Urteilskopf
120 IV 199
35. Urteil des Kassationshofes vom 22. August 1994 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Bern gegen S. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste
Art. 110 Ziff. 5, Art. 251 Ziff. 1, Art. 253, Art. 21 ff. StGB;
Art. 701, Art. 702 Abs. 2 OR; inhaltlich unrichtiges Protokoll einer Universalversammlung, Falschbeurkundung, Erschleichung einer falschen Beurkundung, Versuch/Wahndelikt.
Ein Universalversammlungsprotokoll hat insoweit Urkundeneigenschaft, als es Grundlage für einen Eintrag im Handelsregister bildet (E. 3c).
Wer an einer Universalversammlung die Erklärung des Vorsitzenden, es seien sämtliche Aktien vertreten, im Wissen um deren Unwahrheit protokolliert, ist, sofern nebst dem Vorsatz auch die Schädigungs- oder Vorteilsabsicht gegeben ist, wegen Falschbeurkundung strafbar (E. 3d).
Sind sämtliche Aktien vertreten, rechnet der Protokollführer aber damit, es verhalte sich anders, und nimmt er das in Kauf, kommt ein eventualvorsätzlicher Versuch der Falschbeurkundung in Betracht, nicht ein strafloses Wahndelikt (E. 3e).
Wer die gültige Wahl eines Verwaltungsrates beim Handelsregister anmeldet und dabei deren Ungültigkeit in Kauf nimmt, ist wegen eventualvorsätzlichen Versuchs der Erschleichung einer falschen Beurkundung strafbar (E. 4).
A.- S., Fürsprecher und Notar, wurde am 15. Juli 1985 von der Vormundschaftskommission der Stadt Bern gemäss
Art. 392 ZGB zum Vertretungsbeistand von W. ernannt. Am 11. Oktober 1985 führte W., damals in Untersuchungshaft, im Bezirksgefängnis Bern eine ausserordentliche Generalversammlung der P. AG durch. S. nahm daran als Protokollführer teil. Er protokollierte folgendes:
"Der Vorsitzende stellt fest, dass sämtliche Aktien vertreten sind und keine Einwendungen gegen die Abhaltung einer Universalversammlung im Sinne von Art. 701 OR erhoben werden."
S. ging dabei davon aus, dass möglicherweise ein Teil der Aktien an der Generalversammlung nicht vertreten war. Tatsächlich waren alle Aktien vertreten.
Im Anschluss an diese Universalversammlung wirkte S. mit an der Übermittlung einer Handelsregisteranmeldung an das Handelsregisteramt
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Bern, wonach bei der P. AG anstelle des bisherigen Verwaltungsrates B. neu W. einzutragen sei.
B.- Das Wirtschaftsstrafgericht des Kantons Bern sprach S. am 20. November 1992 frei von allen gegen ihn erhobenen Anklagen, unter anderem von der Anklage der Urkundenfälschung, angeblich begangen am 11. Oktober 1985 in Bern anlässlich der ausserordentlichen Generalversammlung der P. AG, sowie von der Anklage der Erschleichung einer Falschbeurkundung, angeblich begangen im Anschluss an diese ausserordentliche Generalversammlung.
C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil in den beiden erwähnten Anklagepunkten aufzuheben.
D.- Das Wirtschaftsstrafgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. S. beantragt Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut
aus folgenden Erwägungen:
1. Gemäss
Art. 701 OR kann die Generalversammlung einer Aktiengesellschaft in der Form einer Universalversammlung durchgeführt werden. Danach können die Eigentümer oder Vertreter sämtlicher Aktien, falls kein Widerspruch erhoben wird, eine Generalversammlung ohne Einhaltung der für die Einberufung vorgeschriebenen Formvorschriften abhalten (Abs. 1). An einer Universalversammlung kann über alle in den Geschäftskreis der Generalversammlung fallenden Gegenstände gültig verhandelt und Beschluss gefasst werden, solange die Eigentümer oder Vertreter sämtlicher Aktien anwesend sind (Abs. 2). Eine Universalversammlung ist somit nur gültig, wenn sämtliche Aktien vertreten sind.
