BGE 106 IV 144 |
45. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. April 1980 i.S. P. und Konsorten gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde) |
Regeste |
1. Die staatsrechtliche Beschwerde hemmt den Eintritt der Rechtskraft des angefochtenen Entscheides nicht und lässt die Verfolgungsverjährung nicht weiterlaufen (Erw. 3). |
a) Art. 63 Abs. 4 der Verfügung des Eidg. Departements des Innern über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung durch flüssige Brenn- und Treibstoffe sowie andere wassergefährdende Lagerflüssigkeiten (Technische Tankvorschriften, TTV) vom 27. Dezember 1967 ist durch das GSchG vom 8. Oktober 1971 und die zugehörigen Verordnungen nicht aufgehoben worden (Erw. 4a). |
b) Revisionen von Tankanlagen werden von der kantonalen Behörde nicht generell angeordnet, sondern nur bei Feststellen einer nichterfolgten Revision (Erw. 4b). |
c) Art. 24 Abs. 3 GschG. Pflicht zur Instandhaltung von Einrichtungen zur Lagerung wassergefährdender Stoffe (Erw. 5). |
Aus den Erwägungen: |
Diese Argumentation geht sinngemäss von der Prämisse aus, dass die staatsrechtliche Beschwerde den Eintritt der Rechtskraft des angefochtenen Entscheides hemme und die Verfolgungsverjährung weiterlaufen lasse. Das trifft jedoch nicht zu. Die staatsrechtliche Beschwerde ist ein ausserordentliches Rechtsmittel. Sie hat keinen Devolutiveffekt, zumal sie das vorausgehende kantonale Verfahren nicht einfach fortsetzt, sondern mit ihrer Einreichung ein neues, andersartiges Verfahren eröffnet (BGE 99 Ia 255). Sie hemmt überdies auch die Vollstreckung nicht (H. MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, 4. Aufl., S. 26 und 257). Insoweit verhält es sich bei der staatsrechtlichen Beschwerde nicht anders als bei der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde, deren Einreichung durch den Verurteilten die Verfolgungsverjährungsfrist auch nicht weiterlaufen lässt (zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil des Kassationshofes vom 20. November 1979 i.S. B.). Im vorliegenden Fall kam demnach die Strafverfolgung mit der Ausfällung des Urteils des Appellationsgerichtes vom 31. Oktober 1979 zum Abschluss und nahm damit auch der Lauf der Verjährungsfrist sein Ende. Von einer Verjährung der den Beschwerdeführern zur Last gelegten Delikte kann deshalb nicht die Rede sein, dies umso weniger, als die Handlungspflicht der Beschwerdeführer nicht schon am 1. Juli 1972 endete. Sie dauerte vielmehr solange, als die fraglichen Leitungen in Betrieb waren und keine Revision deren Sicherheit bestätigte. Da eine solche Prüfung seit langem nicht vorgenommen worden war, endete die Handlungspflicht der Beschwerdeführer erst mit dem Ausserbetriebsetzen der Leitungen durch das Gewässerschutzamt, also am 4. Februar 1975. |
a) Das trifft nicht zu. Nach Art. 63 Abs. 4 TTV sind die zu Tankanlagen gehörenden Rohrleitungen, die nicht unter das Rohrleitungsgesetz fallen, vor der Inbetriebnahme und später periodisch auf ihre Dichtigkeit und Betriebstüchtigkeit zu prüfen. Diese Bestimmung wurde weder in Art. 45 GSchG ausdrücklich aufgehoben, noch enthält dieses Gesetz irgendwelche Bestimmungen (insb. Art. 24), denen Art. 63 Abs. 4 TTV widerspräche. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung vom 19. Juni 1972 (SR 814.201) noch aus der Verordnung zum Schutze der Gewässer gegen Verunreinigung durch wassergefährdende Flüssigkeiten (VWF) vom 19. Juni 1972 (SR 814.226.21). Vielmehr lässt der Umstand, dass diese sich auf das neue GSchG stützende Verordnung in Art. 60 einzelne Artikel der TTV ausdrücklich aufhebt, darunter Art. 63 Abs. 4 aber gerade nicht erwähnt, den Schluss zu, dass diese Bestimmung weiterhin in Kraft ist. Schliesslich spricht auch die Tatsache, dass die TTV samt ihrem Art. 63 heute noch in der Systematischen Sammlung des Bundesrechts aufgeführt ist (SR 814.226.211), gemäss Art. 1 Abs. 3 und Art. 2 des Bundesgesetzes über die Herausgabe einer neuen Bereinigten Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen vom 6. Oktober 1966 (AS 1967, S. 17; Vorwort in SR-Band I, 1) für ihre weitere Geltung. |
b) Den Beschwerdeführern ist allerdings zuzugestehen, dass die in Art. 63 Abs. 4 TTV normierten Vorkehrungen mit dem Inkrafttreten des GSchG vom 8. Oktober 1971, d.h. vom 1. Juli 1972 an unter den Begriff der Revisionsarbeiten fielen, was aus Sinn und Zweck des Art. 26 GSchG erhellt. Das enthob aber den Eigentümer oder Inhaber einer Tankanlage nicht der Pflicht, die notwendigen Arbeiten, wenn nicht selbst auszuführen, so doch durch entsprechende Auftragserteilung ausführen zu lassen. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung werden die Revisionen von Tankanlagen nicht von der kantonalen Behörde angeordnet. Diese setzt lediglich u.a. die Zeitabstände der Revisionen fest und führt hierüber ein Kataster (Art. 31 VWF). Erst bei Feststellen einer nichterfolgten Revision ordnet sie eine solche an.
