Urteilskopf
81 IV 99
21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. Februar 1955 i. S. Rolli gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste
a) Die Ware ist schon dann nachgemacht, verfälscht oder im Werte verringert, wenn sie einen geringeren Handelswert hat, als ihr Aussehen, ihre Bezeichnung oder ihre Aufmachung vortäuschen.
b) Verhältnis der Warenfälschung und des Inverkehrbringens gefälschter Ware zur Strafbestimmung über Falschdeklaration (Art. 41 LMG).
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
Warenfälschung (Art. 153 StGB) setzt objektiv voraus, dass der Täter eine Ware nachmache, verfälsche oder im Werte verringere.
Das tut, wer der Ware einen geringeren Wert verleiht, als sie hätte, wenn sie so beschaffen wäre, wie ihr Aussehen, ihre Bezeichnung oder ihre Aufmachung vortäuschen. Dabei genügt ein Unterschied im Handelswert. Nicht nötig ist, dass die nachgemachte, verfälschte oder verringerte Ware beim Gebrauche oder Verbrauche geringere Dienste leiste als die vollwertige, z.B. dass ihr Geschmack, ihr Nährwert, ihre Heilwirkung, ja überhaupt ihre Zweckbestimmung in irgendwelcher Richtung beeinträchtigt sei. Art. 153 StGB will nicht der öffentlichen Gesundheit oder sonstwie dem körperlichen oder geistigen Wohlbefinden des Volkes dienen, d.h. es vor dem Gebrauche oder Verbrauche von Waren schützen, die sachliche
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Mängel aufweisen. Die Bestimmung dient dem Schutze des Vermögens (siehe Überschrift zum zweiten Teil, Art. 137 ff.). Sie erfasst eine das Inverkehrbringen gefälschter Ware (Art. 154 StGB) vorbereitende Handlung, also das Vorstadium eines betrugsähnlichen Tatbestandes. Sie soll Gewähr bieten, dass der Erwerber nicht eine Ware erhalte, die er nur zu geringerem Preise oder überhaupt nicht erstehen würde, wenn sie so zusammengesetzt wäre, wie ihr Aussehen, ihre Bezeichnung oder ihre Aufmachung vortäuschen.Die Auffassung des Beschwerdeführers Rolli, er hätte nur dann eine Ware nachgemacht oder im Werte verringert, wenn der teilweise aus französischem, teilweise aus schweizerischem Rohmaterial hergestellte, aber als Schweizer Schachtelkäse bezeichnete und aufgemachte Schmelzkäse nach Geschmack und Zusammensetzung einem ausschliesslich aus Schweizerkäse hergestellten Erzeugnis unterlegen gewesen wäre, hält deshalb nicht stand. Mit Recht sieht das Obergericht den Wertunterschied darin, dass ein nur aus Rohmaterial schweizerischer Herkunft hergestellter Schachtelkäse im Handel mehr gelte als einer, der teilweise (oder ausschliesslich) ausländisches Material enthält. Dass aber, wer "Schweizer Schachtelkäse" kauft, Anspruch auf eine ausschliesslich aus Rohmaterial schweizerischer Herkunft erzeugte Ware hat, steht ausser Frage. Die Bezeichnung des Schachtelkäses als "schweizerisch" sagt in erster Linie, dass die Milch als Ausgangsprodukt und der Käse als Zwischenprodukt in der Schweiz erzeugt worden seien, nicht lediglich, dass die Verarbeitung des letzteren zu Schachtelkäse hier stattgefunden habe. Das ergibt sich insbesondere auch aus Art. 82 Abs. 2 Satz 2 LMV, wonach ganz oder teilweise aus ausländischem Käse hergestellte Schmelzkäse ausdrücklich als "ausländische" zu kennzeichnen sind. Der Fall unterscheidet sich von den vom Beschwerdeführer erwähnten Beispielen der Schweizer Schokolade und der Schweizer Uhren; denn wer diese Erzeugnisse kauft, setzt nur voraus, dass das
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Endprodukt in der Schweiz hergestellt, nicht auch, dass das Rohmaterial hier gewonnen worden sei.Der Tatbestand des Art. 153 ist daher von Rolli objektiv erfüllt worden, wobei unerheblich ist, ob man dem Beschwerdeführer, wie das Obergericht es tut, vorwerfe, er habe das schweizerische Rohprodukt durch Mitverwendung von Käse ausländischer Herkunft im Wert verringert, oder ob man, weil das Endprodukt (Schmelzkäse) ein anderes war als die beiden Rohstoffe (Käse schlechthin), die Tat als Nachmachen eines schweizerischen Endproduktes bezeichne. Dass nicht lediglich die lebensmittelpolizeiliche Strafbestimmung gegen Falschdeklaration (Art. 41 LMG) anzuwenden ist, wenn Art. 153 oder 154 StGB zutrifft, ist schon in BGE 72 IV 165 ff. entschieden worden. An dieser Rechtsprechung, die der Beschwerdeführer nicht zu entkräften versucht, ist festzuhalten.