24. Urteil des Kassationshofes vom 4. Oktober 1968 i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen X.
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Regeste
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Art. 19 Abs. 2, 21 Abs. 3 und 46 lit. 1 BankG.
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Sachverhalt
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BGE 94 IV 88 (88):
A.- X. erwarb 1963 zusammen mit weiteren Ausländern die Aktienmehrheit der Bank Z., die ihren Sitz in der Schweiz hat. Seit Mitte November 1963 gehörte X. dem Verwaltungsrat der BGE 94 IV 88 (89):
Bank an, bald als Präsident, bald als Vizepräsident, hielt sich aber meistens im Ausland auf. Von 1964 an war er ausserdem Mitglied ihrer Kreditkommission. Auch durfte er gemäss Beschluss des Verwaltungsrates vom 29. Juli 1964 über die Guthaben, welche die Z. bei einer ausländischen Bank besass, allein verfügen.
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Eine Zürcher AG, die gewerbsmässig Banken kontrolliert, hatte die allgemeine Vermögenslage und Geschäftsführung der Z. nicht nur als Kontrollstelle gemäss Aktienrecht (Art. 727 ff. OR), sondern periodisch auch als Revisionsstelle im Sinne von Art. 18 f. des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen (BankG) zu prüfen. Bei einer Revision im Mai 1965 konnte sie mehrere grosse Guthaben der Bank wegen fehlender oder ungenügender Unterlagen nicht zuverlässig beurteilen. Das gleiche war bei einer Zwischenrevision der Fall, welche sie auf Veranlassung der Eidg. Bankenkommission im August 1965 vornahm. Auch fand sie beide Male, die interne Organisation der Bank sei zu beanstanden.
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B.- Am 4. Oktober 1965 erstattete die Bankenkommission bei der Bezirksanwaltschaft Zürich gegen X. und drei weitere Verwaltungsratsmitglieder der Z. Strafanzeige, weil sie ihren Pflichten gegenüber der Revisionsstelle sowie Aufforderungen der Bankenkommission zur Behebung von Missständen nicht nachgekommen seien (Art. 46 Abs. 1 lit. 1 und m BankG).
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Die Bezirksanwaltschaft erhob einzig gegen X. Anklage. Sie beschränkte die Anklage zudem auf den Vorwurf, der Angeschuldigte habe es trotz seiner Schlüsselstellung in der Bankleitung und ungeachtet wiederholter Mahnungen anderer Verwaltungsratsmitglieder unterlassen, der Bank rechtzeitig die Unterlagen für fünf nach dem Ausland gewährte Darlehen zu verschaffen, weshalb die Revisionsstelle die betreffenden Aktiven bei den Kontrollen vom Mai und August 1965 nicht habe bewerten können; dadurch habe der Angeklagte die ihm gemäss Art. 19 Abs. 2 BankG obliegenden Pflichten verletzt, sei folglich in Anwendung von Art. 46 Abs. 1 lit. 1 BankG zu bestrafen.
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Das Bezirksgericht Zürich und auf Berufung hin am 16. November 1967 auch das Obergericht des Kantons Zürich sprachen X. frei.
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C.- Die Schweizerische Bundesanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts BGE 94 IV 88 (90):
aufzuheben und die Sache zur Bestrafung des Angeklagten an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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D.- X. beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung:
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1. Nach Art. 19 Abs. 1 BankG und 37 ff. der Vollziehungsverordnung (BankV) hat die Revisionsstelle jeweils zu prüfen, ob die Bestimmungen des Gesetzes und die dazugehörigen Ausführungsvorschriften von der Bank beobachtet werden, ob insbesondere die Jahresrechnung nach Form und Inhalt vorschriftsgemäss erstellt ist, die Verbindlichkeiten der Bank durch die Aktiven gedeckt sind und wie es sich mit der innern Organisation der Bank, ihrer Vermögenslage, Liquidität, Zahlungsfähigkeit, Geschäftsführung usw. verhält. Um ihr diese Prüfung zu ermöglichen, hat die Bankleitung der Revisionsstelle Einsicht in die Bücher und Belege zu gewähren und ihr jede erforderliche Auskunft zu erteilen (Art. 19 Abs. 2 BankG). Kommen die verantwortlichen Organe der Bank ihren Pflichten gegenüber der Revisionsstelle nicht nach, so machen sie sich gemäss Art. 46 lit. 1 BankG strafbar. Fragen kann sich nur, ob ihre Strafbarkeit voraussetze, dass die Revisionstelle ihnen zur Vorweisung von Belegen oder Einholung von Auskünften eine Frist setze, wenn sie ihre Pflicht nicht von sich aus oder, auf besondere Aufforderung hin, nicht sogleich erfüllen.
