BGE 90 IV 43 |
11. Urteil des Kassationshofes vom 28. Januar 1964 i.S. Müller gegen Bohler Röthlin AG und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern. |
Regeste |
1. Art. 13 lit. b UWG. Unrichtige oder irreführende Angaben. |
Auch die Angestellten, Arbeiter und Beauftragten einer juristischen Person oder Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft können wegen unlauteren Wettbewerbes, den sie in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen begehen, bestraft werden. Handeln sie selbständig, so sind sie Täter, nicht bloss Gehilfen (Erw. 2). |
2. Art. 277 bis Abs. 1 BStP, Art. 20 StGB. |
In welcher Absicht der Täter gehandelt hat, ist eine Tatfrage. Böser Glaube schliesst Rechtsirrtum aus (Erw. 3). |
Sachverhalt |
A.- Müller liess am 30. Januar 1963 als Propagandachef der Möbelfabrik Schaller & Co., Geuensee, in der Wochenzeitung "Kompass" ein bebildertes Inserat erscheinen. Die Abbildungen, die ungefähr die Hälfte des Inserates ausmachen, zeigen je eine Möbelgruppe für ein Schlaf-, ein Wohn- und ein Esszimmer. Die beiden Betten sind aneinandergestossen und mit einem Überwurf versehen. Der Text beginnt mit den durch Fettdruck besonders hervorgehobenen Sätzen: "Wir helfen mit im Kampf gegen die Teuerung! 5 Franken weniger als 3000 Franken kostet diese komplette, moderne 3-Zimmer-Einrichtung in Schweizer Qualität!" Anschliessend werden die angebotenen Möbel, die "auch einzeln zu beispiellos günstigen Preisen sofort" lieferbar seien, zimmerweise aufgeführt, so "das moderne Doppelschlafzimmer, innen und aussen ganz Hartholz, mit zwei zweitürigen Schränken, zwei Betten, zwei Nachttischchen, einer geräumigen Kommode sowie einem grossen Ankleidespiegel." |
Das Möbelhaus Bohler Röthlin AG, Luzern, hielt das Inserat für unlauteren Wettbewerb, weil darin zu Fr. 2995. - unter anderem eine komplette Schlafzimmereinrichtung angeboten werde, der Bettinhalt in Wirklichkeit aber nicht inbegriffen sei. Es stellte Strafantrag.
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B.- Das Obergericht des Kantons Luzern verurteilte am 1. Oktober 1963 Müller wegen unlauteren Wettbewerbs im Sinne von Art. 13 lit. b UWG zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 150.--.
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C.- Müller führt Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt dem Bundesgericht, das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung, allenfalls zur Ergänzung der Untersuchung und neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und die Firma Bohler Röthlin AG beantragen Abweisung der Beschwerde.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: |
Nach Art. 13 lit. b UWG wird wegen unlauteren Wettbewerbs auf Antrag bestraft, wer vorsätzlich über sich, die eigenen Waren, Werke, Leistungen oder Geschäftsverhältnisse unrichtige oder irreführende Angaben macht, um das eigene Angebot im Wettbewerb zu begünstigen.
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Ob ein Angebot, wie das vorliegende, irreführende oder unrichtige Angaben enthalte, entscheidet sich indes weder nach der Art, wie andere Möbelhändler Inserate über gleiche Waren oder Werke abzufassen pflegen, noch danach, was der Beschwerdeführer davon hält. Es kommt einzig auf den Sinn an, den das kaufende Publikum dem Angebot in guten Treuen beilegen darf. Nach diesem Sinn aber, der auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles und der allgemeinen Lebenserfahrung zu ermitteln ist, unterliegt keinem Zweifel, dass aus dem Inserat vom 30. Januar 1963 vernünftigerweise geschlossen werden muss, die Möbelfabrik Schaller & Co. biete Betten mit Inhalt an. Dieser Schluss drängt sich vor allem deshalb auf, weil im Inserat wiederholt von einer kompletten 3-Zimmer-Einrichtung die Rede ist. Zu einer vollständigen Schlafzimmereinrichtung gehört nicht bloss ein leeres Bettgestell, sondern auch der Bettinhalt, zumindest Ober- und Untermatratze, die von vielen Möbelhändlern denn auch regelmässig mitgeliefert werden. Ebenso ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unter dem Wort Bett, das im Inserat ebenfalls vorkommt, ein Liegemöbel, also nicht nur der Rahmen aus stehenden Brettern zu verstehen. Dieser wird vielmehr Bettstatt genannt. Die Abbildung, die zwei Betten mit Inhalt zeigt, führt zum gleichen Schluss. Freilich versteht sich aus ästhetischen Gründen, dass ein Schlafzimmer in einem Inserat nicht mit blossen Bettgestellen, sondern, wie hier, mit Matratzen und Überwurf abgebildet wird. Will der Inserent sich aber nicht dabei behaften lassen, dass er auch den Bettinhalt anbiete, so ist eine Richtigstellung im Text unumgänglich. Andernfalls muss er sich den Sinn des Angebotes so entgegenhalten lassen, wie er aus dem Inserat hervorgeht. Im vorliegenden Fall wird die Täuschung, welche die Abbildung erweckt, im Text des Inserates nicht behoben; sie wird im Gegenteil, wie ausgeführt worden ist, dort noch verstärkt. |
