102 IV 83
Urteilskopf
102 IV 83
21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Mai 1976 i.S. M. gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste
Die Bereicherungsabsicht muss nicht ausschliessliches Motiv sein; es genügt, dass sie mitbestimmend ist.
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, es habe bei den drei Betrugsfällen nicht berücksichtigt, dass nach dem psychiatrischen Gutachten der Grund seines Handelns "zumindest ebensosehr in tieferliegenden, persönlichkeitsbedingten, triebhaften Motiven" gelegen habe. Mit der Annahme, er habe sich auch von Bereicherungsabsicht leiten lassen, verletze die Vorinstanz das Gesetz; Schuldspruch wegen Betrugs setze voraus, dass der Täter bewusst die einzelnen Tatbestandsmerkmale verwirklicht habe. Das sei nicht der Fall, wenn er überwiegend aus triebhaften Motiven handle, denn dann fehle eine freie Verwirklichung der Bereicherungsabsicht. Das Bestehen einer "untergeordneten" Bereicherungsabsicht genüge nicht.
In einer von der Vorinstanz wörtlich übernommenen Äusserung hat der Gutachter indessen nicht ein Überwiegen des triebhaften Handelns angenommen, sondern bloss festgestellt, dieses sei von zumindest gleich grosser Bedeutung wie die Bereicherungsabsicht gewesen. Dass die Vorinstanz trotzdem die Bereicherungsabsicht bejahte, verletzt das Gesetz nicht. Es genügt schon eine bloss mitgewollte oder in Kauf genommene Bereicherung. Voraussetzung ist, dass die Absicht des Täters selbst dann, wenn er die Bereicherung bloss für möglich hält, auf Erlangung des Vorteils gerichtet ist, er will die Bereicherung für den Fall, dass sie eintritt. Anders verhält es sich, wenn die Erlangung des Vorteils nur eine notwendige, dem
BGE 102 IV 83 S. 84
Täter vielleicht gleichgültige oder gar unerwünschte Nebenfolge eines von ihm erstrebten andern Erfolges ist (BGE 69 IV 80, BGE 72 IV 125, BGE 74 IV 45, BGE 98 IV 66, BGE 101 IV 207). Die Vorinstanz stellt in tatsächlicher Hinsicht und damit für den Kassationshof verbindlich fest (Art. 277bis Abs. 1 BStP), dass der Beschwerdeführer, der sich in prekärer finanzieller Lage befand, auch in Bereicherungsabsicht gehandelt hat, dass diese auf der Hand liege, auch wenn Geltungssucht mitgespielt haben möge. Der Vermögensvorteil war demnach für den Beschwerdeführer nicht bloss gleichgültige oder gar unerwünschte notwendige Folge seines Handelns. Die Bereicherungsabsicht war also mitbestimmend, was nach Art. 148 StGB genügt.