In der Universalversammlung ist, wie in jeder Art von Generalversammlung, ein Protokoll zu führen. Das Protokoll hat unter anderem über die Beschlüsse und Wahlergebnisse Aufschluss zu geben (Art. 702 Abs. 2 OR n.F., ebenso Art. 702 Abs. 2 OR a.F.). Das Protokoll über eine Generalversammlung, bei der eine Neuwahl des Verwaltungsrates erfolgt, braucht nicht öffentlich beurkundet zu werden. Auch hier hat keine öffentliche Beurkundung stattgefunden.
2. a) Die Vorinstanz legt dar, die Feststellung, es seien alle Aktien vertreten und es finde eine Universalversammlung statt, sei objektiv richtig gewesen. Es sei jedoch umstritten gewesen, wer Aktionär der P. AG gewesen sei. Der Beschwerdegegner habe das gewusst. Er habe in Kauf
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genommen, dass für den Fall, dass die F. AG Aktionärin der P. AG war, keine gültige Vollmacht für W. vorgelegen habe. Damit habe er in Kauf genommen, dass im Protokoll eine unwahre Tatsache - es finde eine Universalversammlung statt - beurkundet werde. Da der Beschwerdegegner keine öffentliche Urkunde erstellt habe, habe er keine Rechtsbelehrungspflicht gehabt. Als Protokollführer sei er grundsätzlich nur dafür verantwortlich gewesen, dass das Protokoll mit den tatsächlichen Vorgängen übereinstimme, was der Fall gewesen sei. Der Beschwerdegegner sei aber zugleich rechtskundiger Beistand von W. gewesen. Als Beistand habe er weitergehend analog die Pflichten gehabt, die er hätte beachten müssen, wenn er als Notar gehandelt hätte. Er habe in Kauf genommen, die Feststellung, es finde eine Universalversammlung statt, stimme nicht und er verurkunde etwas Unrichtiges. Dass es objektiv anders gewesen sei, habe er nicht gewusst. Er habe somit ein, wie sich nachträglich herausgestellt habe, erlaubtes Verhalten als möglicherweise unzulässig in Kauf genommen. Dies stelle ein strafloses Wahndelikt dar, nicht einen strafbaren untauglichen Versuch.
b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Beschwerdegegner habe sich des untauglichen Versuchs der Falschbeurkundung schuldig gemacht.
3. a) Eine Falschbeurkundung gemäss
Art. 251 Ziff. 1 StGB begeht, wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an anderen Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt.
Urkunden sind unter anderem Schriften, die bestimmt und geeignet sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (
Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB;
BGE 101 IV 278).
b) Bei der Falschbeurkundung geht es allein darum, dass die in der Urkunde enthaltene Erklärung nicht mit der Wahrheit übereinstimmt, wobei nach allgemeiner Ansicht die einfache schriftliche Lüge keine Falschbeurkundung darstellt. Nach Lehre und Rechtsprechung darf eine Falschbeurkundung, also eine Art qualifizierte schriftliche Lüge, nur dann angenommen werden, wenn allgemeingültige objektive Garantien die Wahrheit der Erklärung gewährleisten, wie sie u.a. in der Prüfungspflicht einer Urkundsperson und in gesetzlichen Vorschriften gefunden werden können, die, wie etwa die Bilanzvorschriften der
Art. 958 ff. OR, gerade den Inhalt bestimmter Schriftstücke näher festlegen. Blosse Erfahrungsregeln hinsichtlich der
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Glaubwürdigkeit irgendwelcher schriftlicher Äusserungen genügen dagegen nicht, mögen sie auch zur Folge haben, dass sich der Geschäftsverkehr in gewissem Umfang auf die entsprechenden Angaben verlässt (
BGE 120 IV 122 E. 4c,
BGE 119 IV 54 E. 2c/bb mit Hinweisen).
In seiner neueren Rechtsprechung hat das Bundesgericht deshalb eine Falschbeurkundung in folgenden Fällen verneint: Erstellen einer Rechnung für nicht ausgeführte Arbeiten (
BGE 117 IV 35); zuhanden einer Anlegerin ausgestellte inhaltlich unrichtige Bestätigung, wonach der Aussteller einen von der Anlegerin einem Dritten übergebenen Geldbetrag auf treuhänderischer Basis verwalte und einen bestimmten Jahreszins entrichten werde (
BGE 117 IV 168 mit Hinweis); Erstellen von inhaltlich unwahren Regierapporten (
BGE 117 IV 165); Ausstellung von Lohnabrechnungen auf den Namen einer Person, die nicht mit dem wirklichen Arbeitnehmer identisch war (
BGE 118 IV 363); Errichtung einer inhaltlich falschen einfach-schriftlichen Vertragsurkunde (
BGE 120 IV 25).
