BGE 106 IV 36
 
11. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. Februar 1980 i.S. M. gegen M. und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
Regeste
Art. 217 StGB, Vernachlässigung von Unterstützungspflichten.
 


BGE 106 IV 36 (36):

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
a) In dem zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau hängigen Scheidungsverfahren verpflichtete der Amtsgerichtspräsident II von Luzern-Stadt in Anwendung von

BGE 106 IV 36 (37):

Art. 145 ZGB M., an Ehefrau und Tochter monatlich insgesamt Fr. 1'050.-- zu bezahlen. Bei Bemessung der der Ehefrau persönlich zuerkannten Fr. 800.-- wurde berücksichtigt, dass diese inskünftig die Wohnungsmiete zu bezahlen haben werde. Damit wurde die Unterhaltspflicht des Beschwerdeführers auch insoweit, als sie sich auf das Wohnen bezog, zu einer Unterhaltsbeitragspflicht; es trat m.a.W. an die Stelle des Naturalunterhalts die Geldleistung (BGE 76 IV 118; 74 IV 52, 159; BGE 70 IV 167). Unter diesen Umständen stand es dem Beschwerdeführer nicht frei, nach Belieben die richterlich festgesetzte Geldleistungspflicht teilweise in natura, d.h. durch Zurverfügungstellung einer Wohnung vermittels direkter Bezahlung des Mietzinses an die Vermieterin zu erfüllen. Das kann schon deswegen nicht zulässig sein, weil in all den Fällen, in denen die Miete höher ist, als das dafür im Rahmen des Existenzminimums vorgesehene Betreffnis, der Beitragsschuldner vom gesamten Unterhaltsbeitrag mehr in Abzug bringen könnte, als der Richter bei Bemessung jenes Beitrags für die Wohnung eingesetzt hatte. Im vorliegenden Fall beispielsweise hätten sich die monatlichen Zwangsauslagen der Ehefrau für sich und die Tochter unter Einbezug einer Miete von Fr. 640.-- und Fr. 50.-- Nebenkosten auf Fr. 1'600.-- belaufen. Unter Berücksichtigung des Existenzminimums des Beschwerdeführers und seines Verdienstes wurden Frau M. und ihrer Tochter bloss Fr. 1'050.-- zuerkannt, womit auch der Beitrag an die Mietkosten eine verhältnismässige Herabsetzung erfuhr. Es kann nicht Sache des Beitragspflichtigen sein, dieses Wertverhältnis zwischen den verschiedenen den Gesamtbeitrag bildenden Faktoren eigenmächtig zu ändern, indem er von sich aus die volle Wohnungsmiete an den Vermieter bezahlt und dann die erbrachte Leistung vom richterlich festgesetzten Unterhaltsbeitrag abzieht. Vielmehr muss es dem andern Ehegatten vorbehalten bleiben, die Miete aus dem Unterhaltsbeitrag oder/und eigenen Mitteln zu decken, wobei es ihm auch anheimgegeben sein muss, den durch den Unterhaltsbeitrag nicht gedeckten Teil der Miete beispielsweise durch eigene Arbeit für den Vermieter abzugelten, um solcherweise den restlichen Teil des Unterhaltsbeitrages für die anderen darin berücksichtigten Bedürfnisse verwenden zu können. Dieser Möglichkeit würde jedoch der Beitragsberechtigte beraubt,

BGE 106 IV 36 (38):

könnte der Beitragspflichtige so verfahren, wie es der Beschwerdeführer getan haben will. Darüber helfen auch dessen Hinweise auf das Schrifttum und die Praxis nicht hinweg. Der Entscheid in Sem. jud. 1949, S. 38 ff. betrifft die Bemessung des Unterhaltsbeitrags durch den Zivilrichter in einem Fall, in welchem die Ehegatten wohl getrennt, aber in derselben Wohnung wohnten und der Ehemann den Mietzins bezahlte. Hier blieb der Ehemann selber Mieter, und es war deshalb am Platz, dass er weiterhin den Mietzins bezahlte, umgekehrt aber diesem Vorteil für die Frau bei Bemessung des Unterhaltsbeitrags durch eine entsprechende Reduktion Rechnung getragen wurde. Darauf nimmt auch BÜHLER, Berner Kommentar, N. 120 zu Art. 145 ZGB, Bezug. Sodann kann der Beschwerdeführer auch aus der anderen von ihm angeführten Stelle des genannten Kommentars (N. 94 zu Art. 145 ZGB) nichts für sich ableiten, handelt es sich dabei doch um den ganz anders gelagerten Fall, dass die Wohnung der Ehefrau zugewiesen wird und der Ehemann deren Mieter ist. Keines der angeführten Zitate lässt deshalb den Schluss zu, es könne in Fällen wie dem vorliegenden der Ehemann, der vom Richter gemäss Art. 145 ZGB zur Bezahlung eines die Mietkosten seiner getrennt lebenden Ehefrau mitberücksichtigenden Unterhaltsbeitrages verpflichtet wurde, eigenmächtig den Mietzins direkt an den Vermieter bezahlen und den geleisteten Betrag vom Unterhaltsbeitrag in Abzug bringen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.