5. Urteil des Kassationshofes vom 26. Februar 1965 i.S. Bachofner gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
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Regeste
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Art. 34 Abs. 3 SVG.
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Sachverhalt
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BGE 91 IV 10 (11):
A.- Bachofner führte am Abend des 29. Oktober 1963 nach 21.30 Uhr in Bern ein Personenauto (VW), aus der Schlossstrasse kommend, auf der 8 m breiten Könizstrasse. Er beabsichtigte, auf dieser Strasse nach einer Strecke von rund 400 m beim Haus Nr. 21 d nach links in ein Seitensträsschen abzubiegen, das als Zufahrtsweg zu dem hinter dem Haus Nr. 21 d gelegenen Garagetrakt dient. Bachofner kündigte seine Absicht, nach links abzubiegen, rechtzeitig an, indem er seine Geschwindigkeit auf 20-25 km/Std verlangsamte, den linken Richtungsanzeiger stellte und gegen die Strassenmitte einspurte. Unmittelbar vor dem Abbiegen schaute er nochmals in den Rückspiegel, in welchem er kein Fahrzeug nachfolgen sah, auch den VW-Kastenwagen nicht, den er vor dem Einspuren in einem grössern Abstand hinter sich wahrgenommen hatte. Beim Abbiegen nach links stiess sein Wagen mit dem ihn in diesem Augenblick links überholenden Kastenwagen zusammen.
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B.- Das Obergericht des Kantons Bern erklärte am 23. Oktober 1964 in Bestätigung eines Urteils des Gerichtspräsidenten VIII von Bern Bachofner der ungenügenden Rücksichtnahme auf nachfolgende Fahrzeuge im Sinne des Art. 34 Abs. 3 SVG schuldig und verurteilte ihn gestützt auf Art. 90 Ziff. 1 SVG zu einer Busse von Fr. 50.-.
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C.- Bachofner führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei freizusprechen.
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D.- Der Generalprokurator des Kantons Bern beantragt Abweisung der Beschwerde.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung:
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Der Grundsatz, dass bei einer Änderung der Fahrrichtung nicht nur auf den Gegenverkehr, sondern auch auf nachfolgende Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen ist, stellt gegenüber dem MFG, insbesondere Art. 47 MFV, eine Neuerung dar (Botschaft des Bundesrates vom 24. Juni 1955, BBl 1955 II 33). Er gilt nach dem Wortlaut des Art. 34 Abs. 3 SVG bei BGE 91 IV 10 (12):
jeder Richtungsänderung, also auch bei jedem Abbiegen, gleichgültig, ob nach rechts oder links, in oder ausserhalb einer Strassenverzweigung abgebogen wird. Der Bestimmung liegt die Überlegung zugrunde, dass Richtungsänderungen für andere, die geradeaus fahren, gefährlich sind und selbst bei ordnungsgemässer Ankündigung von nachfolgenden Fahrzeugführern oft nicht oder zu spät beachtet oder missverstanden werden und dass daher dem Fahrzeugführer, der eine solche Gefahr schafft, auch zuzumuten ist, bei seinem Fahrmanöver im Interesse der Verkehrssicherheit besonders vorsichtig zu sein. Art. 34 Abs. 3 SVG will denn auch den Fahrzeugführer, der die bisher eingehaltene Fahrrichtung verlässt, nicht bloss an die Sorgfaltspflichten erinnern, die er schon auf Grund anderer Vorschriften zu erfüllen hat. Das Gebot, auf nachfolgende Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen, stellt vielmehr eine zusätzliche Verpflichtung dar.