Demgegenüber erfüllt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Arzt, der einen unrichtigen Krankenschein erstellt, den Tatbestand der Falschbeurkundung. Mit einem Krankenschein macht der Arzt gegenüber der Krankenkasse Leistungen für sich oder den Patienten geltend. Aufgrund seiner besonderen Stellung ist er zur wahrheitsgetreuen Angabe verpflichtet und deshalb besonders glaubwürdig (
BGE 117 IV 169 f. mit Hinweis auf
BGE 103 IV 184). Dem Krankenschein kommt somit eine über eine einfache schriftliche Erklärung hinausgehende qualifizierte Funktion zu. In
BGE 103 IV 184 f. wurde dies im wesentlichen begründet mit dem besonderen Vertrauensverhältnis, in welchem der Arzt zur Krankenkasse steht, sowie damit, dass sich die Ärzte vertraglich verpflichtet hatten, jeder unberechtigten Inanspruchnahme der Kasse entgegenzuwirken. Eine Falschbeurkundung begeht nach der neueren Rechtsprechung auch der bauleitende Architekt, der überhöhte Rechnungen der Unternehmer prüft und schriftlich genehmigt. Soweit er die Pflicht zur ordnungsgemässen Prüfung der Schlussabrechnung übernommen hat, befindet er sich in einer garantenähnlichen Stellung in bezug auf das Vermögen des Bauherrn. Die in der schriftlichen Genehmigung der Unternehmerrechnung liegende Erklärung des Architekten, die genehmigte Rechnung sei inhaltlich richtig, unterscheidet sich deshalb erheblich von einer einfachen schriftlichen Lüge (
BGE 119 IV 54 E. 2d). Den Tatbestand der Falschbeurkundung erfüllt auch
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der Grossist, der afrikanisches Antilopenfleisch als europäisches Wildfleisch bezeichnet. Das Gesetz verlangt eine korrekte Bezeichnung von Wildfleisch bereits im Grosshandel. Der Grossist befindet sich damit in einer garantenähnlichen Stellung zum Schutz der Konsumenten vor Täuschungen (
BGE 119 IV 289 E. 4). Wegen Falschbeurkundung strafbar ist ferner, wer einen inhaltlich unwahren, bei der Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft nach dem Verfahren der Simultangründung freiwilligen Emissionsprospekt herausgibt. Der Prospekt ist ein Mittel zur Werbung von Drittpersonen für die Aktienzeichnung. Er bildet Grundlage für den Investitionsentscheid des Anlegers, der sich auf die Wahrheit der Angaben soll verlassen können und nicht in der Lage ist, die Angaben zu überprüfen (
BGE 120 IV 122 E. 4).
c) Die Veränderung in der Zusammensetzung des Verwaltungsrates ist in das Handelsregister einzutragen (Art. 641 Ziff. 9 OR n.F., der Sache nach identisch mit Art. 641 Ziff. 8 OR a.F.). Ein von einer Urkundsperson zu beglaubigender Auszug aus dem Protokoll ist als Beleg zur Handelsregisteranmeldung einzureichen (Art. 28 Abs. 2 HRegV). Der Beleg nimmt an der Öffentlichkeit des Handelsregisters teil (Art. 930 OR).
Das hier angefertigte Protokoll über die Universalversammlung, bei der von der Demission des einzigen Verwaltungsrates B. Kenntnis genommen und an dessen Stelle W. als einziges Mitglied des Verwaltungsrates gewählt wurde, war in erster Linie bestimmt als Grundlage für den Handelsregistereintrag. Der Handelsregisterführer darf von der inhaltlichen Richtigkeit der ihm eingereichten Erklärungen und Belege ausgehen und hat nur im Zweifelsfall eine beschränkte Nachprüfungspflicht. Er hat einen durch die ihm vorgelegten Unterlagen als gültig ausgewiesenen Beschluss der Aktionäre entgegenzunehmen und nicht die dem Zivilrichter vorbehaltene Frage zu prüfen, ob die Universalversammlung ordnungsgemäss einberufen und zusammengesetzt war (
BGE 114 II 68 E. 2 mit Hinweis). Der Registerführer darf und muss somit darauf vertrauen, dass das Protokoll über die Abhaltung einer Universalversammlung und die dabei getroffenen Beschlüsse und Wahlen keine falschen Angaben enthält. Der Protokollführer befindet sich damit gegenüber dem Handelsregisterführer in einer Vertrauensstellung. Diese Vertrauensstellung ist vergleichbar mit jener des Arztes gegenüber der Krankenkasse oder des bauleitenden Architekten gegenüber dem Bauherrn (oben E. 3b). Die Urkundeneigenschaft eines Universalversammlungsprotokolls ist
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deshalb jedenfalls insoweit zu bejahen, als es Grundlage für einen Eintrag im Handelsregister bildet.
