BGE 97 IV 25 |
6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Januar 1971 i.S. Vago gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. |
Regeste |
Art. 191 Ziff. 2 StGB. Unzüchtige Handlung. |
Sachverhalt |
B.- Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte Vago am 29. September 1970 wegen Unzucht mit einem Kinde im Sinne von Art. 191 Ziff. 2 Abs. 1 StGB zu einem Monat Gefängnis, abzüglich vier Tage Untersuchungshaft.
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C.- Vago führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er macht geltend, er habe die Brust des Mädchens nur in harmloser Weise "angetippt"; weder nach dem Volksempfinden noch nach den Umständen habe seine Handlung den geschlechtlichen Anstand verletzen können. |
D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, die Nichtigkeitsbeschwerde sei abzuweisen.
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Der Kassationshof zieht in Erwägung: |
Das Bundesgericht hat sich verschiedentlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob das Betasten der Brüste einer Frau als so leicht zu nehmender Verstoss gelten könne, dass ein Mensch von durchschnittlichem Empfinden diese Handlung bloss auf oder jedenfalls nur knapp jenseits der Grenze des Anstandes sieht, nicht aber für strafbar hält (BGE 78 IV 164Erw. 2 mit Verweisungen). Im unveröffentlichten Urteil vom 14. Juli 1959 i.S. Hiltbrunner äusserte es sich unter Hinweis auf ein Urteil aus dem Jahre 1944 dahin, dass die besagte Handlung nicht in einem Masse gegen den geschlechtlichen Anstand verstosse, dass der Strafrichter in jedem Falle einschreiten müsste. Es bejahte jedoch den objektiv unzüchtigen Charakter im Hinblick auf die Tatumstände. InBGE 78 IV 164beurteilte es den Griff des Lehrers nach der Brust einer Schülerin ebenfalls als eindeutig unzüchtig.
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2. Im vorliegenden Falle stellt die Vorinstanz verbindlich fest, dass Ruth X. bei der besagten Autofahrt das Handschuhfach öffnete, wobei ihr dort aufbewahrte Aktfotos in die Hände fielen. Als sie diese neugierig betrachtete, erklärte ihr Vago, die Fotos seien für sie gar nicht interessant, da sie selbst schon "Holz vor dem Hause" habe. Zugleich langte er nach der Brust des Mädchens, um ihm zu zeigen, wo es das "Holz" habe. |
Die Vorinstanz schliesst aus den gesamten Umständen des Falles, dass Vago in nicht leicht zu nehmender Weise gegen das Sittlichkeitsgefühl verstossen habe. Dem ist zuzustimmen. Vago wird nicht nur eine derbe Vertraulichkeit unter Erwachsenen vorgeworfen, die je nach den Umständen nicht notwendigerweise unzüchtig zu sein braucht. Es handelte sich auch nicht um eine ganz beiläufige Berührung ohne einen für das Kind erkennbaren Bezug auf ein geschlechtliches Moment. Dadurch, dass Vago dem Mädchen an die Brüste griff, als dieses mehrere Aktfotos betrachtete, stellte er eine unmittelbare Beziehung zwischen den nackten Brüsten der abgebildeten Frauen und dem eigenen Körper der Ruth X. her. Das aber war geeignet, das sittliche Empfinden eines heranwachsenden Mädchens zu verletzen. Ein solches Verhalten liegt daher nicht nur auf oder knapp jenseits der Grenzen des Anstandes, sondern ist vielmehr als objektiv unzüchtig zu betrachten. Dass Vago die Brust des Mädchens nur kurz berührte, lässt sein Verschulden als eher leicht erscheinen, vermag aber den Charakter der Handlung selbst nicht zu ändern.
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