Urteilskopf
104 IV 228
52. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. September 1978 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Z.
Regeste
Art. 58 Abs. 4 StGB, Ersatzforderung des Staates.
Gefährdet die Ersatzforderung die Resozialisierung des Betroffenen schwerwiegend, kann der Richter nach pflichtgemässem Ermessen Zahlungsaufschub oder Zahlungserleichterungen gewähren oder eventuell die Ersatzforderung herabsetzen (Praxisänderung).
Aus den Erwägungen:
6. a) Der Richter verfügt gemäss
Art. 58 Abs. 1 lit. a StGB die Einziehung von Vermögenswerten, "soweit" dies zur Beseitigung eines unrechtmässigen Vorteils oder Zustandes "als geboten erscheint". Das gilt sinngemäss auch für die Zusprechung einer Ersatzforderung an den Staat gemäss Abs. 4 Der Sachrichter entscheidet also nach pflichtgemässem Ermessen.
So war es schon unter der Herrschaft des BRB über das kriegswirtschaftliche Strafrecht und die kriegswirtschaftliche Strafrechtspflege vom 17. Oktober 1944 (BS 10'850), in dessen Art. 9 und 10 der jetzige Art. 58 StGB sein Vorbild hat (BBl 1971 I 1007; Amtl. Bull. NR 1973 498). Die Einziehung war ausdrücklich ins richterliche Ermessen gelegt ("kann" in Art. 9 und 10; "wenn es ... als notwendig erscheint" in Art. 9). Und so verstand es auch die damalige Rechtsprechung (Entscheid vom 18. Juli 1947 des Strafappellationsgerichtes i.S. B., in: Entscheide der kriegswirtschaftlichen Strafgerichte, Bd. IV Nr. 21 S. 58ff.).
Der heutige Artikel 58 ist durch das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 1974 in das Strafgesetzbuch eingefügt worden. Zu dem mit ihm im wesentlichen übereinstimmenden Art. 13 des Vorentwurfes PFUND vom März 1959 führt der Motivenbericht (S. 62) aus, die Einschränkung "als geboten erscheint" stelle die Einziehung weitgehend ins Ermessen der Behörden.
b)
Art. 58 StGB soll verhindern, dass sich strafbares Verhalten lohnt. Dann aber muss die Ersatzforderung des Staates selbst dann bestehen bleiben, wenn der Empfänger des unrechtmässigen Vorteils kein Vermögen mehr hat, zumal der Vorteil sich nicht nur in der Vermehrung von Aktiven, sondern auch in einer Verringerung von Passiven auswirken kann (
BGE 104 IV 5; vgl.
BGE 100 IV 266). Die Ersatzforderung will den, der den unrechtmässigen Vorteil sogleich verbraucht, nicht besser stellen als den, der noch in seinem Besitz ist (
BGE 104 IV 6).
Anderseits darf die Ersatzforderung nicht die gesellschaftliche Wiedereingliederung des Betroffenen gefährden (vgl.
BGE 103 IV 146). Bei schwerwiegender Gefährdung der Resozialisierung kann der Richter (nicht, wie in
BGE 103 IV 146 angenommen, erst die Vollzugsbehörde) einen Zahlungsaufschub oder Zahlungserleichterungen gewähren. Lässt sich damit die Gefährdung nicht beheben, so kann er nach pflichtgemässem Ermessen die Ersatzforderung in dem für die ungefährdete Wiedereingliederung voraussichtlich erforderlichen Masse herabsetzen.
c) Im vorliegenden Fall ist eine Gefährdung der Wiedereingliederung nicht festgestellt, so dass es bei der Rückweisung der Sache im weiter oben umschriebenen Sinne bleibt.