d) W. sollte gestützt auf das Universalversammlungsprotokoll vom 11. Oktober 1985 als Verwaltungsrat der P. AG im Handelsregister eingetragen werden. Der Zweck des Protokolls lag somit nicht nur darin zu beweisen, was an der Versammlung gesagt wurde. Zweck des Protokolls war vielmehr auch und in erster Linie, im Hinblick auf den Handelsregistereintrag zu beweisen, dass eine gültige Universalversammlung stattgefunden habe und dabei eine gültige Wahl vorgenommen worden sei. Bei den in das Universalversammlungsprotokoll der P. AG aufgenommenen Erklärungen handelte es sich deshalb nicht nur um solche zu Protokoll, bei denen die Erklärungsabgabe als äusserer Vorgang festgehalten wird und der Protokollführer sich um den wirklichen inneren Willen des Erklärenden nicht kümmert, sondern um solche zu Urkund, bei denen der wirkliche innere Wille des Erklärenden zum Ausdruck kommt oder zumindest kommen sollte (vgl. CHRISTIAN BRÜCKNER, Schweizerisches Beurkundungsrecht, Zürich 1993, N. 57 ff.). Der Protokollführer einer Universalversammlung hat damit eine andere Stellung als etwa der einer Zeugeneinvernahme, der einfach das aufzuschreiben hat, was der Zeuge gesagt hat, und zwar auch dann, wenn er weiss, dass der Zeuge lügt. Weiss der Protokollführer der Universalversammlung, dass die Aussage des Vorsitzenden über die Vertretung sämtlicher Aktien und die Abhaltung einer gültigen Universalversammlung falsch ist, muss er die Protokollierung ablehnen. Protokolliert er gleichwohl, erstellt er eine inhaltlich unwahre Urkunde und macht sich, sofern nebst dem Vorsatz auch die Schädigungs- oder Vorteilsabsicht gegeben ist, nach
Art. 251 StGB strafbar. Der Protokollführer haftet strafrechtlich auch dann, wenn er, wie hier, nur die Aussagen des Vorsitzenden wiedergibt. Die indirekte Formulierung entlastet ihn nicht. Der Protokollführer wirkt mit an einem Unterfangen, dessen Ziel darin besteht, den Handelsregisterführer über die Abhaltung einer gültigen Universalversammlung und die Vornahme einer gültigen Wahl zu täuschen. Für den Handelsregisterführer ist es aber unwesentlich, ob die Aussage über die Vertretung sämtlicher Aktien in direkter oder in indirekter Form im Protokoll enthalten ist; er darf und muss sich in jedem Fall darauf verlassen, dass die Aussage den Tatsachen entspricht. Weiss sowohl der Protokollführer wie auch der Vorsitzende, dass die Feststellung über die Vertretung sämtlicher Aktien falsch ist, ist Mittäterschaft anzunehmen. Der Tatbeitrag des Vorsitzenden besteht dabei in der Abgabe der unwahren
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Erklärung, der des Protokollführers in der Erstellung der Urkunde. Weiss nur der Protokollführer, dass die Erklärung des Vorsitzenden falsch ist, und benützt er den gutgläubigen Vorsitzenden als Werkzeug, ist der Protokollführer als mittelbarer Täter strafbar.
