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Original
 
Urteilskopf

106 IV 15


6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. April 1980 i.S. H. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)

Regeste

Art. 140 StGB.
Veruntreuung durch einen Einkäufer, der befugtermassen für eine Drittfirma einkauft, die den Kaufpreis dem Einkäufer zuhanden seiner Arbeitgeberin zahlt. Bestimmung des Geschädigten.

Sachverhalt ab Seite 16

BGE 106 IV 15 S. 16
Aus dem Sachverhalt:

A.- 1. H. trat im Januar 1971 in die Dienste der F. AG; am 10. Februar 1978 wurde er fristlos entlassen. Als Einkäufer der F. AG hatte H. Kontakt mit der Metallwarenfabrik M. AG und mit der Fabrik E. AG. Von der M. AG bezog die F. AG sogenannte Rollzüge und von der E. AG Rollkörbe mit einmontierten Rollzügen. H. versprach der E. AG, für sie bei der M. AG direkt einzukaufen. Es gelang ihm, bei der M. AG günstiger einzukaufen als die E. AG (Fr. 10.-- statt Fr. 12.-- bis Fr. 13.-- pro Rollzug). Er bestellte bei der M. AG vom 10. Dezember 1975 bis 2. Dezember 1977 in 27 Malen telefonisch unter dem Namen seiner Arbeitgeberin F. AG Rollzüge zum Preise von insgesamt Fr. 220'760.--. Von den Rechnungen der M. AG an die F. AG erstellte H. jeweilen ein Doppel und übermittelte es der E. AG. Diese zahlte die Rechnungsbeträge H. persönlich durch Bankchecks, die er einlöste und deren Gegenwert er für sich verwendete. Es handelt sich gesamthaft nach Abzug von Skonto um Fr. 213'775.70. Die Rechnungsoriginale leitete H. an die F. AG weiter und gab sie durch sein Visum zur Zahlung frei. Die F. AG überwies der M. AG nach Abzug von Skonto insgesamt Fr. 214'005.--. Die erste Rechnung vom 5. Januar 1976 liess H. dem Überbauungskonto "Liebrüti" der F. AG belasten. Um die Lagerdifferenzen zu verheimlichen, erstellte er im übrigen Lagerkarten mit fingierten entsprechenden Eingängen von Rollzügen.

B.- Das Bezirksgericht Zofingen verurteilte H. am 11. Januar 1979 wegen fortgesetzter Veruntreuung, wiederholter und fortgesetzter Urkundenfälschung (und Vernachlässigung von Unterstützungspflichten) zu 18 Monaten Gefängnis.
Das Obergericht des Kantons Aargau änderte dieses Urteil am 6. Dezember 1979 insofern ab, als es H. zusätzlich des
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fortgesetzten Betrugs schuldig befand und ihn zu 20 Monaten Gefängnis verurteilte.