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Beim Abbiegen nach links darf deshalb der Führer, der pflichtgemäss eingespurt und den Richtungsanzeiger gestellt hat (Art. 36 Abs. 1, 39 Abs. 1 SVG), sich nicht ohne weiteres auf das für nachfolgende Fahrzeuge geltende Verbot des Linksüberholens (Art. 35 Abs. 5 SVG) verlassen, sondern er hat zur Verminderung der Gefährlichkeit seines Vorhabens selber dadurch beizutragen, dass er sich vor dem Abbiegen vergewissert, ob durch das beabsichtigte Manöver kein nachfolgendes Fahrzeug gefährdet werde. Diese Vorsichtsmassnahme ist um so mehr geboten, als nach Art. 35 Abs. 4 SVG das Linksüberholen auf Strassenverzweigungen - im Unterschied zu Art. 26 Abs. 3 MFG - unter gewissen Voraussetzungen erlaubt ist. Der von der OTA (Organisation Mondiale du Tourisme et de l'Automobile) ausgearbeitete Vorentwurf einer europäischen Strassenverkehrsordnung von 1962 geht ebenfalls davon aus, dass der Fahrzeugführer beim Linksabbiegen zu erhöhter Vorsicht verpflichtet sei; Art. 30 dieses Entwurfes sieht denn auch die ausdrückliche Bestimmung vor, dass der Führer mit dem Abbiegen erst beginnen dürfe, wenn er sich vergewissert habe, dass sein Manöver andere Verkehrsteilnehmer, insbesondere die hinter ihm fahrenden, nicht gefährde.
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Die Sorgfalt, die der Linksabbiegende anzuwenden hat, um die Gefährdung nachfolgender Fahrzeuge auszuschalten, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, namentlich nach dem Ort, wo er abbiegen will, den Platz- und Sichtverhältnissen.
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BGE 91 IV 10 (13):
Bei Strassenverzweigungen (Kreuzungen, Gabelungen und Einmündungen), wo jederzeit damit gerechnet werden muss, dass ein vorausfahrendes Fahrzeug nach links abbiegt, genügt im allgemeinen, dass der Abbiegende, ehe er seine Absicht verwirklicht, im Rückspiegel rückwärts schaut. Bei Nacht oder sonstwie erschwerter Sicht und an Stellen, wo zum Rechtsüberholen des gegen die Strassenmitte eingespurten Fahrzeuges nicht genügend Raum verbleibt, sowie vor allem ausserhalb von Strassenverzweigungen, d.h. immer dann, wenn Missverständnisse möglich sind und die Gefahr, links überholt zu werden, grösser ist, hat sich der Linksabbiegende aber auch zu vergewissern, ob ihm nicht ein anderes Fahrzeug im sichttoten Winkel seines Wagens folge. Er hat daher, wenn er sich nicht schon durch den Rück- und Aussenspiegel einen sicheren Überblick über die hinter und links von seinem Fahrzeug befindliche Fahrbahnzone verschaffen kann, in solchen Fällen weitere Vorkehren zu treffen, z.B. durch das geöffnete Seitenfenster rückwärts zu beobachten, allenfalls einen Sicherheitshalt einzuschalten, wie dies im Falle Dinkel (BGE 83 IV 166) verlangt und näher ausgeführt wurde.
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2. Der Beschwerdeführer wollte aus der 8 m breiten Könizstrasse in ein 4 m breites, für den Fahrzeugverkehr völlig unbedeutendes und unbenanntes Seitensträsschen, also ausserhalb einer Strassenverzweigung (Art. 1 Abs. 8 Satz 2 VRV), nach links abbiegen. Zudem war es Nacht und konnte sein gegen die Strassenmitte eingespurter Wagen wegen andern Fahrzeugen, die in der Nähe der Abbiegestelle am rechten Strassenrand parkiert waren, rechts nicht überholt werden. Unter diesen Umständen durfte es der Beschwerdeführer nicht bei einem Blick in den Rückspiegel bewenden lassen, der ihm keine Gewähr dafür bot, dass ein nachfolgendes Fahrzeug sich nicht im sichttoten Winkel seines Wagens befinde. Mit der Gefahr, links überholt zu werden, hatte er aber unter den gegebenen Verhältnissen zu rechnen und dies um so mehr, als er vor dem Einspuren festgestellt hatte, dass ihm ein anderes Fahrzeug nachfolgte. Der Beschwerdeführer hat es daher an der in Art 34 Abs. 3 SVG geforderten Rücksichtnahme auf nachfolgende Fahrzeuge fehlen lassen.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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