eine Beweisurkunde dar, die für sich genommen noch keine Vermutung, aber immerhin ein Indiz für den Bestand der Forderung schafft. Zwar bezeichnet das Gesetz den Verlustschein als Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 SchKG. Ungeachtet der gesetzlichen Formulierung verschafft der Pfändungsverlustschein dem Gläubiger gewisse Erleichterungen für das weitere Vorgehen gegen den Schuldner und bewirkt zudem aufgrund der Verjährungsregelung auch materiell-rechtliche Folgen (Art. 149 Abs. 2 und 3, Art. 149a Abs. 1 SchKG; BGE 144 III 360 E. 3.5.1, E. 3.5.2; BGE 136 III 633 E. 2). |
3.3 Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte die Vorinstanz ihm in der Betreibung Nr. x des Betreibungsamtes Basel-Stadt die pro visorische Rechtsöffnung für die Kosten der mit Verlustschein endenden Betreibung nicht verweigern dürfen. Er erblickt darin eine falsche Auslegung von Art. 82 i.V.m. Art. 149 Abs. 1 SchKG. Insbesondere erweise sich die Begründung, es handle sich dabei um eine öffentlich-rechtliche Forderung, als unhaltbar. |
3.3.3 Der definitive Pfändungsverlustschein ändert damit nichts an der Art und Weise, wie der Rechtsvorschlag des Schuldners aufgehoben werden kann. Massgebend ist einzig die Art des Rechtsöffnungstitels. Daraus ergeben sich durchaus unterschiedliche Folgen, welche indes keine Benachteiligung des Gläubigers einer öffentlich- rechtlichen Forderung darstellen, wie der Beschwerdeführer vorbringt. Sie ergeben sich vielmehr aus dem Verfahren, welches sich am Rechtsöffnungstitel orientiert. Eine Verletzung von Bundesrecht liegt damit nicht vor, soweit der Antrag auf Gewährung der provisorischen Rechtsöffnung für die im definitiven Pfändungsverlustschein aufgeführten Betreibungskosten abgewiesen worden ist. |
3.4.3 Offenbar ist der Beschwerdeführer der Ansicht, dass im Rahmen der laufenden Betreibung über die Kosten einer bereits abgeschlossenen Betreibung befunden werden kann. Er beruft sich diesbezüglich auf Art. 68 Abs. 1 SchKG, welcher vorliegend analog anzuwenden sei. Zwar trifft es zu, wie er betont, dass der Schuldner die Kosten der Betreibung zu tragen hat. Damit ist aber noch nichts gesagt, in welchem Verfahren dies zu geschehen hat. Ebenso steht nicht in Frage, dass der Vorabzug der Betreibungskosten auf die Zahlungen des Schuldners nach Art. 68 Abs. 2 SchKG sich nur auf eine laufende Betreibung beziehen kann. Der Grundsatz der Kostenpflicht des Schuldners verschafft dem Gläubiger kein Recht, diesem bereits aufgelaufene Kosten ohne weiteres zu überbinden. Insoweit trifft der Vorwurf des Beschwerdeführers, die Vorinstanz hätte die Anwendung von Art. 68 Abs. 1 SchKG prüfen müssen, nicht zu. Ob der Antrag auf "Überbindung" der Kosten und auf Berücksichtigung in der neuen Betreibung überhaupt in den Zuständigkeitsbereich des Rechtsöffnungsrichters gehört, braucht nicht erörtert zu werden. |
3.5.2 Nach ständiger Praxis der Vorinstanz kann für die im definitiven Pfändungsverlustschein aufgeführten Betreibungskosten keine definitive Rechtsöffnung erteilt werden, da es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage fehle. Sie erachtet den Art. 80 SchKG im Hinblick auf die in Frage kommenden Rechtsöffnungstitel als abschliessend. Diese Bestimmung sehe für den vorliegenden Fall nichts vor. Ein solches Ergebnis erweise sich zwar als unbefriedigend. Eine Lösung müsse aber vom Gesetzgeber gefunden werden. |
3.5.4 Die dargelegte Ansicht entspricht der Praxis verschiedener kantonaler Gerichte. Dazu gehören insbesondere das Obergericht des Kantons Zürich (Urteil RT160175 vom 30. November 2016 E. 3.1, mit Hinweis auf den Beschluss vom 15. Dezember 2009, in: ZR 109/2010 S. 162), welches betont, dass die bisherigen Betreibungskosten nur auf diese Weise vollstreckt werden können. Das Kantonsgericht Schwyz (Urteil BEK 2017 102 vom 13. September 2017) lehnt sich im Wesentlichen an die Zürcher Praxis an. Das Tribunale d'appello des Kantons Tessin (Urteile 14.2016.154 vom 10. Januar 2017 E. 5.2; 14.2014.208 vom 23. Dezember 2014 E. 5.1) qualifiziert in entsprechender Weise die im Verlustschein aufgeführten Betreibungskosten als vom Betreibungsamt endgültig festgesetzt (vgl. JAQUES, Giurisprudenza ticinese nelle cause giudiziarie promosse "a norma della LEF", BlSchK 2020 S. 57; ferner STAEHELIN, a.a.O., N. 76 zu Art. 84 SchKG). |
3.5.5 Im vorliegenden Fall bestehen keine Hinweise darauf, dass gegen die betreibungsabschliessende Kostenrechnung des Amtes eine Beschwerde erhoben worden ist. Damit liegt eine vollstreckbare Verfügung vor (Art. 80 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG), die zur definitiven Rechtsöffnung berechtigt. Insoweit ist die Beschwerde entsprechend dem Subeventualbegehren gutzuheissen.
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