Das hier Gesagte gilt grundsätzlich für jeden Protokollführer, unabhängig davon, ob er, wie der Beschwerdegegner, juristisch gebildet und ob er Beistand des Vorsitzenden ist. Bei juristisch nicht gebildeten Protokollführern, insbesondere bei solchen, die der Versammlung als untergeordnete Schreibkraft beiwohnen, dürfte allerdings regelmässig die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes fraglich sein.
e) Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (
Art. 277bis Abs. 1 BStP) waren an der Universalversammlung alle Aktien vertreten. Der Beschwerdegegner beurkundete deshalb objektiv keine unwahre Tatsache. Er war jedoch im unklaren darüber, wer Aktionär der P. AG war. Er nahm in Kauf, dass nicht alle Aktien vertreten waren und die beurkundete Feststellung, es seien alle Aktien vertreten, falsch war. Bei dieser Sachlage kommt entgegen der Ansicht der Vorinstanz ein strafbarer Versuch in Betracht, nicht ein strafloses Wahndelikt. Ein Versuch ist gegeben, wenn der Täter sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt und seine Tatentschlossenheit manifestiert hat, ohne dass alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht wären. Die subjektiven Tatbestandsmerkmale müssen vollständig erfüllt sein, in erster Linie der Vorsatz, wobei Eventualvorsatz genügt; ferner müssen die tatbestandsmässigen Absichten, Gesinnungsmerkmale usw. gegeben sein (TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, vor Art. 21, N. 1 f.). Ausbleiben können, ganz oder zum Teil, die objektiven Tatbestandsmerkmale (SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, 1. Band, 4. Aufl., S. 269). Beim Versuch ist der Vorsatz des Täters auf die Herbeiführung eines Sachverhalts gerichtet, der einen Straftatbestand erfüllt. Anders verhält es sich beim Wahndelikt, das begeht, wer irrigerweise meint, eine in Wahrheit straflose Handlung sei strafrechtlich verboten. Der Wille des "Täters" ist beim Wahndelikt auf die Verwirklichung eines Sachverhalts gerichtet, der keinen Straftatbestand erfüllt (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, § 12 N. 21). Im vorliegenden Fall nahm der Beschwerdegegner eventualvorsätzlich die unrichtige Beurkundung einer rechtlich erheblichen Tatsache in Kauf. Sein (Eventual)-Vorsatz war
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somit gerichtet auf die Verwirklichung eines Sachverhalts, bei dem der Tatbestand der Falschbeurkundung eingreift, nicht auf die Verwirklichung eines Sachverhalts, der keinen Straftatbestand erfüllt. War neben dem Eventualvorsatz auch die Schädigungs- oder Vorteilsabsicht nach
Art. 251 Ziff. 1 Abs. 1 StGB gegeben und damit der subjektive Tatbestand vollständig erfüllt, hat sich der Beschwerdegegner nach dem Gesagten der versuchten Falschbeurkundung schuldig gemacht.
f) Die Beschwerde ist insoweit gutzuheissen. Die Vorinstanz hat sich im angefochtenen Entscheid nicht abschliessend dazu geäussert, ob die Schädigungs- oder Vorteilsabsicht gegeben war. Sie wird dazu bei der Neubeurteilung die notwendigen Feststellungen zu treffen und ausgehend von der hier gegebenen Rechtsauffassung neu über die Sache zu befinden haben (Art. 277ter Abs. 2 BStP).
4. Die Beschwerdeführerin macht im weiteren geltend, der Beschwerdegegner habe sich auch des Versuchs des Erschleichens einer falschen Beurkundung schuldig gemacht.
a) Gemäss Art. 253 StGB ist strafbar, wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet.
b) Die Universalversammlung der P. AG und die Wahl von W. zum Verwaltungsrat waren rechtsgültig. Der objektive Tatbestand der Erschleichung einer Falschbeurkundung scheidet deshalb aus. Indessen kommt aus den oben (E. 3e) dargelegten Gründen auch hier die Annahme eines Versuchs in Betracht. Meldete der Beschwerdegegner die Wahl von W. beim Handelsregister an, rechnete er dabei mit der Möglichkeit, dass die Wahl nicht gültig war, und nahm er damit in Kauf, dass der Handelsregisterführer eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkunde, machte er sich des eventualvorsätzlichen Versuchs der Erschleichung einer falschen Beurkundung schuldig.
Die Vorinstanz wird bei der Neubeurteilung zunächst im einzelnen festzustellen haben, welche Handlungen der Beschwerdegegner im Zusammenhang mit der Handelsregisteranmeldung vorgenommen hat. Sodann wird sie sich zum subjektiven Tatbestand zu äussern haben. Gestützt darauf wird sie unter Zugrundelegung der hier gegebenen Rechtsauffassung neu zu urteilen haben.