C.- H. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie ihn freispreche von der fortgesetzten Veruntreuung zum Nachteil der E. AG, vom fortgesetzten Betrug zum Nachteil F. AG und ihn der fortgesetzten Veruntreuung zum Nachteil der F. AG schuldig spreche.
Die Staatsanwaltschaft beantragt Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. Hinsichtlich der Verurteilung wegen fortgesetzter Veruntreuung erhellt aus dem angefochtenen Urteil, dass das Obergericht die E. AG als Geschädigte betrachtet. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe die zivilrechtliche Vorfrage unrichtig beantwortet und deswegen zu Unrecht eine Veruntreuung zum Nachteil der E. AG angenommen. Er habe zum Nachteil der F. AG veruntreut und könne nicht zusätzlich wegen Betrugs bestraft werden.
a) Nach dem angefochtenen Urteil räumt die F. AG ihren Einkäufern die Befugnis ein, für eine Drittfirma einzukaufen, wobei diese sich gegenüber dem Verkäufer nicht zu erkennen gibt und deshalb offiziell an die F. AG zahlt, nicht aber an den Einkäufer dieser Firma. Die Vorinstanz folgert aus diesen Feststellungen, dass die Befugnis zum Abschluss von sogenannten Dreieckgeschäften dem Beschwerdeführer nicht "ohne weiteres" die Berechtigung gegeben habe, Zahlungen mit befreiender Wirkung für den Käufer entgegenzunehmen. Und an anderer Stelle nimmt sie diesen Gedanken nochmals auf mit der Feststellung, ein Einkäufer dürfe, wie erwähnt, nicht Zahlungen an sich persönlich entgegennehmen.
b) Diese den Kassationshof bindenden Feststellungen (Art. 277bis Abs. 1 BStP) betreffen das Innenverhältnis zwischen der F. AG und ihren Einkäufern. Sie zwingen aber nicht zur Annahme, die im Innenverhältnis gültige Beschränkung der Handlungsvollmacht des Beschwerdeführers habe ohne weiteres auch für Dritte Geltung gehabt. Das würde nur zutreffen, wenn eine solche Beschränkung der Vollmacht dem Dritten vom Vollmachtgeber zur Kenntnis gebracht worden wäre oder
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jener nach den Umständen oder nach der in der betreffenden Branche herrschenden Übung darauf hätte schliessen müssen (s. Art. 462 Abs. 1 OR). Die Vorinstanz stellt nichts Derartiges fest. Selbst wenn man aber ihre Annahme, ein Einkäufer dürfe nicht Zahlungen an sich persönlich entgegennehmen, über die inneren Geschäftsgepflogenheiten der F. AG hinaus als allgemeine Äusserung in dem Sinne verstehen wollte, dass die Tätigkeit eines Einkäufers für gewöhnlich die Entgegennahme von Zahlungen nicht mit sich bringe (Art. 462 Abs. 1 OR), so wäre dem entgegenzuhalten, dass bei den Dreieckgeschäften, bei denen die F. AG als indirekte Stellvertreterin auftrat, um den eigentlichen Käufer dem Verkäufer gegenüber zu verheimlichen, es sich um Geschäfte handelte, die auch nicht zur gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eines Einkäufers zählen. Gerade wegen der Besonderheit der Geschäftsabwicklung konnte die E. AG annehmen, die F. AG habe besondere Gründe, die Zahlungen über den Namen des Einkäufers abzuwickeln; denn die F. AG ermöglichte der E. AG Materialkäufe zu Bedingungen, die die Verkäuferin nur der F. AG, nicht aber anderen Firmen zugestand, sodass Erwägungen der Geheimhaltung ein besonderes Vorgehen bei den Zahlungen nahelegen konnten. Dazu kommt, dass die E. AG während vollen zwei Jahren zahlreiche Geschäfte dieser Art mit dem Beschwerdeführer abgewickelt hat, dass ihr während dieser Zeit jeweils Doppel der Rechnungen der M. AG, welche diese für die Lieferungen an die F. AG gerichtet hatte, übermittelt wurden und dass die Rechnungen innert 30 Tagen zahlbar waren. Da ihr in den zwei Jahren immer wieder anstandslos Ware geliefert wurde, konnte sie davon ausgehen, dass die vorausgehenden Rechnungen von der F. AG bezahlt worden waren, nachdem sie ihrerseits durch Übergabe der Checks an den Beschwerdeführer ihre Verpflichtungen gegenüber der F. AG erfüllt hatte, und dass infolgedessen der mit H. vereinbarte Zahlungsmodus in Ordnung ging. In dieser Auffassung musste sie schliesslich auch dadurch bestärkt werden, dass sie, wie die Vorinstanz selber feststellt, den Beschwerdeführer für den Einkaufsdirektor gehalten hat, dessen Weisungen für sie "als kategorisch" galten. Da dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen ist, warum sie dies nicht in guten Treuen hätte tun dürfen, konnte sie ohne Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht annehmen, die Entgegennahme der Checks durch den Beschwerdeführer liege in
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dessen Kompetenzbereich (s. hiezu Guhl/Merz/Kummer, Schweiz. OR, 6. Auflage Seite 161 oben). Bei dieser Sachlage aber hat die E. AG die Zahlungen nicht an H. als Privatmann, sondern als Organ der F. AG geleistet mit der Folge, dass sie dadurch von ihren Verpflichtungen dieser gegenüber befreit wurde. Dann aber kann von einer Veruntreuung zum Nachteil der E. AG entgegen der Meinung der Vorinstanz nicht die Rede sein. Das angefochtene Urteil beruht insoweit auf einer unrichtigen Anwendung von Bundesrecht.
c) Der Beschwerdeführer anerkennt, hinsichtlich der ihm von der E. AG zuhanden der F. AG übergebenen Checks eine Veruntreuung zum Nachteil der letzteren Firma begangen zu haben. Diese rechtliche Subsumtion trifft das Richtige, denn wenn H. im Aussenverhältnis als Organ der letztgenannten Firma für diese Geldwerte entgegengenommen, sie aber in eigenem Nutzen verwendet hat, hat er ihm Anvertrautes zum Nachteil der F. AG veruntreut.
d) Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich, dass die Vorinstanz den Beschwerdeführer nicht zusätzlich wegen Betrugs zum Nachteil der F. AG verurteilt hätte, wenn sie der Auffassung gewesen wäre, die Veruntreuung sei zum Nachteil dieser Firma und nicht der E. AG begangen worden. Die Sache ist deshalb an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie den Beschwerdeführer wegen fortgesetzter Veruntreuung zum Nachteil der F. AG bestrafe und von der Anklage des Betruges zum Nachteil derselben Firma freispreche. Dadurch, dass der Beschwerdeführer zur Vertuschung seiner Veruntreuungen zu Falschkontierungen und zur Fälschung von Lagerkarten Zuflucht nahm (wofür er der wiederholten und fortgesetzten Urkundenfälschung schuldig gesprochen wurde) und die Rechnungen, welche die M. AG der F. AG für die Bestellungen des Beschwerdeführers übermittelt hatte, zur Bezahlung freigab, bestimmte er seine Arbeitgeberfirma nicht zu Vermögensdispositionen, die sie sonst nicht hätte vornehmen müssen. Wie die Vorinstanz selber hervorhebt, musste die F. AG jene Rechnungen aufgrund von Bestellungen des H. bezahlen, zu denen dieser befugt war. Dass die bestellten Waren nicht an die F. AG kamen, ist ohne Belang. Die Dreieckgeschäfte, zu deren Abschluss die Einkäufer der F. AG ermächtigt waren, zielten gerade darauf ab, Waren für Dritte und nicht für die F. AG zu erwerben. Ob die Waren deshalb durch die Lager der F. AG
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oder unmittelbar an Dritte gingen, änderte an der Verpflichtung dieser Firma zur Bezahlung der Rechnungen der M. AG nichts, zumal diese wegen der indirekten Stellvertretung der F. AG vom Vertretungsverhältnis überhaupt nichts wusste noch aus den Umständen darauf schliessen musste (Art. 32 Abs. 2 OR) und folglich ihr Geschäftspartner nur die F. AG war.

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Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1

Referenzen

Artikel: Art. 462 Abs. 1 OR, Art. 140 StGB, Art. 277bis Abs. 1 BStP, Art. 32 Abs. 2 OR