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Auch übersehen die Beschwerdeführer, dass ihnen neben jener Pflicht zur Anordnung von Revisionen nach Art. 24 Abs. 1 GSchG eine allgemeine Kontrollpflicht oblag, wie sie zur üblichen Wartung solcher Anlagen gehört. Angehörige eines Betriebes, die nach der internen Aufgabenteilung die Verantwortung für solche Kontrollen tragen, haben denn auch alles vorzukehren, damit diese in regelmässigen zeitlichen Abständen, die nach Art und Alter der Anlage grösser oder kleiner sein können, richtig durchgeführt werden; nach Art. 13 GSchG ist nämlich jedermann verpflichtet, alle nach den Umständen erforderliche Sorgfalt aufzuwenden, um die Verunreinigung der ober- und unterirdischen Gewässer zu vermeiden.
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5. Im vorliegenden Fall wurde den Beschwerdeführern nicht vorgeworfen, sie hätten vorgeschriebene Zeitintervalle zur Durchführung von Tankrevisionen nicht eingehalten, sondern es wurde ihnen zur Last gelegt, entgegen den Vorschriften des Art. 24 GSchG die Steigerleitung nicht geprüft zu haben. Der der T. AG, einer Spezialfirma für Tankrevisionen, erteilte Auftrag umfasste jene Prüfung nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz nicht. Zudem hätte die T. AG von jener unterirdischen Leitung wissen müssen, um einen weitergehenden Auftrag erfüllen zu können. Die Vermittlung der dafür notwendigen örtlichen Kenntnisse hätte in jedem Fall dem Eigentümer oder Inhaber solcher Anlagen bzw. deren Organen obgelegen (Art. 24 Abs. 3 GSchG). Die Beschwerdeführer können sich deshalb mit dem Hinweis auf die von der T. AG ausgeführten Revisionen nicht entlasten. Vielmehr haben sie für die Unterlassung der gebotenen Prüfung einzustehen. |
Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz war nämlich der Betonkanal, in welchem die Rohre verlegt waren und der entgegen der unzulässigen Behauptung der Beschwerdeführer nicht als Leckerkennungskanal angelegt war, ungefähr 50 Jahre alt. Er lag nicht in gefestigtem Boden und war Erschütterungen durch die darüber führenden Strasse und Gleise ausgesetzt. Der Beton war zudem porös, ungleich verdichtet und enthielt zuwenig Zement. Auch war die poröse Konsistenz des Betons am Anfang des Kanals erkennbar. Wenn das Appellationsgericht gestützt darauf sowie aufgrund der Tatsache, dass der Kanal seit langer Zeit nicht mehr kontrolliert worden war, den Schluss zog, die Beschwerdeführer hätten unter den gegebenen Umständen nicht, ohne sich durch eine Prüfung zu überzeugen, davon ausgehen dürfen, dass der Kanal dicht, d.h. für Öl undurchlässig sei, so ist ihm beizupflichten, zumal auch aus dem Umstand, dass aus den beiden Enden des Kanals kein Öl ausgetreten war, bei der genannten Sachlage nicht mit Sicherheit gefolgert werden konnte, dass die Rohrleitung intakt sei. Eine solche Vermutung wäre hier auch deswegen fragwürdig gewesen, weil die Rohrenden gegenüber der Rohrmitte auf einem höheren Niveau lagen. Pflichtgemässe Vorsicht hätte deshalb eine regelmässige und - angesichts des Alters der Anlage - in verhältnismässig kurzen Zeitintervallen durchgeführte genaue Kontrolle des Kanals und der darin verlegten Rohre geboten. Diesem Erfordernis haben die Beschwerdeführer nicht genügt, obschon ein jeder von ihnen gemäss seinem im angefochtenen Urteil verbindlich festgestellten Pflichtenheft im Rahmen seines Aufgabenbereichs für die Funktionstüchtigkeit der gesamten Anlagen verantwortlich gewesen ist. Auch waren alle Beschwerdeführer hiefür qualifiziert, und es waren die Steigerleitung und deren Führung für sie ohne weiteres erkennbar. Persönliche Gründe, die es ihnen verunmöglicht hätten, ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen, liegen nach dem angefochtenen Urteil keine vor. Was in der Beschwerde hiegegen eingewendet wird, kommt schon deswegen nicht auf, weil es dabei weitgehend um Tatfragen geht, die von den kantonalen Gerichten für den Kassationshof verbindlich beantwortet wurden (Art. 277bis Abs. 1 BStP). Das gilt insbesondere auch hinsichtlich der vorinstanzlichen Feststellungen der firmeninternen Verantwortlichkeit eines jeden Beschwerdeführers. Soweit also auf die Beschwerde in diesem Punkt überhaupt einzutreten ist, ist sie als unbegründet abzuweisen. |