Der angegebene Preis brauchte die Kaufsinteressenten nicht stutzig zu machen, zumal er im Inserat selber als "beispiellos günstig" und als Hilfe im Kampf gegen die Teuerung hingestellt wird. Wohnungsmobiliar wird, wie die Vorinstanz richtig bemerkt, je nach Qualität und Ausführung zu sehr unterschiedlichen Preisen gehandelt. Das gilt auch von Matratzen. Ein Preis von Fr. 2995.-- für eine komplette 3-Zimmer-Einrichtung ist noch heute durchaus nicht aussergewöhnlich. Laut einem Inserat, das der Beschwerdeführer selber zu den Akten gab, bietet die Möbel-Pfister AG eine solche Einrichtung, Bettinhalt inbegriffen, sogar zu Fr. 1690.-- an. Dass in der Möbelbranche allgemein unter Bett bloss das Gestell verstanden werde, wenn ein Bett angeboten und der Bettinhalt nicht ausdrücklich erwähnt werde, trifft übrigens nicht zu. Nach den obergerichtlichen Feststellungen, die sich auf die Auskunft des Geschäftsleiters der SEM/MHG (Schweiz. Engros-Möbelfabrikanten Verband/Möbelhandelsgruppe) stützen, verhält es sich vielmehr so, dass der (seriöse) Möbelhändler ein Bett mit Inhalt meint, wenn er ein Bett anbietet. Diese Ansicht entspricht denn auch dem Sinn, den Kaufsinteressenten, insbesondere unerfahrene Brautleute, einem solchen Angebot beilegen dürfen. Die gegenteilige Auffassung wäre mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbar. Sollten sich auch andere Möbelhändler von ihr leiten lassen, wie der Beschwerdeführer mittels Inseraten darzutun scheint, so wäre dies ein Grund mehr, den Anfängen zu wehren und einem aufkommenden Missbrauch den Riegel zu stossen. |
Die Rüge ist unbegründet. Der Beschwerdeführer hat das fragliche Inserat im Namen und als Propagandachef der Firma Schaller & Co., die in einem Wettbewerbsverhältnis zur Bohler Röthlin AG steht, erlassen. Er war deshalb als Täter ins Recht zu fassen. Gehilfe wäre er nur dann, wenn er die Tat eines andern, z.B. des Leiters oder eines andern Organs der Gesellschaft, gefördert hätte. Das war jedoch offensichtlich nicht der Fall und wurde von Müller auch nie behauptet. Dieser erklärte in seiner Einvernahme durch den Amtsstatthalter vielmehr, dass er in der Firma Schaller für das Inserat verantwortlich war. Traf dies aber zu, so hat er für sein Verhalten als Täter einzustehen. Dass er selber in keinem Wettbewerbsverhältnis zur Firma Bohler Röthlin AG stand und bloss als Angestellter seiner Arbeitgeberin handelte, hilft ihm nicht. Der Kassationshof hat schon im UrteilBGE 74 IV 169ff. entschieden, dass auch die Angestellten, Arbeiter und Beauftragten einer juristischen Person oder Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft wegen unlauteren Wettbewerbes, den sie in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen begehen, bestraft werden können. Ob auch Dritte, die nicht im Angestellten- oder Arbeitsverhältnis einer Konkurrenzfirma stehen, nach UWG strafbar sind, braucht nicht entschieden zu werden. |
Aus dem Urteil BGE 80 IV 22 ff., insbesondere S. 33, lässt sich nichts zugunsten des Beschwerdeführers ableiten. Brandenberger und Fischer waren weder Angestellte der in- und ausländischen Konkurrenzfirmen der Nova-Werke Junker & Ferber, noch standen sie zur Zeit der Tat persönlich in einem Wettbewerbsverhältnis zur Geschädigten. Indem sie den Konkurrenzfirmen die Unterlagen für den Bau der Maschinen verschafften, förderten sie bloss deren unlauteren Wettbewerb zum Nachteil der Nova-Werke Junker & Ferber, konnten folglich nicht als Täter, sondern nur als Gehilfen zur Rechenschaft gezogen werden. Im Urteil BGE 84 IV 39 ff. wich der Kassationshof insofern von der früheren Rechtsprechung ab, als er die Anwendbarkeit von Art. 13 lit. b UWG auf die beschuldigte Angestellte davon abhängig machte, ob der Geschäftsinhaber als Haupttäter an der Tat mitgewirkt habe (Erw. 3). Diese Abweichung beruht indes auf einem Versehen. Die Beschuldigte erliess das Inserat als Angestellte, obschon sie darin den Anschein erweckte, sie verkaufe Möbel auf eigene Rechnung. Sie fiel deshalb unbekümmert darum, ob der Geschäftsinhaber vom Inserat Kenntnis hatte und dessen Inhalt billigte, unter Art. 13 lit. b UWG, und zwar als Täterin, nicht als blosse Gehilfin.
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3. Ob der Beschwerdeführer in der Absicht gehandelt hat, durch die täuschenden Angaben das Angebot der Firma Schaller & Co. im Wettbewerb zu begünstigen, ist eine Tatfrage (BGE 74 IV 205Erw. 3). Die dahingehende Feststellung des Obergerichtes bindet daher den Kassationshof. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er das Inserat mit Wissen und Willen aufgegeben, also vorsätzlich gehandelt hat. Wenn er in seiner Einvernahme offenbar sagen will, er sei sich keines Verstosses gegen das UWG bewusst gewesen, so hilft ihm das nicht. Das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gehört nicht zum Vorsatz (BGE 75 IV 43, 82 und ständige Rechtsprechung). Fehlt es, so gilt Art. 20 StGB. Rechtsirrtum kommt dem Beschwerdeführer aber schon deshalb nicht zugute, weil er nach dem angefochtenen Urteil nicht in gutem Glauben handelte. |
Demnach erkennt der Kassationshof:
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