Urteilskopf
110 IV 52
18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. Mai 1984 i.S. O. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden und Schweizerische Bundesanwaltschaft (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste
Art. 1 BG über das Kriegsmaterial, Art. 2 Vo zum BG über das Kriegsmaterial.
Für die Bezeichnung von Waffen als Kriegsmaterial im Sinne von Art. 1 des BG über das Kriegsmaterial ist unerheblich, inwieweit diese in der Schweizer Armee bzw. Armeen umliegender Staaten (noch) verwendet werden.
Ohne im Besitze einer Grundbewilligung gemäss Art. 4 BG über das Kriegsmaterial (KMG) zu sein, handelte O. in den Jahren 1978 bis 1980 wiederholt mit Waffen. Bis 19. April 1980 verkaufte er ca. 60 bis 70 Karabiner 11, Karabiner 31 und Langgewehre. Obwohl die Polizei ihn an der Waffenbörse Luzern auf die geltenden Bestimmungen aufmerksam machte, setzte er vom 20. April bis 27. Oktober 1980 erneut 10 Karabiner über einen ihm bekannten patentierten Waffenhändler ab.
Das Kantonsgericht des Kantons Nidwalden verurteilte O. am 7. März 1984 wegen vorsätzlicher und fahrlässiger Beschaffung bzw. Vertriebs von Kriegsmaterial, ohne im Besitze der erforderlichen
BGE 110 IV 52 S. 53
Bewilligung zu sein, zu einer Busse von Fr. 500.- sowie zur Ablieferung des erzielten Gewinnes. Diesen Entscheid ficht O. mit eidg. Nichtigkeitsbeschwerde an.Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer erblickt eine Verletzung von Bundesrecht in der vorinstanzlichen Auffassung, wonach es sich bei den von ihm gehandelten Karabinern 11, Karabinern 31 und Langgewehren um Kriegsmaterial gemäss Art. 1 KMG und Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 der Verordnung über das Kriegsmaterial (VKM) handelte. Die genannten Waffen stellten, weil von der Schweizer Armee sowie allen andern Armeen nicht mehr gebraucht, keine Kampf-, sondern bloss Sportwaffen (im Sinne von Art. 2 lit. b VKM) und damit kein Kriegsmaterial dar. Es sei nicht Sinn und Zweck des Kriegsmaterialgesetzes, den Kauf und Verkauf von bei der Schweizer Armee "ausrangierten" und in einigen Kantonen ohne Bewilligung erhältlichen Waffen zu verbieten.
Gemäss Art. 1 KMG gelten als Kriegsmaterial nicht bloss Waffen, welche bei der Schweizer Armee im fraglichen Zeitpunkt zum Einsatz kommen, sondern auch solche, welche als Kampfmittel verwendet werden können. Dementsprechend nimmt Art. 2 lit. b VKM nur diejenigen alten Waffen von den Bestimmungen über das Kriegsmaterial aus, für welche keine verwendbare Munition mehr hergestellt wird oder im öffentlichen Handel erhältlich ist. Der Beschwerdeführer macht selbst nicht geltend, dass dies für die von ihm gehandelten Waffen zutreffe. Die Ansicht aber, wonach die "bei der Armee ausrangierten" Karabiner und Langgewehre als Sportwaffen im Sinne von Art. 2 lit. b VKM zu gelten hätten und damit kein Kriegsmaterial mehr darstellten, findet keine Stütze im Gesetz und in der Verordnung; aus der Aufzählung in Art. 2 VKM sowie aus dem Wortlaut in lit. b dieser Bestimmung, wonach Sportwaffen für den Fachmann als solche erkennbar sein müssen und in gleicher Ausführung nicht auch Kampfwaffen sein dürfen, ergibt sich, dass Kampfwaffen (Kriegsmaterial) nicht automatisch zu Sportwaffen werden, wenn sie in der Schweizer Armee keine Verwendung mehr finden. Im übrigen ist nach dem oben Dargelegten nicht ersichtlich, weshalb die Einstufung der Karabiner und Langgewehre als Kriegsmaterial Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechen soll, könnten die genannten Waffen doch ohne weiteres als Kampfmittel (z.B. in ausländischen Konfliktsgebieten)
BGE 110 IV 52 S. 54
verwendet werden. Aus dem angeblich in einigen Kantonen möglichen Kauf und Verkauf von Karabinern ohne Bewilligung lässt sich für die Ansicht des Beschwerdeführers nichts herleiten. Die Vorinstanz hat die fraglichen Waffen deshalb zu Recht als Kriegsmaterial im Sinne des KMG und der VKM bezeichnet.