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a) Die Strafbestimmung selber schweigt sich darüber aus. Die Bundesanwaltschaft hält das nicht für einen Mangel, sondern ist der Meinung, dass die Bankleitung die zur Revision erforderlichen Unterlagen bereitzuhalten habe, da sie selber beurteilen könne, was ein Revisor zur Erfüllung seiner Aufgabe benötige. Sie dürfe sich folglich nicht darauf verlassen, dass die Revisionsstelle ihr zunächst die erforderlichen Dokumente nenne und ihr zu deren Vorweisung eine Frist setze; über ihre Pflichten dem Revisor gegenüber könne sie jedenfalls dann nicht im unklaren sein, wenn es um die elementarsten Unterlagen zur Bewertung der Aktiven gehe.
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Das lässt sich für solche Unterlagen sicher sagen, nicht aber verallgemeinern. Gewiss darf eine Revision nicht verschleppt werden, sondern muss, wenn sie wirksam sein soll, ohne Verzug durchgeführt werden können. Auch werden die verantwortlichen Bankorgane gewöhnlich schon aus Erfahrung wissen, welche Bücher und Belege der Revisionsstelle vorzulegen sind, und sie BGE 94 IV 88 (91):
zur Verfügung halten, ohne eine besondere Aufforderung abzuwarten. Bei den vielfältigen Fragen, welche die Revisionsstelle zu prüfen hat, kann die Leitung jedoch nicht immer voraussehen, was der Revisor zur Erfüllung seines Auftrages für notwendig erachtet. Diese Möglichkeit ist umso grösser, als zahlreiche Aufgaben in das Ermessen des Revisors gestellt sind und er unter Umständen die Aktiven selbständig zu bewerten hat (Art. 37 Abs. 2 und 39 BankV). Gegebenenfalls hat daher die Revisionsstelle anzugeben, was sie an Unterlagen, wie Bilanzen, Verträgen, Korrespondenzen usw., für erforderlich hält.
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Die Bankenkommission ist selbst nicht anderer Meinung. In ihrem Schreiben vom 28. Oktober 1963 an den Verwaltungsrat der Z. erklärte sie, dass der Revisor nötigenfalls anzugeben habe, welche Unterlagen er brauche, und dass sie im Streitfall darüber befinden wolle, ob die Begehren des Revisors begründet seien. Gleichzeitig forderte die Bankenkommission den Verwaltungsrat auf, die von der Revisionsstelle als notwendig erachteten Dokumente bereitzustellen. Dass die Frage nach der für die Revision erforderlichen Dokumentation unter Umständen offen sein kann, wird übrigens auch von der Bundesanwaltschaft eingeräumt. Trifft dies aber zu oder lässt die Bankleitung es auf die Begehren des Revisors ankommen, so ist eine Aufforderung verbunden mit einer Fristansetzung unumgänglich, wenn Unterlagen nicht unverzüglich zu erhalten sind.
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b) Das entspricht auch der Natur der in Art. 46 lit. 1 BankG mit Strafe bedrohten Tat. Im zweiten Satzteil dieser Bestimmung geht es um Ungehorsam gegenüber der Revisionstelle. Die Strafbarkeit eines solchen Verhaltens setzt voraus, dass die Bankleitung weiss, was von ihr verlangt wird, und dass ihr, falls sie einem Verlangen des Revisors nicht umgehend nachkommt oder Folge leisten kann (weil die Unterlagen sich z.B. im Ausland befinden), Zeit und Gelegenheit gegeben, also eine angemessene Frist gesetzt wird. Würde auf diese Voraussetzungen verzichtet, so könnte ein Angeschuldigter sich leicht damit herausreden, er habe sich über die Erwartungen des Revisors oder über die Notwendigkeit der von ihm erwünschten Unterlagen keine Rechenschaft geben können. Strafverfahren wären dann oft zwecklos. Die Aufforderung des Revisors bietet zudem Gewähr dafür, dass niemand leichthin in Strafuntersuchung gezogen wird; insbesondere kann derjenige, der ihr nicht BGE 94 IV 88 (92):
nachkommen kann und einem Strafverfahren vorbeugen will, sich bereits innert der angesetzten Frist rechtfertigen.
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Art. 21 Abs. 3 BankG stimmt damit überein. Nach dieser Bestimmung muss der Revisor die Bankleitung unter Ansetzung einer angemessenen Frist auffordern, die Missstände zu beheben, wenn er bei der Revision Verletzungen gesetzlicher Vorschriften oder Tatsachen, welche die Sicherheit der Gläubiger gefährden, feststellt. Solche Verhältnisse liegen auch vor, wenn die zur Verfügung stehenden Unterlagen ungenügend sind, sodass der Revisor z.B. nicht beurteilen kann, ob die Verbindlichkeiten der Bank durch die Aktiven gedeckt sind oder Verluste drohen, ob die Sicherheit ihrer Gläubiger gewährleistet oder durch unvorsichtige Kreditgewährung gefährdet ist. Die Revisionsstelle kann, ausser dem Sonderfall des Art. 21 Abs. 4 BankG, von der Fristansetzung nur absehen, wenn die Massnahme sich als zwecklos erweist, sei es, weil Abhilfe nicht möglich ist oder weil die Bankleitung sich überhaupt weigert, einem Begehren zu entsprechen. Diesfalls hat der Revisor die Bankenkommission zu benachrichtigen, die er übrigens gemäss Art. 21 Abs. 3 BankG auch zu unterrichten hat, wenn die Bankleitung seiner Aufforderung innert einer angesetzten Frist nicht nachkommt. Die Bankenkommission kann dann nach Art. 23 Abs. 3 lit. 1 BankG auf der Behebung der Missstände ("irrégularités", "irregolarità") beharren oder die entsprechenden administrativen oder gerichtlichen Schritte einleiten, insbesondere also Strafanzeige erstatten (vgl. Komm. REIMANN, N. 10 zu Art. 21 und N. 18 ff. zu Art. 23 BankG).
