117 IV 163
Urteilskopf
117 IV 163
32. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 1. Juli 1991 i.S. K. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste
Art. 166 StGB; Unterlassung der Buchführung.
Zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes genügt Eventualvorsatz (Präzisierung der Rechtsprechung).
K. wurde vom Kantonsgericht St. Gallen am 10. Januar 1990 im Berufungsverfahren wegen wiederholter und fortgesetzter Unterlassung der Buchführung (Art. 166 StGB) sowie wiederholter und fortgesetzter ordnungswidriger Führung der Geschäftsbücher (Art. 325 StGB) zu zwei Monaten Gefängnis bedingt verurteilt.
Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beantragt K. Freispruch vom Vorwurf der wiederholten und fortgesetzten Unterlassung der Buchführung, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zwecks Neubeurteilung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen:
2. a) Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 166 StGB (Unterlassung der Buchführung), da der subjektive Tatbestand nicht erfüllt sei bzw. ihm die vorausgesetzte Verschleierungsabsicht nicht nachgewiesen werden könne. Zur Begründung bringt er, wie bereits im Berufungsverfahren, im wesentlichen vor, die Unterlassung der Buchführung sei nicht deshalb erfolgt, weil er den Vermögensstand der von ihm geführten Gesellschaften habe verschleiern wollen, sondern weil ihm nach dem Defekt bzw. nach der Wegnahme der die Buchhaltungsdaten speichernden EDV-Anlage durch die Leasinggeberin die finanziellen Mittel für die Fortführung der Buchhaltung gefehlt hätten; er habe aus finanziellen Gründen auch seinen Buchhalter (der zwischen Rücknahme der EDV-Anlage und dem Ende seines Arbeitsverhältnisses die Buchhaltung auf konventionelle Art und Weise weitergeführt habe) nicht ersetzen und auch keinen Treuhänder bezahlen können; interessierte Dritte hätten ja den Vermögensstand der Gesellschaften über das Betreibungsamt oder zum Beispiel über die Firma C. abklären können.
b) Eine Bestrafung nach Art. 166 StGB ist nur bei vorsätzlichem Verhalten möglich. Vorsatz bedeutet insbesondere, dass sich der Schuldner seiner Buchführungspflicht bewusst sein und die möglichen Konsequenzen der Verletzung dieser Pflicht, nämlich eine Verschleierung der finanziellen Situation, erkennen muss. Dabei genügt (entgegen gewissen missverständlichen Formulierungen in BGE 72 IV 19) Eventualvorsatz. Die erforderliche Inkaufnahme
BGE 117 IV 163 S. 165
von Unklarheiten über den Vermögensstand heisst indessen nicht, dass die Verschleierung desselben das eigentliche Handlungsziel zu sein braucht (STRATENWERTH, BT I, 3. Aufl., S. 307; ALBRECHT, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, BT 2. Band, N 18 zu Art. 166 StGB mit weiteren Hinweisen; TRECHSEL, StGB-Kurzkommentar, N 4 zu Art. 166).c) Die Vorinstanz stellte im Rahmen ihrer Beweiswürdigung fest, zumindest der Eventualvorsatz, dass der Vermögensstand "nicht oder nicht vollständig ersichtlich" war bzw. verschleiert wurde, sei beim Beschwerdeführer "klar ausgewiesen". An diese tatsächliche Feststellung über den sog. inneren Sachverhalt, das Wissen und Wollen des Beschwerdeführers, ist der Kassationshof gebunden; sie ist mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht anfechtbar (Art. 273 Abs. 1 lit. b, 277bis Abs. 1 BStP; BGE 109 IV 47 E. 1, BGE 107 IV 192 E. 5; vgl. insbesondere auch BGE 77 IV 166). Nachdem aber Eventualvorsatz zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes von Art. 166 StGB genügt, erweist sich die Beschwerde als unbegründet, soweit darauf einzutreten ist.