BGE 139 IV 261 |
39. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Kantonsgericht von Graubünden (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_151/2013 vom 26. September 2013 |
Regeste |
Art. 135 StPO; Entschädigung der amtlichen Verteidigung. |
Sachverhalt |
B. Der amtliche Verteidiger X. reichte eine Honorarnote von insgesamt Fr. 9'458.95 ein, darin eingeschlossen einen Aufwand von 35,43 Stunden zum Stundenansatz von Fr. 240.- (inkl. MWSt).
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Das Bezirksgericht setzte nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist am 30. Juli 2012 die Entschädigung auf Fr. 7'882.50 herab, weil bei der amtlichen Verteidigung ein Stundenansatz von Fr. 200.- (inkl. MWSt) zur Anwendung gelange.
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Das Kantonsgericht Graubünden wies die Beschwerde von X. am 12. November 2012 ab.
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C. X. erhebt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, den kantonsgerichtlichen Entscheid aufzuheben und ihm für das Verfahren vor dem Bezirksgericht eine ausseramtliche Entschädigung von Fr. 9'301.30 (inkl. MWSt) zuzusprechen.
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Das Kantonsgericht Graubünden beantragt die Abweisung der Beschwerde und verzichtet auf Gegenbemerkungen.
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Das Bundesgericht hat den Entscheid öffentlich beraten (Art. 58 Abs. 1 BGG) und weist die Beschwerde ab.
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Aus den Erwägungen: |
2.2.1 Rechtsgrundlage für die Entschädigung bildet das öffentlich-rechtliche Verhältnis zwischen Bund oder Kanton und amtlicher Verteidigung. Für die Entschädigung haftet allein der Staat. Der Mandant wird aus dem öffentlichen Prozessrechtsverhältnis insoweit mittelbar berechtigt und verpflichtet, als er die amtliche Verteidigung grundsätzlich akzeptieren muss und der Staat die Entschädigung übernimmt (vgl. BGE 131 I 217 E. 2.4; BGE 122 I 1 E. 3a). Die Verteidigung erhält das tariflich festgelegte Honorar für die Übernahme einer öffentlichen Aufgabe und trägt nicht das Risiko der Uneinbringlichkeit (vgl. BGE 131 I 217 E. 2.5). Unter Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 lit. b StPO kann der Verteidiger von seinem Mandanten keine weitere Vergütung verlangen (Urteil 6B_45/2012 vom 7. Mai 2012 E. 1.2 mit Hinweisen). |
Rechtsanwälte sind für amtliche Mandate von Verfassungs wegen angemessen zu honorieren, wobei eine Kürzung des Honorars im Vergleich zum ordentlichen Tarif zulässig bleibt (BGE 132 I 201 E. 7.3.4 S. 209). Die Entschädigung muss sich in der Grössenordnung von Fr. 180.- pro Stunde (zuzüglich MWSt) bewegen (BGE 132 I 201 E. 8.7 S. 217). BGE 137 III 185 E. 5.1 ff. bestätigte diese Rechtsprechung.
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2.2.2 Die StPO regelt die Entschädigung der amtlichen Verteidigung bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens bzw. bei Obsiegen im Rechtsmittelverfahren nicht explizit. Die allgemeinen Bestimmungen über die Entschädigung für die angemessene Ausübung der Verfahrensrechte bei Freispruch oder Einstellung des Verfahrens (Art. 429 Abs. 1 lit. a und Art. 436 Abs. 2 StPO) betreffen die Kosten einer Wahlverteidigung und sind auf die amtliche Verteidigung nicht anwendbar (BGE 138 IV 205 E. 1; Urteil 6B_77/2013 vom 4. März 2013 E. 1). Mit dem Freispruch oder der Verfahrenseinstellung wandelt sich das öffentlich-rechtliche Verhältnis zwischen Staat und amtlicher Verteidigung nicht in ein Privatrechtsverhältnis zwischen Verteidigung und Mandanten (Urteil 6B_183/2007 vom 5. September 2007 E. 3.2). Die amtliche Verteidigung besitzt nicht die Rechte einer Verfahrenspartei (Art. 104 Abs. 1 StPO; BGE 139 IV 199 E. 5.2). Ihre Entschädigung richtet sich allein nach Art. 135 StPO. Die Rechtsprechung zu den kantonalen Strafprozessgesetzen ist insoweit überholt (beispielsweise die oben in E. 2 und in BGE 137 III 185 E. 5.3 erwähnten Urteile der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts [anders noch Urteil 5A_199/2012 vom 31. Mai 2012 E. 3.3 in einem obiter dictum zum Minimalanspruch von 60 % der ordentlichen Entschädigung] und BGE BGE 121 I 113 E. 3d; vgl. Urteile 6B_144/2012 vom 16. August 2012 E. 1.2 und 6B_363/2012 vom 10. September 2012 E. 1.2). |
Art. 135 Abs. 4 lit. b StPO will nach der gesetzgeberischen Konzeption sicherstellen, dass eine beschuldigte Person mit amtlicher Verteidigung finanziell nicht besser gestellt wird als eine mit privater Verteidigung (Botschaft a.a.O., S. 1180 f. zu Art. 133). Es geht um eine Gleichstellung der zu den Verfahrenskosten verurteilten Personen und nicht um eine Gleichstellung der amtlichen mit der privaten Verteidigung. Dass die amtliche Verteidigung bei Verurteilung des Mandanten zu den Verfahrenskosten im Prinzip finanziell besser gestellt wird (weil sie die "Differenz" einfordern kann) als bei Freispruch oder Verfahrenseinstellung, wo in der Regel keine Kosten auferlegt werden (und entsprechend die "Differenz" nicht zu erstatten ist), muss als gesetzliche Konsequenz hingenommen werden.
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2.3 Gemäss Art. 3 Abs. 1 HV/GR gilt als Bemessungsgrundlage für das anwaltliche Honorar ein Stundenansatz zwischen 210 und 270 Franken. Für die unentgeltliche Vertretung und die amtliche Verteidigung beläuft er sich auf 200 Franken (Art. 5 Abs. 1 HV/GR). Die bündnerische Honorarordnung ist nicht zu beanstanden. Sie hält sich im verfassungsrechtlichen Rahmen (oben E. 2.2.1). |