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Dass die Revisionsstellen bei fehlenden Unterlagen, die nicht sogleich erhältlich sind, der Bankleitung keine Fristen zu setzen pflegen, sondern sich mit Vorbehalten in ihren Berichten begnügen, ändert an der geltenden Regelung nichts. Wenn diese in der Praxis nicht zu befriedigen vermochte und deshalb nicht in Übung kam, so ist es Sache des Gesetzgebers, dem durch eine Änderung des Gesetzes Rechnung zu tragen; auf dem Wege freier richterlichen Rechtsfindung kann das nicht geschehen. Dagegen wäre auch mit dem Einwand nicht aufzukommen, dass die Revision der Banken privaten Institutionen überlassen ist. Der Gesetzgeber hat diese Aufgabe bewusst keinen staatlichen Organen übertragen, musste sich folglich auch Rechenschaft darüber geben, dass strafbarer Ungehorsam gegenüber privaten Revisionsstellen eine klare Aufforderung verbunden BGE 94 IV 88 (93):
mit einer Fristansetzung voraussetzt. Eile oder Arbeitsüberlastung entheben die Revisionsstellen nicht der Pflicht, nach der geltenden gesetzlichen Regelung zu verfahren, wenn sie bei Revisionen auf Unregelmässigkeiten stossen, ganz abgesehen davon, dass Revisoren, die "die vorgeschriebene Aufforderung an die revidierte Bank zur Durchführung entsprechender Massnahmen" vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen, sich nach Art. 47 lit. a BankG strafbar machen.
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2. Im vorliegenden Falle begnügte sich der Revisor sowohl im Mai wie im August 1965, als er die allgemeine Vermögenslage und Geschäftsführung der Z. zu prüfen hatte, mit den Rügen, dass die Unterlagen für die Bewertung wichtiger Teile der Aktiven ganz oder teilweise fehlten. Nach seinen Berichten beanstandete er insbesondere, dass über die Vermögensverhältnisse verschiedener ausländischer Debitoren keine Belege vorhanden waren und dass ihm, abgesehen von Photokopien nicht oder schwer überprüfbarer Schriftstücke, zu mehreren Aktiven keine Dokumente unterbreitet wurden; er sei deshalb nicht in der Lage gewesen, die Bonität dieser Schuldner und die Deckung der betreffenden Aktiven zu beurteilen. Ähnlich äusserte er sich im Strafverfahren als Zeuge. Dass die Revisionsstelle die säumigen Bankorgane je aufgefordert habe, die fehlenden Unterlagen, die sich offenbar bei einer Bank im Ausland befanden, innert einer bestimmten Frist beizubringen, ist den Akten nicht zu entnehmen und wird auch von keiner Seite behauptet.
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Der Straftatbestand des Art. 46 lit. 1 BankG ist daher in objektiver Hinsicht nicht erfüllt. Dass die Bankenkommission den Verwaltungsrat der Z. mit Schreiben vom 5. Juli 1965 anwies, die fehlenden Bewertungsunterlagen bis Ende Monat durch X. beschaffen zu lassen, hilft darüber nicht hinweg. Dem Angeschuldigten wird von der Anklage bloss Ungehorsam gegenüber der Revisionsstelle vorgeworfen. Die Bundesanwaltschaft beruft sich in der Beschwerde denn auch nicht auf lit. m, sondern nur auf lit. 1 von Art. 46 BankG. Wegen Nichtbefolgung von Anordnungen der Bankenkommission wurde X. wohl verzeigt, aber nicht angeklagt.
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Bei diesem Ergebnis braucht nicht geprüft zu werden, ob die Frist, welche die Bankenkommission dem Verwaltungsrat der Z. am 5. Juli 1965 zur Beschaffung der Unterlagen setzte, angemessen war und ob der Revisionsstelle die fehlenden Dokumente BGE 94 IV 88 (94):
im Original vorzulege n waren oder Photokopien genügten. Offen bleiben kann auch, wie es sich mit dem Verschulden des Angeklagten verhält und ob dieser sich zur Rechtfertigung seines Verhaltens auf Gepflogenheiten von Banken im Ausland berufen dürfte.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
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Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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